Aktuelle Veranstaltungen

Seit Jahren hat AMSilk an der Produktion von Fasern aus biotechnologischer Spinnenseide getüftelt, jetzt hatte das erste Textil-Produkt seinen ersten großen Auftritt in New York: ein Sportschuh im hellbraunen Look, präsentiert auf der Konferenz „Biofabricate“, dem jährlichen Gipfeltreffen für Innovationen aus biobasierten Materialien. Das mit Adidas einer der größten Sportartikelhersteller der Welt als Kooperationspartner gewonnen wurde, ist nicht minder spektakulär.

Sportschuh mit Textil aus Biosteel

Das neue Produkt läuft bei Adidas unter dem Namen „Futurecraft Biofabric Schuh“. Der Prototyp des Sneakers ist aus einem Obermaterial gefertigt, das zu 100 % aus sogenannten Biosteel-Fasern besteht. Das ist der Markenname, unter dem AMSilk seine naturbasierte und vollständig biologisch abbaubare Biopolymer-Faser herstellt und an Industriepartner abgibt.

Natürliches Vorbild ist Spinnenseide – ein Supermaterial aus der Natur: denn Spinnfäden, die aus Eiweißmolekülen bestehen, sind reißfester als Stahl, äußerst dehnbar und besonders leicht. Doch um Spinnenseide aus natürlichen Quellen zu gewinnen, müsste man Spinnen im großen Stil halten und melken – für eine industrielle Nutzung undenkbar. Die Martinsrieder AMSilk GmbH, 2008 als Spin-off der TU München gegründet, setzt daher auf Biotechnologie: Bakterien wurden zu winzigen Fabriken für das Spinnenseidenprotein umfunktioniert.

Bakterien als Zellfabriken für Seidenprotein

In Stahltanks produzieren die Mikroben den Eiweißstoff in großen Mengen. Es entsteht ein weißes Pulver, das wie ein Werkstoff vielfältig weiterverarbeitet werden kann. So haben die Bioingenieure eine Maschine konstruiert, die aus einer Proteinlösung sogar Fasern spinnen kann. Textilien aus der Biotech-Seide sind besonders strapazierfähig, und sind zudem nach Angaben von AMSilk besonders hautverträglich – deshalb haben die Martinsrieder mit ihren Biosteel-Fasern vor allem Sport-und Outdoor-Bekleidung im Visier.

Der Adidas-Schuh ist 15% leichter als Produkte aus herkömmlichen Synthetikfasern, die auf Basis von Erdöl gewonnen werden. Und als Naturmaterial sind die Protein-Fasern zu 100% biologisch abbaubar. Die biotechnologische Erzeugung der Biosteel-Fasern basiert auf nachwachsenden Rohstoffen, was das Produkt zusätzlich nachhaltig macht.

Nachhaltige Hightech-Produkte

Wie Adidas mitteilte, verfolge man mit dem „Futurecraft Biofabric Schuh“ einen weiteren, vollkommen neuen Ansatz, „um in Lösungen zu investieren, die Wissenschaft und Natur zu einem integralen Bestandteil von Innovation machen“. Im Rahmen der Partnerschaft mit AMSilk soll nun weiter erforscht werden, wie Biosteel-Fasern in größerem Maßstab in High-Performance-Produkten verarbeitet werden können. Für James Carnes, Vice President Strategy Creation bei Adidas, steht die Partnerschaft mit AMSilk in einer Reihe bahnbrechender Innovationen, mit denen man die  Sportartikelbranche neu definieren wolle. „Bei dieser Pionierleistung geht es um weit mehr als nur Nachhaltigkeit, vielmehr erschließen wir ein ganz neues Feld bionischer Innovationen.“ 

Der Geschäftsführer von AMSilk, Jens Klein, sagte: „Die gemeinsam mit Adidas entwickelten Sportschuhe sind das weltweit erste Produkt aus einem Hochleistungsmaterial, das aus naturidentischen Seiden-Biopolymeren besteht. Mit dieser Entwicklung setzen wir in Sachen Nachhaltigkeit und Funktionalität von Textilien neue Maßstäbe.“

pg

Ohne Schmierstoffe funktioniert keine Anlage und läuft kein Motor. Vor allem die metallverarbeitende Branche ist auf die fettigen oder öligen Mittel angewiesen. Die Mehrheit der Schmierstoffe besteht allerdings aus Mineralölen fossilen Ursprungs. Doch auch Bio-Schmiermittel aus Sonnenblumen- oder Rapspflanzen drängen auf den Markt. Sie können durchaus mit dem erdölbasierten Konkurrenten mithalten. Noch sind sie jedoch Nischenprodukte. Das Problem: Bio-Schmierstoffe sind meist teurer. Außerdem geht der Lebensmittelindustrie durch die Nutzung der Pflanzenfrüchte zur Schmierstoffproduktion ein wertvoller Rohstoff verloren.

Konkurrenzlos zur Ernährungswirtschaft sind dagegen Altfette, wie sie in Gaststätten und Imbissbuden täglich in großen Mengen anfallen. Im Rahmen der europäischen ERA-Net-Förderinitiative EuroTransBio haben Forscher der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin gemeinsam mit dem Schmierstoffhersteller Greibo Chemie GmbH nach einem Weg zur Herstellung von Schmierstoffen aus Abfallfetten gesucht. Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über drei Jahre mit 175.000 Euro gefördert.  „Unser Ziel war es, bestimmte mineralölbasierte Produkte durch Recyclingprodukte aus Altfett zu ersetzen und Schmierstoffe zu gestalten, die biologisch abbaubar sind aber auch den CO2-Ausstoß verbessern und hautverträglicher sind“, erklärt Projektleiter Christian Adam.

Frittenfette gewinnen Reinheitstest

Im Projekt experimentierten die Forscher mit Frittenfett. „Frittenfett ist ein Abfallstoff, der kostengünstig ist und mit dem man sonst wenig anfangen kann. Auf Grund der pflanzlichen Stoffe sind die Schmierstoffe auch biologisch abbaubar“, so Adam weiter. Nicht nur als natürlicher Abfallstoff überzeugte der Stoff. Bei der Untersuchung verschiedener Abfallfette, darunter auch Fischöl, zeigten sich hier nur minimale Verunreinigungen wie durch kurzkettige Fettsäuren, die bei der Veresterung nur schwer abgetrennt und zu unerwünschten Nebenprodukten führen und so die Qualität der Schmierstoffe beeinträchtigen können.

Hefeenzym meistert Hydrolyse und Veresterung

Um die Frittenfette zu verestern, musste aus dem pflanzlichen Fett zunächst das unbrauchbare Glycerin mittels Hydrolyse abgetrennt werden, um so langkettige Fettsäuren herzustellen, die mit Alkohol zu Ester umgesetzt werden können. Für diesen anspruchsvollen Prozess bedienten sich die Forscher eines Multitalents. Das Hefeenzym Candida antarctica Lipase A (CAL-A) hatte das seltene Potenzial, sowohl die Hydrolyse als auch die Veresterung zu meistern. „Hier konnte man mit großen Wasseranteilen arbeiten, die das Glycerin aufnehmen und dabei gleichzeitig Fett zu Ester umsetzen“, erklärt Adam.

No plant and no motor can run without lubricants. The metalworking industry is especially dependent on grease and oil. However, most lubricants consist of mineral oil of fossil origin. Recently, though, bio-lubricants made of sunflowers or rapeseed have been entering the market. They can certainly compete with mineral oil based products. But to date they are no more than niche products. The problem: Bio-lubricants are generally more expensive. Also, using these plants directly to make lubricants denies the foodstuffs industry of valuable raw materials.

