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Kreativen Köpfen fehlt oft das Geld, um ihre Ideen umzusetzen. Die Schwarmfinanzierung hat sich inzwischen auch bei der Finanzierung junger Firmen als alternatives Investmentinstrument etabliert, das klassische Startfinanzierungen ergänzt. Mit Aescuvest und Medifundo haben sich beispielsweise im Life Sciences-Bereich spezialisierte Plattformen gegründet, die Firmen bei der Beschaffung von Kapital über die Crowd unter die Arme greifen. Seit Ende Oktober 2014 versucht Ecocrowd, sich wiederum für das Thema Nachhaltigkeit stark zu machen. Hinter der Plattform stehen dabei namhafte Unterstützer wie die Deutsche Umweltstiftung und das Umweltbundesamt. Viele größere Crowdfundingplattformen wie Seedmatch oder Companisto setzen indes auf eine breite Themenpalette.
Ende Januar ist nun mit der GLS erstmals eine Bank als Betreiber für eine Crowdinvesting-Plattform in Erscheinung getreten. Sie will dabei auf nachhaltige Ideen in Deutschland fokussieren, so wie sie es im klassischen Bankgeschäft ebenfalls tut. Das Online-Portal GLS Crowd wird von der GLS Crowdfunding GmbH betrieben, die eine 100%ige Tochter der CrowdDesk GmbH ist. “Wir sind sehr froh, zusammen mit der GLS Bank einen neuen Meilenstein in der Digitalisierung des klassischen Bankgeschäfts zu legen und dabei auch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten”, sagt CrowdDesk-Geschäftsführer Johannes Laub.
Mit der Photosynthese haben Pflanzen innerhalb von zweieinhalb Milliarden Jahren den mit Abstand wichtigsten Stoffwechselprozess auf der Erde entwickelt. Er ermöglicht es, die schier unerschöpfliche Energie des Sonnenlichts und gasförmiges Kohlendioxid einzufangen und sie in Form von energiereichen chemischen Verbindungen (Zucker) umzuwandeln und zu speichern. Schon lange ist es ein Forschertraum, die Photosynthese technisch nachzuahmen und sie sogar noch leistungsfähiger zu machen. Biochemisch betrachtet besteht die Photosynthese aus zwei elementaren Schritten: die Lichtreaktion steht im Zeichen photochemischer Reaktionen, in der Energie umgewandelt wird. In der Dunkelreaktion, dem Calvin-Zyklus, steht die Substanzumwandlung im Mittelpunkt - CO2 wird in vielen enzymatischen Schritten zu organischen Molekülen verwandelt.
Turbo-Enzym integriert
Für diesen zweiten CO2-Speicher-Schritt interessieren sich Forscher am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg. Sie haben einen Weg gefunden, ihn künstlich nachzubauen und dabei auch noch zu verbessern. Wie das Team um den Marburger Molekularbiologen Tobias Erb im Fachjournal „Science“ berichtet, haben sie dafür im Reagenzglas einen bisher einmaligen komplett biologischen Stoffwechselweg kreiert, der Kohlendioxid mithilfe von Enzymen aus der Luft bindet - und zwar besser als die pflanzlichen Vorbilder. Ein Beitrag zur Vision der Künstlichen Photosynthese, und ein imposantes Beispiel für Synthetische Biologie.
Die Photosynthese der Pflanzen ist nicht frei von Schwachstellen. Eine davon ist das CO2-fixierende Enzym Rubisco. Es arbeitet vergleichsweise langsam und irrt sich häufig. „Da gibt es in der Natur CO2-fixierende Enzyme ganz anderer Qualität“, erklärt Tobias Erb. Enzyme, die schneller und effizienter sind. Eines dieser Enzyme namens Crotonyl-CoA Carboxylase/Reductase konnte der Marburger Forscher aus einem Bakterium isolieren. Erb zufolge irrt sich dieses Enzym so gut wie nie, während dies CO2-bindende Enzym im natürlichen Calvin-Zyklus der Pflanzen versehentlich auch Sauerstoffmoleküle einfangen. Außerdem reagiert das aus Bakterien isolierte Enzym zudem zwanzigmal schneller als sein Pendant aus der Pflanzenwelt.
