Den Ursachen der Weizenunverträglichkeit auf der Spur

Den Ursachen der Weizenunverträglichkeit auf der Spur

Viele Menschen leiden unter einer Weizenunverträglichkeit. Forscher wollen nun verschiedene Sorten des Getreides unter die Lupe nehmen, um hinter die Ursachen der Erkrankung zu kommen. Damit wollen sie die Grundlage für die Züchtung neuer verträglicherer Weizensorten schaffen.

Auch alte Weizensorten wie Emmer werden auf ihre Verträglichkeit hin untersucht.
Auch alte Weizensorten wie Emmer werden auf ihre Verträglichkeit hin untersucht.

Etwa fünf Prozent aller Deutschen leiden unter einer Weizenunverträglichkeit. Ursache dafür ist eine Abwehrreaktion des Immunsystems, die durch eine Gruppe von Proteinen im Weizen ausgelöst wird. Die Krankheit zu erkennen, ist allerdings bis heute problematisch, weil es an geeigneten Tests  fehlt. Forscher aus Mainz und Hohenheim wollen nun 150 heimische Weizen- und Dinkelsorten durchleuchten, um hinter die Ursachen der Unverträglichkeit zu kommen. Das Vorhaben wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 680.000 Euro unterstützt. Mit der Ursachenforschung wollen die Wissenschaftler, auch die Basis für die Züchtung neuer verträglicherer Weizensorten schaffen.

Ob Backwaren oder Nudelgerichte: Weizen ist in zahlreichen Lebensmittel enthalten und zählt neben Mais und Reis zu den Grundnahrungsmitteln der Deutschen. Doch bei vielen Menschen löst der Biss ins Brot körperliche oder gar psychische Beschwerden hervor. Die Bandbreite der Symptome reicht von Juckreiz über Durchfall bis hin zu Depressionen. Was lange Zeit als geheimnisvolle Krankheit galt wurde schließlich als eine seltene Weizenunverträglichkeit mit dem ungewöhnlichen Namen „Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität“ – kurz NCWS – diagnostiziert. Die Ursache dafür ist eine Abwehrreaktion des Immunsystems, die durch bestimmte Weizenproteine ausgelöst wird.

Proteingruppe im Weizen sorgt für Unverträglichkeit

Experten schätzen, dass etwa fünf Prozent aller Deutschen unter der speziellen Weizenunverträglichkeit leiden. Der Anteil der Zöliakie-Patienten liegt bei nur einem Prozent. Im Vergleich zur Glutenunverträglichkeit, der sogenannten Zöliakie, oder zur Weizenallergie ist NCWS allerdings nur schwer zu erkennen, da es keine Testverfahren gibt. „Das Problem der NCWS war lange, dass man nicht wusste durch was sie ausgelöst wird, bis wir in meinem Labor an der Harvard Medical School die Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs) als Aktivatoren der angeborenen Immunität im Darm identifiziert haben“, erklärt Friedrich Longin, Wissenschaftlicher Leiter des Arbeitsgebietes Weizen an der Universität Hohenheim.

Forscher nehmen ATIs ins Visier

Im Projekt mit dem Titel „Weizensensitivität: Einfluss von Weizensorten und Anbaubedingungen auf die angeborene Immunität“ wollen Longin und Forscher der Universität Mainz nun im Weizen nach den Gründen der Unverträglichkeit suchen. Sowohl Mediziner, Analytiker und Agrarwissenschaftler werden dabei die krankheitsauslösende Proteingruppe der ATIs genauer untersuchen, um die Übertäter herausfiltern zu können. „Bei einer Gruppe von Menschen scheinen die ATIs aus glutenhaltigen Getreiden wie Weizen ab einer bestimmten Menge entzündliche Reaktionen im Körper zu aktivieren bzw. zu verstärken“, erklärt Detlef Schuppan, Projektkoordinator und Leiter des Instituts für Translationale Immunologie der Universitätsmedizin Mainz.

Analyse von 160 Getreidearten

In dem von der DFG mit 680.000 Euro geförderten Gemeinschaftsprojekt  wird untersucht, wie der ATI-Gehalt im Weizen entsteht, wie viele dieser natürlichen Weizensproteine konkret zur ATI-Familie gehören und welche Eiweiße genau die Immunantwort auslösen.  Außerdem gehen die Forscher der Frage nach, ob die Weizenproteingruppe auch Einfluss  auf die Backqualität hat und ob die  Protein- Zusammensetzung von der jeweiligen Weizensorte und den Umweltbedingungen im Anbau abhängt. Dafür wurden in Hohenheim an drei verschiedenen Standorten 150 Weizensorten und zehn Dinkelsorten angebaut. Die Bandbreite reicht von modernen Weizensorten bis hin zu Älteren, die in den 1960iger - 1990iger Jahren angebaut wurden. Inzwischen liegen die Pflanzen bereits zur Untersuchung im Labor.

Verträglichere Weizensorten und bessere Backqualität

Nach Abschluss der Ursachenforschung hoffen die Hohenheimer und Mainzer Wissenschaftler, mit ihren Ergebnissen die Voraussetzungen für die Züchtung neuer verträglicherer Weizensorten zu schaffen. „Dabei muss uns der Spagat gelingen, Weizensorten zu züchten, die einen geringen ATI-Gehalt und trotzdem gute Backfähigkeit besitzen“, hofft Longin.