Auftakt für den Bioökonomie-Weltgipfel
Seit diesem Montag tauschen sich internationale Bioökonomie-Akteure beim Global Bioeconomy Summit 2020 aus. Nach drei intensiven Workshop-Tagen startet heute die zweitägige Konferenz. Mit hochkarätigen Mitwirkenden aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik.
Der dritte Global Bioeconomy Summit (GBS) ist ein Publikumsmagnet: Mehr als 3.000 Interessierte haben sich bereits für das große internationale Forum zur globalen Bioökonomie angemeldet, das pandemiebedingt nicht wie geplant in Berlin, sondern rein virtuell stattfindet. Finanziert wird das Event durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das ein Konferenzsekretariat in Berlin eingerichtet hatte. Inhaltlich begleitet wird der Summit durch das „International Advisory Council on Global Bioeconomy (IACGB), das sich aus rund 40 internationalen Bioökonomieexperten zusammensetzt.
Plattform für die globale Bioökonomie
An dem Konferenz-Programm am 19. und 20. November werden hochkarätige Sprecherinnen und Sprecher mitwirken – Regierungsvertreter, internationale Politikexperten sowie hochrangige Akteure aus Wissenschaft und Industrie. Mehr als 100 hochkarätige Rednerinnen und Redner werden unter anderem die Rolle der Bioökonomie bei der Lösung globaler Krisen und die Auswirkungen der Coronakrise auf eine nachhaltige Bioökonomie als neue Wirtschaftsstrategie zur Stabilisierung der Weltwirtschaft diskutieren. Die Bundesministerinnen Anja Karliczek (BMBF) und Julia Klöckner (BMEL) werden unter anderem dabei sein und die deutsche Regierung vertreten, aber auch zahlreiche weitere internationale Gäste.
„Im Zuge der Pandemie wird sich die globale Bioökonomie-Community praktisch zusammenfinden, um mit dem GBS2020 Neuland zu erkunden und unsere nachhaltige Entwicklung voranzutreiben“, sagte Morakot Tanticharoen, Senior Advisor des Präsidenten der Nationalen Agentur für Wissenschafts- und Technologieentwicklung Thailand (NSTDA). Dass Europa bereit ist, seinen Beitrag zum weiteren Aufbau einer biobasierten Wirtschaft zu leisten, unterstrich Peter Wehrheim, Referatsleiter für das „Bioökonomie- und Lebensmittelsystem“ bei der Europäischen Kommission: „Durch die Ausweitung seiner Bioökonomie kann die EU der erste klimaneutrale Kontinent werden.“
Global Bioeconomy Summit 2020
Jetzt noch kostenfrei anmelden und beim großen internationalen Forum zum Thema Bioökonomie dabei sein.
Wie die Bioökonomie sich künftig weiter global aufstellen sollte und welchen Beitrag sie zu einer Nachhaltigkeitspolitik leisten kann, das hat das IACGB in einem Communiqué zusammengefasst, das am 19. November offiziell veröffentlicht wird. Unter dem Titel „Expanding the Sustainable Bioeconomy – Vision and Way Forward” wird auch beschrieben, welches Arbeitsprogramm sich das globale Expertengremium langfristig geben will. Darüber hinaus wird der GBS erneut die Plattform bieten, um mehrere internationale Studienergebnisse zu präsentieren. Ein Global Expert Survey soll Aufschluss darüber geben, wie eine nachhaltige Politik für die Bioökonomie aussehen kann und der Global Bioeconomy Policy Report fasst erneut zusammen, wie Länder auf der ganzen Welt die Bioökonomie in staatliche Maßnahmen integriert haben.
Dreitägiger Workshop-Marathon
Woran in allen Teilen der Welt konkret gearbeitet wird, um eine nachhaltige Bioökonomie in den Alltag zu bringen und wie vielfältig die Themen sind, mit denen sich Bioökonomie-, Innovations- und Nachhaltigkeitsexperten beschäftigen, konnten die Besucher des digitalen GBS in den 12 interaktiven Workshops vom 16. bis 18. November miterleben. Um den internationalen Austausch zu stärken, hatte das internationale Organisationskomitee des GBS viele Partner aus allen fünf Kontinenten der Welt eingeladen, an der Organisation der Workshops mitzuwirken. Sie haben damit Japan, die ASEAN Region, Ostafrika, die Europäische Union sowie Lateinamerika und die Karibik repräsentiert.