Stoffwechselweg aus 17 Enzymen designt
Um das Turboenzym herum hat Erbs Team einen völlig neuen Stoffwechselweg designt und im Reagenzglas aus seinen biologischen Einzelteilen zusammengefügt. Unter Tausenden von Enzymen fand der Forscher schließlich ein Paar dutzende Kadidaten, die dafür geeignet waren. Gemeinsam mit seinem Team fügte er sämtliche Kandidaten in einem Reagenzglas zu einem „robust funktionierenden, optimierten Zyklus“ zusammen und suchte nach der optimalen Zusammensetzung. Im Ergebnis entstand ein künstlicher, noch nie dagewesener Zyklus, der CO2 fixiert. Im Ergebnis haben die Marburger einen komplett neuen, auf den Namen CETCH getauften Zyklus (für Crotonyl-CoA/Ethylmalonyl-CoA/Hydroxybutyryl-CoA) geschaffen.
An dem CETCH-Zyklus sind insgesamt 17 verschiedene Enzyme, darunter drei „Designer-Enzyme“ aus neun verschiedenen Organismen, darunter dem Mensch, beteiligt. Die Energie bezieht das System zwar nicht aus Licht, sondern aus einer chemischen Reaktion. Am Ende entsteht auch hier die sogennante Glyoxalsäure. Sie ist vielen vor allem jungen grünen Blättern enthalten und wird als Ausgangsstoff für die Synthese von Antibiotika oder Pflanzenschutzmitteln verwendet. Der eigentliche Vorteil der künstlichen Photosynthese ist, dass damit verschiedene Substanzen hergestellt werden können. „Der CETCH-Zyklus kann so verändert werden, dass dabei zum Beispiel Rohstoffe für Biodiesel entstehen können.“ Hinzukommt die höherer Effizienz des synthetischen Kreislaufs. Der Studie zufolge könnten damit 20 Prozent mehr Kohlendioxid aus der Luft gebunden werden, als das Pflanzen schaffen.
Bisher nur im Reagenzglas konstruiert
Bisher funktioniert das Konstrukt nur im Reagenzglas. Ein fernes Ziel könnte sein, den genetischen Bauplan des neuen Zyklus in Algen oder Bakterien zu verfrachten. So könnten die Mikroorganismen zu effizienten Minifabriken umprogrammiert werden, die effizient aus CO2 aus der Atmosphäre interessante organische Verbindungen herstellen. Das klimaschädliche Treibhausgas würde somit zum Rohstoff. Wie man biologische Prozesse von Grund auf neu konstruieren kann, wird in der Max-Planck-Gesellschaft auch innerhalb des Forschungsnetzwerks MaxSynBio intensiv erforscht. An dem ambitionierten Vorhaben sind Forscher aus neun verschiedenen Max-Planck-Instituten beteiligt.
pg/bb
Smartphone, Computer und Internet sind aus dem Alltag längst nicht mehr wegzudenken. Wie aber lassen sich die Möglichkeiten der Digitalisierung auch in der Industrie sinnvoll nutzen? Vor dieser Herausforderung steht auch die Chemiebranche. Mit der Gründung der Evonik Digital GmbH setzt der Spezialchemie-Konzern nun ein Zeichen und will zum Vorreiter in der eignenen Branche werden. Anfang des Jahres hat das 20-Mann-starke Expertenteam im Zentrum von Essen seine Arbeit aufgenommen. „Die Digitalisierung bringt nicht nur neue Technologien mit sich. Sie schafft auch neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und der Produktion. Es entstehen neue Geschäftsmodelle und Vertriebsmöglichkeiten“, erklärt Christian Kullmmann, stellvertretender Vorstandsvorsitzende von Evonik. Von dem digitalen Fortschritt würde auch die Futtermittelproduktion profitieren, heißt es, ein Gebiet, in dem die Deutschen sehr stark auf biobasierte Produktionsverfahren setzen. Zuletzt hatte Evonik zudem von Ansätzen berichtet, in denen es um probiotisches Tierfutter geht, um den Antibiotikaeinsatz bei Geflügel zu drosseln.
Zentrale Anlaufstelle für digitale Ideen
Die Digitalexperten bei Evonik sind konzernintern ab sofort die zentrale Anlaufstelle, sollen aber auch den Freiraum haben, auch ungewöhnliche Ideen umzusetzen. Hier setzt der Spezialchemie-Konzern nicht nur auf die Zusammenarbeit mit namhaften Technologieunternehmen, sondern auch auf vielversprechende junge Start-ups. Mithilfe der Digitalisierung will Evonik ganze Produktionsabläufe und Lieferketten umgestalten. In der wie es heißt „bereichsübergreifenden Digitalisierungs-Initiative“ sieht Evonik die Chance, seine eigene Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und sich so von anderen Unternehmen in der Chemie-Branche abzuheben. „Wir haben früh die Chancen erkannt, die in digitalen Geschäftsmodellen liegen. Den dafür notwendigen Wandel im Unternehmen gestalten wir ganz gezielt“, betont Kullmann.