In contrast, the oil frying oil that restaurants, takeaways etc. produce in large quantities is of no further interest to the food industry. As part of the EuroTransBio European ERA-Net, researchers from the Institute for Materials Research and Testing (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung) in Berlin, working together with the lubricant manufacturer Greibo Chemie GmbH, have been investigating ways of making lubricants out of waste oil and fat. The project has been financed by the German Ministry of Education and Research (Bundesministerium für Bildung und Forschung) with 175,000 euros over a period of three years. Project manager Christian Adam explains: "Our aim was to substitute certain mineral oil based products with ones made of used oil, and to make lubricants that are biodegradable, reduce CO2 emissions and are also skin-friendly."

Chip frying oils win purity contest

The project researchers experimented with frying fat. "Frying fat is a waste product that is cheap to buy and that is not much use for anything else. Because of the vegetable content, the lubricants are also biodegradable," continues Adam. The substance proved to have more advantages than simply being a natural waste product. The investigation of various waste fats, including fish oil, showed that they have only very little contamination through short-chain fatty acids, for instance. These substances lead to undesirable by-products, they are difficult to separate off during esterification and therefore they can diminish the quality of the lubricants.

A yeast enzyme manages both hydrolysis and esterification

To esterify the frying fats it was necessary to separate off the glycerine (which is unusable) from the vegetable oil via hydrolysis. This produces long-chain fatty acids that can be converted to esters with the aid of alcohol. It is a complicated process and the researchers sought the support of a multi-talent to carry it out. The yeast enzyme Candida antarctica Lipase A (CAL-A) has the unusual ability to handle both the hydrolysis as well as the esterification. "This meant that we could work with high proportions of water that take up the glycerine and at the same time convert fat to an ester," explains Adam.

Oil droplet size influences fatty acid yield

The researchers also thoroughly investigated the effect of the enzyme, both for the hydrolysis as well as for the esterification. To this end, the frying fat and the enzyme were put into a stirred tank reactor and the optimal process conditions were determined. "That meant doing a large number of experiments. We had to work out how to optimize the process in the best way and have as few substances as possible that interfere," explains Adam. In addition to the temperature, the pH-value and the duration of the process, the shear rate was a significant factor because of its influence on the size of the oil droplets. This is determined by the speed of the mixer. "The important thing here was to introduce a large amount of energy via the mixer so as to make the droplets very fine." The results showed that the smaller the oil droplets, the greater the fatty acid yield.

Instructions for making lubricants out of old oil

By the end of the project the researchers had succeeded in finding the optimal parameters for the enzymatic process and testing them on a large scale. "We now have enough data for us to be able to work out how to implement such processes and what sort of products we can manufacture with them," says Adam in summary. This means that the lubricants based on old oil would be suitable for use as hydraulic and engine oils, but also as total loss lubricants, cooling lubricants and chainsaw lubricants.

Nevertheless, despite the successful, large scale tests carried out by the project partner Greibo Chemie, the idea will have to remain on the back boiler for the moment.  The reason: The manufacturing costs for fatty acid esters made of bio-based source substances are 3 to 5 euros per kilogramme, which is three times the cost of mineral oil based products. Even so, Christian Adam remains optimistic: "When the mineral oil prices rise again, production could rapidly become economically worthwhile. Also, the enzymatic process is transferable – it certainly doesn't need to be restricted to frying fats."

Author: Beatrix Boldt

Gemüse- und Obstanbau in der Stadt liegt im Trend. Was lange eine Domäne von Bauern und Kleingärtnern war, wird in Großstädten wie Berlin immer beliebter. Der Wunsch nach frischer und aus nachhaltiger Produktion stammender Kost lässt immer mehr Berliner zu Kleinbauern werden. Hinterhöfe oder Freiflächen wie der ehemalige Flughafen Berlin-Tempelhof werden zu grünen Parzellen, wo in Gemeinschaft Salat, Möhren, Kartoffel oder Kräuter angebaut werden. Wie groß die Akzeptanz der Berliner an urbaner Landwirtschaft tatsächlich ist zeigt eine Studie vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Die Untersuchung wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Sie ist die weltweit erste Studie zum Thema „Urban Agriculture Businesses“, welche die Perspektive der Konsumenten in den Fokus stellt.

Dachgärten bevorzugt

Um zu erfahren, was der Großstädter mit der Nutzung städtischer Flächen sowie verschiedener Typen und Produkte urbaner Landwirtschaft verbindet, wurden 386 Berliner zu ihren Erwartungen und Ansprüchen gerfragt. Das Ergebnis: Mit 80 Prozent würde die Mehrheit der Berliner Dachgärten und Dachfarmen zur landwirtschaftlichen Nutzung bevorzugen, da somit ungenutzte Flächen sinnvoll zum Lebensmittelanbau genutzt werden können.

Akzeptanz für Mehrkosten

Für das in der Nachbarschaft angebaute frische Gemüse wäre die Mehrheit auch bereit, mehr Geld zu bezahlen, wenn damit gleichzeitig „ökologische und soziale Ziele“ wie etwa Bildungsaspekte verbunden sind. Ähnliche Projekte auf Brachflächen in der Stadt oder am Stadtrand wurden von 60 Prozent befürwortet. Für die Hälfte der Befragten kam es vor allem darauf an, dass bei der Nutzung der städtischen Flächen der Anbau weniger intensiv und somit ressourcenschonender und biologisch ist. Mit 70 Prozent lehnte daher der Großteil eine Tierhaltung in der Stadt sowie tierische Produkte ab.

Der Bioökonomierat berät als unabhängiges Expertengremium die Bundesregierung bei der Umsetzung der Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030 auf dem Weg zu einer biobasierten Wirtschaft. Das 17-köpfige Expertenkreis hat anlässlich des nahenden Endes der Forschungsstrategie im Jahr 2017 nun seine Empfehlungen für die Fortsetzung der „Nationalen Forschungsstrategie Bioökonomie" veröffentlicht. Bioökonomische Ansätze für Nachhaltigkeit im Konsum und Städtebau, Kreislaufwirtschaft und neue Formen der Energieerzeugung sollen demnach im Zentrum einer Neuausrichtung der Forschungsstrategie stehen. Zudem gelte es, die Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis zu begleiten und zu beschleunigen.

Den gesellschaftlichen Wandel ermöglichen

Zwischen 2010 und 2017 investiert die Bundesregierung rund 2,4 Mrd. Euro in die Forschung und Entwicklung der Bioökonomie. „Die Bundesregierung hat wiederholt ein klares und langfristiges Bekenntnis zur Bioökonomie abgegeben. Wir fordern deshalb eine engagierte und zielorientierte Weiterentwicklung der Forschungsstrategie in den kommenden Jahren“, unterstreicht Christine Lang, eine der beiden Vorsitzenden des Bioökonomierates. Anwender, Finanzinstitute und gesellschaftliche Gruppen sollten stärker einbezogen werden, um einen gesellschaftlichen Wandel zu unterstützen, so der Rat. Auf dem Weg vom Labor in den Markt könnten konkrete Begleitmaßnahmen, wie Mentoring-Aktivitäten oder Investorengespräche, unterstützend wirken.

Bioökonomie ist ein Hightech-Bereich

Um zukunftsweisende Innovationen in Deutschland zu verankern, sollte die Bioökonomie mit Megatrends wie der Digitalisierung zusammen gedacht werden. „Die deutsche Volkswirtschaft steht vor der Erneuerung ihrer wichtigsten Wirtschaftsbereiche wie der Automobilindustrie, dem Maschinenbau und der Chemie. Voraussetzung für einen Erfolg sind anhaltende Investitionen in Bildung und Forschung, vor allem in Hightech-Bereichen wie der Bioökonomie“, betont Joachim von Braun, der zusammen mit Lang den Rat leitet.

