Erster Laufschuh aus recycelten Industrieabgasen

Erster Laufschuh aus recycelten Industrieabgasen

Ein Schritt Richtung Kohlenstoff-Kreislaufwirtschaft: Ein Konsortium um den Schweizer Sportartikelhersteller On hat einen Schuh entwickelt, dessen Schaumkunststoffanteile biotechnisch aus kohlenstoffhaltigen Abgasen hergestellt werden.

Läufer mit innovativem Turnschuh - Sohlenmaterial aus Kohlenstoff-Abgasen
Das Sohlenmaterial des Laufschuhs von ON besteht aus Kunststoff, der unter anderem biotechnisch aus kohlenstoffhaltigen Abgasen gewonnen wurde.

Um die Klimaziele zu erreichen, muss die Industrie Emissionen wie Kohlendioxid einsparen. Das Treibhausgas als Rohstoffquelle zu nutzen, ist ein vielversprechender Weg. Denn der darin enthaltene Kohlenstoff kann etwa mithilfe biotechnologischer Verfahren zu neuen Produkten verarbeitet werden. Ein Industriekonsortium um den Schweizer Sportartikelhersteller On beweist nun, welches Potenzial kohlenstoffhaltige Industrieabgase haben und präsentiert mit Cloudprime den ersten Turnschuh, der aus solchen Kohlenstoffabfällen hergestellt wurde. „Den allerersten Schuh aus Kohlenstoffemissionen in den Händen zu halten, ist ein großer Meilenstein – nicht nur für On, sondern für die gesamte Sportindustrie", erklärt Caspar Coppetti, Mitbegründer und Executive Co-Chairman von On.

Sohlenmaterial aus Kohlestoffemissionen

Das neue Schaummaterial namens CleanCloud in der Sohle des Laufschuhs ist das Ergebnis einer langjährigen Partnerschaft innovativer Unternehmen im Bereich Biochemie, Prozess- und Materialinnovation – darunter die Unternehmen LanzaTech, Borealis und Technip Energies.

Um Kohlenmonoxid (CO) aus Industrieabgasen zu Ethanol umzuwandeln, wurde das biotechnische Verfahren von LanzaTech genutzt. Das Unternehmen zählt zu den Pionieren der sogenannten Gasfermentation-Technologie, ein biotechnisches Verfahren, bei dem Bakterien als Produktionsorganismen eingesetzt werden. LanzaTech nutzt eine Kombination aus modernster Gentechnik, hochmoderner Biotechnologie, Künstlicher Intelligenz und Innovationen im Bereich der mechanischen und chemischen Technik, um Chemikalien aus Kohlenstoffabfällen zu erzeugen.

Bakterien verwerten CO2

Die Technologie von LanzaTech fängt dabei Kohlenmonoxid aus industriellen Quellen wie Stahlwerken ab, bevor es in die Atmosphäre gelangt. Nach der Abscheidung werden diese Emissionen einem patentierten Fermentationsprozess unterzogen. Dank speziell ausgewählter und natürlich vorkommender acetogener Bakterien wird das kohlenstoffreiche Gas auf natürliche Weise in Ethanol umgewandelt. Dieser Gärungsprozess ähnelt dem der konventionellen Alkoholproduktion wie dem Bierbrauen. Das Ethanol wird dann in weiteren Schritten von den Projektpartnern dehydriert, um Ethylen zu erzeugen, das in der Folge zu EVA (Ethylenvinylacetat) in Form von festen kleinen Kunststoffpellets polymerisiert wird. Dieses vielseitige und leichte Material nutzt On zur Herstellung des Hochleistungsschaumstoffs für seinen Laufschuh.

„Heute zeigen wir der Welt, dass recycelter Kohlenstoff eine Ressource und keine Belastung ist", sagte Jennifer Holmgren, CEO von LanzaTech. „Die Partnerschaft zwischen On, Borealis, Technip und LanzaTech wird die Art und Weise, wie die Welt über die Beschaffung von Kohlenstoff denkt, verändern und es uns ermöglichen, eine nachhaltige Zukunft für alle zu schaffen.“ Technip Energies zeichnet verantwortlich für den Prozess der Dehydratisierung von Ethanol zu Ethylen, das ein Monomer und der wichtigste Baustein von weitverbreiteten Kunststoffen ist. Das Wiener Unternehmen Borealis – ein führender Anbieter von kreislauffähigen und erneuerbaren Kunststofflösungen – war maßgeblich an der Herstellung des EVA-Schaum für CleanCloud beteiligt.

Obermaterial aus recycelten Kunststoffen und Kohlenstoff

Um den neuen Laufschuh insgesamt als nachhaltig vermarkten zu können, sind die weiteren Materialien ebenfalls unter Gesichtspunkten der Kreislaufwirtschaft ausgewählt: Dafür arbeitet On mit dem Start-up Novoloop an der CleanCloud-Laufsohle zusammen, indem es den weltweit ersten chemisch upgecycelte thermoplastischen Kunststoff (TPU) aus Post-Consumer-Kunststoffabfällen verwendet. Die Laufsohle wurde laut Unternehmen „strengen Labor- und Sportlertests unterzogen und erfüllt Spezifikationen, die mit denen von TPU aus fossilen Rohstoffen vergleichbar sind, bei einer deutlichen Reduzierung des CO2-Fußabdrucks." Für das Obermaterial arbeitet On mit dem jungen französischen Start-up Fairbrics zusammen, das ein Textil auf Polyesterbasis entwickelt, das aus Kohlenstoffemissionen hergestellt wird.

gkä/bb