Bekenntnis zu fairen Textilien
Mitglieder vom Bündnis für nachhaltige Textilien legen erstmals Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit offen. Das Ziel: bessere Arbeitsbedingungen, Umweltschutz und faire Löhne.
Fünf Jahre ist es her, als im April 2013 ein achtgeschossiges Gebäude nahe der Hauptstadt Dhaka in Bangladesch einstürzte und 1.135 Fabrikarbeiter mit in den Tod riss. Mehr als 2.400 Menschen wurden verletzt. In dem Hochhaus waren überwiegend Textilfirmen ansässig, die auch für deutsche Unternehmen produzierten. Der Einsturz des Rana Plaza war einer der schwersten Fabrikunfälle des Landes und hatte eine weltweite Debatte um die Sicherheit in Textilfabriken ausgelöst.
Bündnis legt Maßnahmepläne offen
Als Reaktion auf dieses Unglück wurde 2014 auf Initiative von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller das deutsche Bündnis für nachhaltige Textilien ins Leben gerufen. Inzwischen zählt das Textilbündnis 128 Mitglieder. Dazu gehören Modefirmen, Handelsketten, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen sowie Verbände und Behörden. Sie alle verpflichten sich, auf soziale, ökologische und ökonomische Standards entlang der eigenen Textil-Lieferkette zu achten und mit entsprechenden Maßnahmen dazu beizutragen. Nun legen die Mitglieder des Bündnisses erstmals ihre Maßnahmepläne offen und zeigen, wie sie im eigenen Unternehmen für menschenwürdige Arbeitsbedingungen und faire Löhne sorgen und den Umweltschutz einhalten wollen.
116 Mitglieder hatten ihre Pläne eingereicht. Die Hälfte davon wurde hinsichtlich der gesetzten Ziele und konkreter Umsetzungsschritte bereits von unabhängigen externen Experten geprüft und würden den Anforderungen des Bündnisses entsprechen, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Diese begutachteten „Roadmaps“ sind seit Anfang August über die Internetseite des Textilbündnisses einzusehen. Die Restlichen werden noch geprüft und sollen im September veröffentlicht werden.
Transparenz als Eckpfeiler für Glaubwürdigkeit
„Die Verbindlichkeit des Prozesses und die abgestufte Transparenz sind wichtige Eckpfeiler für die Glaubwürdigkeit des Bündnisses. Diese bilden zusammen mit dem konstruktiven, fairen und offenen Umgang miteinander ein gutes Fundament, um Lieferketten grundlegend nachhaltiger zu gestalten“, sagt Jürgen Janssen vom Textilbündnis.
Weniger Chemikalien und mehr Bio-Baumwolle
Das deutsche Textilbündnis macht sich für grundlegende Verbesserungen entlang der globalen Textillieferketten stark und handelt nach einheitlichen, vorgegebenen Zielen. Dazu gehören die Gewährleistung existenzsichernder Löhne, die Einhaltung von Abwasserstandards beim Umgang mit Chemikalien und die Nutzung nachhaltiger Fasern. Aber auch die Transparenz in der globalen Textil-Lieferkette sowie Maßnahmen, um Kinderarbeitet abzuschaffen, gehören zu den Zielen.
Die Bündnismitglieder haben diesbezüglich insgesamt 1.300 Maßnahmen geplant. Sie führen beispielsweise dazu, dass über 160 chemische Substanzen schrittweise aus der Produktion verbannt werden und der Anteil von nachhaltiger und Bio-Baumwolle bis 2020 auf 35% steigt. Ab 2019 müssen die Mitglieder in sogenannten Fortschrittsberichten offenlegen, ob die gesteckten Ziele erreicht wurden. „Wir bauen auf ambitionierte Fortschritte, auf Kooperation und das Teilen von Wissen und Erfahrungen – in Zukunft immer stärker auch mit unseren Partnern in Europa und weltweit“, sagt Janssen.
Bündnis verliert Mitglieder
Mit knapp 130 Mitgliedern ist derzeit etwa die Hälfte des deutschen Textilmarktes im Bündnis vertreten. Damit ist das Ziel von 75% zum Jahresende noch fern. Viele Unternehmen und Organisationen sind in den vergangenen vier Jahren wieder ausgetreten oder wurden ausgeschlossen, weil sie die Berichtspflicht nicht erfüllten. Allein in diesem Jahr sind 25 Mitglieder abgesprungen, wie das Handelsblatt meldet. Danach ist es nicht nur fehlendes Engagement, dass Unternehmen abschreckt, sondern auch Überforderung.
Europäische Investoren unterstützen Nachhaltigkeitsziele
Das deutsche Textilbündnis findet indes europaweit Unterstützer. Erst kürzlich haben über 40 Investoren aus europäischen Ländern eine Vereinbarung zur Nachhaltigkeit in der Bekleidungs- und Schuhbranche unterzeichnet und sich damit ausdrücklich zu einer Zusammenarbeit mit dem deutschen Bündnis sowie dem niederländischen Agreement on „Sustainable Garments and Textiles“ (AGT) bekannt.
bb