„Bioökonomie-Innovationen für eine klimaneutrale Landwirtschaft“

„Bioökonomie-Innovationen für eine klimaneutrale Landwirtschaft“

Peter Breunig

Beruf: 
promovierter Agrarökonom

Position: 
Professor für Innovation und technologische Transformation im Agrar- und Ernährungssektor an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Peter Breunig; Professor für Innovation und Technologiewandel in der Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft an Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
Vorname
Peter
Nachname
Breunig

Beruf: 
promovierter Agrarökonom

Position: 
Professor für Innovation und technologische Transformation im Agrar- und Ernährungssektor an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Peter Breunig; Professor für Innovation und Technologiewandel in der Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft an Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Der Agrarökonom Peter Breunig engagiert sich im öffentlichen Diskurs um eine klimaneutrale Landwirtschaft und zeigt, welche Vorteile Klimaschutz der Landwirtschaft bietet.

Die Landwirtschaft muss umwelt- und klimafreundlich werden. Peter Breunig ist überzeugt: Bioökonomische Innovationen können dazu beitragen, die Treibhausgasemissionen deutlich zu reduzieren. Der Agrarökonom engagiert sich seit Jahren im öffentlichen Diskurs um eine klimaneutrale Landwirtschaft. Im Interview erläutert er, welche Bedeutung neue Technologien in Pflanzen- und Tierzucht, der Anbau von Zwischenfrüchten sowie die Renaturierung der Moore für die Zukunft der Landwirtschaft haben – und wie die Landwirtschaft sogar vom Klimaschutz profitieren kann.

Frage

Wie können bioökonomische Innovationen dazu beitragen, den Treibhausgas-Ausstoß in der Landwirtschaft zu senken?

Antwort

Global betrachtet beeinflusst die Landwirtschaft das Klima auf zwei Arten: Durch Umwandlung von Naturflächen in Flächen für landwirtschaftliche Nutzung wurden und werden große Mengen Kohlenstoff in die Atmosphäre emittiert. Zum anderen entstehen Emissionen in der eigentlichen Produktion wie beispielsweise Methanemissionen von Wiederkäuern oder Lachgasemissionen durch die Düngung. Daher sind bioökonomische Innovationen in diesen beiden Bereichen für den Klimaschutz von Bedeutung. Zum einen brauchen wir Innovationen, die den Flächenbedarf reduzieren, wie beispielsweise durch höhere Erträge auf Basis neuer Züchtungstechnologien. Zum anderen müssen Produktionsemissionen wie Lachgas durch die Düngung reduziert werden. Hier können die Digitalisierung und neue Applikationstechnologien die Stickstoffeffizienz erhöhen und Emissionen reduzieren.

Frage

Welche Hebel gilt es insbesondere in der Tierhaltung zu bedienen, die für ein Gros der landwirtschaftlichen Emissionen verantwortlich ist?

Antwort

In diesem Bereich spielen die Methanemissionen der Wiederkäuer eine große Rolle. Aber hier ist wichtig anzumerken, dass der Verlust an gespeichertem Kohlenstoff durch die Nutzung von Futterfläche für die Klimawirkung von Wiederkäuern relevanter ist als das Methan aus der Verdauung. Das heißt, wir müssen insbesondere den Flächenbedarf durch eine bessere Futterumwandlung erhöhen und die Methanemissionen pro Kilogramm erzeugtem tierischen Produkt reduzieren. Beides kann durch Tierzüchtung und angepasste Fütterung positiv beeinflusst werden.

Frage

Welche Rolle spielt die Landnutzung bei der Transformation der Landwirtschaft, insbesondere die Moore?