Die Forschungsstrategie sollte nach Ansicht der Experten auch die chemisch-pharmazeutische Industrie einbeziehen und Gesundheit von Mensch und Umwelt zum Ziel haben. Für die entsprechende Weiterentwicklung des Forschungsprogramms empfiehlt der Bioökonomierat einen Fokus auf folgende Handlungsfelder:

  • nachhaltige Stadt
  • gesundes und nachhaltiges Ernährungssystem
  • Ressourcenschutz und biobasierte Kreislaufwirtschaft
  • biobasierter Konsum
  • biologische Speicher für Sonnenenergie und hybride Energiesysteme

Um Bioökonomie der breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen, hat der Bioökonomierat seinem Empfehlungspapier ein sogenanntes Narrativ vorangestellt, das wichtige Ziele der Bioökonomie auf den Punkt bringt. Unter anderem heißt es darin: „Bioökonomisch zu denken heißt, die Kreisläufe der Natur zu kennen und für die Energiewirtschaft, die Nahrungsmittel-, Papier- und Textilindustrie oder auch Chemie und Pharmazie nicht nur auszunutzen, sondern im Sinne von Umwelt- und Ressourcenschutz zu erhalten. Das erfordert Bioökonomie-Forschung für Innovation.”

Knapp 2,5 Millionen Tonnen Käse wurden 2015 nach Angaben des statistischen Bundesamtes in Deutschland produziert. Mehr als die Hälfte der Produkte wurde exportiert. Damit gehört Deutschland innerhalb der Europäischen Union zu den führenden Käseexporteuren. Doch auch unter den bundesdeutschen Hersteller von Gouda und Co. wächst der Konkurrenzdruck. Neue Geschmacksrichtungen sind gefragt,  Produktionsprozesse müssen optimiert werden. Allein die Rohstoffkosten in der Käseproduktion machen 87 Prozent aus.

Mit einer neuen Technologie-Plattform wollen Ernährungsforscher der Universität Hohenheim nun die Ära „Käse 4.0“ vorantreiben. Das neue Verfahren soll vor allem die Schnittkäseproduktion, die einen Marktanteil von 30 Prozent innehat, vereinfachen und für mehr Vielfalt sorgen. „Wir haben für zwei Prozessschritte der traditionellen Käseproduktion einen völlig neuen Ansatz: Wir vereinfachen das langwierige Ausformen und Pressen der Käse und schaffen die Möglichkeit, neue aromagebende Mikroorganismen zu einem späteren Zeitpunkt zuzugeben“, erläutert der Milchwissenschaftler Jörg Hinrichs.

Käseproduktion flexibel gestalten

Mithilfe des Verfahrens sollen Käsehersteller in die Lage versetzt werden, sowohl die Geschmacksrichtung als auch die Form des Milchprodukts ohne zusätzlichen Aufwand flexibel gestalten zu können. Der aufwendigste und kostenintensivste Teil der Käseproduktion liegt danach im Formen und Pressen, wie Hinrichs erläutert. „Nach dem Abtrennen der Molke müssen die Bruchstücke bis zu mehrere Stunden in der Form gepresst werden und wieder zusammenwachsen. Diese Formen müssen zudem aufwändig gereinigt werden“, erklärt Hinrichs.

Extruder bringt Käse schneller in Form

Die Hohenheimer Forscher nutzen hierfür einen sogenannten Extruder. Hierbei werden die einzelnen Käsebruchstücke in einem Schritt unter Druck und Temperatur zu einer Käsemasse wieder zusammengefügt. „Wenn man diese nun kurz in eine vorgegebene Schablone presst, erhält man bereits den Rohkäse mit seiner endgültigen Form – rund, eckig, oval oder auch herzförmig. Das braucht weniger Zeit und Platz – und das ohne Qualitätsverlust“, betont Hinrichs.

Mehr Geschmack durch veränderte Aromainjektion

Für den Geschmack im Käse sorgen Mikroorganismen, die normalerweise gleich am Anfang, noch vor dem Formen und Pressen, mit Milch vermischt werden. Auch hier verfolgen die Forscher einen neuen Ansatz. „Wenn man die aromabildenden Mikroorganismen erst nach dem Ausformen injiziert, könnte man jeden Laib zu einem individuellen Aroma ausreifen lassen“, erklärt Hinrichs. Auf diese Weise könnten nicht nur verschiedene Mikroorganismen schnell getestet, sondern auch Geschmacksrichtungen schneller entwickelt werden.

An dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) bis 2017 geförderten Projekt sind neben Ernährungsforschern auch Mathematiker der Hohenheimer Universität beteiligt. Ihre Aufgabe ist es, mithilfe sogenannter Differentialgleichungen die optimale Stelle im Käse zur Injektion der Mikroorganismen zu finden, damit sich die Aromastoffe während der sechswöchigen Reifung gleichmäßig verteilen.

bb

Das Berliner Biotech-Unternehmen Organobalance hat gemeinsam mit BASF ein probiotisches Lutschbonbon entwickelt, das den wichtigsten Karieserreger Streptococcus mutans aus dem Speichel verdrängt. In den zuckerfreien Pastillen enthaltene Milchsäurebakterien verklumpen mit den schädlichen Mikroben und hindern sie daran, sich auf dem Zahnschmelz abzulagern. So lässt sich Karies verhindern, wie eine klinische Pilotstudie zeigt, die in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazin „Probiotics and Antimicrobial Proteins“ erschienen ist. Im Moment forschen die Mikrobiologen an weiteren Möglichkeiten, wie  Bakterien- und Hefestämme gegen Krankheiten eingesetzt werden können.

Das Produktionsverfahren, in dem die winzigen Nützlinge fermentiert, geerntet und anschließend getrocknet werden, hat der Chemiekonzern BASF entwickelt. Die Mikroben werden durch Erhitzen abgetötet, bevor sie einer zuckerfreien Bonbonmasse beigemischt werden. Dass schlussendlich echte Lutschbonbons dabei herauskamen, war der Beitrag des bekannten deutschen Hustenbonbon-Fabrikanten Dr. Soldan. Den betreffenden Lactobacillus-Stamm steuerte die Organobalance GmbH aus ihrer umfassenden Stammdatenbank bei.

Wirkung in klinischer Studie bestätigt

Kürzlich testeten die Forscher die Bondbons erstmals am Menschen. In einer Placebo-kontrollierten Doppelblind-Studie verabreichten sie den Probanden ihre Bakterien-Pastillen. Das Ergebnis: Bereits nach kurzer Zeit sank die Zahl der Karieserreger im Speichel. Die toten Bakterien verklumpten mit S. mutans. So wurden die Erreger daran gehindert, sich in Plaques auf dem Zahnschmelz abzulagern und wurden beim Schlucken aus der Mundhöhle entfernt. Der Gebrauch der getöteten Bakterienkulturen in Lutschbonbons könne somit das Kariesrisiko deutlich senken, schreiben die Forscher in ihrer Publikation.

Bakterienstamm ist hochselektiv und sicher

In Laborversuchen stellten die Mikrobiologen zuvor fest, dass ein spezieller Bakterienstamm von L. paracasei ausschließlich mit dem Übeltäter Streptococcus mutans verklumpt. Sowohl in der klinischen Studie als auch im Reagenzglas seien andere Bakterien der Mundflora unbeeinflusst geblieben, heißt es in der Veröffentlichung. Für den genauen biologischen Vorgang, wie die Milchsäurebakterien bestimmte Krankheitserreger verdrängen, gibt es mehrere Erklärungsansätze. „Ob die probiotischen mit den unerwünschten  Bakterien interagieren können, hängt von den individuellen Oberflächenstrukturen der Bakterienstämme ab“, erklärt Klaus Pellengahr von Organobalance. „Man braucht für die Interaktion also keine lebende Bakterie, solange die Oberflächenstrukturen der Zelle erhalten bleiben“, so Pellengahr weiter. „Es handelt sich hier um Lebensmittelorganismen, wie sie alltäglich in Milchprodukten verzehrt oder seit Jahrtausenden zur Lebensmittelherstellung genutzt werden. Daher ist die Methode absolut unbedenklich“, versichert der Forscher.

