EFSA bewertet umstrittenes Herbizid neu
Die europäische Lebensmittelaufsicht EFSA hat mit der Neubewertung des umstrittenen Herbizids Glyphosat begonnen. Das entsprechende Gutachten liefert eine deutsche Behörde.
Wie gefährlich ist das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat? An dieser Frage scheiden sich die Geister von Naturschutzverbänden und Vertretern der Agrarindustrie. Routinemäßig steht nun eine Neubewertung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels an. Für die Europäische Lebensmittelaufsicht EFSA hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) alle neuen Erkenntnisse zusammengetragen. Sie ist in der EU als Berichterstatter für den Wirkstoff Glyphosat zuständig. In ihrem aktuellen Bericht kommt die Behörde zu dem Schluss, dass von dem umstrittenen Pflanzenschutzmittel keine Gesundheitsgefahr ausgeht. Allerdings wird ein verbessertes Risikomanagement zum Schutz der biologischen Vielfalt empfohlen. Weil das Herbizid auch Pflanzen abtötet, die Insekten Nahrung bieten, könnte die Nahrungsgrundlage der Tiere beeinträchtigt werden.
Seit 2002 ist Glyphosat in der EU unter dem Markennamen Roundup erhältlich. Eine erste Zulassung wurde im November 2010 zunächst bis Ende 2015 verlängert. Die Phosphor-Verbindung ist ein sogenanntes Totalherbizid, das unspezifisch alle Pflanzen abtötet. Dies geschieht indem das Molekül das Pflanzenenzym 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase (EPSPS) blockiert. Die damit besprühten Pflanzen können keine aromatischen Aminosäuren mehr herstellen und sterben ab.
Nutzpflanzen per Gentechnik resistent
Inzwischen wurden bestimmte Nutzpflanzen mittels gentechnischer Veränderungen resistent gegen Glyphosat gemacht, beispielsweise indem gezielt das Bakteriengen Agrobacterium CP4 EPSPS eingeschleust wurde. Bei den resistenten Sorten kann Glyphosat auch angewandt werden, wenn die Saat bereits aufgegangen ist. So lassen sich auf einfachem Wege alle unerwünschten Gewächse auf dem Feld beseitigen, argumentieren Befürworter des Mittels. In den vergangenen Jahren entwickelte sich Glyphosat so zu einem der weltweit am häufigsten eingesetzten Herbizide. Allein in Deutschland sind 75 glyphosathaltige Präparate zugelassen, beispielsweise im Acker-, Obst-, und Weinbau, 44 davon auch für den Haus- und Kleingarten.
Kritiker warnen vor Gefahren von Glyphosat
Kritiker warnen inzwischen vor dem Gebrauch des Pflanzenschutzmittels. Erst kurz vor Weihnachten hatten das Umweltinstitut München und der Verein Rettet den Regenwald eine Petition zum Verbot von Glyphosat gestartet. Eine umstrittene Kampagne brachte auch der BUND ins Rollen: In einem Internetvideo wurden Babys, die in einem Acker in der Erde sitzen, von einem Flugzeug mit Pestiziden besprüht. Nach massiver Kritik zog der Verband das Video zurück, hielt an seiner Kritik, dass Glyphosat „inakzeptable Gesundheitsgefahren berge“, jedoch fest. So sei das Mittel beispielsweise im Urin von Menschen in mehreren europäischen Großstädten nachgewiesen worden.
Bewertungsbericht wird Ende Januar veröffentlicht
In dem neuen Bewertungsbericht wurden nun neben den bereits im ersten EU-Bewertungsverfahren verwendeten Unterlagen auch neue Studien berücksichtigt: Unterlagen vom Hersteller ebenso wie Beiträge von Umweltverbänden, außerdem mehr als 1.000 wissenschaftliche Veröffentlichungen zum Thema. Mit Teilberichten haben das Julius-Kühn-Institut, das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) und das Umweltbundesamt an der Bewertung mitgewirkt. „Die Analyse der zahlreichen neuen Dokumente ergibt keine Hinweise auf eine krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung durch Glyphosat“, heißt es nun vom BfR. Aus Sicht der Experten gebe es keinen Anlass, die gesundheitlichen Grenzwerte (insbesondere der täglich duldbaren Aufnahmemenge (ADI) wesentlich zu verändern. Eine Einschränkung macht das BfR dann aber doch: Es könnte sein, dass „die Toxizität bestimmter glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel aufgrund der darin enthaltenen Beistoffe höher sein kann als die des Wirkstoffes.“ Dies gelte es bei der Bewertung zu berücksichtigen.
Bis Ende Januar könnte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit nun den Bewertungsbericht veröffentlichen und ein Begutachtungsverfahren einleiten. Dort dürfte es erneut auch kritische Stellungnahmen geben.