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Lange Trockenheit verursacht Pflanzen ebenso Stress wie zu viel Feuchtigkeit oder Lichtmangel. Stressgeplagte Äcker frühzeitig zu identifizieren, könnte somit helfen, Anbau und Ernte zu optimieren. Nun  hat die Europäische Weltraumorganisation ESA verkündet, ihre nächste Satellitenmission der Pflanzenforschung zu widmen. Mit einem hochauflösenden Spektrometer an Bord soll das Flugobjekt namens „FLEX“ in sieben Jahren Daten zur aktuellen Pflanzenfluoreszenz liefern und auf einer Weltkarte anzeigen, welche Pflanzen, in welchen Regionen unter Stress stehen. Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich haben dafür den Weg geebnet. Das von ihnen entwickelte flugzeuggestützte Spektrometer „HyPlant“ soll für die Mission ins All weiterentwickelt werden.

Stehen Pflanzen unter Stress, wird die Photosynthese behindert. Ein typisches Anzeichen dafür sind beispielsweise braune Blätter. Die Fluoreszenz der Pflanzen ist somit der entscheidende Gradmesser, um deren Produktivität zu bestimmen.  Mit Blick auf den wachsenden Ernährungsbedarf der Weltbevölkerung gewinnt daher die Pflanzenforschung zunehmend an Bedeutung. Nun hat auch die Europäische Weltraumorganisation ESA ihren nächsten unbemannten Raumfahrtflug diesem Forschungsfeld gewidmet. "Wir sind begeistert, dass sich die ESA für dieses relativ junge Forschungsfeld entschieden hat", sagt Uwe Rascher vom Jülicher Institut für Pflanzenwissenschaften (IBG-2).

Jülicher Spektrometer als Vorbild für ESA-Mission

Mit ihren Messsystem „HyPlant“ sind die Jülicher Wissenschaftler um Uwe Rascher sozusagen die Wegbereiter der kommenden Satellitenmission. "Trockenheit, Hitze, Luftverschmutzung, Parasitenbefall oder schlechte Bodenverhältnisse dämpfen die Photosyntheseaktivität von Pflanzen, und dies lässt sich mit HyPlant erstmals großflächig abbilden", erklärt Rascher.

Der Name des neuen Satelliten ist daher auch Programm: „Fluorescence Explorer“ – kurz FLEX – soll in sieben Jahren auf ihrem Weg um die Erde wertvolle Daten zur globalen Pflanzenproduktivität liefern.  Die Fluoreszenzintensität der Pflanzen bildet dabei die Basis. Denn es geht nicht nur um eine Bestandaufnahme. Das hochauflösende Gerät erkennt Pflanzen, die unter Stress stehen anhand der Fluoreszenzintensität, noch bevor das menschliche Auge Veränderungen wahrnimmt.

Umwelteinfluss mit Fluoreszenz messbar

Grundlage für die Messungen mit "HyPlant" ist ein Phänomen, das als Chlorophyllfluoreszenz bekannt ist. "Vereinfacht kann man sagen, je mehr Licht die Pflanze einfängt und je mehr Photosynthese sie betreibt, desto intensiver ist das Fluoreszenzsignal. Ist die Pflanze jedoch gestresst und läuft die Photosynthese nicht optimal, verändert sich das Signal. Durch diese Änderungen können wir den Effekt von ungünstigen Umweltbedingungen auf Pflanzen direkt messen.

Bis zum Start der Satellitenmission im Jahr 2022 soll das Jülicher Spektrometer von Industriepartner der ESA für den Flug ins Weltall weiterentwickelt werden. Das dann weltalltaugliche Gerät soll den Namen FLORIS – kurz für "Fluorescence Imaging Spectrometer" tragen.

Fluoreszenzverschiebung belegt Pflanzenstress

Den Einsatz im Flugzeug hat „HyPlant“ bereits erfolgreich bestanden. Mithilfe des Spektrometers wurden in Europa und den USA sowohl bewirtschaftete Agrarflächen als auch Ökosysteme und Landschaften abgebildet. Dabei gelang es erstmals, das äußerst schwache Fluoreszenzsignal von Pflanzen im roten und nahen Infrarot-Bereich zuverlässig darzustellen. Die hochauflösende Technik zeigte somit auch Verschiebungen der Fluoreszenz an, die ein klares Signal für Pflanzenstress sind. "Aus der Luft ist uns das im lokalen Maßstab gelungen, aus dem Orbit werden wir dann in der Lage sein, ein globales Bild zu erhalten, wie die Vegetation der Erde Photosynthese betreibt und dabei CO2 fixiert", erläutert Rascher.

bb

Algen sind eine Fundgrube wertvoller Inhaltsstoffe, die sowohl für die Pharma- und Kosmetikindustrie interessant sind. Doch in den Winzlingen steckt noch mehr: Ihr Stützskelett besteht aus Alginat. Dieses Material scheint der ideale Nährboden für die Vermehrung von pluripotenten Stammzellen zu sein. Das haben Forscher vom Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT im saarländischen Sulzbach herausgefunden.

Lessonia trabeculata und Lessonia nigrescens heißen die zwei Algenarten, die vor der Küste Chiles wachsen. Mit deren Hilfe könnte zukünftig auch hierzulande der wachsende Bedarf an pluripotenten Stammzellen für die medizinische Forschung gedeckt werden und Medikamententests erleichtert werden. Davon sind zumindest die Forscher vom Fraunhofer-IBMT überzeugt. Denn das Stützskelett der Winzlinge – das Alginat – erwies sich in Untersuchungen als perfekter Nährboden, um  Stammzellen im Labor zu kultivieren. Den Herstellungsprozess sowie die Technologieplattform haben die IBMT-Wissenschaftler aus Sulzbach gemeinsam mit Kollegen in Chile und Großbritannien entwickelt.

Perfekte Umgebung für Zellen

In einem vom IBMT und von Fraunhofer Chile betriebenen Labor an der Universität Coquimbo wurde die geernteten Algen zunächst innerhalb von 24 Stunden geschält, zerkleinert und getrocknet, bevor sie nach Deutschland kamen. Im Reinraum am IBMT lösten die Forscher dann das Alginat aus dem Granulat. Dieses dann in flüssiger Form vorliegende Material wurde mit Hilfe eines starken Luftstrahls wieder zu Kügelchen geformt. Mit Barium vernetzt, wurde die Masse stabil und flexibel gemacht, war aber dabei für Nährstoffe immer noch durchlässig. „Zellen fühlen sich wie im Körper in elastischen dreidimensionalen Umgebungen besonders wohl. Genau diese Umgebung kann mit Alginat perfekt simuliert werden“, erklärt IBMT-Institutsleiter Heiko Zimmermann. Gleichzeitig brachten die Forscher Wirkstoffe in das Alginat ein und setzten sie unter ständiger Kontrolle frei - etwa Stoffe, die pluripotente Stammzellen in bestimmte Körperzellen umwandeln. Durch die Mischung der beiden Algenarten konnten sie zudem Elastizität und Größe des Alginats flexibel bestimmen.

Algenskelett wird zur Petrischale für Stammzellzucht

In einem Bioreaktor wurde das mit Proteinen beschichtete Alginat unter optimaler Temperatur und CO2-Umgebung kontinuierlich umgerührt. Dabei stellten die Forscher fest:  Jedes einzelne der 200 Mikrometer großen Kügelchen übernahm dabei die Rolle einer Petrischale, in der Stammzellen das Alginat besiedelten und innerhalb von drei bis sieben Tagen vermehrten. Hinzukommt, dass die Alginatmengen in den Bioreaktoren unproblematisch erhöht werden konnten, so dass pluripotente Stammzellen auf wenig Raum in großer Zahl wachsen konnten. 

Alginat könnte auch Zellwachstum beeinflussen 

„Die Stammzellen wachsen besser auf unserem Alginat, insbesondere auch in automatisierten Bioreaktoren. Sie lassen sich besser ausdifferenzieren – in gewünschte Körperzellen umwandeln – als auf Kunststoffuntergrund, der heute standardmäßig eingesetzt wird“, erklärt Zimmermann. Er ist daher überzeugt, dass das Algenskelett in Zukunft nicht nur als passiver Nährboden fungieren, sondern auch aktiv das Wachstum der Stammzellen beeinflussen wird. Derzeit wird die Zellvermehrung in Laboren britischen Pharmaunternehmen validiert. Ziel ist es zu zeigen, dass mit dem Prozess stabil pluripotente Stammzellen produziert werden können. „Am Institut konnten wir das bereits für viele einzelne Stammzelllinien nachweisen“, sagt Zimmermann. Im nächsten Jahr sind weitere Versuche geplant. 

Auf Blättern und Wurzeln von Pflanzen siedeln unzählige Bakterienstämme, die vermutlich auch das Wachstum beeinflussen. Welche Rolle die Mikroorganismen dabei konkret spielen ist bislang nicht erforscht. Ein neuer Werkzeugkasten könnte das bald ändern. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln und der ETH Zürich haben dafür erstmals einen Großteil der auf der Ackerschmalwand lebenden Mikroorganismen isoliert und kultiviert. Bei ihren Untersuchungen stellten sie fest, dass viele der Wurzel- und Blattbakterien vom Boden aus mit Mikroorganismen besiedelt werden und daher viele Gemeinsamkeiten haben. Damit liefern die Forscher erstmals ein Werkzeug, um im Labor gezielt den Einfluss von Bakterien auf das Wachstum und die Gesundheit der Pflanzen nachzustellen und zu untersuchen. Im Fachjournal Nature (2015, Online-Veröffentlichung) stellte das Team die Ergebnisse vor.

Ob im Darm oder auf der Haut - Milliarden von Mikroorganismen besiedeln den menschlichen Körper und sind für unsere Gesundheit von enormer Bedeutung. Auch bei Pflanzen – so vermuten Forscher - sollen die unsichtbaren Winzlinge Wachstum und Gesundheit beeinflussen. Um diese Frage konkret zu beantworten, fehlte es bislang an einer Inventur der auf Pflanzen lebenden Bakterienstämme. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln und der ETH Zürich sind hier einen Schritt weiter gekommen. Wie das Team um Paul Schulze-Lefert und Julia Vorholt im Fachjournal Nature berichtet, nahmen sie dafür die Modellpflanze Arabidopsis thaliana genauer ins Visier.

10.000 Bakterienstämme isoliert

Mithilfe ausgefeilter Sequenziertechniken gelang es ihnen – entgegen langjähriger Annahme– nicht nur ein Prozent, sondern die Hälfte aller Bakterienarten, die natürlicherweise auf der Pflanze leben, zu erfassen und zu kultivieren und somit die umfassendste Sammlung von Bakterienstämmen der Ackerschmalwand anzulegen. „Die Sammlung ist zwar nicht perfekt, aber ein sehr guter Ausgangspunkt für Rekonstruktionsexperimente“, erklärt Max-Planck-Forscher Paul Schulze-Lefert. Konkret haben die Forscher fast 10.000 Bakterienstämme isoliert und daraus 432 für ihre weiterführenden Studien ausgewählt. „Damit liegen nicht nur Reinkulturen für die Rekonstitutionsexperimente vor, sondern wir kennen auch das komplette Erbgut jedes einzelnen Isolats in unserer Stammkollektion“, sagt Schulze-Lefert.