Diversität der Mikroben nutzen

Bisher war das Mittel der Wahl zur Kariesvorbeugung fluorhaltige Zahnpasta. Das Konzept der Berliner soll noch  einen Schritt weitergehen: „Wir härten nicht mehr nur den Zahnschmelz gegen die Säure, die durch Kariesbakterien verursacht wird“, erklärt Mikrobiologin Christine Lang von Organobalance, „sondern wir reduzieren die Zahl der Bakterien, so dass es im Idealfall erst gar nicht zu einer Belastung für den Zahnschmelz kommt.“ Bereits vor einiger Zeit haben die Wissenschaftler eine Bakterien-haltige Zahnpasta entwickelt, die in Kroatien vermarktet wird. Zudem verfolgen sie auch in anderen Bereichen die Strategie, Hefen und Bakterienstämme mit probiotischer Wirkung zu identifizieren und damit gegen Krankheiten vorzugehen. Gegen den Erreger Helicobacter pylori kann das Unternehmen ebenfalls einen wirksamen Lactobacillus-Stamm aus seinem Arsenal vorweisen. Helicobacter ist mitunter für die Entstehung von Magengeschwüren verantwortlich. „Wir freuen uns sehr darüber, dass uns der Schritt von Laborversuchen zu erfolgreichen klinischen Studien in beiden Indikationen gelungen ist, und wir die Wirksamkeit unserer Bakterienstämme somit erstmals in vivo bestätigen konnten“, sagt Pellengahr.

Milchsäurebakterien, auch als Lactobacillales bekannt, sind gefragte Helfer und Zusätze in der Lebensmittelindustrie. Doch das Potenzial dieser nützlichen Bakterien ist weitaus größer, wie die Berliner Organobalance GmbH in einer klinischen Studie demonstriert hat. In der hauseigenen Sammlung von Bakterien und Hefestämmen fanden die Organobalance-Forscher dieses Mal einen Organismus, der gegen trockene Haut helfen kann: das Bakterium Lactobacillus brevis DSMZ17250.

Extrakt lindert Entzündungen und schützt Haut

Im Rahmen der Studie wurde die Wirkung eines Milchsäurebakterien-Extraktes an Probanden getestet, die unter chronisch trockener Haut litten. Im Ergebnis der vierwöchigen Behandlung zeigte sich, dass Lactobacillus brevis nicht nur entzündungshemmend wirkt, sondern auch die Besiedlung der Haut durch schützende, symbiotische Mikroorganismen fördert, wie das Team im Fachjournal „Beneficial Microbes“ berichtet.

Bakterium verbessert Mikrobiom der Haut

Die tägliche Behandlung mit dem zellfreien Lactobacillus-Extrakt führte danach zu einer signifikanten Verbesserung der geschädigten Haut. Mithilfe der Milchsäurebakterien konnte der Feuchtigkeitsverlust der Haut und damit auch Symptome wie Juckreiz, trockene oder brennende Haut deutlich reduziert werden. Auch wurde die Hautmikrobiota verbessert und das Wachstum verschiedener Bakterienstämme wie Staphylococcus epidermidis, die positive, schützende Eigenschaften auf die Haut haben, nachweislich gefördert.

Basis für neue Hautpflege-Produkte

"Der Extrakt, den wir aus natürlichen Bakterien gewonnen haben, kann die Basis für verschiedene Hautpflege-Produkte sein", sagt Organobalance-Geschäftsführerin Christine Lang. Organobalance entwickelt seit 2001 Produkte auf Basis probiotischer Bakterienkulturen sowie Hefeproduktionsstämme für Lebensmittel, Kosmetik, Futtermittel, Landwirtschaft und Pharma. Darunter unteranderem probiotische Wirkstoffe gegen Karies, Magenbeschwerden oder bakteriell bedingten Schweißgeruch. Seit September gehört das Berliner Biotechnologie-Unternehmen zum dänischen Enzymspezialisten Novozymes. Nach dem Erfolg der Studie soll der hautfreundliche Bakterienextrakt ebenfalls in Kosmetikprodukten zur Anwendung kommen. Dafür wurde der neue Kandidat an die Organobalance Medical AG auslizensiert, die zukünftig unter dem Namen Belano Medical AG firmiert.

bb

Ameisen sind emsige Arbeiter. Die sozialen Insekten formen einen Superorganismus mit einer klaren Rollenverteilung. Zudem kooperieren die Ameisen mit anderen Lebewesen, die ihnen Schutz vor Fraßfeinden bieten oder sie mit Nahrung versorgen. Dass Ameisen wie viele Lebewesen in Symbiose zu anderen Tieren und Pflanzen leben ist zwar nicht neu. Forscher der Ludwigs-Maximilians-Universität München sind jedoch einer außergewöhnlich engen Lebensgemeinschaft der Insekten auf die Spur gekommen.

Gezielter Kaffeanbau in luftiger Höhe

Auf den Fidschi-Inseln im südpazifischen Ozean entdeckte ein Team um die Botanikerin Susanne Renner eine Ameisenspezies, die gezielt hoch oben in den Baumwipfeln Pflanzen anbaut, in deren Hohlräumen sie später nisten kann. Bei der Ameisenart handelt es sich um Philidris nagasau, die nachweislich ein besonderes Gärtner-Talent besitzt. Mindestens sechs eng verwandte Arten der Kaffeepflanzengattung Squamellaria werden von ihr kultiviert. Und das bereits seit drei Millionen Jahren, wie die Forscher im Fachjournal „Nature Plants“ berichten. „Als Wirtsbaum dienen drei bis vier Arten, die auch für die Ameisen vorteilhaft sind: Entweder, weil sie gut zugänglichen Nektar bilden, oder weil sie eine besonders weiche Rinde haben, sodass die Ameisen bestehende Risse leicht vergrößern können“, sagt Susanne Renner.

Partner für Ewig aus Tradition

Wie echte Pflanzenzüchter wählten auch die Ameisen nur geeignete Samen aus. Die von ihnen testweise ausgelegten Reiskörner oder andere Samen wurden von den Ameisen nicht beachtet. Stattdessen wählten sie jeweils nur Samen von der auf Bäumen wachsenden Pflanzeart Squamellaria aus und platzierten diese in den Rissen der Wirtsbaumrinde, wo sie im Laufe der Zeit auskeimten und zur Kaffeepflanze heranwuchsen. Der Studie zufolge entwickelten die Kaffeesamen dafür im Laufe der Jahrmillionen einen besonders geformten „Fuß“, der ihnen hilft, aus der Rindenspalte heraus ans Licht zu wachsen.

Dabei bilden sie knollige Gewächse, in deren Hohlräume die Ameisen ein und aus gehen, um die werdende Pflanze mit Kot und Urin zu düngen, da sie als Epiphyt, sogenannte Aufsitzerpflanze, keine Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen kann. Je größer die Pflanze wird, um so größer wird auch der Hohlraum, den die Armeisen als geschützten Wohnraum nutzen. Die Symbiose zwischen der Kaffeepflanzenart Squamellaria und dem Armeisenvolk Philidris nagasau ist den Forschern zufolge inzwischen so eng, dass keiner ohne den Anderen mehr existieren kann. Die Münchner Botaniker vermuten, dass die Ameisen im Laufe der Jahrmillionen eine besonders effiziente Art der Vermehrung der Wirtspflanze entwickelt haben, nachdem sich die Kaffeepflanze an das Leben auf dem Baum gewöhnt hatte.

bb

Damit der Anbau von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen in Deutschland verboten werden kann, hat die Bundesregierung einen Entwurf zur Änderung des Gentechnikgesetzes vorgelegt. Damit soll nun insbesondere die Ausnahmeregelung „Opt-out“ gesetzlich verankert werden. Aber auch im Hinblick auf den Forschungszweig der Synthetischen Biologie sind Änderungen vorgesehen.