Die Digitalisierungsaktivitäten der neuen Tochterfirma werden vom Chief Digital Officers (CDO) Henrik Hahn koordiniert. Erste konkrete Ergebnisse soll es bereits in diesem jahr geben. Zu den Pilotprojekten zählt unter anderem auch die sogenannte Do-it-yourself-Sensorik. Da effiziente Sensoren zur Echtzeitüberwachung in der Bioprozesstechnik eine wachsende Rolle spielen, dürfte die Digiatalisierung auch für die Produktion biobasierter Produkte an Relevanz gewinnen.
bb
Bio-Lebensmittel sind im Trend. 2016 stieg ihr Umsatz in Deutschland um fast ein Zehntel auf 9,5 Mrd. Euro an. Das geht aus neuesten Zahlen der Branche hervor, die anlässlich der weltgrößten Fachmesse für Bio-Produkte BIOFACH vorgestellt wurden, die derzeit vom 15. Februar bis 18. Februar in Nürnberg stattfindet. Allein in Deutschland sind nach Angaben des Bundes Ökologische Landwirtschaft (BÖLW) die bewirtschafteteten Flächen im Ökolandbau um knapp 9% auf rund 1,2 Millionen Hektar gestiegen (mehr Infos hier). Insgesamt sind hierzulande 26.855 ökologisch wirtschaftende Agrarunternehmen tätig, nach dem gesetzlichen Bio-Standard arbeiten 40.000 Unternehmen. Im jahr 2016 haben laut BÖLW-Statistik durchschnittlich fünf Betriebe pro Tag ihre Landwirtschaft auf Bio umgestellt. Auch bei Verbrauchern ist Bio beliebt: Laut Umfragen kaufen inzwischen die Hälfte der Deutschen häufig oder gelegentlich Öko-Produkte.
Zukunftsstrategie Ökolandbau veröffentlicht
Die Stärkung des Ökolandbaus ist daher auch ein Ziel der Bundesregierung. Dies wurde zuletzt in der neu aufgelegten „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie“ betont. Langfristig sollen die Anbauflächen für heimische Bio-Bauern bis 2030 um 20% steigern. Wie das konkret gelingen soll, das wird in der nun vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgestellten "Zukunftsstrategie ökologischer Landbau -ZöL" präsiziert. "Unsere Bäuerinnen und Bauern sollen die Chancen nutzen können, die der wachsende Absatzmarkt vor ihrer Haustür bietet“, betont Minister Christian Schmidt. In dem rund 100 Seiten starkem Papier wird aufgelistet, wie die Ausdehnung ökologisch bewirtschafteter Flächen schneller gelingen kann und welche Forschungsmaßnahmen hierfür wesentlich sind. So soll das zentrale Förderprogramm für den ökologischen Landbau, das "Bundesprogramm ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft" (BÖLN), stärker als bisher finanziell ausgestattet werden. Es ist geplant, ab 2018 das Budget um 50% auf 30 Mio. Euro pro Jahr aufzustocken und den Anbau sowie Verarbeitung von Eiweißpflanzen wie Soja, Lupinen, Erbsen oder Klee weiterhin mit 6 Mio. Euro jährlich unterstützt werden.
Die neuen Verfahren des Genome Editing – zu denen auch die Genschere CRISPR-Cas gehört – revolutionieren derzeit die biologische Forschung und bergen großes Potenzial für Anwendungen in der Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung. Mit den Genomscheren lassen sich ganz gezielt Veränderungen im Erbgut auslösen und DNA-Bausteine präzise austauschen.
Die Mutationen unterscheiden sich jedoch nicht von solchen, die von Natur aus entstehen – sie lassen sich meist nicht nachweisen. Dieser Befund ist der Knackpunkt in der aktuellen Debatte: Sind genom-editierte Pflanzen dann überhaupt als „gentechnisch veränderte Organismen“ (GVO) zu bezeichnen? Fallen sie also unter die Regulierung nach dem Gentechnik-Gesetz? Brauchen wir eine neue Gentechnik-Definition? Diese Fragen beschäftigen derzeit die Wissenschaft, die Politik und sogar die Gerichte.
