Grüne Woche: Innovative Agrartechnologien im Fokus

Grüne Woche: Innovative Agrartechnologien im Fokus

Wie können neue Technologien die Agrarproduktion nachhaltiger machen? Darüber diskutierten Experten der Agrar- und Ernährungsbranche anlässlich der Internationalen Grünen Woche auf einer Digitalkonferenz.

Drohne düngt das Feld
Digitale Technologien können die Landwirtschaft nachhaltiger machen.

Die Internationale Grüne Woche (IGW) lockt für gewöhnlich zu Jahresbeginn Fachbesucher und interessierte Gäste aus aller Welt zu den Messehallen unter den Funkturm nach Berlin. Aufgrund der Pandemie blieb das Messegelände für Live-Veranstaltungen auch in diesem Jahr geschlossen. Mit den IGW Spotlights boten digitale Events die Möglichkeit, über aktuelle Themen der Land- und Ernährungswirtschaft zu diskutieren. Zum Programm zählte auch die Digitalkonferenz "Re-Framing the Future: Neue Perspektiven für Nachhaltigkeit und Innovation im Agrar-Business", die von der Agrarzeitung vom 24. bis 25. Januar veranstaltet wurde.

Im Fokus des Events stand eine Präzisionslandwirtschaft (Lean Production), die sich auf Innovationen wie Vertical Farming, Precision Farming aber auch KI-gestützte Sensorsysteme für die Tierhaltung stützt. Wie eine nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft aussehen kann, demonstrierten Start-ups wie Beneto Foods, das Nahrungsmittel aus Insekten herstellt, und Dropnostix, das einen Sensor anbietet, um im Pansen der Kuh frühzeitig Krankheiten aufzuspüren.

Vom Landwirt zum Indoor-Farmer

Alexander Berlin vom Europäische Institut für Innovation und Technologie (EIT) ließ keinen Zweifel daran, dass digitale Technologien in der Landwirtschaft ein „großes Einsparpotenzial“ bieten. So könnte der Einsatz von Stickstoffdünger um 52 % und auch der Krankheitsstand der Tiere um 42 % reduziert werden. Mit Blick auf Indoor-Farmen sieht er für Landwirte ein neues Aufgabenfeld. „Der Landwirt wird künftig zum Indoor-Farmer – auch durch die In-vitro-Produktion", so Berlin. „Hier kann Precision Farming unterstützen.“ Auch Andreas Schweikert von Branchenverband Bitkom ist überzeugt: „Die Digitalisierung wird in der Land-und Ernährungswirtschaft eine Schlüsselrolle bei der Umgestaltung spielen.“ Nachholbedarf sieht der Experte jedoch beim „Datentransfern vom Acker zum Kunden“, um dem Anspruch nach mehr Transparenz bei der Produktherstellung gerecht zu werden.

Technologien müssen Ökosystem und Boden dienen

Eine zentrale Frage des ersten Kongresstages war, welche Entwicklungsbedingungen eine nachhaltige Landwirtschaft braucht. „Künftig müssen Ökosystem und Boden und nicht der Ertrag im Vordergrund stehen – auch wenn wir Technologien nutzen“, sagte Landwirt Benedikt Bösel. Einig waren sich die Gesprächspartner, dass „Bio zum Standard“ werden muss. Dafür seien politische Rahmenbedingungen und Förderungen nötig, damit Bio auch bezahlbar sei, hieß es. Alexander Berlin gab zu bedenken, dass Innovationen nur Sinn machen, „wenn erneuerbare Energien damit einhergehen“.

Treiber für Innovationen in der Landwirtschaft- und Ernährungsbranche sind auch weiterhin Start-ups. Gerade bei jungen Unternehmen zeigt sich: Nachhaltigkeit hat Vorrang. „75 % der Gründer setzen nicht auf schnelles Wachstum, sondern wollen eine nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft“, wie Julia Köhn von der Deutschen Gesellschaft für zukunftsorientierte Land- und Ernährungswirtschaft, AgriFood-Society, in ihrer Keynote am zweiten Konferenztag betonte. Im Expertenpanel wurde die Frage diskutiert, welche Rahmenbedingungen nötig sind, damit sich Innovationen in der Landwirtschaft auch entwickeln können.

Deutschland muss als Agri-Food-Standort attraktiver werden

 „Deutschland muss als Agri-Food-Standort attraktiver werden“, fordert Köhn. Gegenwertig sei Deutschland „nicht der Ort, den erfolgreiche Gründer ansteuern“. Eine Umfrage der AgriFood-Society ergab: Aktuell bewerten Food-Gründer die Bedingungen hierzulande lediglich mit der Note 3,5. Eine Schwierigkeit für Start-ups bestehe darin, nach der Frühphasenfinanzierung auch eine Wachstumsfinanzierung in Millionenhöhe zu bekommen. Nach Angaben von Christian Bock von der Rentenbank, ist „die Investitionsbereitschaft aktuell nicht so ausgeprägt“. Gerade bei FoodTech-Start-ups fehle es oft an einer Anschlussfinanzierung, betonte Mark Leinemann von Crowdfoods – einem Verein, der im deutschsprachigen Raum Gründer und Start-up im Bereich der Lebensmittel- und Agrarwirtschaft unterstützt. Leinemann plädiert dafür: „Der Markt sollte für Venture-Capitals in Deutschland ausgebaut werden, um innovative Technologien hier zu halten.“ Auch Förderprogramme müssten transparenter sein, denn viele Fördertöpfe würden nicht abgerufen.

bb