Kassel: Statuskonferenz zum Bioökonomie-Monitoring

Kassel: Statuskonferenz zum Bioökonomie-Monitoring

Wie entwickelt sich die Bioökonomie und wie lässt sich das messen? Im Kasseler Gießhaus tauschten sich rund 70 Forschende zum aktuellen Stand des deutschen Bioökonomie-Monitorings aus.

Statuskonferenz Bioökonomie-Monitoring in Kassel 2023
Bei der Statuskonferenz „Wie entwickelt sich die Bioökonomie? Stand und Perspektiven der Monitoringinstrumente“ diskutierten Akteure aus Forschung, Politik und Zivilgesellschaft zum Bioökonomie-Monitoring.

Seit Anfang 2022 fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Verbundvorhaben SYMOBIO 2.0. Das Projekt ist Teil des deutschen Bioökonomie-Monitorings, einer gemeinsamen Initiative von BMBF, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). Gestartet war das Monitoring 2016 mit einer Pilotphase. Es ist wichtiger Bestandteil der Nationalen Bioökonomiestrategie der Bundesregierung und soll den Transformationsprozess hin zu einer nachhaltigen, biobasierten und an natürlichen Kreisläufen orientierten Wirtschaftsweise analysieren und ihn so messbar und bewertbar machen.

Die UN-Nachhaltigkeitsziele als Richtschnur

Das Monitoring der Bioökonomie orientiert sich an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Wo und unter welchen Bedingungen werden biogene Rohstoffe erzeugt und verbraucht? Und wie trägt die Bioökonomie zu Beschäftigung und Wertschöpfung, aber auch globaler Ernährungssicherung bei? Fünf ökologische Fußabdrücke zeigen detailliert, wie sich die Bioökonomie auf Klima und Umwelt auswirkt.

Bei der Statuskonferenz am 21. und 22. Juni 2023 im Gießhaus in Kassel trafen sich die drei Verbünde des Bioökonomie-Monitorings – SYMOBIO 2.0, gefördert vom BMBF, MoBi II, gefördert vom BMEL, und MonBio, gefördert vom BMUV. Dabei stellten die Forschenden den aktuellen Stand ihrer Arbeiten vor und diskutierten mit Teilnehmenden aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft daraus resultierende Erkenntnisse. Rund 70 Personen nahmen an der zweitägigen Konferenz teil. Organisiert wurde die Statuskonferenz vom Center for Environmental Systems Research der Universität Kassel, das auch den Verbund SYMOBIO 2.0 koordiniert und die Webseite monitoring-biooekonomie.de betreut.

Monitoring von Wald, Forstwirtschaft und Holznutzung

Das Monitoring erfasst wichtige Stoffströme biobasierter Ressourcen, beispielsweise von Rundholz und Erzeugnissen aus Holz. Bisherige Ergebnisse zeigen, dass der Konsum in Deutschland die hierzulande nachhaltig nutzbare Menge an Holz übersteigt und Importe daher unumgänglich sind. Angesichts der steigenden Nachfrage nach Holz für ganz unterschiedliche Zwecke wurde insbesondere die Bedeutung der Nutzung in Kaskaden diskutiert. Das bedeutet, dass Holzerzeugnisse erst stofflich und erst im allerletzten Schritt energetisch genutzt werden.  

Ein Großteil biobasierter Rohstoffe stammt aus landwirtschaftlicher Produktion und Fischerei. Anhand der vorliegenden Daten wird deutlich, dass sich die landwirtschaftliche Produktion wesentlicher Kategorien von Biomassen in Deutschland in den letzten Jahren nicht stark verändert hat, während z. B. die angelandeten Tonnagen der hauptsächlich genutzten Fischarten aus der Seefischerei leicht abnahmen und die Produktion aus Aquakultur stagnierte.

