Gerste hat nur eine Ursprungsregion
Forscher am IPK Gatersleben zeigen mittels Genomanalysen, dass auch die tibetische Gerste dem sogenannten fruchtbaren Halbmond entstammt.
Gerste ist in vielen Regionen der Welt ein wichtiges Futter- oder sogar Grundnahrungsmittel. Außerdem könnte sie die erste Feldfrucht sein, die von der Menschheit kultiviert wurde. Erst im vergangenen Jahr haben deutsche Pflanzenforscher gezeigt, dass die Züchtung der Gerste wohl in einer einzigen Region im sogenannten fruchtbaren Halbmond ihren Ursprung hat, einer Region im Nahen Osten, die sich von Israel über Jordanien, Syrien, die Türkei, Irak bis nach Iran erstreckt. Strittig war bisher, ob auch die in Tibet verbreitete Qingke-Gerste aus dem Nahen Osten stammt oder einen eigenen Ursprung besitzt.
177 Gerstenpopulationen genetisch analysiert
Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben hat diese Frage im Fachjournal „Nature Communications“ nun beantwortet. Dazu analysierten die Wissenschaftler das Erbgut von 177 regionalen Gerstenpopulationen, darunter kultivierte und wilde Gerste aus Tibet, aber auch aus östlichen und westlichen Züchtungen. Anhand der genetischen Unterschiede ließ sich feststellen, wie diese Populationen verwandt und welche die evolutionär älteren sind. Am Ende stand ein eindeutiges Bild: Auch die tibetische Qingke-Gerste stammt ursprünglich aus dem fruchtbaren Halbmond.
Spur von Pakistan über Indien nach Tibet
Eine Abnahme der genetischen Vielfalt von der östlichen domestizierten Gerste zur Qingke-Gerste weist darauf hin, dass die Gerste vor 3.500 bis 4.500 Jahren über Nord-Pakistan, Indien und Nepal nach Süd-Tibet eingeführt worden ist. Damals hat wohl nur eine kleine genetische Gruppe unter den Umweltbedingungen des tibetischen Hochlands überleben können, aus der schließlich die Qingke-Gerste hervorgegangen ist.
Die damit bewiesene enorme Anpassungsfähigkeit der Qingke-Gerste lässt die IPK-Forscher hoffen, dass sich diese Pflanzen für die europäische Züchtung als wertvolle genetische Quellen für Resistenzen gegen widrige biotische und abiotische Umweltbedingungen nutzen lassen.
bl