Antwort

Die Nutzung von trockengelegten Moorböden ist für etwa 40% aller Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft in Deutschland verantwortlich, obwohl diese nur ca. 7% der landwirtschaftlich genutzten Fläche ausmachen. Eine Wiedervernässung dieser Flächen ist also sehr sinnvoll! Darüber hinaus wäre es grundsätzlich möglich, weitere Flächen zu renaturieren, um durch die natürliche Vegetation (z. B. Wald) Kohlenstoff zu binden. Dabei ist aber immer wichtig zu betrachten, ob durch eine Aufgabe der landwirtschaftlichen Erzeugung vor Ort woanders natürliche Flächen umgewandelt werden würden, um die reduzierte Erzeugung zumindest zum Teil auszugleichen. Sonst wäre nichts gewonnen oder es würden sogar Nachteile für das Klima entstehen. Wir müssen uns also immer fragen, welche Flächen global betrachtet besser für die Lebensmittelerzeugung genutzt werden sollten und welche für die Kohlenstoffspeicherung. Beim Moor liegt der Vorteil klar bei der Kohlenstoffspeicherung, bei den meisten übrigen landwirtschaftlich genutzten Flächen in Deutschland jedoch bei der landwirtschaftlichen Erzeugung, da sie hohe Erträge ermöglichen, im Verhältnis zu einer relativ geringen Speicherleistung der natürlichen Vegetation.

Frage

Neueste Studie sehen sowohl die Extensivierung – also den Flächenausbau – als auch die nachhaltige Intensivierung der Landwirtschaft als Option, um die Ernährung künftig zu sichern und gleichzeitig die Biodiversität zu verbessern. Wie stehen Sie dazu? Ist das tatsächlich die Lösung?

Antwort

Müsste man sich für die eine oder andere Seite entscheiden und wäre Klimaschutz das wesentliche Entscheidungskriterium, würde eine globale Extensivierung der Erzeugung, etwa durch einen massiven Ausbau des Ökolandbaus, wenig sinnvoll sein. Der höhere Flächenbedarf durch die niedrigeren Erträge würde die Emissionen im Bereich Landnutzungsänderung und Landnutzung deutlich erhöhen, bei nur geringen Rückgängen der Produktionsemissionen pro Produkteinheit. Oft wird diesem Argument entgegnet, dass man diesem Problem mit einer Reduzierung der Verluste und einer Änderung der Ernährung entgegnenwirken könne. Wäre es möglich, durch Veränderungen auf der Nachfrageseite die Welt mit 100% Ökolandbau zu versorgen, könnten wir bei den gleichen Nachfrageänderungen und konventioneller Erzeugung viele Flächen für die Kohlenstoffspeicherung aus der Erzeugung nehmen und dadurch in Summe wieder deutliche Klimavorteile bereitstellen. Diese Betrachtung der Flächeneffizienz ist aber nicht immer ausreichend bzw. sinnvoll: so gibt es auch in der Flächennutzung sogenannte Rebound-Effekte. Das heißt, Ertragssteigerung kann auch dazu führen, dass mehr Land für die Landwirtschaft umgenutzt wird und nicht umgekehrt. Auf der anderen Seite haben extensive Agrarsysteme, wie der Ökolandbau, viele Umweltvorteile außerhalb der Klimafrage, wie Vorteile für gewisse gefährdete Arten und geringere Nährstoffausträge in die Umwelt. Nachhaltige Intensivierung wird also einen wesentlichen Beitrag leisten müssen, um die globalen Herausforderungen im Klimaschutz zu leisten. In Kombination mit extensiven Systemen und mehr Naturflächen kann aber der Gesamtvorteil einer Landschaft über den Klimaschutz hinaus gesteigert werden.

Frage

Maßnahmen zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Böden stehen im Fokus der Fördermaßnahme BonaRes. Im Projekt Catchy befassen Sie sich mit dem Anbau von Zwischenfrüchten. Mit Blick auf eine klimaneutrale Landwirtschaft mit nachhaltigen Böden – welches Potenzial haben Zwischenfrüchte?

Antwort

Zwischenfrüchte ermöglichen drei wesentliche Klimavorteile: zum einen können sie zu Ertragsvorteilen führen, was den Flächenbedarf reduziert. Zum zweiten können sie den Humusaufbau in Böden fördern, was eine Kohlenstoffsenke darstellt, ohne in Flächenkonkurrenz mit der landwirtschaftlichen Erzeugung zu stehen. Hier entstehen aktuell erste Projekte, um den Klimavorteil durch Humusaufbau auf dem Markt für freiwillige CO2-Zertifikate zu monetarisieren und für landwirtschaftliche Betriebe neue Einkommensmöglichkeiten zu schaffen. Als dritter Punkt reduzieren Leguminosen als Zwischenfrüchte den Stickstoffdüngerbedarf, wodurch Lachgasemissionen reduziert werden können.

Interview: Beatrix Boldt