Der Änderungsentwurf 18/10459 soll die Ausnahmeregelung 2015/412 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG umsetzen, nach der EU-Mitgliedstaaten nationale Anbauverbote oder Beschränkungen auch für solche gentechnisch veränderten Organismen (GVO) beschließen können, die in der EU zugelassen sind.

Ausnahmen für den Anbau von Gentechnik-Pflanzen

Die Regelung sieht vor, dass in Deutschland künftig Bund und Länder gemeinsam über den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen bestimmen. Dem Verfahren nach können Unternehmen den Anbau von GVO auf EU-Ebene beantragen, woraufhin die Bundesrepublik noch während des laufenden Antragsverfahrens die Firma auffordern kann, Deutschland vom Anbau auszuklammern.

Zuvor müssen die Bundesländer Stellungnahmen an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) abgeben. Votiert eine Mehrheit der Länder für ein Verbot, teilt das Bundesministerium dem jeweiligen Unternehmen die Entscheidung mit. Widerspricht der Unternehmer der Entscheidung, muss die Bundesregierung den Anbau für ganz Deutschland „aus wichtigen Gründen“ beschränken oder verbieten, da das Unternehmen dem Verbot sonst nur in Teilen Deutschlands nachkommen muss.

Die Begründung könne aber nur aus einem regionalen oder lokalen Kontext erfolgen, der gleichzeitig für das gesamte Bundesgebiet gültig sein muss. Ist es bis zu diesem Punkt noch nicht zu einem flächendeckenden Anbauverbot gekommen, sollen die Bundesländer in einem letzten Schritt Verbote mit Hilfe von Verordnungen auf Basis zwingender Gründe durchsetzen können. Dafür kämen umweltpolitische Ziele in Betracht, etwa der Schutz der biologischen Vielfalt oder sozioökonomische Auswirkungen auf die kleinbäuerliche Landwirtschaft oder agrarpolitische Ziele wie die Förderung des ökologischen Landbaus oder Reinheit des Saatguts in Gebieten mit Saatgutvermehrungsflächen. Darüber hinaus sollen auch die Stadt- und Raumordnung, die Bodennutzung oder die Wahrung der öffentlichen Ordnung zur Begründung angeführt werden können.

Synthetische Biologie: Monitoring gesetzlich verankert

Auch zum Thema "Synthetische Biologie" enthält der Gesetzesänderungsentwurf Neues: So wird nun erstmals gesetzlich verankert, dass die Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) zuständig für ein wissenschaftliches Monitoring der synthetischen Biologie ist. Die ZKBS ist eine unabhängige Kommission beim Bundesamt für Verbraucherschutz, die Bund und Länder bei der Sicherheitsbewertung von gentechnischen Organismen und Anlagen berät. Sie führt bereits seit Jahren ein Monitoring für das Thema „Synthetische Biologie“ durch.

Am 2. Dezember beschäftigte der Änderungsentwurf die Bundestagsausschüsse, am 16. Dezember wird der Bundesrat diskutieren.

sk,pg

Als Trendsetter würde sich Martin Bastmeyer nicht bezeichnen. Und doch ist er einer der Ersten, der die Chancen des 3D-Druckes für die Zellbiologie erkannte, als die Technologie hierzulande noch in den Kinderschuhen steckte. Im September wurde der Karlsruher Forscher für die Entwicklung der ersten 3D-Designer-Petrischale mit dem Erwin-Schrödinger-Preis der Helmholtz-Gemeinschaft ausgezeichnet, gemeinsam mit dem Physiker Martin Wegener und dem Chemiker Christopher Barner-Kowollik.

In Trier aufgewachsen begeisterte sich Bastmeyer wie andere Kinder auch für die Natur und sammelte Käfer. „Anfangs interessierte mich eher die klassische Biologie. Erst im Hauptstudiengang habe ich gemerkt, dass mich die Zellbiologie doch wesentlich mehr interessiert als die Zoologie.“ Während seines Biologiestudiums und der anschließenden Promotion an der Universität Kaiserslautern rückte zunehmend die Entwicklungsneurobiologie in den Fokus des Biologen. „Diese Disziplin war damals in dem spannenden Stadium, in dem man sich von Beschreibenden weg hin zu den molekularen Mechanismen bewegte“, erinnert sich Bastmeyer.

Neue Technologien im Visier

Grundlegende Fragen, wie eine Zelle auf molekularer Ebene funktioniert oder wie Signale verarbeitet werden, treiben Bastmeyer bis heute an. Dabei bewegte er sich abseits bewährter Pfade und hielt stets Ausschau nach neuen Technologien, die seine Suche nach Antworten unterstützen können. So entdeckte er Mitte der 1980-iger Jahre die Videomikroskopie für seine Doktorarbeit, als die Elektronenmikroskopie noch das Standardwerkzeug im Labor war. „Ich habe früh angefangen, mir neue Techniken anzueignen, ehe es andere Leute gemacht haben“, sagt der Forscher.
 
Nach seiner Dissertation forschte Bastmeyer in Tübingen am Max-Planck-Institut für Biologie, am Lehrstuhl für Entwicklungsneurobiologie an der Universität Konstanz und am Salk Institute in San Diego. Nach weiteren Jahren in Konstanz und einer ersten Professur für Neurobiologie an der Universität Jena kam er 2004 an die Universität Karlsruhe, dem heutigen KIT, wo er seither lehrt und forscht.

Der Blick über den Tellerrand seines eigenen Fachbereiches ist für den Entwicklungsneurobiologen selbstverständlich. Bereits 1995 hatte eine damals eher zufällige Zusammenarbeit mit Physikern in Konstanz, dem Forscher ein neues Werkzeug zur Zellkultivierung in die Hand gegeben. „Dadurch habe ich wieder völlig neue Techniken kennengelernt und konnte anfangen, Zellen auf zweidimensionalen, mikrostrukturierten Substraten zu kultivieren“.

Umgebung der Zellen simulieren

Doch die seit über einem Jahrhundert bewährte Tradition, Zellen in der Kulturschale zu züchten und zu analysieren, stößt an Grenzen. Der Grund: In der Petrischale verhalten sich Zellen anders als im Körper. „In unserem Körper kommen Zellen in einer komplexen dreidimensionalen weichen Umgebung vor. Um Zellen adäquat zu erforschen, ist es daher wichtig, die Prozesse, die in der Umgebung ablaufen, möglichst real abzubilden“, erklärt Bastmeyer. Eine Zellkultur zu etablieren, deren Bedingungen so sind, wie sie im Körper herrschen, ist das Ziel des Forschers. Die damals aufkommende 3D-Technologie schien die Lösung zu sein.
 
Zellen in 3D zu kultivieren, ist ein großer Trend in der Biomedizin. Bastmeyer fehlt es aber an der Systematik, welche eine Quantifizierung der einzelnen Parameter ermöglicht. „Es gibt ganz viele verschiedene Faktoren, die auf die Zellen einwirken und die muss man einzeln kontrollieren können“.