Grund genug, eine interdisziplinäre Debatte zu führen. Die Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Deutsche Ethikrat und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hatten dazu am 14. Februar zu einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung nach Berlin geladen. Der Vorsitzende des Ethikrates, der Erlanger Theologe Peter Dabrock, gab den Ton für die Debatte vor: „Wir müssen den Gentechnikbegriff verantwortlich bedenken. Man trägt Verantwortung für das, was man tut, aber auch für das, was man wider besseres Wissen verhindert.“
Pflanzenzüchtung seit einhundert Jahren
Der Pflanzengenetiker Detlef Weigel, Direktor am Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, stellte die neuen Genome-Editing-Methoden in den Kontext der Geschichte der Pflanzenzüchtung. Seit 10.000 Jahren sei der Mensch damit beschäftigt, Nutzpflanzen zu schaffen. Aber erst seit ungefähr einhundert Jahren könne man von gezielter „Züchtung“ sprechen. Die konventionelle Züchtung basiere auf dem Kreuzen von Pflanzen mit interessanten Merkmalen. Dem Züchtungsprozess werde durch die sogenannte Mutagenese auf die Sprünge geholfen - mithilfe von Chemikalien oder Strahlung wird die Häufigkeit von Mutationen im Pflanzenerbgut deutlich gesteigert.
Die Futtermittelindustrie steht aktuell vor großen Herausforderungen. Vor allem der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung ist seit langem umstritten und soll nach dem Willen der Bundesregierung auf ein Minimum beschränkt werden. Zum Wohl der Tiere sind daher Wissenschaftler und Unternehmen dabei, an Alternativen für gesunde Tiernahrungsmittel zu forschen. Viele Firmen setzen dabei auf Probiotika statt Antibiotika. Zuletzt hatte beispielsweise der Essener Spezialchemiekonzern und Futtermittelhersteller Evonik eine gesundheitsfördernde Zusatznahrung für Geflügel präsentiert. Auch die Berliner Firma Organobalance forscht auf diesem Gebiet in der vom Bundesforschungsministerium finanzierte GOBI-Allianz nach gesundheitsfördernden Bakterien. Aber nicht nur gestandene Unternehmen, sondern auch Start-ups arbeiten inzwischen an gesunder Tiernahrung. So auch das Berliner Jungunternehmen PerformaNat, das sich auf die Entwicklung gesundheitsfördernder Zusatzstoffe für Futtermittel spezialisiert hat.
Mit pflanzlichen Stoffen Immunsystem bei Nutztieren stärken
Dieses Konzept konnte nun den High-Tech Gründerfonds (HTGF) und weitere Investoren überzeugen. Wie die Firma Mitte Februar berichtete, hat sie eine Finanzierung im „siebenstelligen Bereich“ einwerben können, an der sich neben dem HTGF auch das Projektentwicklungs- und Investmentunternehmen Bamac GmbH sowie der Business Angel Markus Plümer beteiligt haben. PerformaNats Futtermittelzusatzstoffe – vor allem pflanzliche Wirkstoffe – sollen die Aufnahme von Nährstoffen aus dem Futter verbessern, klimaschädliche Verdauungsprodukte reduzieren und das Immunsystem von Nutztieren stärken.
Die wissenschaftliche Basis für die Produkte der 2015 gegründeten PerformaNat stammt von Studien des Fachbereichs Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin, die im Rahmen eines EXIST-Forschungstransfers des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie von den Gründerinnen Julia Rosendahl, Hannah Braun und Katharina Schrapers durchgeführt wurden. Ein Futtermittelzusatzstoff für Milchkühe wurde bereits an einen international tätigen Vertriebspartner aus dem Bereich der Veterinärpharmazie auslizenziert und ist auf dem Markt.
Wachstumsmarkt Futtermittel
Das Geld aus der Finanzierungsrunde will PerformaNat in weitere Studien an anderen Nutztierarten investieren, um neue Produkte zu entwickeln. Das Geschäftsmodell sei „im höchsten Maße flexibel und skalierbar“, betont Business Angel Plümer. Drei Megatrends werden Plümer zufolge mit dem Konzept bedient: „Eine effektive und ökonomische Nahrungsmittelproduktion bei nachhaltig verbesserter Tiergesundheit und verringerten Ammoniak-Emissionen.“ Nach Angaben der Investoren betrug der Markt für Futtermittelzusatzstoffe 2015 rund 15 Mrd. Euro. 2021 soll die Branche die 20 Mrd. Euro Marke erreichen.