Mikrobiom von Blatt und Wurzel ähneln sich

Bei ihren Untersuchungen stellten sie große Ähnlichkeiten zwischen den mikrobiellen Lebensgemeinschaften auf den Blättern und den Wurzeln der Pflanze fest. „Fast die Hälfte der Arten sind identisch“, erklärt Schulze-Lefert. Die Ähnlichkeiten überraschten selbst die Forscher. Denn die Proben für das Mikrobiom von Wurzel und Blatt wurden an verschiedenen Orten in der Schweiz und Deutschland gesammelt. „Den Großteil der vorkommenden Arten haben wir an allen Standorten gefunden. Vieles spricht dafür, dass es konservierte Mechanismen gibt, die dafür sorgen, dass gewisse Bakterien auf Pflanzen wachsen können und andere nicht“, erklärt die schweizer Mikrobiologin Julia Vorholt.

Boden als Bakterienquelle

Das Team geht davon aus, dass die Mikrobiome trotz ihrer verschiedenen natürlichen Umgebung sehr robust sind. Wegen dieser Ähnlichkeit und einer hohen funktionalen Überlappung der Genome vermuten sie, dass ein Großteil der Blatt- und Wurzelbakterien ihren Ursprung in den Boden-Mikrobiom haben. Die Blätter einer Pflanze werden also nicht primär über Aerosole in der Luft oder Insekten-assoziierte Mikroorganismen besiedelt, sondern vom Boden aus über die Wurzel als Zwischenstation. „Obwohl das System sehr artifiziell ist, sind die Lebensgemeinschaften, die sich an den Blättern und Wurzeln ansiedeln, den natürlichen Lebensgemeinschaften sehr ähnlich“, sagt Schulze-Lefert.

Werkzeug für kontrollierte ökologische Forschung

Mithilfe dieser neuer einmaligen Bakteriensammlung ist erstmals eine kontrollierte ökologische Forschung möglich. Der Werkzeugkasten bietet die Möglichkeit, die Vorgänge in der Natur im Labor nachbauen und dabei gezielt zu untersuchen, welchen Einfluss Bakterienstämme auf das Wachstum und die Gesundheit von Pflanzen haben. Erste Experimente waren bereits erfolgreich. So fanden die Forscher Hinweise darauf, dass bei bestimmten Mikroorganismen Pflanzen mehr Nährstoffe aufnehmen und somit schneller wachsen oder Krankheitskeime besser blockiert werden. "Die Experimente waren reproduzierbar. Das heißt, dass unsere Bakterienkulturen und unser Ansatz für diese Art von Experimenten geeignet sind“, so Vorholt.

Passend zum Weltklimagipfel in Paris hat die Europäische Kommission grünes Licht für ein neues Umweltforschungsprojekt gegeben. Das „Integrated Carbon Observation System “ICOS-ERIC" soll europaweit Langzeitbeobachtungen zum Kohlenstoff- und Treibhausgaskreislaufs durchführen und die Daten allen Interessierten bereitstellen. Deutschland, als eines von acht Gründungsmitgliedern, übernimmt darin die Aufgabe, hochpräzise Dauer-Messstationen für atmosphärische Treibhausgase aufzubauen, sowohl an Land als auch zur See. Ferner wird am Jenaer Max-Planck-Institut das zentrale Kalibrier- und Analysenlabor sowie am Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg das zentrale Radiokohlenstofflabor für ICOS aufgebaut. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellt dafür 16 Millionen Euro zur Verfügung.

Während beim 21. Welt-Klimagipfel in Paris die Mitgliedstaaten noch um einen Konsens bei den zukünftigen Klimazielen ringen, zeigt die EU mit dem neuen Umweltforschungsprogramm „ICOS-ERIC“ erneut Flagge. Für den Generaldirektor für Forschung, Wissenschaft und Innovation der Europäischen Kommission, Robert-Jan Smits, ist das ein weiteres klares Bekenntnis der EU zum  Klimaschutz. „Durch die Einrichtung europaweiter Langzeitmessungen der Kohlenstoff- und Treibhausgasumsätze wird ICOS eine entscheidende Wissensgrundlage zur Unterstützung der europäischen und globalen Anstrengungen zur Erreichung der Klimaschutzziele liefern“.

Ende November hatte die EU-Kommission mit dem sogenannten Treibhausgasbeobachtungssystem den Startschuss für das nunmehr zwölfte Forschungsinfrastruktur-Projekt (ERIC) erteilt. ERIC steht für European Research Infrastructure Consortium und ist ein 2009 von der Europäischen Kommission ins Leben gerufenes Instrument zur Förderung europäischer Forschungsnetzwerke.  Im Fokus des neuen Vorhabens - „Integrated Carbon Observation System“ - kurz ICOS ERIC - , sind neben Deutschland auch Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden und Finnland beteiligt. Das Ziel: Langzeitbeobachtungen des Kohlenstoff- und Treibhausgaskreislaufs in Europa durchführen und allen interessierten Nutzern zur Verfügung stellen.

Standardisierte Messungen an Land und auf dem Meer

Neben Messungen des Kohlenstoffkreislaufs und der Treibhausgasemissionen soll ICOS auch Daten zur atmosphärischen Konzentration der wichtigsten Treibhausgase liefern. Mit der Integration nationaler Beobachtungsnetze für Atmosphäre, Landökosysteme und Meere soll die Basis für eine vollständige europäische Kohlenstoffbilanz und deren Langzeitentwicklung geschaffen werden. Dafür werden flächendeckend in ganz Europa – von der Arktis bis zum Mittelmeer– standardisierte Messungen durchgeführt. Hohe Messtürme wie das UFZ-Wald-Klima-Observatorium bei Oschersleben (Sachsen-Anhalt) sammeln dazu langfristig Klimadaten. Auch Forschungs- und Handelsschiffe sollen hierfür Messungen im Nordatlantik und in der Ostsee vornehmen.  Thematische Zentren koordinieren wiederum die einzelnen Netzwerke und sind zugleich für Datenauswertung und –integration sowie für die zentrale Qualitätskontrolle und Datenweitergabe verantwortlich. Das ATC (Atmosphäre) ist in Frankreich und Finnland angesiedelt, das ETC (Ökosysteme) in Italien, Belgien und Frankreich und das OTC (Ozeane) in Norwegen.

BMBF steckt Millionen in Aufbau hochpräziser Messstationen

In Deutschland werden dafür explizit Zentrale analytische Labore (CAL) eingerichtet. So entsteht am Jenaer Max-Planck-Institut ein Kalibrier- und Analysenlabor und am Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg das Radiokohlenstofflabor. Die Zentren sollen präzise Referenzgase zur Kalibrierung an die anderen europäischen Messnetze liefern und hochempfindliche Messungen von Luftproben durchführen. Darüber hinaus stellt das BMBF in den kommenden fünf Jahren 16 Millionen Euro bereit, um dafür in Deutschland insgesamt 28 hochpräzise Dauer-Messstationen für atmosphärische Treibhausgase aufzubauen, darunter auch zwei Observatorien auf dem Meer. An dem deutschen Netzwerk sind insgesamt 14 deutschen Forschungszentren und Hochschulen beteiligt.

Der schwarze Hautkrebs ist äußerst aggressiv und wegen seiner rasanten Ausbreitung daher besonders gefährlich. Denn hat der Tumor einmal Metastasen gebildet, sinken die Heilungschancen. Bislang müssen sich Patienten einer aufwendigen Biopsie unterziehen, um festzustellen, ob der Krebs bereits die Lymphknoten befallen hat oder nicht. Forscher am Universitätsklinikum Essen haben nun ein alternatives, nicht-invasives Bildgebungsverfahren getestet, das vom Münchner Start-up iThera Medical entwickelt wurde und auf Optoakustik setzt.  Wie sie im Fachjournal Science Translation Medicine (2015, Bd. 317,S. 199) berichten, konnte mithilfe der „Multispektralen Optoakustischen Tomographie“ (MSOT) erstmals sicher und ohne belastende Operation für den Patienten von außen nachgewiesen werden, ob sich der Hautkrebs bereits ausgebreitet hat. iThera Medical ist ein Spin-Off des Münchner Helmholtz-Zentrums und wurde im Rahmen der „Gründungsoffensive Biotechnologie GO-Bio“ drei Jahre lang vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit über 2,9 Millionen Euro gefördert.

Die Diagnose Krebs hat bis heute an ihren Schrecken nichts verloren. Eine der gefährlichsten Tumorerkrankungen ist dabei der schwarze Hautkrebs, weil er sich rasend schnell verbreitet. Über 220.000 neue Fälle werden weltweit jedes Jahr registriert, wobei die Zahl der Neuerkrankungen seit Jahren steigt. Eine Trendwende ist nicht absehbar. Fest steht: Hat der Krebs einmal Metastasen gebildet, sinken die Heilungschancen für den Patienten beachtlich. Beim schwarzen Hautkrebs werden als erstes die nahegelegenen Lymphknoten befallen. Ein Metastasenbefall kann bisher nur mit einer Biopsie geklärt werden. Diese für den Patienten belastende Gewebeentnahme könnte künftig entfallen.

Mit Licht Metastasen von außen erkennen

Am Universitätklinikum Essen wurden Patienten mit schwarzem Hautkrebs erstmals mit einem völlig neuartigen Bildgebungsverfahren untersucht, das über optoakustische Signale frühzeitig Metastasen in Lymphknoten aufspürt. Das Team um Joachim Klode und Ingo Stoffels an der Hautklinik nutzte dafür die von der Münchner Firma iThera Medical entwickelte MSOT-Methode. Die „Multispektrale Optoakustische Tomographie“ ist ein nicht-invasives Verfahren, das von außen – also ohne jeglichen chirurgischen Eingriff - erkennt, ob Lymphknoten von Metastasen befallen sind. Das Prinzip ist eine Kombination aus Ultraschall und molekularer Bildgebung: Um die Lymphknoten zu identifizieren wird der Farbstoff Indocyaningrün dem Patienten injiziert. Damit werden die sogenannten Wächter-Lymphknoten erkennbar. Bislang mussten diese für eine Untersuchung herausoperiert werden, was einen längeren Krankenhausaufenthalt zur Folge hatte. Bei der MSOT wird das Gewebe des identifizierten Lymphknoten nun von verschiedenen Stellen von außen mit Laserlicht bestahlt. Die absorbierte Lichtenergie im Gewebe erzeugt ein Ultraschallsignal, das ein hochsensibler Detektor aufnimmt. Zeigen die mit mehreren Wellenlängen gemessenen Bilder an, dass sich im Gewebe Melanin befindet, ist dies ein klares Anzeichen für eine mögliche Metastase. Denn Metastasen des Schwarzen Hautkrebses enthalten in der Regel das dunkle Pigment Melanin.

