Große Süßwasserfische schwinden rapide

Große Süßwasserfische schwinden rapide

Eine Bestandsaufnahme des Lebens in Binnengewässern fördert einen Populationsverlust zu Tage, der doppelt so hoch ist wie an Land und im Meer.

Der Europäische Stör (Acipenser sturio) hat den größten Verlust zu verzeichnen – sein Verbreitungsgebiet ist um 99 Prozent zurückgegangen.
Der Europäische Stör (Acipenser sturio) hat den größten Verlust zu verzeichnen – sein Verbreitungsgebiet ist um 99 Prozent zurückgegangen.

Der Bestand der großen Süßwassertiere – mit einem Gewicht von mindestens 30 Kilogramm – ist zwischen 1970 und 2012 um 88 Prozent zurückgegangen. Das ist der erschreckende Befund eine großangelegten Studie unter der Leitung von Forschern des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei. Demnach sind die Populationsverluste doppelt so hoch wie bei Wirbeltieren an Land und im Meer, wie die Forscher im Fachjournal „Global Change Biology“ berichten. Besonders betroffen sind demnach große Fischarten wie Störe, Lachsfische und Riesenwelse.

Übernutzung und Staudämme sind das Problem

Als wesentliche Ursache identifizieren die Forscher die Übernutzung der Arten, ob nun für den Fleisch- und Kaviarkonsum oder infolge der Verwendung von Häuten für Luxusartikel und Medizinprodukte. Es gibt aber eine weitere wichtige Ursache: „Der Rückgang von großen Fischarten wie dem Stör liegt auch an der zunehmenden Verbauung von Fließgewässern, durch die der Zugang zu Laich- und Futtergründen versperrt wird“, schildert Fengzhi He, Experte für Biodiversitätsmuster und den Schutz von Süßwasser-Megafauna am IGB. Trotzdem seien weltweit weitere 3700 große Staudammprojekte in Planung beziehungsweise im Bau, die diese Situation noch verschärfen werden. „Mehr als 800 dieser geplanten Staudämme befinden sich in genau den Gebieten mit der größten Artenvielfalt an Süßwasser-Megafauna, darunter die Amazonas-, Kongo-, Mekong und Ganges-Flusseinzugsgebiete“, so He weiter.

Schutzprojekte zeigen Erfolge

Hoffnung macht den Forschern, dass sich Schutzbemühungen durchaus als erfolgreich erweisen können. Dadurch seien beispielsweise in den USA die Bestände von 13 großen Süßwasserarten stabil oder wachsen. In Europa gebe es – vielleicht aufgrund politischer Grenzen – weniger großangelegte Schutzstrategien. So kann die Studie nur Teilerfolge bei der Wiederansiedlung des Europäischen Bibers vermelden und auf Wiederansiedlungsversuche des Europäischen und des Atlantischen Störs verweisen.

Zu wenig Aufmerksamkeit auf Süßwasserökosystemen

Insgesamt seien die Schutzmaßnahmen sehr unzureichend. „Laut der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN gilt über die Hälfte aller bewerteten Megafauna-Arten im Süßwasser als vom Aussterben bedroht. Dennoch erhalten diese Arten weniger Aufmerksamkeit von Forschung und Naturschutz als die Megafauna in terrestrischen oder marinen Ökosystemen“, mahnt Jähnig. Neben dem Schutz der Süßwasserarten sei nicht zuletzt deren Monitoring wichtig: Veränderungen der Tierbestände und deren Verbreitung sind Frühindikatoren für den Zustand der jeweiligen Ökosysteme in ihrer Gesamtheit.

bl