Bioökonomie-Monitoring im Überblick

Das BMBF fördert im Rahmen des Bioökonomie-Monitorings den Verbund „Systemisches Monitoring und Modellierung der Bioökonomie", kurz SYMOBIO 2.0 von Januar 2022 bis Dezember 2024 mit gut drei Millionen Euro. In SYMOBIO 2.0 arbeiten neun Institutionen zusammen. Ergänzende Initiativen des BMEL und des BMUV fördern Forschungsvorhaben des Johann Heinrich von Thünen-Instituts zur Produktion in Landwirtschaft, Forst und Fischerei sowie eines Konsortiums unter Leitung des Ecologic Instituts.

Informationsportal monitoring-bioökonomie.de

SYMOBIO-Website

MoBiII-Website

MonBio-Website

Fußabdrücke als Indikatoren der Nachhaltigkeit

Neben der Erfassung von Stoffströmen untersuchen die Forschenden beim Monitoring verschiedene sogenannte Fußabdrücke. Diese bilden beispielsweise ab, wieviel Land durch den deutschen Konsum von Agrargütern in Anspruch genommen wurde. Neben der Analyse von Daten aus der Vergangenheit ist ein wichtiges Element ein Blick in die Zukunft. Die Forschenden zeigten, dass sich mit neuen Daten auch Klimawandel-bedingte Veränderungen im Landfußabdruck modellieren lassen. Auch die Auswertungen zum Wasserfußabdruck haben die Forschenden weiter verbessert.

Der relative Wasserstress soll einen besseren Überblick darüber geben, in welchen Regionen die Landwirtschaft/Agrarproduktion besonders starke Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit hat. Während die regionale Darstellung von Wasserstress von den Forschenden bereits in der Pilotphase dargestellt wurde, soll der dort gewählte Ansatz nun auch auf den Zustand der Böden übertragen werden. Hierbei geht es insbesondere um Bodendegradation und Kohlenstoffspeicherung.

Den Lebenszyklus biobasierter Produkte im Blick

Ins Detail geht die Analyse zu Lebenszyklen und Lieferketten einzelner innovativer Produkte und Verfahren. Ziel ist es zu bewerten, ob sie nachhaltiger sind als bisherige Produkte, die auf fossilen oder mineralischen Rohstoffen basieren (z. B. Fleischersatzprodukte, biobasierte Lösemittel der zweiten Generation).

Zusätzlich soll ein neues automatisiertes Verfahren auf Basis von Satellitendaten Aufschluss geben, welchen Einfluss der Anbau von Palmölpflanzen, Soja oder Zuckerrohr auf die Entwaldung in Lateinamerika oder Ostasien hat. Die Satellitendaten erlauben es zudem, Effekte auf die Umwelt in einzelnen Regionen zu betrachten, beispielsweise im Hinblick auf Gebiete von hohem ökologischen oder landeskulturellen Wert.

Kontinuierliche Datenerhebungen

Mit dem Statustreffen konnten die drei Verbünde ihre Arbeitsstände nicht nur untereinander, sondern mit weiteren Akteuren teilen und bestehende Herausforderungen vor einem größeren Publikum diskutieren. Die Diskussionen lieferten dabei fruchtbaren Input, um das Bioökonomie-Monitoring weiterzuentwickeln. Ein ganz zentraler Punkt, das zeigte die Diskussion deutlich, ist hierbei die kontinuierliche Datenerhebung. Diese ist für ein langfristig angesetztes Monitoring unabdingbar. Aufgrund der dynamischen Entwicklung der Bioökonomie ist dies eine zentrale Herausforderung, die alle drei Verbünde teilen. Weitere zentrale Erkenntnisse waren unter anderem, dass auch Reststoffe noch besser in die Auswertungen einbezogen und soziale Indikatoren sowie ein Biodiversitäts-Fußabdruck ergänzt werden sollten.

Zum Abschluss der Konferenz diskutierten Akteure aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft den Status Quo und die weiteren Herausforderungen des Bioökonomie-Monitorings. Einig waren sich alle, dass die bisherigen Ergebnisse bereits vielseitige neue Erkenntnisse geliefert haben, die ihnen zugrundeliegende Indikatorik aber noch weiterentwickelt werden sollte. Schließlich sollen handhabbare Empfehlungen aus dem Monitoring ableitbar sein, auf deren Basis Potenziale erkannt oder bei negativen Entwicklungen gegengesteuert werden kann.