Alte Müllhalden als Stromquelle nutzen

Alte Müllhalden als Stromquelle nutzen

Unter alten Müllhalden schlummert ungenutztes Potenzial: Methan. Bochumer Forscher wollen dieses Gas nun zur Strom- und Wärmeerzeugung nutzen und Kommunen damit die Kassen füllen.

Forschen an einer unbelasteten Zukunft (v.l.n.r.): THGA-Geotechniker Prof. Dr. Frank Otto und Master-Studentin Katrin Maslowsky kontrollieren die Ausgasungen auf Altdeponien
Forschen an einer unbelasteten Zukunft (v.l.n.r.): THGA-Geotechniker Prof. Dr. Frank Otto und Master-Studentin Katrin Maslowsky kontrollieren die Ausgasungen auf Altdeponien

Wo einst Mülldeponien waren, sind heute vielerorts Brachlandschaften. Auch wenn Pflanzen das Territorium nach und nach zurückerobern: Im Untergrund gärt es teils noch heftig. In den Böden schlummern das Klimagas Methan und kontaminiertes Sickerwasser, dass unkontrolliert entweichen und die Umwelt belasten kann. „Allein in Deutschland gibt es rund 106.000 Altablagerungen. Bei einem Großteil kann man davon ausgehen, dass sie noch immer biologisch aktiv sind“, erklärt Frank Otto von der Technischen Hochschule Georg Agricola in Bochum.

Strom und Wärme aus Deponiegas

Diese biologisch aktiven Brachen bergen jedoch auch ein ungeahntes Potenzial, das Frank Otto und sein Team gezielt nutzen wollen. Die Bochumer Forscher entwickelten ein Verfahren, mit dem das methanhaltige Gas aus alten Deponien zur Strom- und Wärmegewinnung verwendet werden kann. Das Prinzip: Mit gezielten Bohrungen wird das Deponiegas abgesaugt und frischer Sauerstoff eingeflößt. „Das organische Material wird dadurch kontrolliert zersetzt – zum Teil durch Sauerstoff-liebende Bakterien, teils durch Bakterien, die ohne Sauerstoff auskommen“, erklärt Otto. Die Sauersoff-liebenden, aeroben Bakterien produzieren dabei CO2 und Wärme, während die anaeroben Bakterien dafür sorgen, dass in der warmen Umgebung Methan entsteht. Bis das Deponiegas endgültig verbraucht ist, könnten so Kleinkraftwerke angetrieben werden.

Kommunen profitieren von neuer Energiequelle

Neben der kontrollierten Zersetzung des Klimagases könnte vor allem die energetische Nutzung für Kommunen ein lukratives Geschäft sein. „Bis zu 25 Jahre dauert es, bis kein reaktionsfähiges, organisches Material mehr vorhanden ist – in jedem dieser maximal 25 Jahre könnten bis zu 250.000 Euro Einnahmen durch den Verkauf von Strom erzielt werden, den man in das Netz einspeist“, erklärt der Geophysiker. Er verweist darauf, dass in seiner Kalkulation die Wärmegewinnung aus Deponiegas noch gar nicht enthalten ist. Otto ist überzeugt, dass sich die Vorab-Investitionen von knapp 1,5 Mio. Euro hinsichtlich des hohen Einnahmepotenzials durchaus rentieren. Bisher durften Kommunen die Ausgasungen aus alten Deponien nur zur Gefahrenabwehr fördern, aber keinen finanziellen Nutzen daraus ziehen. Mit der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2017 ist diese Option nun teilweise möglich.

Müllhalden renaturisieren

Das neue Verfahren ist auch ökologisch vorteilhaft. Nach dem Versiegen der Gasproduktion könnte auf dem Deponiegelände mit dem sogenannten „Urban Mining“ begonnen werden. „Beim sogenannten städtischen Bergbau werden alte Müllhalden noch mal zu ergiebigen Rohstoffminen, aus denen sich wertvolle Ressourcen wie Eisen oder Kupfer und Energierohstoffe gewinnen lassen“, erklärt Otto. Mit der Komplettsanierung des einst belasteten Areals wird dann auch der Weg für die Entstehung neuer grüner Oasen zum Wohnen und Erholen frei.

bb