Per Laser zu Genom-editierten Kartoffeln
Dag Heinemann
Beruf:
promovierter Naturwissenschaftler
Position:
Leiter der Gruppe Biophotonik am Laser Zentrum Hannover e.V.
Beruf:
promovierter Naturwissenschaftler
Position:
Leiter der Gruppe Biophotonik am Laser Zentrum Hannover e.V.
Ein Team um Dag Heinemann kombiniert Lasertechnik mit der Genschere CRISPR-Cas, um die Züchtung von Kartoffeln zu beschleunigen.
Das Bundesforschungsministerium unterstützt unter anderem mit der Fördermaßnahme „Nutzpflanzen der Zukunft" die Erforschung neuer Methoden und Werkzeuge für die Pflanzenzüchtung. Im Projekt „CROpto" nimmt ein Team um Dag Heinemann vom Laser Zentrum Hannover die Kartoffel ins Visier. Mithilfe kurzer Laserimpulse wollen die Forscher die Moleküle der Genschere CRISPR-Cas schonend in Pflanzenzellen bugsieren und so die Züchtung neuer Sorten beschleunigen und transgenfrei machen.
Was ist das Ziel des CROpto-Projektes?
Im Projekt CROpto soll durch den Einsatz eines Laser-basierten Verfahrens die seit einiger Zeit immer populärere Genschere CRISPR-Cas9 in Kartoffelpflanzen eingebracht werden, um so die Lebensmittelqualität und –sicherheit nachhaltig zu verbessern. Das Zusammenwirken dieser beiden Techniken – Verwendung der Lasertechnologie und Genscheren – soll dabei eine kontrollierte und sichere Veränderung im Erbgut von Kartoffelpflanzen bewirken, so dass aus diesen für den Menschen besser verträgliche Nahrungsmittel erzeugt werden können. Dabei kann auf den Einsatz von Fremd-DNA komplett verzichtet werden. Perspektivisch soll das Verfahren auch auf weitere Nutzpflanzen und Fragestellungen erweitert werden. Somit wird der modernen Pflanzenzüchtung ein vielseitiges Werkzeug an die Hand gegeben, um immer mehr Nutzpflanzenarten mit steigenden Qualitäten wie bessere Resistenz gegen Schädlinge oder höherer Ertrag zu generieren. Vor dem Hintergrund der steigenden Weltbevölkerung und der Verknappung von Anbauflächen soll so ein wesentlicher Beitrag zur effizienteren und nachhaltigeren Landwirtschaft geleistet werden.
Wie funktioniert das Laser-Verfahren?
Die in diesem Projekt eingesetzte GNOME-Technologie (Gold Nanoparticle Mediated Laser Transfection), ist ein mittelbares, kontaktfreies physikalisches Verfahren, bei dem Goldnanopartikel genutzt werden, welche das eingestrahlte Laserlicht absorbieren und dessen Energie fokussieren. Im Detail werden die Goldnanopartikel hierbei zu einer Flüssigkultur aus zellwandlosen Pflanzenzellen – sogenannten Protoplasten – gegeben, so dass diese auf den Zelloberflächen anhaften können. Wird nun der Laser über die Zellen gerastert, werden die Goldnanopartikel innerhalb weniger Pikosekunden erhitzt und induzieren optomechanische Effekte an der Zelloberfläche. Es kommt dadurch zu einer zeitlich begrenzten Öffnung der Zellmembran, so dass zellnahe Moleküle aus der Umgebung in den Zellinnenraum eintreten können. Somit können beispielsweise Farbstoffe oder auch besagte Genscheren in die Zellen eingebracht werden, ohne den Einsatz giftiger Chemikalien oder schädigender Elektroschocks.
Welche Vorteile bietet diese Technologie im Vergleich zu herkömmlichen Züchtungsverfahren?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Änderungen im Erbgut von Pflanzen hervorzurufen. In der konventionellen Pflanzenzüchtung kann diese Änderung im Genom zufällig mittels Kreuzungsmethoden erfolgen. Moderne molekularbiologische Verfahren wie die CRISPR-Cas9-Genschere erlauben im Gegensatz dazu die gezielte Veränderung des Erbgutes, um so zielgerichtet das gewünschte Züchtungsmerkmal zu beeinflussen. Es bestehen hierbei keine Abhängigkeiten von zufälligen Kombinationen des Erbgutes, wie es bei einer regulären Kreuzung der Fall wäre, so dass der Vorgang deutlich effizienter und schneller ist. Der Einsatz der Genscheren weist zudem als weiteren Vorteil auf, dass kein Fremd-DNA-Eintrag oder eine andere Veränderung an einer undefinierten Stelle im Genom der zu behandelnden Pflanze erfolgt. Durch die Kombination aus GNOME-Technologie und dem Einsatz der Genschere wäre es möglich, schonend die zellwandlosen Pflanzenzellen zu behandeln und somit die Neubildung ganzer Pflanzen aus diesen einzelnen behandelten Zellen zu fördern. Die GNOME-Technologie erlaubt es, eine sehr große Zahl von Protoplasten in kurzer Zeit zu behandeln und dabei perspektivisch die klonale Selektivität beizubehalten. Dies hat das Potential, Züchtungsprozesse weiter zu beschleunigen und effizienter zu gestalten, um so langwierige Züchtungs- und Selektionsprozesse über mehrere Pflanzengenerationen zu umgehen.