Mikrogerüste in 3D bauen

2005 wurde der Biologe auf die Arbeit von Wegener am Nachbarinstitut für Angewandte Physik und Nanotechnologien in Karlsruhe aufmerksam. Der Physiker befasste sich damals mit laserbasierter Lithografie. Hier wurden Mikrogerüste mithilfe eines Lasers in einen speziellen Fotolack geschrieben, der einer 3D-Schicht gleicht. Konkret heißt das: Der Fotolack härtet nur an den Stellen aus, die der Laserstrahl belichtet. So entsteht ein Gerüst. Bastmeyers Vorschlag, auf diesem Mikrometer großen 3D-Gestell Zellen züchten zu wollen, stieß anfangs auf wenig Begeisterung bei seinem Kollegen: „Er war, glaube ich, etwas verwundert. Aber ein paar Monate später sagte er, wir können das mal ausprobieren“.

2008 bekam das Duo Unterstützung von dem Chemiker Christoph Barner-Kowollik vom Institut für technische Chemie und Polymerchemie. Er entwickelte schließlich Fotolacke, die eine gezielte Funktionalisierung ermöglichen. Somit konnten nun Biomarker punktgenau angebraucht werden, mit denen die Zellen wechselwirken können.

Zellreaktionen im Modell beobachten

Das Gebilde selbst gleicht einem Hocker, dessen Beine durch ein Gitter verbunden sind. Seit vier Jahren ist das 3D-Gestell einsatzbereit. Nicht nur die 3D-Architektur, sondern auch die Beschaffenheit des Gebildes können bestimmt werden. „Inzwischen können wir zwei bis drei Signalmoleküle gezielt in dem 3D-Gerüst unterbringen. Wir können entscheiden, welche Proteine wo angebracht werden und analysieren, wie die Zelle reagiert“, erklärt Bastmeyer nicht ohne Stolz.

Herzmuskel-, Bindegewebsbildungs- und auch Stammzellen konnte der Karlsruher Forscher auf dieses Weise bereits kultivieren und analysieren. Als nächstes will er Nervenzellen in dieser Umgebung untersuchen. Momentan sieht Martin Bastmeyer das preisgekrönte Werk noch als ein Werkzeug der Grundlagenforschung. „Wir denken aber natürlich darüber nach, die Prozesse schneller und großflächiger zu machen und irgendwann in eine Anwendung zu gehen“. Anhand des dreidimensionalen Mikrogerüsts könnten beispielsweise Gewebemodelle für die Pharmaforschung gedruckt werden und so eine Alternative zu den umstrittenen Tierversuchen sein.

Autorin: Beatrix Boldt

Ob Kinderspielzeug, Getränkeflaschen oder Lebensmittelverpackungen: Biobasierten und biologisch abbaubaren Kunststoffen gehört die Zukunft. Verbraucher, die bewusst auf ressourcenschonende und nachhaltig erzeugte Produkte achten, geben der Biokunststoffindustrie weltweit Rückenwind und machen die Branche zu einem Wachstumsfeld. Dieses positive Bild zeichnet die aktuelle Marktstudie von European Bioplastics, die in Zusammenarbeit mit dem nova-Institut erstellt und im Rahmen der 11. European Bioplastics Konferenz in Berlin vorgestellt wurde. "Der Markt für Biokunststoffe wird trotz der niedrigen Ölpreise mittelfristig um 50 Prozent wachsen", teilte Vorstandsvorsitzender François de Bie bei dem Treffen mit. Der Studie zufolge wird die Produktionskapazität für Biokunststoffe weltweit von derzeit 4,2 Mio. Tonnen auf etwa 6,1 Mio. Tonnen im Jahr 2021 ansteigen.

Bioplastik vor allem in Verpackungen

Mit einem Anteil von 40 Prozent (1,6 Mio. Tonnen) kamen 2016 in der Verpackungsindustrie auch weiterhin die meisten Biokunststoffe zum Einsatz. Aber auch andere Branchen ziehen inzwischen nach. So bestehen 22 Prozent aller Gebrauchgüter aus  Bioplastik und 14 Prozent aller Anwendungen im Automobil- und Verkehrsbereich. Auch im Baugewerbe kommen mit 13 Prozent immer öfter biobasierte Stoffe zur Anwendung, vor allem technische Hochleistungspolymere. "Die Daten verdeutlichen einen wichtigen Trend, der von einer steigenden Nachfrage der Verbraucher angetrieben wird, Kunststoffprodukte ressourceneffizienter zu gestalten und die Emission von Treibhausgasen sowie die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu reduzieren", sagte de Bie.

Biobasierte Kunststoffe sind Markttreiber

Die Experten von "European Bioplastics" kommen zu dem Ergebnis, dass die Entwicklung insbesondere auf die erheblichen Investitionen von Unternehmen in Forschung und Entwicklung von biobasierter Produktlösungen zurückzuführen ist. Zu den größten Wachstumstreibern zählen danach biobasierte, nicht biologisch abbaubare Kunststoffe, wie beispielsweise Polyurethane (PUR) sowie biobasiertes Polyethylen (PE) und biobasiertes Polyethylenterephthalat (PET). Der Anteil dieser biobasierten, langlebigen Kunststoffe an den weltweiten Kapazitäten lag 2016 bei über 75 Prozent. 2021 soll ihr Anteil auf 80 Prozent ansteigen. Hierbei soll vor allem die Produktionskapazität von Polyhydroxyalkanoate (PHA) bis 2021 um das Vierfache wachsen. Als Gründe werden der Produktionsausbau in Asien und den USA sowie die Inbetriebnahme der ersten PHA-Anlage in Europa gesehen.

Wachstum - auch ohne fruchtbaren Boden

In Aquarien unerwünscht und ein Zeichen dafür, dass das biologische Gleichgewicht beeinträchtigt ist – in der Nahrungsmittelproduktion dagegen, ist genau dieser Effekt gewünscht. In geschlossenen Systemen lassen sich Algen fast überall kultivieren. Die größte Herausforderung besteht im optimalen Lichteinfall. Für einen solchen Algenanbau werden spezielle Photobioreaktoren gebraucht, für die es in Deutschland etliche Experten gibt. Beispielsweise entwickelte die Mint Engineering spezielle Photobioreaktoren für den urbanen Algenanbau – ein Röhrensystem, das an Fassaden und Wänden installiert werden kann. Die Röhren sind durchsichtig, um das Sonnenlicht einfangen zu können. Ganz nebenbei wärmen sie auch noch die Häuser und helfen dadurch Heizenergie einzusparen.

Vielseitig und gesund

In diesen Photobioreaktoren produzieren die winzigen Mikroalgen aus Sonnenlicht, Kohlendioxid, Luft und Wasser unermüdlich Algenpulver, das sich hervorragend in der Lebensmittelindustrie nutzen lässt. In Asien kommen Algen fast täglich auf den Tisch. In Europa ist dies noch äußerst selten der Fall. Dabei sind Algen gesund und vielseitig. Sie enthalten einen hohen Anteil an Proteinen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Vitaminen und Omega-3-Fettsäuren und benötigen nur einen Bruchteil der Wassermenge, die beispielsweise der Anbau von Soja verlangt – ganz zu schweigen von den Mengen, die man für die Aufzucht von Rindern braucht. Außerdem wachsen Algen zehn bis 30-Mal schneller als Landpflanzen.

Marktreife

In Berlin und Niedersachsen stehen bereits Häuser und Gewächshäuser, die mit Anlagen zur urbanen Algenkultivierung bestückt sind. In der Kantine am EUREF Campus in Berlin werden die frisch geernteten Algen direkt weiterverarbeitet, z. B. zu gesunden Smoothies. Algenpulver kann im Fachhandel erworben werden.

