Greifswald: Plasmatechnologie für die Bioökonomie

Greifswald: Plasmatechnologie für die Bioökonomie

Das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP) in Greifswald wird von Bund und Land mit einem Millionenbetrag unterstützt, um die Forschung im Bereich Landwirtschaft, Bioökonomie und Umwelt auszubauen. 

Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP)
Das INP die größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung zu Niedertemperaturplasmen in Europa.

Ob bei Verpackungen, in Handys oder Autos: Plasmatechnologien kommen heutzutage in vielen Bereichen zum Einsatz. Neben der Eigenschaft, Wunden zu heilen, können kalte Plasmen beispielsweise auch multiresistente Bakterien töten und zur Saatgutbehandlung eingesetzt werden. Mit einer Millionenförderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Land Mecklenburg-Vorpommern soll die Plasmaforschung am Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP) in Greifswald nun gestärkt werden.

Internationaler Standort für Plasmaforschung

„Die Förderung ermöglicht es uns, in Mecklenburg-Vorpommern einen international führenden Standort im Bereich Plasmatechnologien für Agrarkultur, Lebensmittelproduktion und biogene Reststoffe aufzubauen“, erklärt Klaus-Dieter Weltmann, Vorstandsvorsitzender und wissenschaftlicher Direktor des INP. „Wir fokussieren uns darauf, umweltfreundliche Technologien zu entwickeln, die nicht nur die Forschung und Lehre bereichern, sondern auch zukunftsweisende Arbeitsplätze schaffen.“

Mehr Geld für Personal, Forschung und Ausstattung

Bei der Förderung handelt es sich um einen „höheren einstelligen Millionenbetrag“, wie bioökonomie.de auf Nachfrage erfuhr. Mit den Geldern sollen am INP bis zu zwölf Stellen mit zusätzlichem Fachpersonal besetzt werden. Auch die wissenschaftliche Ausbildung wird gestärkt. So sollen 2024 und 2025 drei neue Professuren – für Plasma-Lebensmittelverarbeitung, Plasma-Agrartechnik und Plasma-Agrarwissenschaften – in Mecklenburg-Vorpommern eingerichtet werden.

„Diese neuen Professuren sind essenziell, um die Dynamik in unseren Forschungsbereichen zu erhöhen und einen nachhaltigen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Beitrag in Nordostdeutschland zu leisten“, erläutert Weltmann.

Plasmatechnologie in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion vorantreiben

Für die Forschung an Pflanzen und Mikroorganismen stehen den Forschenden am INP zudem speziell eingerichtete Labore zur Verfügung, die am neu eröffneten Z4 – Zentrum für Life Science und Plasmatechnologie in Greifswald angemietet wurden. „Mit der neuen personellen, technischen und räumlichen Ausstattung können wir den Einsatz der Plasmatechnologie in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion intensiv vorantreiben. Ich bin überzeugt, dass wir dadurch erheblich zum Umweltschutz beitragen werden“, sagt Weltmann.

Das INP ist Europas größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung auf dem Gebiet der Niedertemperaturplasmaphysik, die Grundlagenforschung und anwendungsorientierte Forschung betreibt, um neue Technologien auf den Markt zu bringen. So wurde in den vergangenen 25 Jahren unter anderem ein Forschungscluster im Nordosten Deutschlands für medizinische Anwendungen der Plasmatechnologie wie die Wundheilung etabliert.

Auch Technologien zur Behandlung von Saatgut mit kaltem Plasma wurden am INP entwickelt. Darüber hinaus forscht das Greifswalder Team zur Anwendung von plasmabehandeltem Wasser, das die Stoffwechselprozesse der Pflanzen anregt und ihre Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit und Hitze erhöht.

Plasmaverfahren für Vertical Farming nutzen

Im kürzlich gestarteten Leitprojekt „Physics for Sustainable Vertical Farming“ will das Bündnis PHYSICS FOR FOOD unter der Leitung des INP nun ihre Erfahrungen und Ergebnisse zu Plasmatechnologien bündeln und damit die Herausforderungen beim Vertical Farming hinsichtlich Pflanzengesundheit und Ressourcenschonung bewältigen. Im Projekt sollen Plasmaverfahren zur Anwendung kommen, die sowohl beim Saatgut, bei den Pflanzen selbst als auch für eine Wasserkreislaufführung eingesetzt werden können. Dafür wird in einem 40-Fuß-Schiffscontainer – eine realistische Größe für den Transfer in die Anwendung – ein komplexes Anlagensystem verbaut, das sich über 4 Etagen erstreckt. Hier sollen zunächst Rucola und Basilikum angebaut werden. Am Projekt sind neben dem INP, die Hochschule Neubrandenburg sowie Wirtschaftsunternehmen beteiligt.

Plasmatechnologie schonender und umweltfreundlicher

Doch das Potenzial der Plasmatechnologie ist weitaus größer: So kann die Haltbarkeit von Lebensmitteln mithilfe der Technologie verlängert werden. Das spart Konservierungsmittel ein und führt durch die Plasmabehandlung der Biomasse zu besseren Erträgen in Biogasanlagen. Auch bei der pharmazeutischen Grundstoffgewinnung aus Algen und Rohstoffpflanzen zeigt sich, dass die Plasmatechnologie schonendere und effektivere Ergebnisse liefern als herkömmliche Methoden. Zudem hat sie das Potenzial, aus bei der Plasmasynthese entstehendem Kohlendioxid grünen Kraftstoff zu produzieren.

bb