MSOT-Technik hat ersten Kliniktest bei Hautkrebs bestanden

Wie die Ärzte aus Essen nun im Fachjournal "Science Translational Medicine" berichten, hat die MSOT-Bildgebung den Praxistest offenbar bestanden. Das Team hat das neue und das herkömmliche Verfahren zunächst an 506 Lymphknoten verglichen, die 214 Melanom-Patienten entnommen worden waren. Dabei erwies sich die MSOT-Diagnostik als wesentlich sensibler: Das herkömmliche Verfahren fand bei 14,2 Prozent der Proben Metastasen, die MSOT-gestützte Diagnostik dagegen bei 22,9 Prozent. Im nächsten Schritt testeten die Mediziner das MSOT-Verfahren an 20 Melanom-Patienten, denen noch keine Lymphknoten entfernt worden waren. Hier fand die nicht-invasive Methode sämtliche Lymphknoten-Metastasen und gab bei einem großen Teil der Patienten Entwarnung. "Wenn ein nicht invasiver Ansatz zuverlässig Metastasen der Schildwächter ausschließen könnte, könnte man fast 80 Prozent der Patienten diese Operation ersparen", schreiben die Forscher.

Weitere Studien in Planung

Allerdings kann MSOT auch Fehlalarme auslösen: Etwa die Hälfte der auffälligen Befunde in der Studie war nicht durch Metastasen bedingt, sondern durch andere Ursachen. Dies waren beispielsweise körpereigene Stoffe wie Reste kleiner Blutungen oder Tattoopigmente. Zudem gibt es Melanome, die kein Melanin enthalten. Dennoch sei das neue Verfahren eine wertvolle diagnostische Hilfe, mit der man Metastasen zuverlässig ausschließen könne, betonen die Autoren. Krebsexperte Stefan Delorme vom Deutschen Krebsforschungszentrum zeigte sich ebenfalls positiv: die Technik sei innovativ un müsste sich nun im weiteren klinischen Einsatz beweisen. In Essen soll nun eine noch größere Studie vorbereitet werden. Nach Angaben von IThera Medical-Geschäftsführer Christian Wiest werden auch bereits weitere Einsatzmöglichkeiten wie bei Brustkrebs, Schilddrüsenkrebs, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder peripherer Arteriosklerose geprüft.

Von der GO-Bio-Förderung zum Startup

Entwickelt wurde die neue Bildgebung von einem Team um Vasilis Ntziachristos vom Helmholtz Zentrum München, der 2013 mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet wurde. Im Jahr 2010 hat er zusammen mit Christian Wiest die iThera Medical GmbH gegründet. Das Startup ist im Rahmen der GO-Bio-Förderung entstanden, das Team wurde im Jahr 2009 in der dritten Förderrunde als eines der Gewinnerprojekte ausgewählt. Mithilfe einer Förderung über 2,9 Millionen Euro durch das BMBF konnte die Firma ihre vielversprechende Idee zur Marktreife führen. 2014 wurde das Münchner Team dafür mit dem Innovationspreis ausgezeichnet.

Phosphat ist nicht nur für den Menschen ein lebenswichtiger Baustein. Das Salz ist neben Stickstoff der wichtigste Pflanzennährstoff. Da Deutschland über keine eigenen natürlichen Ressourcen verfügt, muss der Rohstoff in großen Mengen aus dem Ausland importiert werden, wo er in Bergwerken abgebaut wird. Der mit Abstand größte Teil des kostbaren Minerals landet hierzulande als Dünger auf den Äckern. Eine bisher vernachlässigte Phosphatquelle ist Tiermehl, das aus den Abfällen der Schlachthöfe gewonnen und anschließend wieder verfüttert oder verbrannt wird. Nun haben Forscher vom Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg ein Verfahren entwickelt, um den im Tiermehl enthaltenen kostbaren Rohstoff Phosphat zu recyceln. Die Wirbelschichtanlage der Magdeburger filtert aus der Asche unerwünschte Schadstoffe wie die Schwermetalle heraus, so dass der Phosphat-Anteil als Dünger für die Landwirtschaft wieder genutzt werden könnte.

530.000 Tonnen Phosphat muss Deutschland nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) jedes Jahr aus Ländern wie China, USA oder Russland importieren, weil es über keine eigenen nennenswerten Vorkommen verfügt. Als lebenswichtiger Baustein für Mensch und Pflanze ist das kostbare Mineral sowohl für die Nahrungsmittelindustrie als auch für Futtermittel- und Düngemittelhersteller unverzichtbar. Gleichzeitig gehen hierzulande große Mengen des wertvollen Nährstoffes durch Abwässer, Klärschlamm und Tiermehl verloren.

Die Quelle mit dem größten ungenutzten Phosphatanteil ist jedoch Tiermehl, das aus den Abfällen von Schlachthöfen gewonnen wird. Durch die Verarbeitung von Zähnen, Hufen oder Knochen fallen allein hierzulande jährlich etwa 200.000 Tonnen an. Ein Teil davon landet als Futter wieder im Trog der Tiere. Doch das Gros wird zusammen mit anderem Abfall in der Müllverbrennungsanlage verbrannt und so mit Schwermetallen wie Quecksilber, Blei, Arsen oder Nickel verunreinigt. Der in der Asche enthaltene Phosphatanteil von 16 Prozent verpufft buchstäblich. 

Schwermetalle aus der Asche filtern

Das soll sich nun ändern. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg haben einen Weg gefunden, diese ungenutzte Phosphatquelle anzuzapfen und so den kostbaren Rohstoff aus dem Tiermehl zurecyceln.
„Wir verbrennen das Tiermehl auf spezielle Weise, so dass wir daraus ein wichtiges Mineral zurückgewinnen können“, erläutert Patric Heidecke vom IFF. Die neuartige Recyclingmethode setzt zwar auch auf das Prinzip der Verbrennung von Tiermehl.  Doch anders als bisher, werden hierbei giftige Schwermetalle aus der Asche geschickt getrennt.

Luftwirbel trennen gute von schlechten Stoffen

Dafür wird das Tiermehl in eine 850 Grad Celsius heiße Wirbelschichtanlage gefüllt, in der kontinuierlich Luft in eine Brennkammer strömt, das Mehl mit heißem Quarzsand vermischt und die organischen Partikel in der Masse vollständig verbrennt. Das entstehende Verbrennungsgas, das aufgrund der Luftwirbel auch einen Großteil der Asche enthält, wird in den Ausbrandzyklon geleitet. Dieser trennt dann die gute, saubere Asche von der schlechten, in der sich die giftigen Schwermetalle befinden. Hierfür wird der Luftstrom abgesenkt, so dass die Asche zu Boden sinkt, während die Schwermetalle und Ascheteilchen, die kleiner als einen Zehntel Millimeter sind, in der Luft verbleiben. Diese werden später abgeschieden und entsorgt.

Wirbelschichtanlage vor Praxistest

„Die Asche könnte – ebenso wie das phosphorhaltige Material, das in den Lagerstätten gewonnen wird – zu Düngemittel weiterverarbeitet werden. Rein rechnerisch lässt sich damit rund fünf Prozent des jährlichen Phosphat-Düngemittelbedarfs in Deutschland ersetzen“, sagt Heidecke. Die erste Wirbelschichtanlage wollen die Magdeburger Forscher demnächst bei einem  Partner aus der Industrie aufbauen. Heidecke ist zuversichtlich, dass sich ihr neues Verfahren in zehn Jahren in der Praxis durchgesetzt hat. Denn neben dem Brennstoff Tiermehl ist es auch zum Recyceln von Klärschlamm geeignet.

Aminosäuren sind ein essentieller Bestandteil der Ernährung und sind in vielen Pflanzen enthalten. Je mehr Aminosäuren sie in sich tragen, umso höher ist ihr Nährwert für Menschen und Tiere, die diese wichtigen eiweißbildenden Bausteine nicht selbst herstellen können. Forscher der Universität Regensburg haben nun anhand der Modellpflanze Ackerschmalwand entschlüsselt, wie Aminosäuren überhaupt in Pflanzensamen gelangen. Wie das Team im Fachjournal „Current Biology“ (2015, Online-Veröffentlichung) berichtet, konnten sie ein genetisches Quartett ausfindig machen, das den Aminosäuretransport von der Mutterpflanze zum Embryo steuert. Mit diesem Wissen könnten zukünftig die Erträge von Nutzpflanzen weiter verbessert werden.

Die Natur hat 20 verschiedene Aminosäuren zu bieten, die sich in unterschiedlichster Form zu Ketten verbinden. Je nach Zusammensetzung entstehen Eiweiße, die verschiedene Funktionen übernehmen. Der Mensch kann aber nur einen Teil der Aminosäuren selbst herstellen und muss sich daher die restlichen lebenswichtigen Bausteine über die Ernährung einholen - etwa indem er pflanzliche Nahrung zu sich nimmt. Denn Pflanzen können Aminosäuren selbst produzieren. Dieses Talent wird sehr häufig über die im Samen enthaltenen Embryonen von Pflanze zu Pflanze vererbt und ist für Pflanzenzüchter ein wichtiges Instrument: Je mehr Aminosäuren Pflanzen produzieren, umso höher ist ihr Nährwert und ihr Ertrag.

Von der Modellpflanze zur Nutzpflanze

Forscher um Ulrich Hammes und Thomas Dresselhaus vom Lehrstuhl für Zellbiologie und Pflanzenbiochemie der Universität Regensburg haben sich nun genauer mit den genetischen Grundlagen des Aminosäuretransportes in den Pflanzensamen beschäftigt. Dafür wollten sie zunächst anhand der Modellpflanze Arabidopsis thaliana die grundlegenden Mechanismen verstehen. Sie konnten dabei insgesamt vier Gene als Hauptakteure des Transportprozesses aufspüren und charakterisieren. Konkret handelt es sich dabei um Gene, die der Familie der pflanzenspezifischen UmamiT-Transporter angehören. Dieses Quartett steuert offenbar die Codierung der Transportproteine, welche die Aminosäuren von der Mutterpflanze in den Pflanzensamen übertragen. Denn die Studie ergab: der Aminosäuretransport zum Embryo war massiv gestört und das Samenwachstum beeinträchtigt, wenn diese vier Gene in der Pflanze fehlten. Da sich viele Nutzpflanzen wie Mais oder Gerste über Samen verbreiten, wollen die Regensburger Forscher ihre Studienergebnisse nun auch auf Nutzpflanzen übertragen. Ihr Ziel: Züchtern die richtigen Werkzeuge an die Hand geben, um den Nährwert und den Ertrag von Nutzpflanzen zu verbessern.

