Aktuelle Veranstaltungen

Urban Farming liegt voll im Trend. Hierbei werden freie Flächen in der Stadt – sei es das Dach oder die Hauswand – genutzt, um beispielsweise Gemüse anzubauen. Damit der Gemüseanbau möglichst ressourceneffizient ist, wird er häufig mit der Fischzucht verbunden. In der Kombination nennt man das dann Aquaponik. Dabei handelt es sich um ein Kreislaufsystem, bei dem Wasser vom Fischtank zu den Pflanzen und wieder zurück fließt. So wird Wasser gespart und gleichzeitig wird der Fischkot als idealer Dünger für die Gemüsepflanzen verwendet.

Benachteiligte Stadtteile werden grün

Was bisher vor allem aus New York, Berlin oder München bekannt war, soll nun als eines von drei Hauptteilen eines Horizon-2020-Projektes auch im Dortmunder Stadtteil Huckarde Realität werden. Das gesamte Projekt läuft unter der Leitung von Frank Lohrberg und Axel Timpe vom Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur der RWTH Aachen und nennt sich „productive Green Infrastructure for post-industrial urban regeneration“ (proGIreg), was übersetzt so viel heißt wie „produktive grüne Infrastruktur für die Regeneration alter Industriestädte“. Das Ziel: naturnahe Stadtentwicklungsmaßnahmen in benachteiligten Stadtteilen. Dortmund ist eine der drei Städte, in denen die grüne Infrastruktur umgesetzt werden soll, die anderen beiden Städte sind Turin und Zagreb.  

„Es ist ein ungewöhnliches großes Projekt, das dort begonnen wird“, sagt Timpe. Denn insgesamt sind sechs Universitäten beteiligt, außer den drei ausgewählten Städten sind noch sieben weitere Kommunen mit dabei sowie acht kleine und mittlere Unternehmen und sieben Nichtregierungsorganisationen (NGO). Gefördert wird das Mammutprojekt von der Europäischen Union mit mehr als 10 Mio. Euro. Auf einer Konferenz in Dortmund-Huckarde im September 2018 fällt der offizielle Startschuss für das Großprojekt, das voraussichtlich bis Sommer 2023 laufen wird.

Bürger werden aktiv einbezogen

Eine weitere Besonderheit des Projektes ist der Einbezug der Bürger vor Ort in das Aquaponik-System: „Es soll keine klinisch-reine Laborlandschaft werden. Der Ansatz ist bewusst Low-Tec, damit die Anlage von Vereinen beziehungsweise den Menschen vor Ort betrieben werden kann und so auch ein Beschäftigungspotenzial geschaffen wird“, so Timpe. Außerdem ist der freie Zugang zu dem Wissen, das im Rahmen des Projektes generiert wird, ein wichtiger Bestandteil des Horizon-2020-Projektes.

Horizon 2020 ist das Forschungsrahmenprogramm der EU, das zwischen 2014 und 2020 75 Mrd. Euro für Forschungsprojekte bereitstellt. „Das Projekt hat für die Fakultät für Architektur der RWTH Aachen University den allerhöchsten Stellenwert“, erklärt Alexander Markschies, Dekan der Fakultät. „Wichtig ist uns die internationale Zusammenarbeit und der Charakter des Projektes, bei dem die Fakultätdurch die Praktiken der angewandten Innovation action als Bindeglied zwischen Wissenschaft, den kleinen und mittleren Unternehmen, der Zivilgesellschaft und der Planungspraxis in den Städten fungiert“.

jmr

Beim Gedanken an leckeres Essen läuft uns sprichwörtlich das Wasser im Mund zusammen. Doch Speichel ist viel mehr als nur Wasser: Er enthält neben Schleimhaut- und Immunzellen eine Vielzahl von Molekülen, die unter anderem auch sehr wichtig für gesunde Zähne, Zahnfleisch und Mundschleimhaut sind. Außerdem bildet der Speichel die erste Abwehr gegen Krankheitserreger und enthält deshalb auch etliche antimikrobiell wirkende Moleküle wie das Lysozym, das Teil des angeborenen, molekularen Immunsystems ist.

Speichelzusammensetzung von verschiedenen Faktoren abhängig

Die Speichelzusammensetzung wird durch das Alter, den Gesundheitszustand aber auch davon, was jemand isst und trinkt, beeinflusst. Münchner Lebensmittelchemiker haben nun herausgefunden, dass auch bestimmte Lebensmittelinhaltsstoffe die Speichelzusammensetzung verändern können.

Unter der Leitung von Thomas Hofmann, Leiter des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (TUM), haben die Forscher den Einfluss von Zitronensäure (sauer), Aspartam (süß), Iso-alpha-Säure (bitter), dem Geschmacksverstärker Natriumglutamat (umami), Kochsalz (salzig), 6-Gingerol (scharf) sowie die im Szechuanpfeffer enthaltenen Substanzen Hydroxy-alpha-Sanshool (kribbelnd) und Hydroxy-beta-Sanshool (betäubend) auf die Speichelzusammensetzung untersucht. Ihre Ergebnisse haben sie im Fachblatt „Journal of Agricultural and Food Chemistry“ veröffentlicht.  

Geschmacksgebende Stoffe haben biologische Wirkung

„Unsere neuen Erkenntnisse zeigen, dass geschmacksgebende Stoffe bereits im Mundraum biologische Wirkungen besitzen, die weit über ihre bekannten sensorischen Eigenschaften hinausgehen“, so Hofmann. Mittels Speichelflussmessungen, Proteomanalysen und bioinformatischen Auswertungen konnten die Lebensmittelchemiker erstmals nachweisen, dass alle untersuchten Substanzen die Proteinzusammensetzung des Speichels in mehr oder weniger großem Umfang verändern. Anschließende biologische Funktionsanalysen der veränderten Speichelproteine zeigten zudem, dass die durch Zitronensäure und 6-Gingerol ausgelösten Veränderungen, das molekulare Abwehrsystem im Speichel aktivieren. 

Immunabwehr um das Drei- bis Zehnfache gesteigert

6-Gingerol steigert hierzu die Aktivität eines Enzyms, wodurch sich die Menge des antimikrobiell und fungizid wirkenden Hypothiocyanats im Speichel in etwa verdreifacht. Zitronensäure verändert den Lysozym-Spiegel im Speichel sogar um das Zehnfache. Untersuchungen an Bakterienkulturen haben gezeigt, dass dadurch das Wachstum von Gram-positiven Bakterien fast komplett unterbunden wird.

Das langfristige Ziel der Lebensmittelchemiker ist, basierend auf solchen Daten, neue Ansätze für die Produktion von Lebensmitteln zu finden, deren Inhaltsstoff- und Funktionsprofile auf die gesundheitlichen und sensorischen Bedürfnissen der Verbraucherinnen und Verbraucher zugeschnitten sind. 

jmr

Tasty food is “mouth-watering”. However, saliva I so much more than water: It contains mucosal and immune cells as well as a large number of molecules that perform a wide variety of biological functions such as ensuring healthy teeth, gums, and oral mucosa. Moreover, saliva is the first barrier against pathogens. Therefore, it also contains a number of antimicrobial molecules, including the antibacterial lysozyme. These are part of the innate molecular immune system.

Saliva composition depends on variety of factors

Age, health, and what someone eats and drinks all influence the composition of saliva. However, little is known about the effects of individual food constituents. Food chemists at the Leibniz-Institute for Food Systems Biology at the Technical University of Munich (TUM) now discovered that distinct food ingredients also affect saliva composition.

