Leopoldina: Moore und Auen puffern Hochwasser und Hitze ab
Die Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina unterstreicht in einer Stellungnahme, wie wichtig die Revitalisierung von Mooren und Auen für Klima- und Artenschutz ist.
Intakte Moore sind wichtig für den Klimaschutz, denn sie binden große Mengen des klimaschädlichen CO₂. Einer internationalen Studie zufolge speichern Feuchtgebiete wie Moore und Auen pro Quadratmeter fünfmal mehr Kohlenstoff als Wälder und sogar 500-mal mehr als Ozeane. Aber nicht nur das: Moore und Auen dienen auch dem Artenschutz und können große Mengen Wasser speichern und damit die Folgen von Hochwasser- und Trockenperioden abdämpfen. Das geht aus einer aktuellen Stellungnahme der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina hervor.
„Moore speichern etwa 10 % des globalen Süßwassers. Auen erfüllen wichtige Funktionen des Wasserrückhalts bei Hochwasser beziehungsweise des Wasserrückstroms in Trockenzeiten. Nirgendwo in Mitteleuropa ist die Artenvielfalt so hoch wie in diesen Feuchtgebieten“, sagt Leopoldina-Mitglied Klement Tockner, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und Sprecher der Arbeitsgruppe, die die Stellungnahme erarbeitet hat.
Lösungsansätze für naturnahe Moor- und Auenflächen
In dem 128 Seiten umfassenden Papier mit dem Titel „Klima – Wasserhaushalt – Biodiversität: Für eine integrierende Nutzung von Mooren und Auen“ werden unter anderem der aktuelle Zustand, die Ökosystemleistungen sowie die Klimawirkungen von Mooren und Auen beschrieben. Darüber hinaus werden Maßnahmen aufgelistet, um die nationalen und internationalen Verpflichtungen im Klima-, Gewässer- und Biodiversitätsschutz zu erreichen und diese Flächen trotzdem wirtschaftlich nutzen zu können.
Rund 92 % der Moore sind in Deutschland trockengelegt. Bisher werden diese Flächen hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt. Das Gros dient davon als Grünland. Experten zufolge gehen fast 40 % der Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft auf die Trockenlegung der Moore zurück. Mit der Nationalen Moorschutzstrategie hat die Bundesregierung im Jahr 2022 die Wiedervernässung der Moore auf die politische Agenda gesetzt. Im Juni dieses Jahres hat die EU mit der Verordnung zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) die Revitalisierung von Mooren und Auen in der Europäischen Union festgeschrieben.
„Für einen erfolgreichen Transformationsprozess hin zu naturnahen Moor- und Auenflächen brauchen wir einen systemischen Ansatz, der Klima- und Biodiversitätsschutz gemeinsam denkt und zugleich den Wasserhaushalt, verschiedene Nutzungsoptionen, aber auch rechtliche Aspekte berücksichtigt”, betont Trockner.
Klima-Wasserhaushalt-Biodiversität
Weitere Informationen zur Stellungnahme „Klima – Wasserhaushalt – Biodiversität: für eine integrierende Nutzung von Mooren und Auen“ finden Sie hier:
Ein digitales Dossier zum Thema „Vom Wandel nasser Landschaften” ist gleichzeitig auf der Website der Leopoldina abrufbar.
Moorschutz muss höchste Priorität haben
Dem Wissenschaftsgremium zufolge müssten bis 2050 nahezu alle entwässerten Moorflächen Deutschlands wiedervernässt werden, um die Klimaziele zur Begrenzung der Erderwärmung zu erreichen. Der Schutz der noch intakten Moore und frei fließenden Gewässer müsse höchste Priorität haben, heißt es in der Stellungnahme. Dabei müssten allerdings auch Lösungen für die „Flächenkonkurrenz gefunden werden“ und in den Prozess Akteurinnen und Akteure auf allen Ebenen und Bereichen eingebunden werden.
Neue Nutzungskonzepte fördern
So sollten für trockengelegte Moore, die landwirtschaftlich genutzt werden, gemeinsam mit den Landwirtinnen und Landwirten neue Nutzungskonzepte entwickelt und gefördert werden - beispielsweise die Umstellung auf Paludikultur oder die Nutzung der Fläche für Photovoltaikanlagen. Zudem spricht sich das Wissenschaftsgremium für eine Honorierung von Ökosystemleistungen und eine Abschaffung von klimaschädlichen Subventionen aus. „Wenn der Moorschutz in den CO₂-Emissionshandel einbezogen werde, könnten Landbesitzende ökonomisch davon profitieren, dass ihre Flächen wiedervernässt werden“, schreiben die Autorinnen und Autoren. Bei der Renaturierung von Auen empfehlen die Fachleute, abzuwiegen, bei welchen Flüssen der mit der Renaturierung verbundene Nutzen höher als die Nutzung der Auenflächen durch den Menschen ist.
Moore und Auen sind natürliche Überflutungsflächen
„Die Bewältigung all dieser Aufgaben ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, zu der viele Institutionen und Akteure beitragen. Wie wichtig natürliche Überflutungsflächen sind, wurde bei den letzten Hochwasserkatastrophen in Bayern, im Saarland und in Nordrhein-Westfalen abermals deutlich“, so Bernd Hansjürgens vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, ebenfalls Sprecher der Arbeitsgruppe. Bei Starkregen halten Torfmoose und Torf das Wasser fest, sodass es langsam abfließen kann und naheliegende Bäche und Flüsse nicht überlaufen.
bb