Weizen ist neben Reis und Mais eine der wichtigsten Nahrungspflanzen weltweit. Doch Klimaveränderungen gefährden die Ernten und somit auch die weltweite Nahrungsmittelproduktion für eine ohnehin wachsende Weltbevölkerung. Pflanzenwissenschaftler setzen daher große Hoffnungen auf die Entzifferung des Weizengenoms, an dem ein internationales Team seit zehn Jahren arbeitet. Nun kündigt das Konsortium zur Sequenzierung (IWGSC) an, die vollständige Sequenz des Brotweizens schon 2017 vorlegen zu können. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass das Wissen um den molekularen Bauplan der Nutzpflanze die Entwicklung neuer resistenter und ertragreicher Weizensorten beflügeln wird.

Die Entschlüsselung des Weizengenoms ist eine Herkulesaufgabe.  Mit 17 Milliarden Basenpaaren (17 Gb) ist das Genom des Brotweizens (Triticum aestivum) nicht nur fast sechsmal so groß wie das Erbgut des Menschen. Es ist auch äußerst komplex, denn  es liegt in jeder Zelle in sechs Kopien vor. Seit 2005 sind Forscher dabei den molekulare Bauplan des Giganten zu ergründen. Unter dem Dach des Internationalen Konsortiums  zur Sequenzierung des Weizengenoms (IWGSC) arbeiten 1.100 Forscher aus 55 Länder zusammen, darunter auch Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben (IPK).

Gegenwärtig sind 14 der 21 Chromosomen identifiziert. Dazu haben die Wissenschaftler am IPK wesentlich beigetragen. Unter der Leitung von Pflanzengenetiker Nils Stein wurde die Analyse der ersten gesamt-genomischen Weizensequenzen koordiniert und durchführt. Damit war ein erster Blick in die Organisation dieses sehr komplexen Genoms möglich.

Neue Analysetechnik bring Genomentzifferung voran

Dank einer neuen Analysemethode sehen sich die Leibnizforscher nach zehn Jahren nun kurz vor der Zielgeraden. Der Grund: Ein Teilprojekt zur Sequenzierung des Genoms der Brotweizensorte "Chinese Spring" konnte mithilfe der von der israelischen Firma NRGene entwickelten Analysetechnik Whole Genome Shotgun Sequencing erheblich schneller entziffert werden als geplant. Stein rechnet nun damit, dass auf diese Weise die komplette Weizen-DNA bis spätestens 2017 entschlüsselt ist.

Datensätze schneller zusammensetzen

„Das Verfahren ermöglicht eine deutlich schnellere und bessere Zusammensetzung der umfangreichen Illumina Sequenz-Daten. Für das zentrale Ziel des IWGSC, eine qualitativ hochwertige Genomsequenz aller Brotweizenchromosomen zur Verfügung zu stellen, war dies ein gewaltiger Durchbruch“, sagt Nils Stein. Bis der vollständige Bauplan auf den Tisch liegt, müssen die gewonnenen Informationen zu jedem einzelnen Chromosom wie ein Puzzle zu einer Referenzsequenz zusammengefügt werden.  Doch auch der Vorsitzende des internationalen Konsortiums hält das Zweijahres-Ziel für realistisch. Kellye Eversole, IWGSC Executive Director erklärt: „Die vorläufigen Ergebnisse sind beeindruckend und der Zeitpunkt ist perfekt; wir können die in den letzten zehn Jahren erfassten Daten jetzt schneller integrieren und aller Voraussicht nach in weniger als zwei Jahren eine komplette Genomsequenz des Brotweizens vorlegen.“

Neue Perspektiven für die Pflanzenzucht

Vor allem für Pflanzenforscher und -züchter bietet die Referenzsequenz des Weizengenoms erstmals die Möglichkeit, den genetischen Bauplan dieser wichtigen Nutzpflanze besser zu verstehen. „Forschern und Züchtern eröffnet sich damit die Möglichkeit, Gene und die mit ihnen verknüpften Merkmale wie Anpassungsfähigkeit, Stresstoleranz, Krankheitsresistenz oder Ertragsstärke sofort zu lokalisieren“, betont Curtis Pozniak, Projektleiter am Crop Development Centre der University of Saskatchewan. Die Ergebnisse zur Sequenzierung des Weizengenoms werden derzeit in den USA auf der 24. Plant & Animal Genome Conference in San Diego vorgestellt.

Muscheln sind die natürlichen Kläranlagen der Gewässer. Doch vielerorts sterben Arten aus. Deutsche und portugiesische Forscher haben nun den Bestand  der Süßwassermuscheln in Europa erstmals katalogisiert und auch deren Bedeutung für das aquatische Ökosystem herausgestellt. In der im Fachjournal Biological Reviews (2016, Online-Vorabveröffentlichung) erschienenen Studie berichten sie, wo welche der insgesamt 16 Muschelarten zu finden sind, welche Gefahren  das Überleben der Schalentiere bedrohen und wie die winzigen Wasserlebewesen vorm Aussterben geschützt werden können. Das Projekt, an dem Forscher aus 26 europäischen Ländern beteiligt waren, wurde von Wissenschaftlern der Technischen Universität München und vom Zentrum für Meeres- und Umweltforschung (CIMAR) in Porto koordiniert.

Die Flußperlmuschel Margaritifera margaritifera ist mit zehn Zentimetern eine der größten Süßwasser-Muscheln. Doch in Europas Gewässern sind sie immer seltener zu finden, obwohl sie über 100 Jahre werden kann. Wie viele ihrer Artgenossen ist auch die Flußperlmuschel vom Aussterben bedroht. Die eher unscheinbaren Lebewesen haben jedoch eine enorme Bedeutung für das Ökosystem. Sie machen 90 Prozent der Biomasse am Boden eines Gewässers aus und halten es sauber. Muscheln sind sozusagen die natürlichen Kläranlagen der Gewässer. „Da eine Muschel allein täglich bis zu 40 Liter Wasser filtert, profitiert auch der Mensch von den Ökosystemdienstleistungen der Muscheln“, erklärt Jürgen Geist vom Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie der TU München.

16 Muschelarten katalogisiert

Gemeinsam mit Manuel Lopes-Lima und Ronaldo Sousa vom Zentrum für Meeres- und Umweltforschung (CIMAR) in Porto hat der Münchner Biologe in den vergangenen Jahren ein Projekt koordiniert, in dem Wissenschaftler aus 26 europäischen Länder die Muschelfauna in Süßwassern analysierten. Im Ergebnis entstand ein Katalog, der erstmals den tatsächlichen Bestand von 16 Muschelarten und deren Lebensräume abbildet. „Ein Ergebnis der europaweiten Untersuchung ist der große Unterschied zwischen Nord und Süd. Es existieren im Norden Europas wie etwa in Skandinavien, weniger Arten, dafür aber größere Populationen“, erläutert Geist.

Viele Spezies bedroht

Die im Fachjournal "Biological Reviews" veröffentlichte Studie zeigt damit erstmals deutlich auf,  wo welche Spezies tatsächlich bedroht ist und welche Auswirkungen das Artensterben auf das gesamt Ökosystem der Gewässer hat. „Stirbt dann im Süden an nur einem Standort eine Muschelpopulation aus, kann dies bereits die Hälfte des weltweiten Bestands sein“, erläutert der Münchner Forscher.

Die großen Gefahren der Muschelwelt

In ihrer Studie listen die Autoren zugleich die größten Bedrohungen für die Muschelwelt auf. Danach werden die Unterwasserlebewesen vor allem durch Staudämme, Wehre und Talsperren, durch Perlfischerei und den Verlust der Wirtsfische aber auch durch Verschmutzung und Überdüngung sowie  Wasserentnahme und Klimawandel in ihrer Existenz gefährdet. Die Forscher kommen daher zu dem Schluss: Um das aquatischen Ökosystem zu erhalten, müssen Süßwassermuscheln und Gewässer mit hoher Population besonders geschützt werden. Die Autoren schlagen vor, dafür wissenschaftlich fundierte Pläne mit einem klar definierten Ziel aufzustellen. „Da eine Muschel sehr abhängig von ihrem Wirtsfisch ist und diese zunehmend weniger werden, sollte ein weiteres Augenmerk auf den Fischbeständen liegen, selbst wenn so manche Fischart keinen hohen ökonomischem Wert hat “, rät Jürgen Geist vor.

Lithium-Ionen-Batterien sind der Energiespender für zahlreiche elektronischer Geräte. Doch das Alkali-Material ist teuer und die Gewinnung belastet die Umwelt. Wesentlich umweltfreundlicher und kostengünstiger sind dagegen Natrium-Ionen-Batterien. Denn dieser Stoff steht in der Natur als Kochsalz fast unbegrenzt zur Verfügung. Auf der Suche nach verbesserten Materialen für diese neue Batterie-Generation sind Forscher vom Helmholtz-Institut Ulm des Karlsruher Instituts für Technologie nun fündig geworden – und zwar auf dem Komposthaufen. Aus Apfelresten entwickelten sie ein kohlenstoffbasiertes Aktivmaterial für die negative Elektrode. Für die Postiv-Elektrode wurde widerrum ein Material aus Schichtoxiden kreiert. Beide Stoffe überzeugten im Test mit „exzellenten elektrochemischen Eigenschaften“, wie das Team in den Fachjournalen „ChemElectroChem“ (2015, Online-Veröffentlichung) und „Advanced Energy Materials“  (2015, Online-Veröffentlichung) berichtet.

Ob in Handys, Laptops oder Tablets: Lithium-Ionen-Batterien sind für diverse elektronische Geräte der Energiespeicher. Doch die Gewinnung von Lithium ist aufwendig und teuer. Lange Zeit gab es keine Alternative zu den leistungsstarken Minimotoren. Nun bekommt das Alkalimaterial Konkurrenz. Natrium-Ionen-Batterien könnten den beliebten Speichergiganten bald den Rang ablaufen. Der Grund: Natrium-Ionen-Batterien sind nicht nur deutlich leistungsstärker als Systeme wie Nickel-Metallhydrid-, Bleisäure-Akkumulatoren oder die Lithium-Ionen-Technologie. Im Vergleich zum Lithium ist Natrium auch in der Natur als Kochsalz fast unbegrenzt verfügbar, leichter abbaubar und somit günstiger.

Kohlenstoff aus Apfelabfällen gewonnen

Wissenschaftler um Stefano Passerini und Daniel Buchholz vom Helmholtz-Institut Ulm des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun zwei neue Aktivmaterialien für diese vielversprechende Batterie-Generation entwickelt. Für die negative Elektrode kreierten sie einen kohlenstoffbasierten Stoff, der aus Apfelresten gewonnen wurde, der beispielsweise beim Pressen von Saft entsteht. Unter Luftabschluss entwickelt der Kohlenstoff eine Konsistenz, die für Batterieelektroden besonders gut geeignet ist. Der Studie zufolge überzeugte das neue Material in über 1.000 Lade- und Entladezyklen sowohl mit einer hoher Zyklenstabilität als auch einer hohen Kapazität.