sk/bb
Das Interesse für die Landwirtschaft liegt Christoph Felgentreu buchstäblich im Blut. Auf einem Bauernhof in Treuenbrietzen aufgewachsen, wurden Acker und Garten für den Landwirtssohn frühzeitig zu Experimentierfeldern. „Wir waren als Kinder immer draußen, mussten helfen und Unkraut jäten. Daher habe ich schon immer eine Beziehung zum Boden. Die meisten Anpflanzungen auf unserem Hof habe ich gemacht“, erinnert sich der Agraringenieur. Auch heute noch ist der heimische Garten seine Domäne und Impulsgeber für Innovationen, die Felgentreu bei der Deutschen Saatveredelung (DSV) verwirklicht. Landwirtschaftliche Böden durch nachhaltigen Anbau optimieren, sieht Felgentrau als einen Schwerpunkt seiner Arbeit bei der DSV. Dafür will er die Reserven im Boden anzapfen und vorhandene Defizite, wie in der Nährstoffversorgung korrigieren.
Von der Schulbank auf den Acker
Während viele seiner Mitschüler zu DDR-Zeiten den verpflichtenden „Unterrichtstag in der Sozialisten Produktion (UTP)“ in Werkhallen verbrachten, griff Felgentreu Landwirten bei der Stallarbeit unter die Arme. Doch seine wahre Leidenschaft galt dem Bodenleben und dem Pflanzenwachstum. Nach einer Berufsausbildung mit Abitur zum Agrotechniker studierte der Brandenburger von 1975 bis 1979 an der Berliner Humboldt-Universität „Pflanzenproduktion“. Danach wurde er Abteilungsleiter beim Landwirtschaftsbetrieb in Bantikow und war verantwortlich für die Futterproduktion. Mitte der 80iger Jahre qualifizierte sich Felgentreu in einem Zusatzstudium zum Fachingenieur für Futterproduktion und war danach drei Jahre bis zur Wende Betriebsleiter beim damaligen Volkseigenen Betrieb VEB Saat- und Pflanzengut in Neustadt/Dosse.
Biodiversität wird zur Leidenschaft
Seit April 1990 gehört er zur Stammbesetzung der Deutschen Saatgutveredelung AG im brandenburgischen Bückwitz. Das Pflanzenzuchtunternehmen bot Felgentreu von Anbeginn die Möglichkeit, seiner „Leidenschaft zum Pflanzenbau nachzugehen“. Dafür steht ihm ein 2,5 Hektar großes Versuchsfeld zur Verfügung, auf dem er wie im heimischen Garten frei und kreativ experimentieren kann. „Mittlerweile kümmere ich mich neben dem Futterbau ganz stark um das Thema Bodenfruchtbarkeit, Humusentwicklung, Biodiversität. Das ist meine zweite große Leidenschaft geworden“, betont Felgentreu.
Den Stickstoffgehalt im Boden verbessern
Ganz oben auf der Forschungsagenda des DSV steht derzeit die Frage, wie der Stickstoffgehalt der Böden verbessert und gleichzeitig eine Überdüngung vermieden werden kann. Dafür nutzt Felgentreu unter anderem Bakterien wie Azoarcus oder Azotobacter, um die Stickstoffproduktion in der Pflanze und im Boden auf natürliche Weise anzukurbeln. „Wir gehen die Sache aus verschiedenen Richtungen an: Zum einen versuchen wir mithilfe des sogenannten Cultan-Verfahrens den mineralischen Stickstoff genau zu platzieren, um das restliche Bodenleben nicht zu stören. Zum anderen setzen wir auf alternative Produkte, um Stickstoff zu sparen.“
Mit „Terra Life“ hat Felgentreu bei der DSV über die Jahre eine Produktlinie etabliert, die Landwirten Zwischenfruchtmischungen in die Hand gibt, um Böden nach der Ernte für nachfolgende Kulturen fit zu machen. Mithilfe dieser innovativen Mischungen sollen Nahrungsketten im Ökosystem Boden gebildet werden, die das Bodenleben stärken und so die Felder über lange Zeit fruchtbar halten. „Die Futterqualität hat viele Väter. Und einer dieser Väter ist die Artenzusammensetzung. Da spielen Pflanzenarten eine wichtige Rolle“, weiß der Experte aus eigener Erfahrung.