Led by Thomas Hofmann, head of the Leibniz-Institute for Food Systems Biology at TUM, the researchers studied the influence of the following flavors on the composition of human saliva: citric acid (sour), aspartame (sweet), iso-alpha acids (bitter), the flavor enhancer monosodium glutamate (umami), table salt (salty), 6-gingerol (spicy), and the substances contained in Sichuan pepper —hydroxy-alpha-sanshool (tingling) and hydroxy-beta-sanshool (numbing). They published their results in the “Journal of Agricultural and Food Chemistry”.

Flavouring substances exert biological effects

“Our new findings show that flavouring substances already display biological effects in the oral cavity that go far beyond their known sensory properties,” said Hofman. Combining salivary flow measurements, proteome analyses and bioinformatic evaluations, the food chemists were able to show that all the substances under investigation modulate the protein composition of saliva to some extent. Subsequent biological function analyses of the modulated salivary proteins revealed that the changes triggered by citric acid and 6-gingerol activate the molecular defence system in saliva.

Immune defence increased three- to tenfold

For instance, 6-gingerol increases the activity of an enzyme, which in turn nearly triples the amount of the antimicrobial and fungicidal hypothiocyanite in saliva. The changes triggered by citric acid even caused lysozyme levels in saliva to increase tenfold. Studies on bacterial cultures have shown that this increase is sufficient to prevent the growth of Gram-positive bacteria almost completely.

The long term goal of the food chemists is to find new approaches for the production of food whose ingredient and function profiles are closely aligned with the health and sensory needs of consumers. 

jmr

Eichen sind eine typisch mitteleuropäische Baumart und machen in Deutschland knapp 12% der Waldfläche aus. Damit sind sie hierzulande nach der Rotbuche die zweithäufigste Laubbaumgattung. Am meisten verbreitet sind dabei die einheimische Traubeneiche und die Stieleiche, die zwischen 500 und 1000 Jahre alt werden kann. Ein internationales Pflanzenforscherkonsortium mit Beteiligung des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) hat nun untersucht, welche Mechanismen hinter der besonderen Langlebigkeit stecken.

Hohe genetische Vielfalt

Wissenschaftler aus Frankreich, Schweden, Spanien, den USA und Deutschland haben daher das Genom der Stieleiche mithilfe modernen Hochdurchsatz-Sequenzierungstechnologien sequenziert. Das Erstaunliche: Die genetische Vielfalt der Stieleiche ist zehnmal größer als die des menschlichen Genoms. Ihre Ergebnisse haben die Forscher im Fachjournal „Nature Plants“ veröffentlicht.

Große Anzahl von Resistenzgenen sorgt für Wehrhaftigkeit

Der Studie zufolge enthält das Stieleichengenom insgesamt 26.000 Gene. 51% davon bestehen aus springenden genetischen Elementen, also DNA-Sequenzen, die ihre Position innerhalb des Genoms ändern können. Außerdem verfügen diese Bäume über einen sehr große Menge von aneinander gereihten Gengruppen. Ihr Anteil beträgt 36%. Bei Pflanzen sind 15% üblich. Vor allem die Resistenzgene der Stieleiche scheinen von diesen Tandemduplikationen zu profitierten. Eine große und vielfältige Anzahl an Resistenzgenen macht die Bäume wehrhafter gegen Fressfeinde und Krankheiten. Der Vergleich mit krautigen Pflanzen wie der Acker-Schmalwand oder der Kartoffel sowie mit mehrjährigen Gehölzen wie der Pappel oder dem Pfirsichbaum zeigt jedoch, dass dieser Mechanismus zur Vervielfältigung von Resistenzgenen bei allen untersuchten Baumarten verbreitet ist. 

Verbreitung trotz komplexer Wechselwirkungen

Die beteiligten deutschen Forscher vom UFZ-Department Bodenökologie aus Halle (Saale) haben vor allem Gene zugeordnet, die für die Symbiose zwischen Baumwurzeln und Bodenpilzen relevant sind. Zudem stellte das Hallenser Team seine eigene Gendatenbank für das Projekt bereit. Diese Datenbank beruht auf einem Klon der Stieleiche, der am UFZ seit Jahren vermehrt wird. Ziel dieser Untersuchungen ist es, Informationen zur Regulation von Eichengenen bei Wechselwirkungen zwischen Eichenblättern oder -wurzeln und Tieren oder Mikroorganismen zu gewinnen. „Die zwei genomischen Merkmale geben uns Hinweise darauf, warum Bäume, die so vielen biotischen Wechselwirkungen ausgesetzt sind, es schaffen, sich in Europa so großräumig zu verbreiten“, sagt Sylvie Herrmann, eine der Mitautorinnen der Studie. „Wir wollen so untersuchen, wie sich Waldbäume als langlebige Organismen an Umweltänderungen anpassen“

Somatische Mutationen werden anscheinend vererbt

Ein weiterer Ansatz untersuchte die Veränderungen einzelner Gewebe mit steigendem Alter. In den meisten mehrzelligen Organismen häufen sich mit zunehmendem Alter somatische Mutationen, die beim Menschen beispielsweise zu Krebstumoren führen können. Da diese Mutationen in somatischen Zellen vorkommen, werden sie eigentlich nicht an die nächste Generation vererbt.

Das internationale Pflanzenforscherteam untersuchte die Häufigkeit somatischer Mutationen, indem es die Genome aus Proben von unterschiedlich alten Zweigen einer hundertjährigen Eiche verglich. Das überraschende Ergebnis: Manch somatische Mutation wurde tatsächlich an die nächste Generation vererbt. In Zukunft gilt es nun zu untersuchen, ob die Pflanzen dadurch einen Selektionsvorteil erhalten.

jmr

Die Gewinnung von Edelmetallen aus Erzen durch Bergbau ist ein "schmutziges" Geschäft. Denn für herkömmliche Aufbereitungsverfahren von Erzen zur Edelmetallgewinnung werden viele umweltschädigende Chemikalien eingesetzt. Um Gold und Silber auf schonende Weise zu isolieren, hat die hessische Biotechnologiefirma BRAIN AG und die Evonik-Tochtergesellschaft CyPlus GmbH ein biobasiertes Verfahren zur Edelmetallgewinnung für die globale Bergbauindustrie entwickelt.

Scale-up in den Tonnenmaßstab erfolgreich

Wie BRAIN jetzt bekannt gab, ist die Produktentwicklung nach mehrjähriger Kooperation bis zur Marktreife fortgeschritten. Basierend auf den letzten Forschungsergebnissen, die im 100 Liter-Maßstab stattfanden, haben die Partner im vergangenen Oktober das Scale-Up des Verfahrens in den Tonnenmaßstab erfolgreich realisiert. Laut Firmenangaben konnte ihr neuartiges Verfahren auch in diesen Größenordnungen industrierelevante Mengen der gewünschten Edelmetalle erzielen. Erste Produktangebote sollen demnach bereits 2019 auf den Markt kommen.

Nachhaltige Prozesse für Green Mining

„Unsere Forschung zielt auf die Entwicklung von biobasierten Verfahren, die in den globalen Märkten zur Erzaufbereitung innovative und nachhaltige Prozesse für das sogenannte Green Mining darstellen können“, sagt Stefan Welbers, Senior Vice President und General Manager der CyPlus GmbH.

