Greentech Start-ups auf Investorensuche
In Berlin buhlten 17 "grüne" Start-ups um Investoren. Besonders ein biobasierter Kunststoff aus Schweden und eine Luftqualitätskarte aus München konnten überzeugen.
In Deutschland gibt es eine dynamische Gründerszene, die vom Bund und anderen Förderern über das Business Angels Netzwerk Deutschland e.V. (BAND) unterstützt wird. Viele der Start-ups entwickeln innovative Ideen zum Thema Energie- und Ressourceneffizienz und bewegen sich somit thematisch auf dem Gebiet der 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals - SDGs), die von den Vereinten Nationen im Rahmen der Agenda 2030 erstellt wurden.
Doch wie bringt man solch innovative und nachhaltige Gründerideen mit potenziellen Investoren zusammen? Hierfür organisierte BAND zusammen mit Cleantech Scandinavia am 6. Dezember das GreenUp Invest-Event in Berlin. Biobasierter Kunststoff aus Schweden und eine hochauflösende Luftqualitätskarte aus München konnten am Ende des Tages die versammelten Investoren am meisten überzeugen. Sie erhielten eine Einladung für den „Deutschen Business Angels Tag 2018“ in Hamburg.
Ein Leitfaden für grüne Investments
Ute Günther vom Vorstand des BAND versprach schon zur Begrüßung einen „Tag voller staunender Überraschungen“ beim GreenUp Invest-Event. Das Ziel der Green Start-up Investment Alliance ist es, grüne Gründerfinanzierung in Deutschland zu stärken und voranzubringen. Das Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit gGmbH fungiert als Koordinator.
Constanze Trautwein, seit Februar 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Borderstep Institut, stellte einen neu entwickelten Leitfaden zur Bewertung des Nachhaltigkeitspotenzials von Start-ups vor. „Unser Leitfaden wurde vor Kurzem erfolgreich pilotiert und fußt auf drei Säulen“, so Trautwein. „Es geht zum einen um den Unternehmenskontext, also in welcher Branche befinden wir uns? Zum anderen um das Unternehmenskonzept und schließlich auch um die eigentlichen Produkte und Dienstleistungen.“ Besonders bei der dritten Säule solle auch hinterfragt werden, welche SDGs das Start-up bedienen wird.
Ökonomie und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus
Potenzielle Investoren äußerten sich hingegen vorsichtiger: Steffen Funk, Investment-Manager der Statkraft Ventures GmbH in Düsseldorf gab zu bedenken, dass finanzielle Aspekte noch immer vorrangig bei der Pitchbewertung sind. „Wir investieren in neue Technologien und Ideen, die für den Energie-Sektor relevant sind. Natürlich geht es erst einmal um einen möglichen Marktwert.“
Auch Oliver Goseman, Mitglied der Business Angels und Managing Partner der GOSFAM Investment GmbH stimmte zu: „Ökonomische und personelle Aspekte stehen trotz allem noch immer vor dem Nachhaltigkeitsaspekt, wenn wir ein Investment in Betracht ziehen.“ Er bemängelte zudem eine zu große Distanz und Diskrepanz zwischen Nachhaltigkeitsexperten und Investoren, die den oftmals sehr detaillierten und fachlichen Argumenten kaum folgen könnten. „Wir müssen eine Brücke zwischen wissenschaftlichen Experten und den Investoren schlagen – Ökonomie und Nachhaltigkeit schließen sich nicht gegenseitig aus.“
Von Nanomembranen und Flachbildschirmen
Die vielfältigen und innovativen Ideen der 17 teilnehmenden Start-ups aus Deutschland und Skandinavien wurden den potenziellen Investoren jeweils innerhalb von fünf Minuten in sogenannten Elevator-Pitches vorgestellt. Anschließend konnten die Jungunternehmer noch einmal im persönlichen Gespräch mit den Investoren für ihre Ideen werben. Die Themen der Start-ups reichten hierbei von der Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung durch einen digitalen Marktplatz über die Stabilisierung des Stromnetzes und die Etablierung neuer und erneuerbarer Stromquellen bis hin zur Entwicklung, Produktion und Vermarktung kohlenstoffbasierter Nanomembranen.
Aber auch Unternehmen, die auf dem System der Kreislaufwirtschaft fußen, stellten sich vor. Wie das schwedische Unternehmen 2p1, welches Lampen und Lichtquellen aus alten Flachbildschirmen wiederverwendet und als energieeffiziente Lichtquellen in Schulen anbringt. Auch neue Softwareentwicklungen wurden vorgestellt, durch die die Parkplatzsuche in Städten minimiert und somit Abgaswerte gesenkt werden sollen. Für Elektroautos könnten auf demselben Weg zukünftig auch Aufladestationen reserviert werden.
Biobasierter Kunststoff und Luftqualitätskartierer punkten
Besonders überzeugen konnten schließlich das skandinavische Unternehmen Polylabs und das Münchner Start-up Hawa dawa. Polylabs produziert und verkauft biobasiertes Polyol, einer der Grundbausteine von Polyurethan (PU) und somit ein Hauptbestandteil der bisher weitgehend erdölbasierten Kunststoffindustrie. Durch dessen Herstellung aus erneuerbaren Rohstoffen werden Ressourcen und Umwelt geschont. Das deutsche Unternehmen Hawa dawa hat sich vor allem der Luftqualität verschrieben. Das Start-up entwickelt neue Sensoren und Machine-Learning-Algorithmen, die in Echtzeit eine flächendeckende und hochauflösende Luftqualitätskarte errechnen.
Eine große Vision von einem exzellenten Team
Gosemann und seine Investorenkollegen gaben allen Jungunternehmern für deren zukünftige Finanzierungsbemühungen dann auch noch ein paar gute Ratschläge mit auf den Weg: „Bei einem Pitch muss die Idee des Unternehmens lebendig werden", betonte er. Es sollte eine große Vision mit einem realistischen Plan vorgestellt werden, der das Marktinteresse abdeckt und ein kompetentes Team offenbart. „Nur ein hervorragendes Team kann mit seiner Start-up-Idee letztlich eine gesellschaftliche Veränderung hin zu mehr Nachhaltigkeit bewirken.“
jmr