Globale Vegetation auf einen Blick

Globale Vegetation auf einen Blick

Wo wächst welche Pflanze und warum ausgerechnet dort? Antworten auf diese Fragen soll die erste globale Vegetationsdatenbank von Forschern aus Halle (Saale) und Leipzig liefern.

Feld mit Sommerblumen, Biodiversität verbessern
Erstmals gibt eine Datenbank Auskunft darüber, an welchem Standort der Erde welche Pflanzen zusammenleben.

Die Vielfalt der globalen Vegetation ist beeindruckend. Etwa 390.000 Pflanzenarten sind bekannt. Im Laufe der Evolution haben Gewächse, Sträucher oder Bäume ganz unterschiedliche Eigenschaften entwickelt, um sich gegen benachbarte Pflanzen durchzusetzen und in der jeweiligen Umgebung zu überleben. Zugleich wachsen Pflanzen nicht in Isolation, sondern kommen immer in Kombination mit anderen Pflanzen- und Tierarten vor.

Wo und wann welche Pflanze wächst und warum ausgerechnet dort  – solche Fragen waren bislang nur schwer zu beantworten. Denn zumeist wurde das Zusammenspiel der Komponenten nur an einzelnen Pflanzenarten untersucht. Mithilfe der ersten globalen Vegetationsdatenbank hoffen Forscher nun, auf diese und andere Fragen Antworten zu finden. Entwickelt und aufgebaut wurde die Datenbank von einem Forscherteam unter Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig.

Umfangreiche Pflanzenartenlisten für alle Ökosysteme

Wie die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Ecology & Evolution“ berichten, enthält die Datenbank derzeit über 1,1 Millionen komplette Pflanzenartenlisten für alle Ökosysteme auf dem Festland. Sie stammen von Forschern aus aller Welt und wurden von Wissenschaftlern der iDiv-Initiative „sPlot“ zusammengebracht. „Jeder Punkt in unserer Datenbank ist ein realer Ort mit genauen Koordinaten und Angaben über alle Pflanzenarten, die dort zusammenleben", erklärt Helge Bruelheide vom Institut für Geobotanik der MLU und Ko-Direktor von iDiv. Die Vegetationsdatenbank bietet anhand globaler Daten erstmals die Möglichkeit nachzuvollziehen, wie einzelne Pflanzen und deren Eigenschaften zusammenwirken und das Ökosystem beeinflussen. Sie umfasst derzeit etwa 200.000 Vegetationsaufnahmen, die aus veröffentlichten und unveröffentlichten Vegetationsstudien stammen.

Klima kaum Einfluss auf Pflanzenmerkmale

Der Clou: Die Vegetationsdatenbank wurde gleichzeitig mit der bisher weltweit größten Datenbank für Pflanzenmerkmale kombiniert, die ebenfalls vom iDiv entwickelt wurde. „Dadurch können wir Fragen klären, die bislang noch niemand stellen konnte", so Bruelheide. Im Rahmen der Studie hatte das Team beispielsweise untersucht, ob es globale Faktoren gibt, die die funktionellen Merkmale von Pflanzengemeinschaften beeinflussen. Mithilfe der Datenbanken stellten sie fest, dass – anders als bisher angenommen – Temperatur und Niederschlag nur einen relativ geringen Einfluss darauf haben. „Unsere Analyse zeigte, dass zum Beispiel die Blätter aller Pflanzen in einem Bestand mit steigender Temperatur, also von der Arktis zum tropischen Regenwald, nicht automatisch dünner werden", erklärt der Geobotaniker.

Nährstoffversorgung durch Klima beinflusst

Stattdessen zeichnete sich eine enge Beziehung der Klimavariablen mit dem Zustand der Phosphorversorgung im Blatt ab, die sich im Verhältnis der beiden Nährstoffe Stickstoff und Phosphor widerspiegelt. Der Studie zufolge nahm die Phosphorversorgung ab, je länger die Vegetationsperiode dauerte, was wiederum die Blattdicke beeinflusst hat. Auch die lokalen Nutzungsbedingungen oder das Zusammenspiel der verschiedenen Pflanzen an einem Ort haben demnach einen deutlich größeren Einfluss auf die Pflanzenmerkmale als Temperatur und Niederschlag.

Bessere Vorhersagen zu Klimafolgen möglich

Einfache Temperatur-Niederschlags-Modelle reichen Bruelheide zufolge daher künftig nicht mehr aus, um das Wachstum und den Ernteertrag von Pflanzen in einer Region berechnen zu können. Die Forscher hoffen, dass mithilfe der Vegetationsdatenbank die Folgen des globalen Klimawandels besser vorherzusagen sind.

Basierend auf der neuen Datenbank können aber auch Fragen zur Artenvielfalt erstmals global bearbeitet werden, beispielsweise zur Verbreitung gebietsfremder Arten oder bezüglich der Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf den Erdteilen. In Zukunft soll die Datenbank auch anderen Forschern zur Bearbeitung ihrer eigenen Themen zur Verfügung stehen.

bb