Guido Meurer, Mitglied der Geschäftsleitung bei der BRAIN AG, fügt hinzu: „Mit unseren Verfahren für das Green Mining können edelmetallhaltige Erzvorkommen zukünftig auch in Regionen erschlossen werden, für die herkömmliche Aufbereitungsverfahren nicht in Frage kommen. Auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Rohstoffknappheit ist Green Mining ein zunehmend wichtiges Thema und ein attraktives Geschäftsfeld.“

Mirkroorganismen verändern Adhäsionseffekte

Die Gewinnung der Edelmetalle aus den Erzen basiert auf dem Einsatz natürlich vorkommender und weiterentwickelter Mikroorganismen aus dem BRAIN-BioArchiv. Im Laufe der Zusammenarbeit haben BRAIN und CyPlus eine Vielzahl von Mikroorganismen identifiziert, die durch hochspezifische Adhäsionseffekte jenen Mineralien, die Edelmetall beinhalten, eine neue physikalische Eigenschaft verleihen. Auf diese Weise konnten Gold oder Silber von Erz getrennt und in Aufarbeitungsprozessen angereichert werden. Das biobasierte Verfahren wurde bereits zum Patent angemeldet.

jmr

Ob China, Bangladesch oder Vietnam: Seit Jahrtausenden sind die Überschwemmungsgebiete der Flussdeltas in Südostasien bekannt für ihre fruchtbaren Böden. Über viele Generationen haben die Menschen dort vor allem Reis angebaut. Doch in jüngeren Jahren hat ein Wandel eingesetzt, denn immer stärker dringt das Salzwasser der Meere in die Flussdeltas und deren angrenzenden Böden ein. Außerhalb der Regenzeiten ist der Reisanbau oft kaum noch möglich.

Klimaerwärmung, Staudämme, Grundwasserentnahme

„Die Schuld daran wird in Vietnam oft dem Klimawandel und dem dadurch steigenden Meeresspiegel gegeben“, erzählt Nicolas Brüggemann. Doch die Klimaerwärmung sei nur eine der Ursachen. „Gut 80 Prozent des Problems sind vor Ort gemacht“, sagt der Biogeochemiker am Forschungszentrum Jülich. „Die großen Flüsse werden talaufwärts oft gestaut, wodurch in der Regenzeit die Abflüsse geringer sind – häufig allerdings schon in vorgelagerten Ländern.“ Außerdem habe die Grundwassernutzung zur Bewässerung einen wesentlichen Anteil: „Der Grundwasserspiegel ist stärker gesunken als der Meeresspiegel gestiegen“, beschreibt Brüggemann die Ausgangslage. In El-Niño-Jahren, in denen die Regenzeit ausfalle, dringe das Meer bis zu 70 Kilometer weit in das Mekong-Delta ein.

Das Projekt „DeltAdapt“ hat diese Veränderungen und deren Auswirkungen – ökologisch und sozioökonomisch – am Beispiel Vietnams untersucht, gefördert durch das BMBF-Programm „Bioökonomie International“. Das Forschungszentrum Jülich hat sich dabei in einem Teilprojekt mit vietnamesischen Partnern von der Can Tho University und der Vietnam National University of Agriculture der Frage der lokalen Treibhausgasemissionen gewidmet. Rund 240.000 Euro an Fördermitteln standen dafür im Zeitraum von Oktober 2014 bis September 2017 zur Verfügung.

Aquakulturen statt Reisanbau

„Viele Reisbauern haben wegen des Salzwassers auf Aquakulturen oder Mischsysteme umgestellt“, erklärt Brüggemann. Oft wird in der regenreichen Zeit dann Reis oder Gemüse angebaut, ansonsten produzieren die Menschen Garnelen oder – vor allem im Norden am Roten Fluss – Fisch. Manche Aquakultur existiert bereits ganzjährig. Die Forscher haben für die jeweiligen Systeme typische Flächen identifiziert und dort ein Jahr lang mindestens wöchentlich die Treibhausgasemissionen gemessen – häufiger, wenn die Bauern frisch gedüngt hatten.

„Unter Klimagesichtspunkten ist der Reisanbau am ungünstigsten“, resümiert Brüggemann. Zwar nimmt Reis beim Wachstum Kohlendioxid auf, aber das freigesetzte Methan mache das mehr als wett: „Pro Hektar und Jahr setzt der Reisanbau mehrere hundert Kilogramm Methan frei“, berichtet der Biogeochemiker. Da Methan das Klima um den Faktor 25 bis 28 stärker beeinflusst als Kohlendioxid, entspricht das mehreren Tonnen CO2-Äquivalenten. „Für das Klima sind tatsächlich die reinen Aquakulturen am günstigsten.“ Insbesondere in der Fischzucht entstehen kaum Treibhausgase.

Problematisch ist der Studie zufolge auch der Gemüseanbau. Vier bis fünf Kulturen werden auf den Feldern pro Jahr angebaut und mit insgesamt 400 bis 500 Kilogramm Stickstoff je Hektar und Jahr gedüngt. „Dadurch entsteht sehr viel Lachgas und es erfolgt ein hoher Nitrateintrag ins Grundwasser“, schildert Brüggemann. Eine Nitratauswaschung von mehr als 200 Kilogramm je Hektar in nur einem halbem Jahr habe das Projektteam gemessen.

Mischsysteme bieten Sicherheit

„Ich war überrascht, wie klar das Ergebnis war, wie deutlich die reine Aquakultur vor Ort bei der Treibhausgasbilanz besser ist“, sagt Brüggemann. Wenn es allein danach ginge, müssten alle Bauern auf Aquakulturen umstellen. „Aber das geht natürlich nicht“ - schließlich werden auch Reis und Gemüse benötigt. Außerdem betont der Projektleiter: „Wir haben keine vollständige Life-Cycle-Analyse erstellt, sondern nur die Emissionen auf den Feldern betrachtet.“ Seine praxistaugliche Empfehlung für das Mekong-Delta ist daher ein Mischsystem aus Reisanbau und Garnelen-Aquakultur. „Das bietet den Menschen ökonomische Sicherheit.“ Für eine Sicherung der reinen Reisproduktion würde auch eine Eindeichung wie am Roten Fluss helfen, weil so weniger Salzwasser in die Äcker eindringen kann – doch die Kosten dafür wären enorm hoch.

Nicht untersucht hat das Projekt, wie die jeweiligen Produktionssysteme hätten optimiert werden können, um die Treibhausgasemissionen zu verringern. „Dafür hatten wir nicht die Zeit und das Budget“, erklärt Brüggemann, weshalb das im Projekt nicht vorgesehen war. „Bei drei Jahren brauchen Sie ein Jahr für die Vorbereitung und ein Jahr für die Aufbereitung, besonders weil in Vietnam alles etwas länger dauert, als wir es gewohnt sind.“ Fünf oder sechs Jahre müsste die Förderung laufen, dann könnten die Forscher auch solche weiteren Fragestellungen bearbeiten.

Weitere Ergebnisse im Herbst

Etwas anderes konnten die Forscher aber auch in dem einen Jahr vor Ort beobachten: Einige Bauern haben aus ökonomischen Gründen begonnen, ihren tonhaltigen Boden um 30 bis 40 Zentimeter abzutragen und für die Ziegelherstellung zu verkaufen. Dadurch liegt ihr Feld tiefer und kann leichter bewässert werden. Das bringt die Nachbarn in Zugzwang, ihrerseits Boden zu verkaufen. Doch damit geht der besonders fruchtbare Teil des Bodens verloren. Die Forscher um Brüggemann haben die Emissionen des Originalbodens mit Böden ein, drei und acht Jahre nach der Abtragung verglichen. Die Auswertung der Ergebnisse ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

„Das Interesse an unserer Forschung ist vor Ort sehr groß“, freut sich Brüggemann. Das habe man in Gesprächen mit Stakeholdern gemerkt. Die meisten seien ja auch mindestens jährlich von den Problemen betroffen. „Die Menschen warten auf unsere Ergebnisse und Empfehlungen.“ Mehr davon wird es geben, wenn das gesamte Projekt „DeltAdapt“ abgeschlossen ist und im Herbst 2018 die Abschlussberichte aller Teilprojekte vorliegen.