Chirurgisches Nahtmaterial oder Stents, die Medikamente freisetzen sind mit Substraten beschichtet, die Wirkstoffe abgeben oder auf denen Biomoleküle und Zellen besser haften können. Mit einer speziellen Methode, der sogenannten Gasphasenbeschichtung (CVD) wird der Film aufgebracht. Dabei werden die Ausgangsverbindungen verdampft, bei hoher Temperatur aktiviert und auf Oberflächen abgeschieden, wo sie dann polymerisieren. Das Problem: Für medizinische Implantate, die nur kurzzeitig im Körper bleiben und sich selbst abbauen, gab es bisher noch keine ebenso abbaubare Gasphasenbeschichtung. Forscher vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben dafür nun eine Lösung gefunden.

Abbaubarer Polymerfilm für Medizin und Lebensmittelverpackungen

Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus den USA und China  präsentieren sie im Fachjournal „Angewandte Chemie“ erstmals eine CVD-Methode, die einen abbaubaren Polymerfilm bildet. Daran können ebenfalls über spezielle Seitengruppen Biomoleküle oder Wirkstoffe andocken. „Unsere neuen abbaubaren Polymerfilme könnten breite Anwendung für die Funktionalisierung und Beschichtung von Oberflächen finden, in den Biowissenschaften über die Medizin bis hin zur Lebensmittelverpackung“, erklärt Joerg Lahann, Co-Direktor des Instituts für Funktionelle Grenzflächen am KIT.

Monomer-Duo sorgt für Wasserlöslichkeit

Die bioabbaubare Polymer-Beschichtung wurde durch die Co-Polymerisation zweier spezieller Monomertypen möglich: Die bisher für dieses Verfahren eingesetzten Paracyclophane wurden dafür mit zyklischen Keten-Acetalen kombiniert. Während die klassischen Polymere auf Basis der Paracyclophane ausschließlich über Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen verknüpft sind, lagert sich das Keten-Acetal während der Polymerisation so um, dass Ester-Bindungen innerhalb des Polymerrückgrates entstehen, die sich in wässriger Umgebung nun spalten lassen.

Unbedenklich nachgewiesen

Wie schnell sich die Polymer-Beschichtung abbaut, hängt Lahann zufolge vom Mengenverhältnis der Monomer-Arten und den Seitengruppen der Monomere ab. „Polare Seitengruppen machen den Polymerfilm weniger wasserabweisend und beschleunigen den Abbau, da leichter Wasser eindringen kann. Die Abbaugeschwindigkeit kann so der entsprechenden Anwendung angepasst werden“, erläutert der Forscher. Dass das Abbauprodukt gesundheitlich unbedenklich, also nicht toxisch ist, haben die Forscher an Zellkulturen bereits nachgewiesen.

bb

BIO-PET in Trinkflaschen

Bioplastik aus nachwachsende Rohstoffen kommen bei unterschiedlichsten Produkten zum Einsatz. Sehr häufig werden sie bereits in der Lebensmittelindustrie eingesetzt - zum Beispiel bei Trinkflaschen. Normalerweise bestehen diese aus dem Kunststoff PET (Polyethylenterephtalat). Dieses Polymer wird aus zwei verschiedenen chemischen Bausteinen hergestellt, zu denen das Monoethylenglycol (MEG) gehört. Inzwischen kann MEG zu Teilen aus Bioalkohol hergestellt werden, der aus Zuckerrohr gewonnen wird. Der Rohrzucker dient Mikroben wie Hefen als Nahrung, die daraus den Alkohol MEG vergären. Gemischt mit anderen chemischen Bausteinen wird daraus der Kunststoff BIO-PET hergestellt, der zu 30% biobasiert ist. Eine solche Bioplastikflasche ist zwar nicht biologisch abbaubar, sie kann aber in den Recycling-Kreislauf eingeschleust werden.

Umweltfreundliche Alternative

Bei einem Kunststoff, der zu 30% biobasiert ist, können gegenüber der erdölbasierten Herstellung rund 20% Kohlendioxid eingespart werden. Mehrere Konsumgüterhersteller – darunter Coca-Cola – haben sich inzwischen zusammengeschlossen, um den Anteil von BIO-PET in ihren Plastikflaschen zu erhöhen. Eines der nächsten Ziele ist es, das Bio-Ethanol auch aus anderen Pflanzen und Pflanzenresten zu gewinnen.

Marktreife

Die Plastikflaschen mit BIO-PET Anteil werden von Coca-Cola seit 2009 in 31 globalen Märkten (unter anderem Brasilien, Chile, Norwegen und den USA) eingesetzt. Mehrere Bioplastik-Hersteller können den Biokunststoff in großem Maßstab produzieren, sodass er Massenverbrauchsgütern eingesetzt werden kann. Deshalb wächst die Anwendungsbreite von Bioplastik immer mehr.  

BIO-PET in plastic bottles

Renewable resources provide the basis for biobased plastics, which are used for different plastic products. Most drinking bottles are made from the plastic PET (polyethylene terephthalate). This polymer is prepared from two different chemical building blocks, which include the monoethylene glycol (MEG). Nowadays, MEG can be produced from bioalcohol, which is made from sugar cane. Microbes such as yeast feed on cane sugar, fermenting it into the alcohol MEG. When MEG is mixed with other chemical building blocks, the plastic BIO-PET is produced, which is 30% biobased. Several consumer goods manufacturers – including Coca-Cola – have joined forces to increase the amount of BIO-PET in their plastic bottles. Although the bottles are not biodegradable, they can be channelled into the recycling system.

Environmentally friendly alternatives

Compared to the production of crude oil, about 20% carbon dioxide can be saved in the production of plastics that are up to 30% bio-based. Consumer goods manufacturers have formed an alliance to increase the amount of biobased building blocks in their plastic bottles. One of their next goals is to produce bioalcohol from other plants and plant residues. Furthermore, Avantium, which develops the 100% biobased bioplastic material PEF, is working in collaboration with Coca-Cola and Danone to bring PEF bottles to the market.

In addition, manufacturers such as Coca-Cola and Danone are involved with the company Avantium, which is working on the bioplastic material PEF that is 100% biobased.

Ready for the market

Coca-Cola has used plastic bottles part made out of BIO-PET since 2009 in 31 global markets (among others Brazil, Chile, Norway and the US). The license for the plant bottle technology has also been passed on to other manufacturers, for example, Heinz’ Ketchup bottles are made from BIO-PET.

Weak points

Relatively high price / not cost-efficient

Tropenholz oder Esche? - Welche Holzart tatsächlich in der Grillkohle steckt, ist in der Regel beim Kauf nicht erkennbar. Doch nicht nur umweltbewusste Grillfreunde legen zunehmend Wert auf eine nachhaltige Herstellung. Auch Handel und Industrie wollen vor Mogelpackungen sicher sein. Forscher am Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte in Hamburg haben jetzt ein neuartiges Verfahren entwickelt, dass Gewissheit schafft. Die Mikroskopiertechnik durchleuchtet Kohlestücken und erkennt, aus welchem Holz sie stammen.

Sobald das Wetter schön ist, zieht es viele Menschen ins Grüne zum Grillen. Es wird gebruzelt, was Fleisch- oder Gemüsetheke hergeben, damit das Essen im Freien zum Vergnügen wird. Derweil ist der Grillfreund indes nicht nur bei der Auswahl von Wurst, Steak oder Gemüse wählerisch. Auch  beim Kauf der Grillkohle achten Verbraucher immer öfter auf eine nachhaltige Herstellung. Ob die Holzkohle aus Tropenholz oder einheimischer Esche besteht, lässt sich jedoch auch an Zertifizierungssiegeln wie  FSC (Forest Stewardship Council) kaum ablesen. Ein innovatives Analyseverfahren aus Hamburg könnte hier bald Gewissheit schaffen.

