LOEWE-Zentrum startet Genom-Offensive

LOEWE-Zentrum startet Genom-Offensive

Mit einer großangelegten Sequenzieroffensive wollen Biodiversitätsforscher eines neuen LOEWE-Zentrums die Genome Tausender Arten entziffern und analysieren.

Nur von einem Bruchteil bekannter Organismen ist das Erbgut bekannt. Diese Lücke

Wieviele Tiere, Pflanzen und andere Organismen unseren Planeten bevölkern, lässt sich bis heute nicht genau sagen. 2011 hatten Biodiversitätsforscher aus den USA und Großbritannien erstmals mittels einer neuen Analysetechnik die Zahl der Arten auf etwa 8,7 Millionen geschätzt. Gezählt wurden aber nur Lebewesen, die einen Zellkern haben, also sogenannte Eukaryoten. Bakterien waren nicht darunter. Von dieser Vielfalt wiederum kennt der Mensch bis heute nur einen Bruchteil. Neue Sequenziermethoden haben es ermöglicht, das Genom einiger dieser bekannten Organismen im Laufe der vergangenen 20 Jahre offenzulegen. Doch 95 Prozent des Erbguts dieser Arten sind weiterhin unbekannt.  

Tausend Genome pro Jahr sequenzieren

Forscher am neuen LOEWE-Zentrum „Translationale Biodiversitätsgenomik“ (LOEWE-TBG) wollen diese Lücke schließen. Im Rahmen einer weltweit einmaligen Sequenzieroffensive soll an der Entzifferung der Genome von Organismen gearbeitet werden. Auch Exoten wie Flaschentierchen, Pfeilwürmer und Eipilze, Asseln, Schnecken und Flechten, die in der Genomforschung bisher kaum Beachtung fanden, sollen analysiert werden. „Die Genome der Organismen sind die Grundlage für die uns umgebende biologische Vielfalt. Um diese genomische Vielfalt sichtbar zu machen werden wir mehr als tausend Genome pro Jahr entziffern und damit den Bauplan des Lebens von einer bisher unerreichten Bandbreite von Organismen entschlüsseln“, erklärt der Wissenschaftlicher Koordinator des LOEWE-TBG, Axel Janke.

Verstärkung für Genombibliothek 

Jedes sequenzierte Erbgut soll in die bislang einmaligen digitalen Genombibliothek,  der „Senckenberg Biodiversity Genome Collection“ aufgenommen werden und so für Forschungszwecke zur Verfügung stehen. Die Informationen sollen sowohl der Medizin als auch dem Artenschutz diene. Dafür wollen die Wissenschaftler die Kenntnisse aus der Grundlagenforschung zügig in der Praxis zur Anwendung bringen, wie Helge Bode, Projektbereichsleiter Naturstoffgenomik am LOEWE-TBG erklärt. „Die Erkenntnisse der Genomforschung werden uns unter anderem eine Welle neuer Arzneimittel bescheren, denn Naturstoffe insbesondere aus Bakterien und Pilzen aber auch aus giftigen Tieren wie Schnecken oder Insekten sind schon sehr lange Teil der Medizin. Anhand der Genome werden wir vorhersagen, welche Stoffe Organismen in ihren Zellen herstellen können und dieses Wissen in Anwendungen übertragen“.

Das LOEWE-TBG ist ein Joint Venture hessischer Forschungseinrichtungen. Unter Federführung der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung arbeiten hier Forscher der Goethe-Universität Frankfurt, der Justus-Liebig-Universität Gießen und das Fraunhofer Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME mit Projektgruppen Translationale Medizin und Pharmakologie in Frankfurt sowie Bioressourcen in Gießen zusammen. Es wird im Rahmen der "Landes-Offensive für die Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz“, kurz LOEWE mit insgesamt 17,6 Mio. Euro gefördert.

bb