Autor: Björn Lohmann

Braune Blätter, kleine Netze an deren Unterseite und schlechte Fruchtqualität: Nicht nur Hobbygärtner kennen dieses Bild von ihren Erdbeerbeeten. Auch der kommerzielle Erdbeeranbau erleidet jedes Jahr große Verluste durch die Verursacher dieses Bildes: die Spinnmilben. Insbesondere in trockenen Sommern und in Gewächshäusern saugen die winzigen Tiere oft in großer Zahl an der Unterseite der Erdbeerblätter und schädigen die Pflanze und somit auch die Ernte. Bislang hilft dagegen nur chemischer Pflanzenschutz. Im Verbundprojekt „SPIRED“ haben Pflanzenforscher nun nach Erdbeersorten gesucht, die gegen die Gemeine Spinnmilbe resistent sind.

600 Wildarten getestet

„Wir verfügen mit der Professor-Staudt-Collection über die größte Erdbeer-Wildartensammlung in Europa“, erzählt Klaus Olbricht, Züchtungsforscher bei der Firma Hansabred GmbH & Co. KG, „600 Wildartherkünfte und zusätzlich eine Sammlung von 200 Kultursorten.“ Während die Kultursorten über fast 260 Jahre hinsichtlich Eigenschaften wie Ertrag, Fruchtgröße und Geschmack optimiert worden sind, verbergen sich in Wildarten andere wertvolle Eigenschaften. Häufig finden sich neben interessanten Aromamustern auch Resistenzen gegen Umweltstress wie Trockenheit, aber auch gegen Krankheiten oder eben Pflanzenschädlinge.

Die Forscher haben daher Exemplare der 600 Wildartherkünfte genommen und mit der Spinnmilbe infiziert. Und tatsächlich fanden sie Arten, die nicht anfällig gegen diesen Schädling sind. Eine davon kreuzten sie mit der beliebten kommerziellen Sorte „Senga Sengana“ und erzeugten nach den Mendelschen Vererbungsregeln durch Selbstung einer Kreuzungspflanze (F1) eine sogenannte F2-Spaltungspopulation. In deren Pflanzen kommen die vielen möglichen Varianten an Allelkombinationen der Elternpflanzen zur Ausprägung. Diese Spaltungspopulation untersuchte das Forschungsteam auf potenzielle Resistenzmechanismen.

„Bei der Erklärung der Toleranzausprägung ist ein klares Bild noch nicht zu zeichnen“, erklärt Olbricht, „das ist sehr komplex und nicht auf eine Ursache zurückzuführen.“ Daher läuft die Forschung auch heute noch weiter, obwohl die dreijährige Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderinitiative „KMU-innovativ“ nur von 2013 bis Anfang 2016 andauerte. Insgesamt steuerte das BMBF knapp 489.000 Euro bei. Beteiligt waren außer der Firma Hansabred die Technische Universität Dresden (Institut für Botanik, Dresden), das Julius-Kühn-Institut in Quedlinburg und als externe fachliche Partner ohne Förderung das Institut für Botanik der Universität Würzburg und das spanische landwirtschaftliche Forschungsinstitut IFAPA.

Drei Resistenzmechanismen wahrscheinlich

Inzwischen zeichnet sich ab, dass mindestens drei Mechanismen an der Abwehr der Spinnmilben beteiligt sind. Da ist zum Einen der morphologisch-anatomische Effekt, oder einfach gesagt: der Aufbau des Laubblattes der Erdbeere. Bestimmte Strukturen scheinen Spinnmilben zu begünstigen, andere halten sie eher fern. Zu den Details dieser Erkenntnis bereitet der Projektpartner TU Dresden gerade eine Publikation vor. Der zweite Effekt betrifft die Wachsschicht der Laubblätter, die unterschiedliche Dicke und unterschiedliche chemische Zusammensetzungen aufweisen kann. Auch hier scheint es Konstellationen zu geben, die die Pflanze vor Spinnmilben schützen. Die genaue Auswertung ist Bestandteil einer Doktorarbeit, die gegenwärtig noch in Arbeit ist.

Und wenn doch eine Pflanze befallen wird, so gibt es wohl einen dritten Abwehrmechanismus: den Duft. Alle Pflanzen produzieren Chemikalien, sogenannte flüchtige organische Verbindungen (VOCs), die sie über ihre Blätter oder Blüten absondern. Einzelne dieser Chemikalien produzieren nur manche Erdbeertypen, und auch nur dann, wenn unter ihren Blättern Spinnmilben leben. Die Forscher konnten diese Moleküle identifizieren und zeigen, dass sie Antagonisten der Spinnmilben, die Raubmilben, anlocken, die den Schädling beseitigen. Passenderweise heißen solcherart flüchtige Stoffe auch „Cry-for-help-Volatiles“. Bekannt ist dieser Hilfeschrei bereits von einer Reihe von Pflanzenarten.

Glücksfall für die Kommerzialisierung

Für Olbricht ist es ein Glücksfall, dass das Projekt diese Resistenzmechanismen bei der gewählten Wilderdbeere nachweisen konnte. Denn vor einiger Zeit wurde diese Wildartherkunft auch aufgrund anderer wertvoller Eigenschaften bereits in ein kommerzielles Züchtungsprogramm eingekreuzt. So kommen mit der Aroma-Sorte „Renaissance“ in diesem Jahr Erdbeerpflanzen auf den Markt, die auch gegenüber Spinnmilben tolerant sind. Normalerweise würde dieser Züchtungsprozess sonst noch bis zu zehn Jahre in Anspruch nehmen.

„Aber auch mit dem anderen züchterischen Material aus dem Projekt ist die Züchtung direkt weitergegangen“, berichtet Olbricht. Inzwischen hat sich gezeigt, dass die Resistenz vererbt wird und nicht etwa nach wenigen Generationen wieder verloren geht. Und weil die Forscher während des Projekts die Genotypen der Erdbeerpflanzen entsprechend der Abstufung ihres Resistenzverhaltens identifiziert haben, dürfte diese Resistenz sich in einigen Jahren in weit mehr kommerziellen Sorten finden – und Erdbeerbauern müssten sich weniger Gedanken wegen der Spinnmilbe machen.

Autor: Björn Lohmann

Fleisch, ob von Rind, Schwein oder Huhn, steht beim Verbraucher weiter ganz oben auf dem Speiseplan. Mit knapp 60 Kilogramm ist der Fleischkonsum pro Kopf in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes seit 1991 nur geringfügig um fünf Kilogramm gesunken. Enorme Mengen an Futtermitteln, vor allem proteinreiche Kost, sind erforderlich, um die Tröge der Tiere für deren Mast zu füllen. Bereits heute wird die Hälfte aller angebauten Proteinpflanzen wie Soja an Tiere verfüttert. Experten erwarten, dass der prognostizierte  Anstieg der Weltbevölkerung auf neun Milliarden im Jahr 2050 sowohl die Nachfrage nach Fleisch als auch die Anbauflächen für Tierfutter weiter in die Höhe treiben wird.  