Wie regionale Bioökonomie-Vertreter voneinander lernen können
Im Workshop-Strang „Regionale Bioökonomien und globale Zusammenarbeit“ wurden beispielhaft regionale Bioökonomien in den unterschiedlichen Erdteilen vorgestellt. Über Best-Practice-Beispiele haben die Akteure versucht aufzuzeigen, wie unterschiedlich Situationen und Rahmenbedingungen für den Aufbau einer Bioökonomie sein können. Gerade auf regionaler Ebene gibt es viele verschiedene Startbedingungen und Voraussetzungen, um natürliche Ressourcen zu nutzen, biobasierte Industrieprozesse aufzusetzen oder politische Bioökonomie-Strategien zu implementieren. Der Summit sollte hier dazu beitragen, diese Akteure zusammenzubringen und einen gegenseitigen Lernprozess zu initiieren.
In den Workshop-Strang „Science and Innovation“ wurden neue Technologien auf dem Weg in eine Bioökonomie thematisiert wie etwa die Synthetische Biologie. Auch das Thema Ausbildung war ein Schwerpunkt der Arbeit in den Workshops – wie sollen Studierende und Lehrenden für das Thema Bioökonomie fit gemacht werden?
Bioökonomievertreter aus Deutschland im Programm dabei
Zahlreiche deutsche Bioökonomie-Akteure zählten zu den Mitwirkenden, darunter Forschungseinrichtungen wie die Universität Hohenheim, die TU München, die RWTH Aachen oder das IGW, vom BMBF geförderte Forschungsnetzwerke wie die Innovationsräume BioBall und Biotextfuture, regionale Konsortien wie die Modellregion BioökonomieREVIER und CLIB 2021 sowie die German Association of Synthetic Biology (GASB).
Ein Workshop-Strang widmete sich der Politikgestaltung für eine nachhaltige und zirkuläre Bioökonomie. Hans-Jürgen Froese, Referatsleiter Bioökonomie im Bundeslandwirtschaftsministerium, erläuterte hier die zentralen Ziele der neuen Nationalen Bioökonomiestrategie der Bundesregierung, die unter anderem stark an den UN-Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet sei. Die Bundesregierung habe zudem neue Strukturen geschaffen, um die Strategie umzusetzen. Dazu zählt neben einer interministeriellen Arbeitsgruppe ein neuer 20-köpfiger Bioökonomierat, der sich als Beratungsgremium im Dezember konstituieren wird. „Bioökonomie zu gestalten ist nicht nur eine nationale Aufgabe, sondern eine internationale Herausforderung, die Kooperation erfordert“, sagte Froese. Daher betonte er die Wichtigkeit von Foren wie dem GBS sowie dem European Bioeconomy Policy Forum.
Eduardo Mansur von der Welternährungsorganisation FAO sprach über den Weg in eine nachhaltige und zirkuläre Bioökonomie vor dem Hintergrund der Corona-Krise. „Wir müssen unsere Ernährungssysteme resilienter machen“, sagte er. Bioökonomie biete die Chance, die Agrarwirtschaftssysteme um- und neu aufzubauen, und zwar auf eine grünere Art und Weise. Der wissenschaftliche Fortschritt sei ein wichtiger Treiber dieses Umbaus. Als wichtige Zukunftsthemen nannte Mansur neben alternativen Proteinen aus Insekten auch das Potenzial von Mikroorganismen in Böden und Pflanzen. „Das Mikrobiom von Ökosystemen ist ein ganzes Universum, das wir noch erschließen müssen.“
Wirtschaft diskutiert Herausforderungen und Rahmenbedingungen
In anderen Sessions ging es unter anderem auch darum, wie sich biobasierte Prozesse wirtschaftlich gestalten lassen, welche Herausforderungen bei der Hochskalierung von biobasierten Verfahren – etwa bei neuen Plattformchemikalien – eine Rolle spielen und wie Finanzierungsmodelle aussehen können. Unternehmen wie Dupont, Avantium, Braskem, Lanzatech oder Afyren stellten beispielhaft ihre Ansätze für nachhaltige Chemieprodukte vor und berichteten vom aktuellen Stand der Planungen zu Demonstrations- oder Industrieanlagen.
Viele Wirtschaftsakteure betonten die große Bedeutung von breit aufgestellten Förderkonsortien, durch die viele Demonstrationsanlagen für biobasierte Verfahren überhaupt erst möglich gemacht werden. Auch die Rolle von politischen Rahmenbedingungen wurde immer wieder hervorgehoben, da sie zum Teil wichtige Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit von Prozessen haben und die Nachfrage von biobasierten Alternativprodukten in der Industrie ankurbeln können.
pg/sw