Cobalt durch Natriumoxidschicht ersetzt

Für die Positiv-Elektrode entwickelte das Team ein Material, welches aus verschiedenen Schichten von Natriumoxiden besteht. Der Vorteil hier: Das Aktivmaterial kommt ohne das teure und umweltschädliche Element Cobalt aus, das ein wichtiger Bestandteil der kommerziellen Lithium-Ionen-Batterien ist. Auch dieses neue Aktivmaterial, in dem die eigentliche elektrochemische Speicherung von Energie stattfindet, überzeugte im Labor und konnte in über hundert Zyklen in Punkto Effizienz, Zyklenstabilität, Kapazität sowie Spannung die gleichen Leistungsdaten erreichen, wie die Cobalt-beladenen Lithium-Ionen-Batterien. Mit der Entwicklung dieser beiden nachhaltigen Materialien, so die Hoffnung der Forscher, könnte ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Entwicklung kostengünstiger und umweltfreundlicher Natrium-Ionen-Batterien gelungen sein.

Mit der Designernuklease Crispr-Cas9 haben Molekularbiologen seit Kurzem ein Präzisionsinstrument in der Hand, mit dem gezielt Veränderungen im Erbgut vorgenommen werden können. Die Methoden des sogenannten Genome Editing sind auch für Pflanzenzüchter eine vielversprechende Technologie, um Nutzpflanzen mit besseren Eigenschaften auszustatten. Umstritten ist jedoch, ob per Genome Editing bearbeitete Pflanzen als gentechnisch veränderte Organismen betrachtet werden sollten. Nein - sagt eine Gruppe internationaler Wissenschaftler, darunter Detlef Weigel vom Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie. Im Fachjournal Nature Genetics (2016, Online-Vorabveröffentlichung) machen die Forscher Vorschläge, wie genom-editierte Pflanzen aus regulatorischer Sicht eingestuft und behandelt werden sollten. 

Hitze, Überschwemmungen oder Pilzbefall sind Stressfaktoren, die das Pflanzenwachstum hemmen und  Erträge schrumpfen lassen. Neue resistentere und ertragreiche Pflanzenarten zu entwickeln, die zudem mit weniger Dünger auskommen, ist daher ein Ziel der Pflanzenforschung. Mit dem Genome Editing haben die Forscher eine vielversprechende Technologie in der Hand. Das neueste Werkzeug – die Designernuklease Crispr-Cas9 - ermöglicht es erstmals einfach und schnell, Gene gezielt zu verändern. Doch ist das Hantieren mit Genome-Editing-Werkzeugen Gentechnik oder nicht? Die Forscher, darunter Detlef Weigel, Direktor am  Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen, sind überzeugt, dass diese Technologien, sinnvoll genutzt, ein großes Potenzial für die Pflanzenforschung haben. Für das Genome Editing werde gerne die Metapher von der Genomchirurgie bemüht. „Die herkömmliche Gentechnik bei Pflanzen kann man mit einer Herzoperation unter Öffnung des gesamten Brustkorbs vergleichen“. Das Genome Editing sei hingegen eher ein minimal-invasiver Eingriff, argumentiert Weigel.

Gene präzise und schnell verändern

Der Vorteil des Genome Editing: Mithilfe dieser Technologie kann präzise bestimmt werden, an welcher Stelle des Erbguts Veränderungen durchgeführt werden.  Meist reicht es aus, nur einen einzigen Buchstaben in der DNA auszutauschen oder zu entfernen. Mithilfe dieses minimalen genetischen Eingriffs können Nutzpflanzen wie Weizen, Reis oder Mais so verändert werden, dass sie widerstandsfähiger gegen Pilzbefall sind oder weniger unter Hitze leiden.

Im Rahmen der im Fachjournal Nature Genetics erschienenen Studie gehen die Forscher auch auf die Nachteile bisheriger Gentechnik-Verfahren ein. Gene von anderen Pflanzenarten oder Organismen einzuschleusen, ist seit Langem möglich. Doch es ist nicht kontrollierbar, mit denen die neuen Gene im Erbgut schließlich landen. Deshalb müssten viele Kandidaten durchmustert werden, bis man eine Pflanze mit den gewünschten Eigenschaften habe, so Weigel.

Die Forscher verweisen zugleich auf die Standardwerkzeuge der Züchtung – wie die Kreuzung von Pflanzen oder den Einsatz von Chemikalien oder Strahlung – wo ebenfalls im Erbgut Mutationen ausgelöst werden. Der Studie zufolge ist das Züchtungsergebnis nicht immer besser und „das Auffinden von vielversprechenden Individuen“ ebenfalls  sehr langwierig und aufwendig. Im Vergleich zu Pflanzen, die mit dem Genome Editing erzeugt wurden, dürfen diese  Produkte jedoch ohne Zulassung vermarktet werden

Keine Sonderregeln bei Zulassung

In ihrem Appell sprechen sich Weigel und seine Forscherkollegen für ein Umdenken bei der Zulassung von genom-editierten Pflanzen aus. Danach sollten diese grundsätzlich nicht anders als Produkte aus konventionellen Züchtungen behandelt werden. Weigel verweist dabei auf das deutschen Gentechnikgesetz, das nur die Organismen als gentechnisch verändert einstuft, deren „genetisches Material so verändert worden ist, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist“. Die Gesetzeslage bietet danach keinen Grund, die mit Genome Editing erzeugten Pflanzen anders als konventionelle Züchtungsprodukte zu bewerten.

Dokumentation des Entwicklungsprozesses

Vor diesem Hintergrund unterbreiten Weigel und seine Kollegen aus China und den USA Vorschläge, was bei der Entwicklung von genom-editierten Pflanzen beachtet werden sollte. So raten sie, bereits während der Entwicklungsphase das Risiko einer Ausbreitung im Freiland zu minimieren. Zweitens sollten die entstandenen DNA-Veränderungen exakt dokumentiert und drittens beachtet werden, dass bei vielen Crispr-Cas9-Verfahren zuerst Fremd-DNA in die Zelle eingeschleust werden muss. Andernfalls sollte belegt sein, dass diese Fremd-DNA in der zuzulassenden Sorte spurlos entfernt wurde. Sollten ein Gen durch das einer anderen Art ersetzt werden, sollte der Grad der Verwandtschaft benannt und im Fall einer entfernten Verwandtschaft Nachuntersuchungen geprüft werden. All diese Punkte sollten der Studie zufolge bei der Zulassung neuer Pflanzensorten genau festgehalten werden. Diese Vorschläge könnten auch Ratgeber bei der noch ausstehenden Entscheidung der Europäischen Union zur Bewertung genom-editierter Pflanzen sein. In Deutschland und Schweden wurden einige dieser Pflanzensorten bereits Produkten aus herkömmlicher Züchtung gleichgestellt. „Ein wichtiges Ziel der Züchtung ist, die Versorgung mit Agrarprodukten nachhaltiger zu machen. Diese Möglichkeit sollten wir uns nicht vorenthalten“, erklärt Weigel.

Über die Risiken der Gentechnik wird europaweit gestritten. Nun tut sich ein neuer Skandal auf: In Italien soll ein Forscher gleich sieben Studien zur Gefahr von Gentech-Soja gefälscht haben. Auf eine dieser Studien hatte sich einst auch das Bundesinstitut für Risikobewertung bezogen. Einen Einfluss von Gentech-Soja auf Tier und Mensch wurde aber nicht festgestellt.

Wie gefährlich sind gentechnisch veränderte Pflanzen für Tier und Mensch? Über diese Frage wird seit Jahren heftig gestritten – nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. Während Gegner der grünen Gentechnik mit Nachdruck vor den schädlichen Folgen von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen wie Mais warnen, heben Befürworten mit Vehemenz den Nutzen hervor. Beide – ob Gegner oder Fürsprecher – stützen sich dabei häufig auf wissenschaftliche Studien, um ihre Argumente zu untermauern.

Erst kürzlich hatte Christoph Then von Testbiotech erneut auf die gesundheitlichen Risiken von gentechnisch veränderten Pflanzen für die Tiere aufmerksam gemacht. Die jüngsten Enthüllungen in Italien sind nun allerdings ein Rückschlag für alle Kritiker: Wie das Fachjournal Nature (2016, Online-Veröffentlichung) berichtet, stehen mehrere Gentechnik-kritische Studien unter Fälschungsverdacht.

Forscher überzeugte Senat

Die Publikationen zu Gefahren von Gentech-Soja hatte der Tiermediziner Frederico Infascelli von der Universität Neapel veröffentlicht. Der brisante Inhalt: Beweise dafür, dass sich eingefügte Gene aus der Sojapflanze im Fleisch und in der Muttermilch von Nutztieren wiederfinden und diese sogar den Tieren schaden. Die Studien werden häufig auf Anti-Gentech-Webseiten zitiert. Zudem konnte Infascelli bei einer Sitzung im vergangenen Sommer sogar den italienischen Senat von seinen Forschungsergebnissen überzeugen und dessen Haltung bestätigen. Italien zählt innerhalb der EU zu den Gegnern der Grünen Gentechnik.

Bilder wurden bearbeitet

Nur eine Senatorin blieb skeptisch: Elena Cattaneo, eine Pharmakologin aus Mailand. Cattaneo schaute sich die Studienergebnisse dreier Publikationen noch einmal genauer an und stieß dabei auf Fotos, die fast gleich waren, aber in allen drei Publikationen völlig unterschiedliche Ergebnisse zeigen sollten. Zudem gab auch Bilder, die offensichtlich bearbeitet worden waren. Eine von der Senatorin angestoßene Untersuchung soll nun schließlich die Manipulation von nicht nur drei, sondern insgesamt sieben Arbeiten aus dem Labor Infascelli bestätigen.

Untersuchungsbericht im Februar erwartet

Das Resultat der Untersuchungen soll zwar erst im Februar veröffentlicht werden, jedoch gelangten nun schon Informationen der Kommission ins Netz.Auf eine der Veröffentlichungen hatte sich 2011 auch das Bundesinstitut für Risikobewertung berufen. Die deutschen Experten kamen jedoch zu dem Schluss, dass der Übergang von DNA-Fragmenten ins Gewebe von Tieren zwar ein "natürlicher“ aber "vorübergehender" Vorgang sei und ein Einfluss auf die DNA von Tier und Mensch bislang nicht festgestellt werden konnte.