Eiweißhaltige Ackerpflanzen durch Mikroben-Proteine ersatzen

Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung präsentiert nun eine umweltfreundlichere Alternative der Futtermittelproduktion. Wie die Wissenschaftler im Fachjournal „Environmental Science & Technology“ berichten, könnten künftig Mikroben wie Bakterien, Hefen, Pilze oder Algen die eiweißreiche Tiernahrung im Labor produzieren und heutige Ackerpflanzen wie Sojabohnen oder Getreide ersetzen. "Die Fütterung von mikrobiellem Eiweiß würde die Produktivität der Tiere nicht beeinträchtigen. Im Gegenteil, es könnte sogar positive Auswirkungen auf das Wachstum der Tiere oder die Milchproduktion haben, sagt Autorin Isabelle Weindl vom PIK.

Mikrobenlabore aus der Raumfahrt als Vorbild

Die Methode der industriellen Eiweißproduktion mithilfe von Mikroben ist nicht neu, wie Ilje Pikaar von der University of Queensland in Australien erklärt. „Entwickelt wurde diese Methode ursprünglich während des Kalten Krieges für die Raumfahrt. Energie, Kohlenstoff und Stickstoffdünger werden dabei im Labor zur industriellen Produktion proteinreicher Mikroben eingesetzt". Im Ergebnis entsteht ein Proteinpulver, das anstelle von Sojabohnen an Tiere verfüttert werden kann.

Wirtschaftliches Potenzial und Umweltfolgen simuliert

Im Rahmen der Studie wurden erstmals nun auf globaler Ebene Modellsimulationen zu wirtschaftlichem Potenzial und Umweltauswirkungen der mikrobiellen Proteinproduktion in der Landwirtschaft untersucht. Nach dieser Modellrechnung werden bis 2050 weltweit zwischen 175-307 Millionen Tonnen Mikroben an Tiere verfüttert, um Kraftfutter zu ersetzen. Das entspricht etwa 2% des gesamten Viehfutters. Diese 2% würden im Gegenzug mehr als 5 % der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen, der globalen Ackerfläche und der globalen Stickstoffverluste in der Landwirtschaft vermeiden. Konkret sind das das 6% der Ackerfläche, 7% der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft und 8% der globalen Stickstoffverluste.

Bei der Züchtung von Mikroben haben die Wissenschaftler zudem fünf verschiedene Wege ausgelotet. So könnte durch den Einsatz von Erdgas oder Wasserstoff die Futtermittelproduktion vollständig von der Anbaufläche entkoppelt werden. Verschmutzungen durch die landwirtschaftliche Futterproduktion werden damit zwar vermieden, erfordern aber einen enormen Energieaufwand. Alternativ könnten aber auch Zucker, Biogas oder Synthesegas aus der Landwirtschaft durch die Mikroben zu hochwertigem Eiweiß veredelt werden, wie die Forscher berichten. Hier entfällt die externe Energiequelle durch die Nutzung der Photosynthese, aber  Stickstoffbelastung und Treibhausgasemissionen könnten ansteigen.

Umstellung auf mikrobielles Protein reicht nicht aus

Das Fazit der Forscher: Die Züchtung von Futterprotein in industriellen Anlagen mithilfe von Mikroben statt auf Ackerland ist nur eine Möglichkeit, Umwelt- und Klimaauswirkungen der Futtermittelproduktion zu mildern und Produktion kosten günstiger machen. "Trotz der positiven Ergebnisse ist klar, dass eine Umstellung auf mikrobielles Protein aus dem Labor allein nicht ausreicht, um unsere Landwirtschaft nachhaltig zu verändern", so Alexander Popp vom IPK. Andererseits rechnet Popp damit, dass „nach weiteren Fortschritten in der Technologie mikrobielles Protein aus dem Labor auch ein direkter Bestandteil unserer Ernährung werden kann- also Astronautennahrung für jedermann".

bb

Die Nobelpreisträgertagung in Lindau findet dieses Jahr bereits zum 68. Mal statt, allerdings zum ersten Mal in der modernisierten Inselhalle. In den letzten zwei Jahren musste die Tagung in das Stadttheater ausweichen und zählte dementsprechend weniger Teilnehmer. Doch die für über 50 Mio. Euro sanierte Inselhalle bietet nun ausreichend Platz für eine Rekord-Teilnehmerzahl: 39 Nobelpreisträger und 600 Nachwuchswissenschaftler aus 84 Nationen treffen sich vom 24. bis 29. Juni am Bodensee – so viele und aus so vielen Ländern wie nie zuvor. Die diesjährige Tagung ist der Physiologie/Medizin gewidmet, wobei neben wissenschaftlichen Schwerpunktthemen wie die innere Uhr oder Gentherapien auch die Rolle der Wissenschaft in einem „postfaktischen“ Zeitalter zur Sprache kommen soll.

Forschungsministerin fordert mehr Wissenschaftskommunikation

Die Tagung wurde am Sonntag unter anderem von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek eröffnet. Sie rief Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu auf, sich verstärkt und besser zu erklären: „Gerade in Zeiten einfacher Antworten und falscher Nachrichten möchte ich die Stimme der Wissenschaft deutlich hören. Laureaten und Nachwuchsforscherinnen und -forscher sind Botschafter des Wissens in einer freien Gesellschaft, die sich nicht von falschen und populistischen Nachrichten beirren lässt.“ Zudem hob Karliczek hervor, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit in der Wissenschaft sei – kein Forscher und kein Land könne im Alleingang die Fragen und Probleme der Welt lösen. Der Freistaat Bayern war am Eröffnungstag durch die Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Marion Kiechle, vertreten, Österreich entsandte den neuen Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Heinz Faßmann. Außerdem sind zahlreiche Vertreter nationaler und internationaler Wissenschaftsakademien nach Lindau gekommen, darunter die Akademiepräsidenten von Südafrika, Mexiko, Norwegen und der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina.

Konferenz nimmt Klimaschutz und Müllvermeidung ernst

Auch Gastgeberin und Präsidentin des Kuratoriums für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau, Bettina Gräfin Bernadotte, hieß die Teilnehmer willkommen und unterstrich gleichzeitig den Nachhaltigkeitsgedanken der Konferenz: „Obwohl viele von Ihnen mit dem Flugzeug angereist sind, weil ein persönlicher Austausch wichtig ist, wollen wir die Tagung so nachhaltig und ressourcenschonend wie möglich gestalten. Unter anderem unterstützen wir das Degermoos Marschland Renaturierungsprojekt, wodurch mehr Kohlenstoffdioxid aus der Luft gebunden und unser CO2-Fußabdruck minimiert werden kann.“ Spätestens seit der „Deklaration der Nobelpreisträger zum Klimawandel“ im Jahr 2015 hat sich die Tagung dem Klimaschutz und der Müllvermeidung verschrieben. Tatsächlich werden während des Events keine Plastikflaschen,- becher oder sonstiges Einweggeschirr verwendet.

