Antimikrobielle Beschichtung für Schuhsohlen
Die Entwicklung neuer Produkte aus pflanzlichen Rohstoffen stand im Fokus eines EU-Projektes, in dem Fraunhofer-Forschende vom ISC ihre innovative Beschichtung namens bioORMOCER für neue Anwendungsfelder nutzbar machten – etwa für Schuhsohlen und Fahrzeuge.
Seit einigen Jahren arbeiten Forschende vom Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC) an kompostierbaren Barriereschichten, die Biopolymeren zu einem Durchbruch für ihren Einsatz als nachhaltige und umweltschonende Verpackungswerkstoffe verhelfen können. Mit bioORMOCER hat das Team ein Material parat, das vielseitig eingesetzt werden kann. Dabei handelt es sich um eine biobasierte Beschichtung, mit deren Hilfe die Barriereleistung herkömmlicher Bio-Verpackungen verbessert werden und sogenannte Ewigkeitschemikalien aus dem PFAS-Spektrum ersetzt werden können. Im EU-Projekt INN PRESSME konnten die Fraunhofer-Forschenden das Potenzial ihres neuartigen biobasierten Materials nun gemeinsam mit Partnern anhand zahlreicher Prototypen für verschiedene Anwendungen erfolgreich demonstrieren.
Kreislauffähige Produkte aus pflanzlichen Rohstoffen
An dem von der EU im Rahmen von Horizon 2020 geförderten dreijährigen Vorhaben sind 27 Partner aus Forschung und Industrie aus neun Ländern beteiligt. Ziel des Verbundprojektes ist es, ein europaweites Ökosystem für die Entwicklung und Herstellung von pflanzenbasierten, wiederverwertbaren und/oder biologisch abbaubaren Verpackungs-, Energie- und Transportlösungen sowie Konsumgütern aufzubauen. Damit sollen europäische Unternehmen bei der Erreichung der Klimaziele unterstützt werden.
Im Fokus des Vorhabens stand daher die Entwicklung neuer marktfähiger und kreislauffähiger Produkte und Waren aus pflanzlichen Rohstoffen, die mithilfe der Nanotechnologie die Leistungen der derzeitigen fossilbasierten Materialien erreichen und sogar übertreffen sollen. Damit Unternehmen Materialien im Sinne der Kreislaufwirtschaft bestmöglich nutzen können, wollen die Forschenden Unternehmen zugleich alle mit der Umstellung der Produktion notwendigen Daten und Werkzeuge zur Modellierung der Lebenszyklus-Wertschöpfungskette zur Verfügung stellen – von der Rohstoffumwandlung bis zur Materialverarbeitung.
BioORMOCER-Beschichtung modifiziert
Nach drei Jahren Projektlaufzeit hat das Forschungsteam nun neun Demonstratoren aus biobasierten Materialien für eine Pilotproduktion in ganz unterschiedlichen Branchen hergestellt – für umweltfreundliche Verpackungen, Energie, Transport und Konsumgüter. Das Fraunhofer-Team war eigenen Angaben zufolge in sechs Testfällen involviert. Seine Aufgabe war es, die aus pflanzenbasierten Rohstoffen gefertigten Produkte mit speziellen biobasierten funktionellen Beschichtungen für ihre jeweiligen Anforderungen im Gebrauch fit zu machen. Dafür wurde den Forschenden zufolge das biobasierte Material bioORMOCER so modifiziert, dass es nunmehr nicht nur als bioabbaubare Barriereschicht für papierbasierte Verpackungen, sondern auch für kratzbeständige und optische Schichten in der Automobilindustrie genutzt werden kann. Darüber hinaus konnten auch antimikrobielle sowie leicht zu reinigende Beschichtungen für Sportprodukte und Schuhsohlen entwickelt werden.
Am Fraunhofer ISC erfolgte auch das Hochskalieren der erforderlichen Materialmengen bis in den Pilotmaßstab. Den Forschenden zufolge konnten beispielsweise „ein 100-Liter-Lackreaktor und eine Rolle-zu-Rolle-Anlage eingesetzt werden, um die Barriereschichten auf ein mit Nanolayern modifiziertes Papier aufzutragen“. Die Menge von 100 Litern würde demnach für bis zu 3.000 Quadratmeter Fläche ausreichen, da die biobasierte Schicht nur sehr dünn aufgetragen werden muss.
Aufbau eines europaweiten Pilotanlagen-Netzwerkes
Aktuell sind die Projektpartner dabei, ein europaweites Pilotanlagen-Netzwerk aufzubauen, das europäischen Unternehmen über einen sogenannten Single Entry Point (SEP) effektive Unterstützung bei der Hochskalierung von eigenen biobasierten Lösungen bietet, ohne in eine eigene Anlage investieren zu müssen. Damit werde das unternehmerische Risiko bis zur Marktfähigkeit neuer pflanzenbasierter Produkte deutlich reduziert, schreiben die Forschenden.
bb