Die Zika-Epidemie hält die Welt in Atem: Die WHO hat den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen – weil der virale Erreger unter dringendem Verdacht steht, massenhaft Fehlbildungen bei Babys in Südamerika zu verursachen. Impfstoffe oder Arzneien sind derzeit Fehlanzeige. Das lenkt die Strategien für eine Bekämpfung des Ausbruchs auf die mutmaßlichen Überträger: Moskitos wie die Gelbfiebermücke oder die Asiatische Tigermücke. Weil die Blutsauger mehrere Wirte in Serie stechen, infizieren sie sich selbst mit dem Erreger und sorgen so für dessen massive Ausbreitung. Auch in Süddeutschland ist die invasive Tigermücke bereits aufgetaucht – Mücken-Experten vom Friedrich-Loeffler-Institut in Greifswald sehen im Gespräch mit bioökonomie.de aber momentan keinen Grund zur Panik.

Vermutlich gelangte der Erreger mit den vielen Reisenden zur Fußball-WM 2014 nach Brasilien. Das mehrwöchige Sportereignis in dem Tropenland könnte der Ausbreitung des Zika-Virus den perfekten Boden bereitet haben. Mit Zika infizierte Menschen haben Fieber, Hautausschlag, Gelenkschmerzen – keine lebensbedrohlichen Symptome. Doch nun steht der Erreger im Verdacht, schlimme Gehirnfehlbildungen bei Babys – die sogenannte Mikrozephalie – auszulösen. Das Rätsel um die massenhafte Häufung dieser schwerwiegenden Schädigung bei Babys hat die WHO nun auf den Plan gerufen – WHO-Direktorin Margaret Chan verkündete am 1. Februar den weltweiten Gesundheitsnotstand.

Doch wie konnte sich das Zika-Virus binnen eines Jahres so massiv auf dem südamerikanischen Kontinent ausbreiten? Als Hauptüberträger gelten blutsaugende Stechmücken der Gattung Aedes: Die Gelbfiebermücke Aedes aegypti und die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus. „Beide mögen es warm, sie sind sehr stechlustig und gelten als sehr gute Überträger von Viren wie Dengue und Chikungunya“, sagt Helge Kampen. Er ist am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut fürTiergesundheit, Spezialist für Insekten als Krankheitsüberträger.

Angesteckte Stechmücke löst Infektionswelle aus

Die Stechmücken werden arglos zum Seuchenboten. Zunächst sind sie selbst gar nicht mit dem Erreger infiziert. Erst wenn die weiblichen Tiere bei einer mit dem Zika-Virus infizierten Person Blut saugen, stecken sich die Insekten an. „Die Viren vermehren sich daraufhin in der Mücke, setzen sich in den Speicheldrüsen fest und werden so bei den nächsten Stichen übertragen“, erläutert Kampen. Von der Tigermücke wisse man, dass sie häufig mehre Wirte hintereinander sticht, bis sie ausreichend mit Blut vollgesogen ist.  Als Serientäter werden die Mücken so zum idealen Krankheitsüberträger - das Virus kann sich wie ein Lauffeuer ausbreiten.

In Südamerika herrschen für die Vermehrung der Moskitos paradiesische Bedingungen. Aber nur wenn die Insekten auch auf eine kritische Masse an akut infizierten Menschen treffen, nimmt die Seuchenwelle Fahrt auf. So könnte es sich im vergangenen Jahr abgespielt haben. Die Behörden haben den Insekten und ihren Brutstätten jedenfalls den Kampf angesagt. Die einzigen präventiven Maßnahmen für Reisende bleibt ein rigoroser Mückenschutz, etwa helle, bedeckende Kleidung, Insektenschutzmittel oder Moskitonetze.

Infektionsforscher rechnen damit, dass die Zika-Epidemie schon bald in eine neue Phase übergeht und sich selbst begrenzt: „Anders als bei Dengue kann man sich nur einmal mit Zika-Viren infizieren und ist danach immun“, sagt Jan Drexler vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) am Standort Bonn. „Derzeit sieht es so aus, dass wir nach der massiven Virusausbreitung eine Bevölkerungsimmunität haben werden, so dass sich die Epidemie von selbst eindämmt“. Schon zu den Olympischen Spielen in Rio diesen Sommer könnte die Situation in Brasilien wohl wieder entschärft sein.

Ein ähnliches Muster hat es in der Vergangenheit auch bei von Blutsaugern übertragenen Tierseuchen gegeben. „Bei der Blauzungenkrankheit und dem Schmallenberg-Virus lief es genauso“, sagt Helge Kampen vom FLI, „im Folgejahr der Erkrankungswelle in Deutschland waren die Seuchen wieder abgeflaut.“

Tigermücke in Süddeutschland aufgetaucht

Doch könnte das Zika-Virus und seine Überträger auch hierzulande Fuß fassen? Kampen hat darüber einen guten Überblick – der Insektenkundler vom FLI betreut zusammen mit Kollegen vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg den „Mückenatlas“. Bei diesem Citizen-Science- Projekt sind Bürger seit 2012 dazu aufgerufen, Stechmücken per Post einzuschicken; die Forscher können mit diesen Proben Verbreitungskarten einzelner Arten erstellen.

„Die Gelbfiebermücke Aedes aegypti kommt gar nicht bei uns vor“, sagt Kampen. Anders sehe es bei der Asiatischen Tigermücke aus, die sich in der vergangenen Jahrzehnten weltweit ausgebreitet hat. 2014 gelang es einigen Exemplaren in Freiburg offenbar zu überwintern. „In Freiburg und Heidelberg sind 2015 Populationen von Aedes albopictus aufgetaucht, in einigen Fällen wurden sie auch bekämpft“, so Kampen.

Dass die Tigermücken aber hierzulande einmal eine Dengue- oder Zika-Epidemie verursachen, dieses Risiko hält Kampen für verschwindend gering. „Dafür ist die Mückendichte und die Zahl infizierter Menschen zu klein.“ Die verbreitetste Stechmücke in Deutschland, Culex pipiens, komme jedenfalls nicht als Überträger des Zika-Virus infrage.

Glibschige mikrobielle Beläge, sogenannte Biofilme, kommen überall in der Natur vor - sogar im Gletschereis und in kochenden Quellen. Sie können Stoffe aus Mineralien ziehen und Kohlenstoffdioxide aus der Umwelt binden. Dieses Talent wollen Forscher nun auch für die industrielle Biotechnologie gezielt nutzen, um Ressourcen zu sparen. Im Rahmen des Verbundvorhabens BayBiotech wollen sie ein Konzept zur Entwicklung künstlicher Biofilme erarbeiten. Das interdisziplinäre Vorhaben wird von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) koordiniert und vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit rund zwei Millionen Euro gefördert. Wissenschaftler der Universität Bayreuth konzentrieren sich dabei auf die Frage, wie künstliche Biofilme den biotechnologischen Prozess intensivieren können.

Biofilme entstehen überall dort, wo sich Mikroorganismen an feuchten Oberflächen ansiedeln können – in Böden, auf Gestein, auf Pflanzen und sogar auf Tieren. Aber auch auf Rohrleitungen oder Schiffsturbinen ist solch eine Schleimschicht zu finden. Als Bio-Filter für die Luftreinhaltung oder zur Abwasserbehandlung werden solche natürlichen Biofilme auch schon heute in der industriellen Biotechnologie genutzt. Darüber hinaus gibt es für viele solcher Anwendungen aber noch keine geeigneten natürlichen Biofilme - und mitunter sind sie aus hygienischen Gründen auch nicht erwünscht.

Single Species“-Biofilme nachbauen  

Im  Verbundvorhaben Ressourcenschonende Biotechnologie in Bayern "BayBiotech" will ein interdisziplinäres Forscherteam nun künstliche Biofilme entwickeln, um sie gezielt in der Industrie einzusetzen. Das Team um Ruth Freitag und Andreas Greiner von der Universität Bayreuth nimmt dafür sogenannte „Single Species“- Biofilme ins Visier. Der Vorteil: dieser Belag enthält nur eine einzige Mikrobenart, so dass sich deren Stoffwechselfunktionen gezielt steuern und kontrollieren lassen. Unter dem Dach von „BayBiotech“ wollen die Bayreuther im Projekt „Biokomposite“ nun ein universell einsetzbares Konzept für die Produktion von Biofilmen erarbeiten, die passgenau auf bestimmte biotechnologische Funktionen zugeschnitten sind. „Phosphat, Schwefel und Metalle sind Rohstoffe, die viel zu wertvoll sind, um verbrannt zu werden. Mithilfe spezieller Mikroorganismen können sie isoliert und zurück gewonnen werden“, erklärt Ruth Freitag.

Hohes Potenzial für Enegrie, Umwelt und Pharmazie

Langfristig sollen Biofilme entstehen, bei denen Mikroorganismen nicht nur gezielt ausgewählt, sondern auch in ein maßgeschneidertes Substrat aus Polymeren eingebettet werden können. Auf diese Weise sollen industrielle biotechnologische Prozesse intensiviert und die Potenziale von Biofilmen in Branchen wie Energie- und Umwelttechnik aber auch der Pharmaindustrie nutzbar gemacht werden. "Es ist für die Zukunft unseres Landes von enormer Bedeutung, dass wir mit unseren endlichen Ressourcen sparsam und intelligent umgehen. Mit dem neuen Projektverbund erschließen wir innovative Möglichkeiten der Biotechnologie, um Ressourcen zu schonen“, so Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf bei der Vorstellung des neuen Verbundprojektes Anfang Februar.

Vom Chicorée sind vor allem die weiß-gelblichen Knospen bekannt, die wegen ihres leicht herben Geschmacks als Salat begehrt sind. Der verborgene Teil der Pflanze – die Wurzelrübe – landete bisher jedoch überwiegend auf dem Komposthaufen. Forschern der Universität Hohenheim ist es nun gelungen aus den Abfallresten des Chicorée eine der wichtigsten Basischemikalien der Kunststoffindustrie zu gewinnen: den Ausgangsstoff Hydroxymethylfurfural (HMF), der zur Herstellung von Plastikflaschen, Nylon oder Polyester verwendet wird. Das Besondere: Die neue biobasierte Chemikalie aus der Chicoreé-Rübe ist sogar qualitativ hochwertiger als ihr erdölbasiertes Pendant und als Abfallstoff kein Konkurrent der Lebensmittelindustrie.

Der Verbraucher kennt Chicorée vor allem als Salat. Die in der Erde verborgene Wurzelrübe, welche die weiß-gelblichen Knospen hervor bringt, wurde bisher wenig beachtet. Dieser Teil der Pflanze landet überwiegend als Abfall in der Kompostieranlage. Nur ein Bruchteil wird genutzt, um daraus Biogas herzustellen. Der Grund: Um aus dem Biogas effizient Strom zu erzeugen, ist die Ausbeute zu gering. Jetzt haben Forscher der Universität Hohenheim die Chicorée-Wurzel als natürliche Ressource zur Herstellung einer der wichtigsten Basischemikalien der chemischen Industrie entdeckt. „Die Wurzelrübe macht ca. 30 Prozent der Pflanze aus. Die eingelagerten Reservekohlenhydrate werden für die Bildung der Salatknospen nicht vollständig aufgebraucht, sodass wertvolle Reservestoffe verbleiben“, erklärt die Agrarbiologin Judith Pfenning. Chicorée ist eine zweijährige Pflanze. Nach mehreren Monaten auf dem Acker werden die Wurzelrüben in sogenannte Wasser-Treibereien gebracht. Dort treiben die Blattknospen aus - nur auf sie haben es die Salatbauern abgesehen.