Dem Boden etwas Gutes zurückgeben
Im Zuge der Rekultivierung von ehemaligen Tagebauen und Schießplätzen aus DDR-Zeiten hatte Felgentreu im Freilandlabor mit Kräutern experimentiert. Als Ende der 90iger Jahre der Versuch endete und das Feld umgebaut wurde, machte der Pflanzenbauer eine Entdeckung. „Wo Getreide gewachsen ist, waren immer diese Kräuter-Parzellen zu sehen. Dort sah das Getreide oftmals besser aus, als der Rest. Und so habe ich mich gefragt, ob man über Biodiversität dem Boden etwas zurückgeben kann, das wir ihm vorher entnommen haben.“
Mit Humus den Boden-Akku aufladen
Aus der Vision, diese positiven Effekte nachzustellen, entstand die Idee der Zwischenfruchtmischungen und mit „Terra Life“ eine komplett neue Produktlinie. Als erste in Europa kam die DSV 2008 mit damals vier solchen innovativen Mischungen auf den Markt. 26 Produkte hat Felgentreu heute im Angebot. „Da gibt es zum Beispiel eine Mischung für den Mais. Da sind 13 verschiedene Pflanzenarten drin. Und jede Pflanzenart macht etwas Besonderes für die nächste Kultur, in diesem Fall für den Mais. Über solche Pflanzengesellschaften wollen wir den Boden so beeinflussen, dass die nächste Kultur davon profitieren kann“. Roggen zum Beispiel hat die Aufgabe, dass die Pflanzenwurzel mit Pilzen eine Symbiose bildet und so den neuen Mais frühzeitig „infiziert“. So kann die Pflanze besser mit Nährstoffen wie z.B. Phosphor und auch Wasser versorgt werden. „Das kann die Qualität und den Ertrag des Maises bis zu 15 Prozent verbessern“, erklärt Felgentreu.
Landwirte für neues Pflanzenbausystem begeistern
Der Experte weiß auch: Mit der Nährstoffbilanz im Boden steht und fällt jede Innovation. Daher ist jeder Acker zugleich Neuland und muss genau untersucht werden, um die richtige Mischung zu finden. Felgentreu ist von seinem „Pflanzenbausystem“ überzeugt und will weiterhin Landwirte davon begeistern. „Als nächstes möchte ich, dass wir über diese Systeme auch zum Humusaufbau kommen. Denn wenn man Humus in den Boden bekommt, laden sie damit einen Akku auf, den Landwirte immer wieder anzapfen können“. Nicht nur auf dem Versuchsfeld der Firma, auch im privaten Gartenparadies hat der Familienvater damit beste Erfahrungen gemacht. „Der Garten ist mein Hobby. Was ich da mache, versuche ich in der Landwirtschaft umzusetzen.“
Autorin: Beatrix Boldt
Wie kann Saatgut nachhaltig vor Krankheitserregern geschützt werden? Die Antwort darauf fand André Weidauer vom Fraunhofer Institut FEP in Dresden in der zu DDR-Zeiten von dem Physiker Manfred von Ardenne entwickelten Elektronenkanone. Hierbei werden mithilfe von Elektronenstrahlen Krankheitserreger auf schonende Weise und zuverlässig abgetötet. Der Fraunhofer-Forscher hat diese bewährte Methode der Elektronenstrahlbehandlung so weiterentwickelt, dass sie in einen Transporter passt und somit auch kleinere Mengen Saatgut direkt vor Ort und kostengünstig desinfiziert werden können.
Mittlerweile wirtschaftet fast jeder zehnte Landwirtschaftsbetrieb in Deutschland ökologisch. So wuchs die deutsche Öko-Fläche laut Schätzungen des BÖLW 2016 um 96.633 Hektar auf 1.185.471 Hektar. Das entspricht einem Wachstum von 8,9 Prozent. Und die Entwicklung macht nicht bei den Landwirten halt. Auch immer mehr Kunden unterstützen mit ihrem Bio-Einkauf den Umbau der Landwirtschaft. Laut des BÖLW-Vorsitzenden geht es nun darum, auch auf politischer Ebene den Weg für mehr Bio zu ebnen und eine Neuausrichtung der Agrarpolitik voranzutreiben.
Ob Landmaschinen mit moderner Sensortechnik oder Handy-Apps: Landwirte nutzen einer Umfrage zufolge zunehmend digitale Helfer, um die Arbeit auf dem Feld und im Stall besser organisieren zu können. Dabei steht auch die Landwirtschaft vor der Herausforderung, die Fülle der dabei anfallenden Daten so zu nutzen, dass die Effektivität der Betriebe gesteigert und die Kosten reduziert werden können. Großunternehmen wie Bayer haben das Wachstumspotenzial des sogenannten Digital Farming längst erkannt und setzen auf das Geschäft mit den landwirtschaftlichen Daten. Nun hat die BASF mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA ein entsprechendes Bündnis geschlossen.