Renovierte Inselhalle ermöglicht neue Formate

Die neue Inselhalle bietet auch neue Möglichkeiten für das Programm der Tagung: Erstmals gibt es zeitgleich mehrere Events, wie die "Agora Talks", in denen Laureaten sich den Fragen der Zuhörer stellen. Und bei sogenannten "Science Walks" tauschen sich Nobelpreisträger und Nachwuchswissenschaftler bei einem Spaziergang durch Lindau aus. Auch die 2017 gekürten Medizin-Nobelpreisträger Michael Rosbash und Michael Young, die für ihre Forschung zur inneren Uhr ausgezeichnet wurden, sind in Lindau präsent. Zudem gibt es zahlreiche Diskussionsforen, die unter anderem die Möglichkeiten der personalisierten Medizin mittels der Genschere CRISPR-Cas9 beleuchten. Die Lindauer Nobelpreistagung findet seit 1951 jährlich Ende Juni in Lindau am Bodensee statt und hat sich seitdem zu einem einzigartigen Forum für den internationalen Austausch von Wissenschaftlern entwickelt.

jmr

This year the Lindau Nobel Laureate Meeting takes place for the 68th time, but for the first time in the newly renovated “Inselhalle”. For the last two years the meeting took place at the city theater and thus counted fewer participants. The “Inselhalle”, however, renovated for more than €50 million, now offers enough space for a record-breaking number of participants and Nobel Laureates: 39 Laureates and 600 young scientists from 84 nations are coming together in Lindau from June 24th to 29th – a larger and more diverse crowd than ever before. This years meeting is dedicated to Physiology/ Medicine. In addition to scientific core topics such as the inner clock and gene modified organisms, there will be dedicated session to the topics of science communication in times of “fake news” as well as the scientific practice of publishing journal articles.

Scientists as ambassadors of knowledge

The Lindau meeting was officially opened Sunday afternoon, among others, by German federal Minister of Research and Education, Anja Karliczek. A major point of her welcoming address was asking the researchers to improve their communication with and for the public: “Especially in times of easy answers and fake news I would like to hear strong scientific voices. Nobel Laurates and young scientists, you are ambassadors of knowledge in a free society that cannot be deterred by populist’s agendas.” Moreover, Karliczek stressed the importance of international collaboration in research – no single scientist or country would be able to solve the problems of today by themselves.

Representing the Free State of Bavaria, State Minister for Science and the Arts Marion Kiechle also attended the official opening. Furthermore, Austrian Federal Minister for Education, Science and Research Heinz Faßmann also joined the festivities. Moreover, numerous representatives of national and international scientific academies where also at the opening, including the academy president from South Africa, Mexico, Norway and the German National Academy of Sciences (Leopoldina).  

Reducing the carbon footprint

Hostess and president of the Council for the Lindau Nobel Laureate Meetings, Countess Bettina Bernadotte, also welcomed the participants and simultaneously highlighted the importance of an environmentally friendly and sustainable conference: “Although many of you arrived by plane, because we feel personal exchange is very important, we aim to counteract these carbon emissions by supporting the local Degermoos marshland restoration project, which will bind carbon dioxide from the air and help minimize our carbon footprint.”

The Nobel Laureate meeting has been vocal in its efforts to counteract climate change for years. Alreadz in 2015 they published the “Mainau Declaration on Climate Change”. In fact, throughout the conference, there are no plastic bottles, cups or cutlery used in order to minimize waste.

New location offers new programme possibilities

The newly renovated Inselhalle offers new opportunities for the meeting: For the first time, the event offers parallel sessions such as the so-called Agora Talks. Here, the Nobel Laureates will answer questions from the audience. Moreover, during “Science Walks” the Laureates and young scientists can exchange ideas while taking a walk throughout Lindau.

Lastly, there are also a number of events for accredited members of the press, such as a press talk by recent Laureates Michael Rosbach and Michael Young, who received the Nobel Prize last year for their work deciphering the inner clock and circadian rhythm. Furthermore, there are a number of panel debates and other forums for discussions regarding personalized medicine as well genetic modification both in health care as well as agriculture. 

The Lindau Nobel Laureate Meeting has been taking place at Lake Constance since 1951 and has since become a unique forum for international exchange across the life sciences.

jmr

Eine erste Wachstumsfinanzierung half den Gründern der ECF Farmsystems GmbH 2014 ihre Idee einer Aquaponik-Farm in Berlin zu verwirklichen. Seither wurde das Start-up um Mitgründer und Geschäftsführer Nicolas Leschke von der IBB Beteiligungsgesellschaft mbH unterstützt. Nun haben die Berliner ihre durch den VC Fonds Technologie Berlin gehaltene Beteiligung an dem Start-up an eine private Investorengruppe in der Schweiz verkauft.

Vom Pilotmodell zur Aquaponikfarm

“Das Gründerteam hat es verstanden, die Geschäftsidee in kurzer Zeit von einem Aquaponik-Pilotmodell im Containerstil in eine schlüsselfertige Aquaponikfarm umzusetzen und konnte bereits mehrfach Referenzfarmen erfolgreich bauen. Wir freuen uns, dass die ECF Farmsystems GmbH ihre erfolgreiche Entwicklung nun mit einer Investorengruppe aus dem Bereich Nachhaltigkeit fortsetzen kann“, sagt Sabine Wolff, Investment Managerin der IBB Beteiligungsgesellschaft.

Wachstumsfinanzierung in Millionenhöhe 

In welcher Höhe sich die Schweizer Business Angels an dem Berliner Aquaponik-Start-up beteiligen wird nicht genau benannt. ECF zufolge stellen die Investoren einen Betrag in 7-stelliger Höhe bereit. Mithilfe der Finanzierung will das Team vorhandene Anbau- und Systemkomponenten weiterentwickeln sowie weitere nationale und internationale Großprojekte umsetzen.

Zwei Aquaponikfarmen im Ausland errichtet

Mit ihrer Referenzfarm im Berliner Stadtteil Schöneberg hat das ECF- Team bereits bewiesen, dass ihr Urban Farming- Konzept, Fischzucht und Gemüseanbau zu kombinieren, funktioniert und die Herstellung der Lebensmittel nachhaltiger macht. Basilikum und Barsche aus der ECF-Aquaponikfarm in Schöneberg sind in einigen Berliner Supermärkten bereits erhältlich. Darüber hinaus fungiert das Berliner Start-up mittlerweile als Generalunternehmen und bietet von der Planung bis zum Bau schlüsselfertige Aquaponik-Farmsystemen an. Referenzfarmen nach dem Berliner Vorbild wurden bereits in der Schweiz und Brüssel errichtet.

bb

An initial financing round helped the founders of ECF Farmsystems GmbH realize their idea of ​​an aquaponics farm in Berlin in 2014. Since then, the start-up has been supported by co-founder and managing director Nicolas Leschke from the "IBB Beteiligungsgesellschaft mbH". Now, their stake in the start-up held by VC Fonds Technology Berlin were sold to a private investor group in Switzerland.

From pilot model to aquaponics farm

"The founding team has managed to turn their business idea into a  a container-style aquaponic pilot model in a short space of time and has already successfully built reference farms on several occasions. We are pleased that ECF Farmsystems GmbH can now continue its successful development with a group of investors from the field of sustainability ", says Sabine Wolff, Investment Manager at IBB.

Millions for growth financing

The exact amount of money that the Swiss business angels are investing into the Berlin aquaponics start-up has not been piblicized. According to ECF, however, the investors are providing several millions. With the help of the funding, the team aims to further develop existing cultivation and system components as well as implement further large-scale national and international projects.