Bio-HMF hochwertiger als Erdöl-Chemikalie

Gemeinsam mit Chemikerin Andrea Kruse gelang der Pflanzenforscherin, aus der Wurzelrübe den für die Kunststoffindustrie wichtigen Ausgangsstoff Hydroxymethylfurfural (HMF) zu gewinnen. In den Laboren des Instituts für Agrartechnik in Hohenheim wurden dafür bleistiftgroße Rohrreaktoren aus Edelstahl, mit Häckseln der Chicorée-Wurzelrübe und Wasser befüllt, anschließend mit verdünnter Säure versetzt und bis zu 200 Grad erhitzt. Wie aus der flüssigen Konsistenz schließlich die Basischemikalie HMF  in ungereinigter Form wird, bleibt ein Geheimnis der Forscher. Fest steht jedoch: Das gelb bis braun gefärbte kristalline Pulver braucht sich hinter dem fossilen Ausgangsstoff nicht verstecken. Im Gegenteil. „Die Chicorée-Wurzelrübe eignet sich nicht nur deshalb so gut zur Gewinnung von HMF, weil sie ein Abfallprodukt ist. Sie produziert auch eine höherwertige Chemikalie als das Äquivalent aus Erdöl“, erklärt Andrea Kruse.

Abfallreste sind keine Konkurrenz zur Industrie

Die Plattform-Chemikalie Hydroxymethylfurfural gilt als eine der zwölf wichtigsten Basischemikalien der Kunststoffindustrie. Bisher wurde der wertvolle Chemiebaustein aus Erdöl gewonnen. Forscher wie Andrea Kruse arbeiten seit Langem daran, solche erdölbasierten Basischemikalien durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen. In einem früheren Forschungsprojekt war es Kruse bereits gelungen, die HMF aus Fruchtzucker – also Fructose – herzustellen. „Fructose ist essbar. Es gibt bessere Verwendungszwecke, als HMF daraus zu gewinnen“, so die Chemikerin. Der Vorteil der Wurzelrübe als Rohstoff liegt auf der Hand: Sie ist ein Abfallprodukt und geht so der Lebensmittelindustrie nicht verloren.

Gleichbleibend hohe Qualität schaffen

So vielversprechend die Ergebnisse sind. Noch gilt es eine andere Herausforderung zu meistern, damit sich die biobasierte Kunststoffchemikalie gegen den fossilen Konkurrenten Erdöl tatsächlich durchsetzt. „Nur wenn wir es schaffen, eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten, ist die Wurzel für die Industrie interessant“, erklärt Andrea Kruse. Diese Aufgabe wollen die beiden Forscherinnen mit Hilfe eines interdisziplinärem Teams jetzt angehen.

Sie gilt als vielversprechende regenerative Hightech-Energiequelle der Zukunft: Die Künstliche Photosynthese - mit der Sonnenlicht nach Pflanzenmanier direkt in Energieträger umgewandelt werden soll. Doch solche visionären Technologien haben nur Erfolg, wenn eine breite Öffentlichkeit dahinter steht. An diesem Punkt setzt ein Projekt der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften acatech an. In diversen Veranstaltungen hat die Wissenschaftsakademie in den vergangenen zweieinhalb Jahren verschiedene Formate ausprobiert, um die Öffentlichkeit so früh wie möglich an das Thema  „Künstliche Photosynthese“ heranzuführen und so damit verbundene Ideen, Erwartungen und Ängste zu erfahren. In der Publikationsreihe „IMPULS“ beschreibt die Akademie die Zukunftsszenarien der künstlichen Photosynthese und dokumentiert Erfahrungen mit Dialogformaten.

Die Sonne ist die ultimative Energiequelle - noch dazu unerschöpflich. Sie spendet 15.000mal mehr Energie als die Menschheit überhaupt verbraucht. Ein Stunde Sonnenlicht würde genügen, um den Energiebedarf der Erde für ein ganzes Jahr zu decken. Daher versuchen Forscher weltweit seit Jahren die Natur zu kopieren und arbeiten an einer „künstlichen Photosynthese“. Nach dem Vorbild der Photosynthese bei Pflanzen versuchen sie aus Kohlendioxid, Wasser und Licht CO2 als Treibstoff herzustellen. Der Vorteil der künstlichen Photosynthese: es wird kein klimaschädliches CO2 freigesetzt. Darüber hinaus könnte die Sonnenlicht-Technologie auch komplexe Moleküle für chemische Rohstoffe, Lebens- und Futtermittel liefern. Doch davon sind die Forscher noch weit entfernt.

Öffentliche Diskussionen früh etablieren

Noch stehen Forscher auf dem Weg zu einem "Künstlichen Blatt" erst am Anfang. Fest steht: Solche Technologien sind auch stets mit Risiken verbunden, und sie treffen auf Vorbehalte in der Bevölkerung. Eine fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung könnte dafür sorgen, dass Innovationen hinter den Erwartungen zurückbleiben. Dass dieses Thema auch eine breite öffentliche Akzeptanz erfährt, darum bemühten sich die Wissenschaftler der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften acatech. Seit Oktober 2013 gingen die Forscher der Frage nach, wie eine frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit in das Thema „Künstliche Photosynthese“ und die Technikkommunikation gelingen kann. Dafür wurden explizit neue Formate für Diskussionsrunden entwickelt und einem Praxistest unterzogen.

Abstrakte Forschungsergebnisse greifbar machen

In der nun veröffentlichten IMPULS-Band berichtet die Acatech über ihre Erfahrungen mit den neuen Dialogformaten und stellt Zukunftsszenarien der künstlichen Photosynthese vor. Die Studie lässt keinen Zweifel daran, dass eine öffentliche Debatte über solche Visionen so früh wie möglich geführt werden muss, um von der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Für einen frühzeitigen Dialog müssten abstrakte Forschungsergebnisse in greifbare Geschichten gefasst werden, so die Autoren. Um die Szenarien der künstlichen Photosynthese fassbar zu machen, entwarf die Projektgruppe um Alfred Pühler (Universität Bielefeld) und Armin Grunwald (Karlsruher Institut für Technologie, KIT) deshalb unterschiedliche „Technikzukünfte“, also visionäre Anwendungsbeispiele. Dazu zählen Mikroalgen als grüne Zellfabriken für Treibstoffe; Nanokügelchen, die aus Wasser und kohlenstoffhaltigen Industriegasen Methan herstellen, sowie organische Solarzellen als Stromfabriken in Gebäudefassaden.

Erwartungen und Ängste wahrnehmen

Neben Workshops zum Thema „Künstliche Photosynthese“ lud acatech interessierte Bürger zu Diskussionen ins „Science Cafés“ ein, ließ in Comic-Workshops Ideen, Erwartungen und Befürchtungen zum Thema darstellen und lässt einen Wissenschaftjournalisten auf Youtube mittels Story-Telling über Technikzukünfte der künstlichen Photosynthese erzählen. 

Dabei habe sich gezeigt, dass viele Diskussionsteilnehmer befürchteten, dass gentechnisch veränderte Organismen in diesem Kontext bei Unfällen freigesetzt werden könnten. Andere stellten die Wirtschaftlichkeit, den Wirkungsgrad und die Umweltverträglichkeit der Künstlichen Photosynthese infrage. Das Papier rät, dass alle Beteiligten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik die Wünsche und Befürchungen aller Akteure und damit auch der Bevölkerung berücksichtigen und ernst nehmen müssen, um das Vertauen in die Technik zu fördern. Im Rahmen des  weiteren Projektes will acatech nun bestehende Forschungsansätze ins Visier nehmen. Damit soll der konkrete Forschungsbedarf in Deutschland aufgezeigt werden, um bis zum Jahr 2050 konkrete Anwendungen der künstlichen Photosynthese zu ermöglichen.

Pflanzen als Fabriken für Protein-Medikamente nutzen - diese Idee steht hinter dem Begriff "Molecular Pharming". Neben Tabak, Tomaten kommen auch Algen als Produktionsstätten infrage. Das Potenzial der im Wasser lebenden Winzlinge ist enorm und wird von der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie genauso geschätzt, wie von Treibstoffherstellern  und Pharmaunternehmen. Am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm haben Wissenschaftler nun die Grünalge Chlamydomonas reinhardtii zu einer Biofabrik umgerüstet, um mit deren Hilfe Medikamente und Impfstoffe herstellen zu können. Dass das System funktioniert, haben die Forscher an einem potenziellen HIV-Impfstoff bewiesen. Die Ergebnisse sind im Fachjournal Plant Molecular Biology (2016, Online-Vorabveröffentlichung) erschienen.

Algen haben viele Talente. In ihnen schlummern sowohl heilende Kräft als auch Substanzen, aus denen Biosprit gewonnen werden kann. Die Grünalge Chlamydomonas reinhardtii ist bei Molekularbiologen besonders beliebt, da ihr Genom bereits komplett entschlüsselt ist. Dennoch: Viele molekulargenetische Werkzeuge, die für die einzellige Modellpflanze entwickelt wurden, waren für andere Algen nicht geeignet. Auch die gentechnische Veränderung von Chlamydomonas ist schwierig. Der Grund: Die neue Geninformation wurde von der Alge oft nicht im vollen Umfang genutzt. Meist stellt sie sogar die Produktion des vom Gen verschlüsselten Proteins gänzlich ein.

Algen für Aufnahme von Fremdgenen fit gemacht

Ein Team um den Potsdamer Max-Planck-Direktor Ralph Bock scheint diese Hürde nun bewältigt zu haben. Ihnen gelang es, Algenstämme zu schaffen, die Fremdgene besser in Proteine umwandeln, um sie gegenüber anderen etablierten Produktionsplattformen wettbewerbsfähig zu machen. Wie die Forscher im Fachjournal Plant Molecular Biology berichten, optimierten sie dafür zunächst eine Geninformation für ein Antigen des HI-Virus, sodass sie von den Algen auch „verstanden“ und in das entsprechende Protein übersetzt werden kann. Dabei handelte es sich um das sogenannte p24-Protein. Der Studie zufolge veränderten sie diese Gensequenz so, dass sie Algen-kompatibel wurde. „Außerdem haben wir einen Algenstamm gezüchtet, der die fremden Gene besser ablesen kann“, berichtet Projektmitarbeiterin Juliane Neupert.