Digitalen Service für Landwirte verbessern
Die mit einem Kooperationsvertrag besiegelte Allianz will untersuchen, wie Satellitendaten und –bilder am besten für die Landwirtschaft genutzt werden können. Ziel ist die Entwicklung von digitalen Dienstleistungen, die den Bedürfnissen der Landwirte entsprechen. „Mit unseren Innovationen möchten wir einen Mehrwert für unsere Kunden schaffen, der ihnen dabei hilft, auf die sich verändernden Bedingungen in der Umwelt und im Markt einzugehen“, erklärt der Vize-Präsident der BASF Crop Protection, Rainer Preuss.
Wissenschaftler sind sich mittlerweile einig darüber, dass die Summe aller mikroskopisch kleinen Bewohner unseres Darms – das Darm-Mikrobiom – für weitaus mehr verantwortlich ist, als nur für die Verdauung unserer Nahrung. Es steuert zum Beispiel mit, ob und wann wir übergewichtig werden, an Diabetes erkranken, bestimmte Medikamente vertragen und es ist ein wichtiger Schlüssel für das Auftreten von Autoimmunerkrankungen.
Darm gezielt beeinflussen
Mit prä- und probiotischen Produkten versuchen Experten die rund 100 Billionen Bakterien im menschlichen Darm positiv zu beeinflussen und Erkrankungen entgegen zu wirken. Die wohl bekanntesten probiotisch wirksamen Mikroorganismen sind Milchsäurebakterien. Nach der erfolgreichen Passage des Magens siedeln sie sich in der Darmflora an und sollen dort zu einer erhöhten Erregerabwehr oder einem besseren Stoffwechsel führen. Präbiotika hingegen enthalten unverdauliche Kohlenhydrate, die erst im Darm durch Bakterien aufgeschlossen werden müssen, um dort eine positive, wachstumsanregende Wirkung auf sich bereits im Darm enthaltende Mikroorganismen zu entfalten.
Anfang Februar haben sich knapp 230 internationale Mikrobiom-Experten in Berlin auf der Fachkonferenz Probiota getroffen und über die neuesten Ergebnisse von Prä- und Probiotika in den Bereichen Ernährung, Pharma und der gesundheitsfördernden Wirkung von Bakterien für Mensch und Tier diskutiert. Nach neun Jahren in Brüssel und den Niederlanden hatte die britische Veranstaltungsagentur William Reed die Konferenz im Jubiläumsjahr nun erstmals nach Berlin verlegt.
Lebensmittel an der Grenze zur Medizin
Mehr als 20 Sprecher hatten auf der dreitätigen Konferenz die Gelegenheit, aktuelle Entwicklungen zu präsentieren. Vor Ort waren unter anderem Vertreter der Nestlé Health Science, die im Jahr 2011 als Tochterfirma des Lebensmittelriesen Nestlé gegründet wurde. Jedes Jahr investiert das Unternehmen rund 1,5 Milliarden Schweizer Franken in die Erforschung von gesundheitsfördernden Lebensmitteln, die auch als Nutriceuticals oder Functional Food bezeichnet werden.
Bernard Berger, Senior-Wissenschaftler am Nestlé Research Center in Lausanne, unterstrich auf der Konferenz die schwierige Situation für Wirksamkeitsstudien medizinischer Lebensmittel. „Es ist sehr schwer, alle Umweltfaktoren zu berücksichtigen, die die Darmflora beeinflussen. Da gibt es viele Parameter, die man nicht kontrollieren kann. Das macht die Forschung kompliziert und sehr individuell“, erläuterte Berger. Die Kommerzialisierung von prä- oder probiotischen Therapieansätzen sei vor diesem Hintergrund nicht leicht. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Vermarktung. Seit 2006 gilt in Europa und damit auch in Deutschland die sogenannte Health-Claims-Verordnung. Prä- oder probiotische Produkte, die mit einer gesundheitsfördernden Wirkung werben, sind demnach zulassungspflichtig und unterliegen einer strengen Prüfung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).
Auf der Konferenz sprachen sich viele Teilnehmer für eine bessere Qualität der Forschung aus. „Es müssen bessere Protokolle entworfen und Dokumentationen auf klinischem Level erreicht werden“, sagte Birgit Michelsen, Technische Leiterin des dänischen Nutraceutical-Herstellers Bifodan. Der Druck der Pharmabranche habe die Prä- und Probiotikaforschung zwar vorangetrieben, es gebe jedoch keine klinischen Studien, in die Investoren ihr Geld platzieren könnten, so Michelsen.