Berlin farm as a role model

With their reference farm in Berlin, the ECF team has already proven that their urban farming concept of combining fish farming and vegetable farming works and in fact makes food production more sustainable. Basil and perch from the ECF aquaponics farm are already available in some Berlin supermarkets. Moreover, the Berlin start-up now functions as a general contractor and offers ready-made aquaponic farm systems from planning to construction. Reference farms based on the Berlin model have already been built in Switzerland and Brussels.

bb/jmr

Nachwachsende Rohstoffe wie Holz oder Stroh sind nur zwei Ressourcen, die in der chemischen Industrie die endliche Ressource Erdöl ersetzen können. Eine weitere vielversprechende Rohstoffquelle ist das klimaschädliche Kohlendioxid. Das Treibhausgas zur Herstellung von Chemikalien und Kunststoffen zu nutzen, steht derzeit im Fokus vieler Forschungsaktivitäten, die auch vom der Bundesregierung gefördert werden. Der Trend in Richtung Grüne Chemie wurde auch auf dem Rohstoffgipfel in Berlin deutlich, der am 25. Juni zum nunmehr zweiten Mal an der Technischen Universität Berlin unter Schirmherrschaft des Bundesforschungsministeriums stattfand. Die Veranstaltung wurde von der TU Berlin gemeinsam mit der Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie DECHEMA sowie dem Werkstoffhersteller Covestro ausgerichtet. 

Experten aus Politik, Wissenschaft, Industrie und Gründerszene diskutierten bei den Treffen über Fragen wie etwa Kohlendioxid Erdöl ablösen kann oder Pflanzen noch besser für die Herstellung chemischer Produkte genutzt werden können.  Im Rahmen von Vorträgen und Diskussionsrunden wurde auch auf neue biobasierte Produkte wie Schaumstoffe verwiesen, die in jüngster Zeit auf den Markt gebracht wurden. 

Einsatz nachhaltiger Ressourcen weiter vorantreiben 

Das Fazit der Experten: Nicht-fossile Ressourcen spielen in der Chemie eine immer größere Rolle. Dennoch, so der Appell der Teilnehmer, muss die Entwicklung und der Einsatz nicht-fossiler Ressourcen weiter vorgetrieben werden, um die Chemie Industrie nachhaltiger und klimafreundlicher zu machen. Auch müssten gute Ideen schnell in konkrete nachhaltige Produkte münden, wie Markus Steilemann, Vorstandsvorsitzender Covestro betonte. „Das ist nur durch den Schulterschluss innerhalb der Wirtschaft und anwendungsorientierte Kooperationen mit wissenschaftlichen Partnern möglich. Und wir brauchen ein geeignetes Innovationsklima mit mehr Mut auch zum Risiko.“

Chemie braucht mehr Start-ups 

Einig waren sich die Gipfelteilnehmer, dass vor allem das Potenzial junger Unternehmen einen Innovationsschub bewirken und daher noch stärker genutzt werden muss. „Wir müssen es als Aufgabe der chemischen Industrie sehen, mehrere Technologien zusammen zu bringen, um so nachhaltigere Lösungen für die drängenden Fragen unserer Zeit zu finden. Dabei spielen Start-ups eine entscheidende Rolle“, sagte Kurt Wagemann, Geschäftsführer Dechema.

Fünf Start-ups für Innovationen gekührt

Als Zeichen für den Gründergeist wurden beim Gipfel fünf Start-ups aus Australien, Deutschland, Großbritannien, Litauen und den USA zu den „Resource Innovators 2018“ gekürt. Sie stellten Projekte vor, bei denen Pflanzen und CO2 als Kohlenstoffquellen genutzt werden. Platz eins belegte die australische Firma Mineral Carbonation International, die aus CO2 und Mineralien Baumaterialien und andere Industriegüter herstellt. Das Berliner Start-up Nano-Join GmbH kam mit der Entwicklung einer neuartigen Sinter-Lösungen für elektronische Hochleistungsbauteile auf den dritten Platz.  

Dieter Jahn vom Beirat des High-Tech Gründerfonds bemängelte, dass es in der Branche noch relativ wenige Start-ups gebe. Sein Appell: „Dafür brauchen Gründer die entsprechende Infrastruktur durch Wirtschaft und Politik.“ Reinhard Schomäcker vom Institut für Chemie an der TU Berlin plädierte dafür, an den Hochschulen zeitgemäße Stukturen und Prozesse einzurichten, um den engen Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft frühzeitig zu ermöglichen.

bb

Buschfeuer haben etwas Zerstörendes. In Australien gibt es jedoch eine Pflanzengattung, die solche Brände zum Überleben braucht: Banksia-Pflanzen. Viele der insgesamt 80 Arten sind auf die Hitze angewiesen, um ihre Samen freizusetzen. Die Früchte des robusten immergrünen Gewächses bestehen aus zweiklappigen Kapseln, in denen die reifen Samen oft über Jahre bis zum nächsten Buschfeuer ausharren. Wie dieser temperaturabhängige Öffnungsprozess genau funktioniert, konnte jetzt ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung klären. 

Wachs hält Samenkapseln zusammen 

 „Während der Samenreife trocknet das Gewebe aus. Die Fasern schrumpfen dabei unterschiedlich stark, was zu Vorspannungen führt. Durch Hitze wird die innerste Kapselschicht elastischer, wodurch sich diese Spannungen lösen können, und die beiden Hälften der Samenkapsel klappen auf“, erklärt Jessica Huss von dem Potsdamer Institut und Erstautorin der Studie. Lange Zeit wurde vermutet, dass ein Harz die Klappen der Samenkapseln zusammenhält, das bei Hitze schmilzt. Diese Annahme konnten die Forscher widerlegen. „Wir haben in der Verbindungszone zwischen den Klappen allerdings keine Harze, sondern Wachse nachgewiesen“, sagt Huss. 

Schmelzendes Wachs versiegelt Risse

Diese wachsreiche Zone versiegelt nicht nur die beiden Teile der Samenkapseln. Wie die Forscher im Fachjournal „The Royal Society Interface“ berichten, sind die speziellen Wachse zwischen den Kapselkappen wahrscheinlich auch für einen besonderen Selbstheilungsprozess der Pflanze verantwortlich. „Weil die Samen bei manchen Banksien extrem lange am Strauch verbleiben, wo die Kapseln  permanent Witterungseinflüssen wie UV-Strahlung, Hitze und Regen oder auch den Schnäbeln hungriger Vögel ausgesetzt sind, vermuteten wir, dass die Wachse eine Schutzfunktion haben. In vielen Gegenden Australiens sind 45 bis 55° C an sonnenbeschienenen Oberflächen im Sommer nichts Ungewöhnliches, die Wachse schmelzen an heißen Tagen und können so im flüssigen Zustand immer wieder kleine Verletzungen kitten“, so Huss. Das Wachs heilt demnach auch kleinere Wunden in der Kapselwand und sorgt so dafür, dass die Samen im Inneren vor Feuchtigkeit und Krankheitserregern geschützt sind. 

An der Studie waren neben den Fraunhofer-Forschern die Technische Universität Dresden, die Universität für Bodenkultur Wien und der westaustralische Kings Park mit seinem botanischen Garten beteiligt. Im Fokus der Untersuchung standen mit Banksia serrata, B. attenuata und B. candolleana zwar nur drei Arten. Die Forscher vermuten jedoch, dass diese selbstheilenden Kräfte unter der Pflanzengattung weit verbreitet sind. 

