Käfersekret schützt Futter vor Fäulnis

Käfersekret schützt Futter vor Fäulnis

In einem Forscherverbund haben deutsche Biochemiker herausgefunden, dass Totengräber-Käfer das Futter für ihre Nachkommen mit einem speziellen Darmsekret vor Fäulnis schützen.

Totengräber-Käfer-Eltern konservieren mit einem speziellen Sekret, das nützliche Mikroorganismen aus ihrem eigenen Darm enthält, das Futter für ihre Nachkommen. Das Sekret könnte eine neue Quelle für anitmikrobielle Wirkstoffe sein.

Der Schwarzhörnige Totengräber, im Fachjargon Nicrophorus vespilloides genannt, gehört zu den Aaskäfern und ist in ganz Europa heimisch. Er betreibt intensive Brutpflege und vergräbt Kadaver kleiner Tiere als Futterquelle für seinen Nachwuchs. Laut einer neuen Studie von Forschern der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU, des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie (MPI) in Jena und der Universität Mainz, geben die Käfer-Eltern ein spezielles Darmsekret auf das Aas, um ihren Nachwuchs vor faulendem Futter und den daraus resultierenden Giftstoffen zu schützen.

Fäulnismikroben durch nützliche Mikroorganismen ersetzt

Wie die Chemiker und Ökologen im Fachjournal „PNAS“ berichten, ersetzen die Käfer die schädlichen, fäulnishervorrufenden Mikroorganismen, die das Aas besiedeln, mit nützlichen Mikroorganismen aus ihrem eigenen Darm. So entsteht eine gesunde und nährstoffreiche Umgebung, in der sich die Käferlarven gut entwickeln. Ohne Gegenmaßnahmen würde das Aas schnell von Mikroben zersetzt werden und faulen, wodurch giftige Stoffwechselprodukte gebildet und Nährstoffe abgebaut würden.

Käfersekret lässt Larven besser gedeihen

Für die Studie haben die Forscher die Bakterien- und Pilzgemeinschaften von Kadavern mit und ohne Käfersekret bestimmt und die Stoffwechselaktivität der Mikroorganismen verglichen. Außerdem untersuchten sie zwei typische Fäulnisverbindungen, Putrescin und Cadaverin, die maßgeblich zum Verwesungsgeruch beitragen. Das Ergebnis: „Die Käfer sterilisieren nicht einfach den Kadaver. Vielmehr ersetzen sie das für Aas typische Mikrobiom mit einem noch komplexeren: mit Symbionten aus ihrem eigenen Darm“, erläutert der Erstautor Shantanu Shukla vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie. Die vom Käfer übertragenen Hefepilze, so Shukla weiter, ersetzen und verdrängen die Schimmelpilze aus dem Boden, die einen Kadaver normalerweise sehr schnell überwachsen.

Außerdem belegt die Studie den Nutzen des Käfersekretes: Käferlarven, die an Kadavern ohne Symbiontenfilm groß gezogen wurden, blieben deutlich kleiner, unabhängig von der Futtermenge. „Der Totengräber ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie sich Lebewesen mit Hilfe ihrer symbiotischen Mikroorganismen schwierige Ressourcen erschließen können“, fasst Heiko Vogel vom MPI in Jena und Leiter der Studie zusammen.

Ressource für neue antimikrobielle Wirkstoffe

In zukünftigen Projekten soll jetzt das Potenzial der identifizierten Hefepilze genauer unter die Lupe genommen werden. „Da das von den Käfern übertragene Mikrobiom das Wachstum gefährlicher und giftproduzierender Bakterien und Pilze unterdrückt, wird diese Ressource für die Suche nach neuen antimikrobiellen Wirkstoffen genutzt“, so Andreas Vilcinskas, Professor am Institut für Insektenbiotechnologie der JLU und Leiter der Antibiotikaforschung im Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie.

Die Studie wurde von der Max-Planck-Gesellschaft und der Fraunhofer-Gesellschaft über das Kooperationsprojekt „AIM-Biotech – Einsatz von Insekten-assoziierten Mikroorganismen in der industriellen Biotechnologie” gefördert.  

jmr