Welche Eigenschaften der Kartoffel nehmen Sie im Projekt ins Visier?
Kartoffeln gehören, wie auch Tomaten, zu den wichtigsten Nutzpflanzen. Gleichzeitig sind sie aber auch den Nachtschattengewächsen zuzuordnen, welche für den Menschen giftige Substanzen wie Glykoalkaloide bilden können. In welchem Umfang diese Stoffe gebildet werden, hängt von mehreren Faktoren wie der Belichtung, mechanischen Schäden und Lagerbedingungen der geernteten essbaren Pflanzenteile ab. Da Kartoffeln mittlerweile auch in Gebieten angebaut werden, die keine geeigneten Lager aufweisen, kann es zu höheren Konzentrationen in den Knollen kommen, was unter anderem zu Verdauungsproblemen und Fieber nach dem Verzehr führen kann. Anhand der gezielten Unterbrechung des Synthesewegs für bestimmte Glykoalkaloide wie α-Solanin durch das Zerschneiden der erforderlichen Gene kann deren Konzentration in den Pflanzen vermindert werden. Kartoffeln weisen ein sehr komplexes Genom auf und werden, damit bestimmte erwünschte Eigenschaften nicht durch eine Kreuzung verlorengehen, durch ihre Knollen asexuell vermehrt, wodurch es sich eigentlich immer um Kopien – sogenannte Klone – einer Pflanze handelt. Durch den Einsatz der beschriebenen Technologie ist es möglich, diese Kopien zu erhalten und trotzdem gezielt neue Eigenschaften einzubringen.
Was ist im Rahmen des Projektes bisher erreicht worden?
Durch unseren Projektpartner – die Leibniz Universität Hannover – konnten erfolgreich die notwendigen Mengen an Protoplasten isoliert und für weitere Experimente zur Verfügung gestellt werden. Zudem wurden Genscheren und Testlinien erstellt, welche einen schnellen Nachweis einer erfolgreichen Genom-Editierung ermöglichen. Anhand dieser Protoplasten konnten Nachweisverfahren für das Screening der optimalen Laserparameter etabliert werden. Dies umfasst unter anderem bestimmte Färbeverfahren zur Unterscheidung von lebenden und toten Protoplasten sowie zum Nachweis des erfolgreichen Molekültransportes. Zudem konnte gezeigt werden, dass bestimmte Proteine (Lektine) die Zellmembranen der Protoplasten binden. Darauf aufbauend soll im späteren Verlauf des Projektes der Einsatz der Lektine zur Unterstützung der Laser-basierten Methode untersucht werden. Auch konnte die Interaktion zwischen Goldnanopartikel und Protoplasten durch eine spezielle Mikroskopietechnik visualisiert werden. Als wichtigster Meilenstein der ersten Projektphase wurde ein kompakter GNOME-Prototyp für den Einsatz im Labor mit dem notwendigen Laser, optischen Bauteilen und einer Bedienoberfläche versehen und konnte erfolgreich an Säugetierzellen erprobt werden.
Was sind Ihre nächsten Schritte?
Für eine effektive Prozessführung müssen sich die eingesetzten Goldnanopartikel in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Membran der Protoplasten befinden, da der genutzte optomechanische Effekt nur einen sehr geringen Wirkungsradius aufweist. In vorangegangen Studien mit Säugerzellen konnte eine passive Bindung der Goldnanopartikel an die Membran erreicht werden. Aufgrund der Besonderheiten der Pflanzenkultur ist dies allerdings nicht einfach übertragbar. Daher wird unter anderem der Einsatz von Lektin-Proteinen getestet, um eine gezielte Bindung der Goldnanopartikel an die Membran zu erzielen. Hierzu werden derzeit Protokolle für das Konjugieren der Goldnanopartikel mit den Lektinen etabliert und deren Wirksamkeit überprüft. Zudem muss der entwickelte GNOME-Prototyp noch im Zusammenspiel mit den pflanzlichen Protoplasten getestet werden. Weiterhin wird derzeit eine Laserklassifizierung der Stufe 1 geprüft, um eine sichere Verwendung des Systems auch außerhalb von speziellen Laserlaboren zu gewährleisten. Ist dies erfolgt, soll der Prototyp direkt in den Laboratorien der Leibniz Universität eingesetzt werden, um die Wege im Versuchsablauf möglichst kurz zu gestalten.
Interview: Beatrix Boldt