Holz im Außenbereich schützen 

Anhand eines Modells hatten sie getestet, ob die Wachse tatsächlich Risse kitten. Dazu  wurden Kiefernholzplättchen verwendet, die mit einer dünnen Wachsschicht überzogen und anschließend mit Schnitten versehen wurden. Schließlich brachten die Forscher einen Teil des Wachses auf den Plättchen zum Schmelzen. Ein Farbtest ergab: Bereits nach 15 Minuten hatte das flüssige Wachs die Schnitte versiegelt. Die Farbe wurde abgewiesen. Die Risse in den nicht erhitzten Plättchen ließen sich hingegen problemlos einfärben. Die Ergebnisse des Tests sind vielversprechend und könnten die Vorlage für neuartige industrielle Anwendungen sein. „Ein ähnliches, temperaturabhängiges System könnte auch für praktische Anwendungen interessant sein – etwa für dimensionsstabiles Holz im Außenbereich", so Michaela Eder vom Potsdamer Max-Planck-Institut.

bb

Extreme Witterung und intensive Landwirtschaft setzen der Ressource Boden teils heftig zu. Besonders in heißen, trockenen Sommermonaten mangelt es an ausreichend Nährstoffen und Wasser, damit Pflanzen gedeihen können. Mit Blick auf eine wachsende Weltbevölkerung steht die Landwirtschaft damit schon heute vor der Herausforderung, mit einem nachhaltigen Bodenmanagment die Ernährung der Zukunft zu sichern. 

Unterboden für Pflanzenwurzeln nutzbar machen

Die Bundesregierung unterstützt daher mit einer Reihe von Fördermaßnahmen wie etwa „BonaRes – Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie“ Entwicklungen, die auf eine nachhaltige Nutzung der knappen Ressource Boden hinzielen. Im BonaRes-Verbundprojekt „Soil3“ widmen sich Forscher seit drei Jahren einer Wasser- und Nährstoffquelle, die bisher kaum beachtet wurde: dem Unterboden. Unter der Leitung der Universität Bonn arbeitet ein interdisziplinäres Forscherteam an einer Strategie, Nährstoff- und Wasserreservoirs unterhalb des Oberbodens für Pflanzen besser nutzbar zu machen und gleichzeitig ein nachhaltiges Unterbodenmanagment zu etablieren. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt 4,7 Mio. Euro gefördert.

Versicherungssystem für Pflanzen schaffen

„Wir wollen den Pflanzen eine Art Versicherungssystem anbieten, bei schlechten Bedingungen auf den Unterboden zuzugreifen. Wenn es beispielsweise eine Sommertrockenheit gibt, die Ertragsausfälle zur Folge hätte, könnte die Pflanze im Unterboden Nährstoffe und Wasser aufnehmen“, erläutert Projektleiter Wulf Amelung vom Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn. 

Zugang zum Unterboden für Wurzeln optimieren

Als Unterboden wird jener Bereich definiert, der sich etwa 30 Zentimeter unterhalb der landwirtschaftlich genutzten Oberfläche befindet. Auch hier tummeln sich unzählige Organismen, welche die Beschaffenheit des Unterbodens beeinflussen. Frühere Untersuchungen ergaben, dass zwei Drittel aller Nährstoff- und Wasservorräte in dieser Sphäre gespeichert sind. Bisher wurde das unterirdische Depot aber nur bedingt von Pflanzen genutzt. Um das zu ändern, will das Team um Amelung den Zugang der Pflanzenwurzeln zum Unterboden optimieren. „Das ist insofern schwierig, weil die Pflanze nicht zuviel in die Wurzel investieren darf, denn sie braucht dafür Kohlenstoff fürs Wurzelwachstum, und der darf dem Ertrag nicht fehlen. Wir müssen daher das Wurzelwachstum so beeinflussen, dass die Wurzel auf den Unterboden zugreift, ohne aber den Ertrag zu beeinflussen“, sagt der Geoökologe.

Die Wurzel sollte demnach ohne großen Energieverlust in den Unterboden wachsen, um die dortigen Ressourcen anzapfen zu können. Dafür galt es im Projekt eine Methode zu entwickeln, um die sogenannten physikalischen Widerstände, die den Pflanzenwurzeln den Weg in den Unterboden erschweren, so gering wie möglich zu halten. „Wir wissen, dass Pflanzen mit wenig Energie in den Unterboden einwachsen, wenn sie beispielsweise eine alte Regenwurmbahn im Boden nutzen können. Wir wissen aber auch, dass eine Lockerung des Unterbodens in der Regel zur Ertragssteigerung führt“, erläutert der Forscher. 

Unsere moderne Welt wäre ohne die chemische Industrie undenkbar. Doch die Branche stand in den vergangenen Jahrzehnten wie keine zweite für ökologische und gesundheitliche Probleme. Die oft erforderlichen hohen Temperaturen und Drücke führen zu einem enormen Energiebedarf. Nicht selten fallen  während der Produktionsprozesse problematische Abfallstoffe wie Säuren oder Lösungsmittel an. Obendrein erfordert die Herstellung komplizierter Moleküle, wie sie beispielsweise in der Pharmazie benötigt werden, eine lange Abfolge technisch anspruchsvoller Reaktionsschritte. Dass es auch anders gehen kann, weiß die Wissenschaft seit den frühen 1980er Jahren. Damals wurde mit Insulin ein kompliziertes Biomolekül auf neue Weise produziert: in und von Mikroorganismen. Seitdem erlebt die Biotechnologie ein rasantes Wachstum.

Viele Vorteile gegenüber klassischer Chemie

„Biotechnologische Verfahren benötigen weniger Schritte, sind viel billiger und haben eine sehr hohe Spezifität“, erläutert Peter Schönheit, Mikrobiologe an der Universität Kiel, die weiteren Vorteile gegenüber der klassischen Chemie. Außerdem erzeugen die Mikroorganismen in ihrem Stoffwechsel stereospezifische Verbindungen. Chemische Verfahren hingegen produzieren oft eine Mischung von stofflich gleichen Molekülen, die aber in ihrer räumlichen Konstellation variieren – vergleichbar mit linker und rechter Hand, die spiegelbildlich, aber ansonsten identisch aufgebaut sind. Fast immer unterscheiden sich diese Varianten in ihrer biologischen Aktivität. Bekannt wurde das Problem seinerzeit durch Contergan, wo die eine Variante ein harmloses Schlafmittel war, die andere jedoch fruchtschädigend wirkte. Seitdem trennt die Industrie ihre Produkte in einem abschließenden Verfahrensschritt nach deren Stereospezifität, was weiteren Aufwand und weitere Abfallprodukte bedeutet.

Der Trick, durch den die Mikroorganismen die komplizierten chemischen Prozesse zustande bringen, heißt „Enzyme“, d.h. biologische Katalysatoren. Sie sind darauf spezialisiert, beispielsweise eine chemische Gruppe von einem Molekül auf ein anderes zu übertragen und so auch komplexe Verbindungen zusammenzusetzen. Die Baupläne für die Vielzahl unterschiedlicher Enzyme stecken im Erbgut aller Lebewesen, doch nicht alle Organismen produzieren die gleichen Enzyme. Das ist der Punkt, an dem das Forschungsprojekt „Thermogene“ ins Spiel kommt.

Andere Substrate ermöglichen andere Produkte

Gefördert mit rund 1,3 Mio. Euro aus dem Programm ERA-Net Industrial Biotechnology haben sich darin Forscher der Universität Exeter (Großbritannien), der Universität Kiel, der Universität Bergen (Norwegen), sowie der Firmen Molecular Technologies (Russland) und Sigma-Aldrich/Merck von März 2013 bis Juli 2016 auf die Suche nach besonders leistungsfähigen Enzymen gemacht. „Wir wissen, dass thermostabile Biokatalysatoren besonders robust sind“, erklärt Schönheit. Diese werden aus hyperthermophilen Mikroorganismen gewonnen, die bei Umgebungstemperaturen von 80 bis 110 °C optimal wachsen. „Diese Enzyme sind besser angepasst an harsche Bedingungen und resistenter gegen Lösungsmitteleinflüsse wie Ethanol oder Methanol, die in Industrieprozessen anfallen“, führt der Mikrobiologe weiter aus.