Probiotika zur Behandlung von Frühchen
Über den Einfluss von Bifidobakterien und Lactobakterien auf zu früh geborene Säuglinge haben Wissenschaftler vom Norwich Forschungspark auf der Konferenz berichtet. Demnach ist der Darm von Frühchen, die jünger als 37 Wochen sind und per Kaiserschnitt geboren wurden, weniger ausgebildet und besitzt - im Gegensatz zu Babys, die regulär zur Welt kamen - keine gesundheitsfördernden Bifidobakterien. Oftmals leiden die Frühchen unter einer entzündlichen Erkrankung der Darmschleimhaut, nekrotisierende Enterokolitis (NEC), die zum Tod führen kann. In einer Studie mit insgesamt 2800 Stuhlproben von 382 Babys hatten die englischen Wissenschaftler über die ersten drei Lebensjahre untersucht, wie sich Bifidobakterien als probiotischer Zusatz auf die Gesundheit dieser Säuglinge auswirken. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass Bifidobakterien das Risiko für eine NEC mindern können. Aus Sicht der Forscher sind Probiotika dabei eine erfolgsversprechende Alternative, da es kaum zugelassene Medikamente für diesen Bereich gibt.
Prävention von entzündlichen Darmkrankheiten
Auf der Konferenz vertreten war auch die Berliner Organobalance GmbH. Die Biotech-Firma besitzt eine Stammsammlung aus mehreren Tausend Milchsäurebakterien und Hefen, die sie auf ihre probiotische Wirkung untersuchen. Auf der Konferenz hat das Unternehmen unter anderem erste Zwischenergebnisse aus der vom BMBF geförderten Innovationsallianz GOBI (Good Bacteria and Bioactives in Industry) vorgestellt. An dem Konsortium sind auch die Unternehmen Evonik Nutrition & Care GmbH und Bionorica SE beteiligt. Gemeinsam untersuchen die Wissenschaftler Mikroorganismen und deren positive Wirkung zur Verwendung in der Tierernährung, der Gesundheits- und Pharmaindustrie. So gibt es erste Anzeichen dafür, dass sich Milchsäurebakterien aus dem Firmenarchiv zur frühen Prävention von chronisch entzündlichen Darm-Krankheiten eignen könnten. "Langfristig wollen wir eine neue Generation alternativer biologischer Wirkstoffe für die gesunde Ernährung schaffen", sagte Christine Lang, Geschäftsführerin der Organobalance.
hm
Ob Zander gebraten oder Lachs im Brötchen: Woher der Fisch kommt, ist für den Kunden meist nicht erkennbar. In küstennahen Regionen setzt der Verbraucher einfach voraus, dass der Fisch fangfrisch auf dem Teller landet. Die Realität sieht aber anders aus. Neun von zehn Fischen, die hierzulande auf den Speisekarten und an den Fischtheken angeboten werden, kommen Experten zufolge nicht aus heimischen Gewässern. Woher also kommt der Fisch und wie erkennt man, ob Zander und Co. aus nachhaltig befischtem Bestand kommen?
Schüler sammeln Fischproben für Forschung
Diese und weitere Fragen sollen junge „Fischdetektive“ im Rahmen eines Citizen-Science-Projektes zukünftig untersuchen. Für das vom GEOMAR Helmholz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel initiierte und koordiniere Schülerprojekt können sich ab April Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren auf der Webseite #fischdetektive bewerben. Die dreiwöchige bundesweite Kampagne startet am 8. Juni. In den darauffolgenden drei Wochen sollen die Fischdetektive losziehen, um Proben von Speisefischen zu gewinnen. Diese werden dann am GEOMAR mithilfe des sogenannten genetischen Barcodings untersucht, um ihrer Herkunft auf die Spur zu kommen. „Wir benötigen nur ganz kleine Gewebeproben, um Arten und Bestände mithilfe eines genetischen Fingerabdrucks im Molekularlabor des GEOMAR zu identifizieren“, erläutert Projektkoordinatorin Anna Bockelmann. Die Forscher hoffen auf diesem Weg, mehr als 1000 Proben zu erhalten. „Das wäre zehnmal so viel wie in bisherigen Studien; nur mithilfe der Bürgerforschung können in kurzer Zeit so viele Proben gewonnen werden“, betont Bockelmann.