Aufrüttelnder Bericht: 50 Jahre „Grenzen des Wachstums“

Aufrüttelnder Bericht: 50 Jahre „Grenzen des Wachstums“

Anfang März 1972 erschien der für den Club of Rome erstellte Bericht „Grenzen des Wachstums“. Er warnte vor einem globalen Kollaps – wenn die Menschheit nicht umdenkt. Entwicklungen wie die Bioökonomie fördern heute ein qualitatives Wachstum, das Ressourcen schont und die Umwelt schützt.

Planet Erde
Der Bericht "Grenzen des Wachstums" hat die globale Nachhaltigkeitspolitik wesentlich geprägt.

Sollte die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhalten, so würden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht.

Das war die zentrale Aussage des Berichtes „Grenzen des Wachstums“ aus dem Jahre 1972. Er basierte auf einem – damals sensationellen – Computermodell, in dem Wissenschaftler das Zusammenspiel verschiedener Faktoren betrachteten: Dies waren Bevölkerungswachstum, Industrialisierung, Umweltverschmutzung, Nahrungsmittelproduktion und Ausbeutung der Ressourcen. Damals wuchs die Bevölkerung stärker als je zuvor, sie verdoppelte sich innerhalb von 35 Jahren.

Vor einem halben Jahrhundert stellte das Ehepaar Meadows vom US-amerikanischen Jay Wright Forresters Institut für Systemdynamik die Systemanalyse verschiedener Szenarien auf einer Konferenz am 2. März in Washington vor. Ihr Bericht „Grenzen des Wachstums“ war von der deutschen Volkswagenstiftung mit einer Million Mark finanziert und vom Club of Rome beauftragt worden, einer internationalen Denkfabrik mit dem Ziel, die Zukunft der Menschheit zu sichern.

In der Erstausgabe des Berichtes schrieb der damalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Sithu U Thant, der Welt stehe „noch etwa ein Jahrzehnt zur Verfügung, um ihre alten Streitigkeiten zu vergessen und eine weltweite Zusammenarbeit zu beginnen, um […] den menschlichen Lebensraum zu verbessern, die Bevölkerungsexplosion niedrig zu halten und den notwendigen Impuls zur Entwicklung zu geben.“

Unterschätzte Innovationen

Die düsteren Aussagen der „Bombe im Taschenbuchformat“ wie damals die „Zeit“ titelte, wurden in diesem Ausmaß nicht Realität. Zwei Faktoren konnten den düsteren Zukunftshorizont aufhellen. Christian Berg, eines der Mitglieder des deutschen Club of Rome, Honorar-Professor für Nachhaltigkeit an der TU Clausthal, schreibt dies zum einen der sogenannten Elastizität des Marktes zu. Eine hohe Nachfrage durch viele Konsumenten lässt die Preise steigen.

Doch teuer kaufen will keiner, die Nachfrage sinkt und die Suche nach günstigeren Alternativen löst einen Innovationsschub aus. Allgemein habe der 50 Jahre alte Bericht „den technischen Fortschritt unterschätzt“. So sei Recycling die technische Antwort auf knappe Ressourcen oder Umweltbelastung. Abfälle wie etwa Grünschnitt, Holzspäne oder sogar CO2 können heute als neue Rohstoffe dienen. Ebenso beinhaltet der technische Fortschritt etwa eine erhöhte Energieeffizienz, biotechnologische Verfahren oder eine verbesserte Pflanzenzucht, die Pflanzen hervorbringt, die besser an den Klimawandel angepasst sind.

Heute steht „qualitatives Wachstum“ im Fokus. Dieses verbessert die Lebensqualität der Menschen, schont die Umwelt und strebt eine gerechte Verteilung der Einkommen an. Zudem richtet sich in der Gegenwart der Blick auf den Klimawandel, den die Autoren der Grenzen des Wachstums vor 50 Jahren noch nicht auf dem Schirm hatten.

Qualitatives Wachstum gefragt

So warnt der heutige Präsident des Club of Rome Deutschland, der bekannte Klimaforscher Mojib Latif, eindringlich vor den Folgen des Klimawandels. Gleichzeitig setzt sich er sich für globale Gerechtigkeit ein. „Beides gehört untrennbar zusammen: Wer das Klima schützen will, muss auch dafür sorgen, dass Lasten und Chancen weltweit fairer verteilt werden“, betont Latif. Dabei spielt es eine zentrale Rolle, Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch zu entkoppeln.

Dieses Ziel verfolgt auch die Bundesregierung mit ihrer Nationalen Bioökonomiestrategie. In der im Januar 2020 verabschiedeten Strategie heißt es: „Die Menschheit ist an einem Punkt angekommen, an dem eine weitere Übernutzung von Ressourcen die Biosphäre erheblich zu schädigen droht. Um die Lebensgrundlagen für Menschen, Tiere und Pflanzen zu erhalten, muss der Ressourcenverbrauch auf ein ökologisch verträgliches Maß reduziert werden. Gleichzeitig gilt es, einer wachsenden Weltbevölkerung wirtschaftlichen Wohlstand und das Recht auf Entwicklung zu ermöglichen.“

Die Bundesregierung handelt damit auch im Sinne der aktuellen Empfehlungen des Club of Rome. Berg, Vizepräsident des Club of Rome Deutschland, betont, dass ein ganzheitlicher, langfristiger und globaler Ansatz notwendig sei. „Wir müssen die Probleme umfassend wie möglich analysieren und das Silodenken überwinden“. Diese umfassende Sichtweise ist das Ziel der Bioökonomie, die nicht nur für nachhaltige Innovationen und technischen Fortschritt biologisches Wissen mit technologischen Lösungen vereint. Sie verbindet insbesondere auch Ökonomie und Ökologie für ein nachhaltiges Wirtschaften.

Text: Ulrike Roll (Projektträger Jülich)