Biokunststoffe aus Kleie

Biokunststoffe aus Kleie

Reststoffe aus der Herstellung von Mehl können noch nützlich sein. Bayerische Forscher verwenden sie zur Herstellung neuartiger Biokunststoffe.  

Technikum des Zentrums für Weiße Biotechnologie auf dem Campus Garching
Technikum des Zentrums für Weiße Biotechnologie auf dem Campus Garching

Um neuartige biobasierte Kunststoffe zu entwickeln, bedienen sich Wissenschaftler ganz unterschiedlicher Rohstoffe und Methoden. Ihr Ziel: möglichst umweltfreundliche Verfahren etablieren und Ressourcen nutzen, die womöglich sowieso als Reststoff anfallen. Zum Werkzeugkasten vieler Forscher gehört dabei die Biotechnologie. Diesen Fokus haben auch die Partner im Verbundprojekt „BayBiotech- Ressourcenschonende Biotechnologie in Bayern“. Bereits seit 2015 arbeiten hier Wissenschaftler in mehrerer Projektgruppen  zusammen, um mithilfe der Biotechnologie innovative und umweltfreundliche Produktionsverfahren zu entwickeln. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz finanziert das Konsortium mit zwei Mio. Euro. Ein Schwerpunkt bei „BayBiotech“ ist die biotechnologische Herstellung biologisch abbaubarer „Biokunststoffe“. Die Forscher richten dabei ihren Blick auf maßgeschneiderte Kunststoffe aus Polyhydroxybuttersäure (PHB). Dieses Biopolymer wird von Bakterien als Speicherstoff produziert und hat ähnliche Eigenschaften wie das aus Erdöl hergestellte Polypropylen. Das Material ist allerdings aufgrund seiner kristallinen Struktur sehr spröde und schwer zu verarbeiten, da Bakterien die Einzelbausteine immer in der gleichen Art und Weise verknüpfen, so dass kristalline Bereiche im Material entstehen.

Biopolymers PBH mit Kleie flexibel machen

Inzwischen sind die Forschungsarbeiten soweit fortgeschritten, dass erste Erfolge erzielt werden konnten. Einem Team um den Chemiker Thomas Brück von der Technischen Universität München ist es gelungen, die mechanischen Eigenschaften des Biopolymers PBH so zu verändern, dass das Material flexibel ist. Durch Zugabe von biobasierten Kunststoffen wie Polylactiden entstand nach der Hydrolyse des Stoffs durch Polymerisation eine nicht kristalline Form des wertvollen Rohstoffs PHB, der nicht nur nachhaltig hergestellt, sondern sogar biologisch abbaubar ist. "Das Bioplastik wird innerhalb von zwei bis drei Wochen auch in der Umwelt abgebaut und endet damit erst gar nicht erst im Meer", betonte Thomas Brück anlässlich der Präsentation der Projektergebnisse im März in Erlangen.

Biokunststoffe maßschneidern

Der Trick: Die Monomere wurden aus dem kostengünstigen Reststoff Kleie entwickelt, der als Nebenprodukt bei der Mehlherstellung anfällt. Indem Brück diese Monomere mit denen aus beta-Butyrolacton hergestellt Monomeren mischte, konnten die Forscher gezielt Unregelmäßigkeiten in das Polymer einbauen und so die Eigenschaften des Materials für die jeweilige Anwendung maßschneidern. Durch diese nachhaltige Strategie wollen die Münchner Wissenschaftler eine Alternative zur chemischen und auf Erdöl basierenden Polymer-Produktion schaffen. Brück zufolge könnten erste Produkte des biologisch abbaubauren Kunststoffes in fünf Jahren auf den Markt kommen.

„Die erfolgreiche Arbeit des Forschungsverbunds zeigt beispielhaft den großen Nutzen der interdisziplinären Arbeit im Verbund über verschiedene Standorte hinweg“, sagte Thomas Brück, Professor für Industrielle Biokatalyse der TU München. „Die Verknüpfung der drei TUM-Standorte Straubing, Weihenstephan und Garching spannt den Bogen von der Grundlagenforschung bis zur Anwendungsentwicklung und beschleunigt den Weg zur tatsächlichen Umsetzung enorm.“ Neben dem neuen Biokunststoff konnten auch vielversprechende Ergebnisse bei der Nutzung von Essigsäurebakterien als Produktionsorganismen sowie in der Biofilmforschung erreicht werden.

bb