Routinekontrollen im großen Maßstab

Forscher am Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie einzelnen Kohlestücken ansehen können, aus welchem Holz sie stammen. Dafür nutzen sie eine neuartige Mikroskopiertechnik. „Bislang war es Wissenschaftlern nur in Einzelfällen und mit großem Aufwand möglich, bei Holzkohlefragmenten auf das zugrunde liegende Holz zu schließen, etwa bei archäologischen Funden. Durch die neu entwickelte Kombination von Mikroskopier- und Bildanalysetechnik mit unseren holzanatomischen Präparaten sind wir nun erstmals in der Lage, entsprechende Untersuchungen auch routinemäßig in größerem Maßstab durchzuführen“, sagt Experte für die Holzartenbestimmung, Gerald Koch.

Feinstrukur verrät Holzart

Für eine Analyse der Hölzer unterm Mikroskop muss das Holz eigentlich in extrem feinen Schnitten vorliegen. Bei Holzkohle, einem sehr porösem Material, ist das nicht möglich. Bei der neuartigen Mikroskopiertechnik wird daher die raue Oberfläche des Kohlestücks von oben mit polarisiertem Licht bestrahlt und von einem speziellen Mikroskop gescannt. Daraus setzt sich schließlich ein detailliertes, hochauflösendes Bild zusammen, dass die Struktur der Holzart anzeigt. Anhand der abgebildeten Feinstruktur können die Hamburger Wissenschaftler dann bestimmen, ob das Kohlestück von einer Buche, eine Eiche oder gar Tropenbaum stammt.

Zu wissen, aus welchen Holz die Grillkohle besteht, interessiert aber nicht nur umweltbewusst Grillfreunde. Auch Handel und Industrie wollen Klarheit, erklärt Gerald Koch. „Holzkohle unterliegt zwar nicht der EU-Holzhandelsverordnung, die festlegt, dass in die EU importierte Hölzer und Holzprodukte aus legalem Einschlag stammen müssen. Dennoch wäre es natürlich Verbrauchertäuschung, wenn Angaben auf den Holzkohleverpackungen nicht stimmen würden.“

Praxistest bestanden - Tropenhölzer aufgespürt

Im Rahmen eines Auftrags einer österreichischen Verbraucherschutz-Einrichtung  konnten die Hamburger Holzwissenschaftler die neue Untersuchungsmethode zur Bestimmung der Holzarten bereits einsetzen. 18 verschiedene Holzkohle-Arten vom Baumarkt, Discounter oder Supermarkt nahmen die Experten dabei unter die Lupe. Das Ergebnis brachte Klarheit: In drei Packungen fanden die Forscher Tropenhölzer, bei weiteren drei Sorten entsprachen die gefundenen Hölzer nicht den auf den Packungen gemachten Angaben. Das neuartige Mikroskopierverfahren der Hamburger könnte auch in anderen Bereichen wie der Möbelindustrie Gewissheit schaffen, aus welchen Holz Tische, Stühle oder Schränke tatsächlich gemacht sind.

bb

Eine neue Rebsorte züchten ist ein mühseliges Unterfangen. Hitze, Kälte und Pilzbefall können der Pflanze schon in einem frühen Stadium zusetzen. Meist ist der Schaden aber erst sichtbar, wenn es zu spät ist. Mit PHENObot wurde ein Feldroboter entwickelt, der den Züchtern bei der aufwendigen Datenerfassung von phänotypischen Merkmalen wie Farbe und Größe der Beeren viel Zeit und Arbeit ersparen kann. Der Phänotypisierungsroboter wurde unter Leitung des Julius-Kühn-Instituts im pfälzischen Geilweilerhof gemeinsam mit der Hochschule Geisenheim University und Wirtschaftspartnern im Rahmen des Projektes PHENOvines entwickelt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 167.000 Euro gefördert.

Falscher und Echter Mehltau sind neben Hitze und Kälte der größte Feind der Rebe. Jedes Jahr müssen Winzer von der Elbe bis zum Bodensee um die Früchte ihrer oft jahrzehntelangen Arbeit bangen. Rebsorten, die dem Klima trotzen und gegen Krankheitserreger resistent sind, sind daher der Traum eines jeden Winzers. Forscher am Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof am Julius-Kühn-Institut (JKI) in Siebeldingen sind dabei, neue Rebsorten zu züchten, denen die natürliche Feinden auch ohne Pflanzenschutz nichts anhaben können. Doch auch die Züchtung ist ein mühsames und aufwendiges Geschäft. Mitunter können 20 bis 25 Jahre ins Land gehen, ehe die neue Rebsorte auf den Weinbergen kommerziell angebaut werden kann. Auch hier können Pilzbefall und Unwetter die Arbeit der Züchter um Jahre zurückwerfen. Das Problem: Wenn der Schaden für das bloße Auge sichtbar ist, ist es meist schon zu spät.

Hilfe für Rebenzüchter

Hilfe könnte ein smarter Roboter bringen: Im Forschungsprojekt Phenovines hat ein interdisziplinäres Team um Reinhard Töpfer in den vergangenen Jahren den Feldroboter „Phenobot“ entwickelt. Er soll die Arbeit der Rebenzüchter deutlich erleichtern und effizienter machen. „Unsere Aufgabe war es, eine autonome Plattform zu schaffen, die im Weinberg nach vorgegebenen Koordinaten Rebstöcke ansteuert und dort Fotos macht. Diese Fotos sollten in einer Datenbank abgelegt und dann von Auswertungsroutinen verwendet werden“, erklärt Töpfer.

Der Prototyp – ein Handwagen mit Sensorik und Kamera – wurde im Rahmen des Plant 2030-Projektes CROP.SENSe gemeinsam mit der Universität Bonn entwickelt. Im BMBF-Folgeprojekt Phenovines wurde das Gerät dann in Zusammenarbeit mit der Hochschule Geisenheim University schrittweise zu einem mobilen und mit GPS-Daten navigierendem System weiterentwickelt. Die Entwicklung des Multikamerasystems lag in der Verantwortung der Forscher vom JKI. Unterstützt wurden die Wissenschaftler von Partnern aus der Wirtschaft, die ihre Praxiserfahrungen einbrachten: die Heinrich Mayer GmbH & Co.KG, die Reichhardt GmbH sowie die Winzergenossenschaft Deutsches Weintor e.V.

Mit GPS von Rebe zu Rebe

Der Phenobot ist ein hochmodernes Raupenfahrzeug, das sich mithilfe einer sogenannten Job-Liste, die aus GPS-Koordinaten besteht,  selbstständig von der ersten bis zur letzten Rebe im Weinberg bewegt. „Wir haben die Standorte der Rebstöcke mit hochgenauem GPS vermessen, sodass eine Genauigkeit von 2 Zentimetern erreicht wird“, erklärt Töpfer.

Der fahrbare Untersatz von Phenobot stammt von einem Kettenfahrzeug, wie es ursprünglich bei der Apfelernte eingesetzt wird. Darauf wurden moderne Sensoren und ein Multikamerasystem installiert, das mit fünf Geräten gleichzeitig Fotos von den Reben erstellt. Die Bilder werden zunächst auf einem Datenträger auf dem Feldroboter gespeichert, dann in eine Datenbank übertragen und mithilfe spezieller Programme ausgewertet. „Aus diesen standardisierten Fotos lassen sich per Algorithmen Daten extrahieren, wie zum Beispiel die Beerenfarbe oder die Größe, was ein wichtiger Ertragsparameter ist.“

Nur bei Dunkelheit aktiv

Standardisierte Aufnahmen bei Tageslicht zu realisieren, stellte die Forscher vor ein Problem. Doch auch dafür fand das Team um Reinhard Töpfer eine Lösung. „Statt darauf zu warten, dass wir immer gleiche Lichtverhältnisse haben, entschieden wir, die Fahrten nur in der Dunkelheit mit Blitzlicht zu machen. So wurden die Bilddaten vergleichbar.“