Neue Strategie zur Proteinproduktion in Algen entwickelt

Bei dem fremden, optimierten Gen handelte es sich um einen potenziellen Kandidaten für einen neuen Aids-Impfstoff, da es vom Immunsystem erkannt wird. „Wir konnten eine optimierte p24-Genvariante herstellen, die wir mit Hilfe gentechnischer Methoden in den verbesserten Chlamydomonas-Stamm eingebaut haben“, erklärt der Autor der Studie, Rouhollah Barahimipour. „Die Alge war nun tatsächlich in der Lage, dieses verbesserte Gen abzulesen und das p24-Protein anzureichern“, bestätigt der Forscher. Mit ihrer Studie haben die Potsdamer Forscher nicht nur die Hauptursachen für die bisherigen Probleme bei der Bildung  fremder Proteine in Chlamydomonas aufklären können, sondern auch eine neue Strategie zur effizienten Proteinproduktion in dieser Alge entwickelt.

Grünalge als zukünftige Impfstofffabrik

Die Max-Planck-Forscher sind zuversichtlich, dass die Grünalge sich als neue natürliche und ressourcenschonende Produktionsstätte zur Herstellung von Impfstoffen durchsetzen wird. Denn im Vergleich zu anderen pflanzlichen Biofabriken sind sie äußerst anspruchslos, effizient in ihrer Ressourcennutzung und wachsen rasant. Außerdem sind sie keine Konkurrenz zur Lebensmittelindustrie und bieten die Möglichkeit, direkt verzehrt zu werden. Das wiederum lässt die Produktionskosten um bis zu 60 Prozent sinken, da eine aufwendige Aufreinigung der Produkte überflüssig wird.

Seit Jahren treten in Europa immer häufiger Infektionskrankheiten wie das Dengue-Fieber auf, die ursprünglich nur in tropischen oder subtropischen Gegenden grassieren. Auch das Zika-Virus, das Lateinamerika in Atem hält, könnte in Europa Fuß fassen. Beide Erreger werden von Stechmücken übertragen. Ob auch heimische Mücken solche eingeschleppten Infektionskrankheiten verbreiten können, wird nun erstmals erforscht. Am 22. Februar wird der neue Forschungsverbund „CuliFo“ in Hamburg vorgestellt: Das Stechmücken-Forschungskonsortium wird vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin koordiniert und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über drei Jahre mit 2,2 Millionen Euro gefördert.

Kopf- und Gliederschmerzen sind typische Anzeichen für eine Grippe. Doch hinter dieser Erkältung verbirgt sich immer häufiger ein Virus, das ursprünglich nur in tropischen oder subtropischen Gegenden zu finden war. Nicht nur in Deutschland, sondern europaweit werden immer mehr Fälle von Dengue-, West-Nil- oder Chikungunya-Fieber registriert. Ähnlich wie das Dengue-Fieber wird auch das Zika-Virus durch Stechmücken übertragen. Als möglicher . 

Verhalten heimischer Mücken im Blick

„Der jüngste Zika-Virus-Ausbruch in Südamerika hat erneut eindrucksvoll die Bedeutung von Stechmücken als Krankheitsüberträger unter Beweis gestellt“, sagt Egbert Tannich, Leiter der Stechmückenforschung am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg. Unter der Leitung der Hamburger Tropenmediziner wollen Wissenschafter nun der Frage nachgehen, ob auch heimische Mücken derartige Viren auf Menschen übertragen können. Dafür hat das Bundeslandwirtschaftsministerium das Verbundprojekt namens „CuliFO“ ins Leben gerufen. „Wir möchten vor allem die ökologisch-klimatischen Bedingungen für die Vermehrung und Verbreitung einheimischer Stechmücken, deren genetische Variabilität und insbesondere deren Fähigkeit, Krankheitserreger zu übertragen, erforschen“, so Tannich über die Ziele des Verbundprojekts. Der offizielle Startschuss für „CuliFo“ fällt am Montag in Hamburg mit der Übergabe des Förderbescheids durch die Parlamentarische Staatssekretärin im BMEL, Maria Flachsbarth.

Infektionsrisiko besser einschätzen

„Die Globalisierung nimmt stetig zu – im Bereich des internationalen Warenhandels, aber auch durch private Reisen. Zeitgleich verändert sich das Klima. Damit steigt in Europa die Gefahr von Krankheiten, die durch Stechmücken übertragen werden“, so Flasbarth. Die Förderung der Stechmücken-Forschung erfolgt im Rahmen des BMEL-Projektes „Stechmücken und Stechmückenübertragene Zoonosen in Deutschland“. Im Rahmen dieses Projektes wurde bereits im Frühjahr 2015 das Stechmücken-Monitoring-Projekt „CuliMo“ gestartet, dass vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) koordiniert wird und die Erfassung sowie Verbreitung aller in Deutschland ansässigen Stechmückenarten zum Ziel hat. „Durch die Verbindung der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus beiden Projekten können Risiken zum räumlichen und saisonalen Auftreten der Stechmückenarten in Deutschland und dem damit verbundenen Infektionsrisiko in Deutschland besser eingeschätzt werden“, erklärt Maria Flachsbarth.

Krankheitsüberträger registrieren

In Deutschland gab es bisher weder ein Überwachungs- noch ein Meldesystem zu Mücken, die als Krankheitsüberträger in Betracht kommen. Da es sich bei vielen Krankheiten, die von Stechmücken weitergegeben werden, um Krankheiten handelt, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden (sogenannte Zoonosen), hat das BMEL die beiden Verbundprojekte zur Überwachung und Erforschung von Stechmücken ins Leben gerufen und mehrere Millionen Euro für die Forschung zugesichert.

Bierbrauen ist wohl der älteste und bekannteste biokatalytische Prozess, bei dem Hefen mit ihrer Stoffwechselaktivität die Maische in alkoholhaltiges Bier verwandeln. Riesige Kessel, sogenannte Fermenter, sind dafür als Behausung für die Mikoorganismen notwendig. Auch bei der Herstellung von Arzneimitteln oder Feinchemikalien kommt zunehmend die nachhaltige Produktionsweise der Biokatalyse zum Einsatz. Forscher der Universität Leipzig, der Universität Marburg und dem Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim haben nun eine Methode entwickelt, um die komplexen chemischen Abläufe im Bioreaktor, statt in großen Behältern, auf einem Mikrochip untersuchen zu können. Wie das Team in der Fachzeitschrift Journal of the American Chemical Society (2016, Online-Veröffentlichung) berichtet, konnten es auf dem Chip erstmals chemische Umwandlungen beobachten, an denen nur wenige Zellen beteiligt sind.

Zur Herstellung von Käse, Bier oder Wein ist die Biokatalyse ein gängiger Prozess. Diese nachhaltige und umweltschonende Produktionsweise, die sich natürlicher Biokatalysatoren wie Hefen, Bakterien und Pilze zur chemischen Umwandlung von Stoffen bedient, wird zunehmend auch von Pharmafirmen und Chemieunternehmen eingesetzt. Dieser komplexe Umwandlungsprozess läuft in der Industrie in sogenannten Fermentern im großen Maßstab ab.

Einzelne Zellen im Visier

Forscher aus Leipzig, Marburg und Mühlheim haben nun einen Mikrochip entwickelt, um die Biokatalyse in ihrer Gesamtheit auch im Miniformat nachvollziehen und beobachten zu können. Das Team um Detlev Belder und Manfred Reetz nahm dafür die enantioselektive – asymmetrische – Katalyse ins Visier. Hierbei werden mithilfe der Katalysatoren Substanzen hergestellt, die sich zwar wie eineiige Zwillinge ähneln, jedoch im Organismus schließlich unterschiedlich wirken. "Mit diesem Ansatz kann man potenziell sogar einzelne Zellen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit in der enantioselektiven Biokatalyse unterscheiden", betont der Leipziger Forscher Detlef Belder.

Um die komplexe Stoffumwandlung zu untersuchen, bedienten sich die Wissenschaftler der Lab-on-a-Chip-Technologie. Auf diesem Minilabor platzierten sie komplexe chemische Prozesse und Untersuchungen in haarfeine Kanälen. Der Vorteil im Vergleich zum Fermenter: Statt Zigmillionen Zellen, reichten den Forschern wenige Zellen des Coli-Bakteriums, um deren Synthese zu Feinchemikalien oder potentiellen Medikamenten zu beobachten. "Eine wichtige Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, ob sich individuelle Zellen in der gewünschten Funktion unterscheiden, oder - bildlich gesprochen - ob sich einzelne Schafe anders als die Herde in ihrer Gesamtheit verhalten", erklärt Manfred Reetz. Das schwarze Schaf in der Zellengemeinschaft zu finden, gehört zu den nächsten Forschungsaufgaben, denen sich Reetz und Belder stellen wollen. Doch der Marburger Chemiker hat noch eine weitere Vision - mithlfe der neuen Lab-on-a-Chip-Methode will er ganzen Mutanten-Bibliotheken von Zellen im Hochdurchsatz durchforsten, um so gezielt nach neuen enantioselektiven Enzymen zu fahnden.

In Regie der Fraunhofer-Gesellschaft soll in Halle für 13 Millionen Euro ein neues Leistungszentrum Chemie und Biosystemtechnik entstehen. Außerdem feiert die Saalestadt die Eröffnung des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich zur Eröffnungsfeier angekündigt.

Das neue Leistungszentrum Chemie und Biosystemtechnik soll eng mit dem Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig zusammenarbeiten. Nach Informationen des Mitteldeutschen Rundfunks und der Leipziger Volkszeitung kommen die insgesamt 13 Millionen Euro für das Projekt vom Land Sachsen-Anhalt, von Fraunhofer und von den beteiligten Industriepartnern. Ziel des neuen Zentrums sei es, verfahrenstechnische Prozessketten vom Rohstoff bis zum Produkt zu optimieren. Die länderübergreifende Kooperation umfasst verschiedene Branchen der chemischen, biotechnologischen und biomedizinischen Forschung.

Zwei Fraunhofer-Institut in Sachsen-Anhalt

Vorgestellt wird das Projekt Ende Januar in Halle, wenn voraussichtlich Bundeskanzlerin Angela Merkel das seit 1.1.2016 existierende zweite Fraunhofer-Institut in Sachsen-Anhalt offiziell einweiht: das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen (IMWS). Das Forschungszentrum war bisher Teil des in Freiburg ansässigen Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM. Die Ausgliederung sei laut Fraunhofer die Konsequenz einer „sehr erfolgreichen, mit hohem Wachstum verbundenen Entwicklung an beiden Standorten". Auch in den Ausbau des nun eigenständigen Instituts will Fraunhofer investieren, und zwar 9 Millionen Euro. Leiter der 200 IMWS-Mitarbeiter ist der Physiker Ralf Wehrspohn.