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Ob an der Fischtheke im Supermarkt  oder im Restaurant: Wer Fisch essen will, muss darauf vertrauen können, dass die Angaben auf der Verpackung oder der Speisekarte korrekt sind. Heißt: wer Heilbutt bestellt, sollte keine Flunder vorgesetzt bekommen. Für die meisten Verbraucher ist das jedoch nicht so leicht erkennbar. Einer Studie zufolge sind in Europa durchschnittlich 4,9 Prozent, in Deutschland bis zu 6,2 Prozent aller angebotenen Fische falsch beschriftet. Die Gefahr: fehlerhafte Angaben können im schlimmsten Fall beim Konsumenten zu gesundheitlichen Beschwerden führen. Aber nicht nur das. Verbraucher, die auf Nachhaltigkeit setzen, um beispielsweise eine Überfischung zu verweiden, werden hier in die Irre geführt.

Seit 2002 müssen innerhalb der Europäischen Union daher alle Fischprodukte – ob Frischfisch oder Konservenware - eindeutig deklariert sein. So muss nicht nur die Bezeichnung des Fisches exakt angegeben werden. Auch Produktions- und Fangmethode, das Fanggebiet und die wissenschaftliche Artenbezeichnung müssen auf dem Etikett genannt sein.

Irreführende Beschriftung bei Fischprodukten

In der Praxis sieht es jedoch teilweise anders aus, wie Wissenschaftler von Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven jetzt herausfanden. „Von den untersuchten Proben waren gut 10 Prozent falsch oder irreführend beschriftet“, berichtet Studienleiterin Babett Günther. 118 Fisch- und Meeresfrüchte-Produkte hatte das Team  dafür überprüft. Untersucht wurden nicht nur frischer und eingelegter Fisch, sondern auch Fischkonserven sowie Tiefkühlprodukte und Tiernahrung. Im Visier der Senckenberg-Forscher standen sowohl Produkte die im Nordwesten des Landes im Supermarkt als auch beim Fischhändler um die Ecke angeboten wurden.

DNA-Barcode deckt Fehler auf

Um den Inhalt der Ware mit den Angaben auf den Etiketten zu vergleichen, nutzen die Senckenberg-Forscher das sogenannte DNA-Barcoding. Ähnlich dem bekannten Strichcode bei Lebensmitteln, wurde hier mittels genetischem Identifizierungs-Code verschiedene Fischprodukte mit bekannter DNA verglichen.

Wie das Team im Fachjournal "Food Control" berichtet, wurden die Falschbeschriftungen in zwei Kategorien unterschieden: Zum Einen Meerestiere, die einer anderen Gattung angehören und zum Anderen jene, die derselben Gattung, aber unterschiedlichen Arten zuzuordnen sind. „In Kategorie 1 fällt beispielsweise der Verkauf von Fischen in einem lokalen Fischgeschäft, die als ‚Heilbutt’ (Hippoglossus hippoglossus) gekennzeichnet wurden, aber laut unseren DNA-Analysen zur deutlich kostengünstigeren und unbedrohten Gattung des ‚Schwarzer Heilbutts’ (Reinhardtius hippoglossoides) gehören.“

Angaben beeinflussen Kaufentscheidung

Beim gleichen Fischhändler entdeckten sie  einen  als Buttermakrele beschrifteter und angebotenen Fisch, der etwas komplett anderes war.  Mithilfe des DNA-Barcodings konnte das Fleisch nämlich dem Ölfisch Ruvettus pretiosus zugeordnet werden. Der Fisch ist zwar essbar. Aber, die enthaltenen Öle können Magen-Darm-Beschwerden, Krämpfe und Kopfschmerzen verursachen. „Der Verbraucher soll die Möglichkeit haben, beim Kauf nachhaltige sowie gewissenhafte Entscheidungen zu treffen“, betont die Molekularbiologin.

Supermarkt-Produkte sind exakter beschriftet

Das Ergebnis des Ladenchecks war für das Wilhelshavener-Team dann doch unerwartet. Den der Fischhändler um die Ecke schnitt keinesfalls besser ab. „Überrascht hat uns, dass die Etikettierung in Supermärkten exakter ist als bei den vermeintlichen Profis in den Fischläden“, sagt Babett Günther.

In 81 Prozent aller Fälle konnten die Fischarten mittels des DNA-Barcodings den Produkten eindeutig zuordnet werden. Doch die Identifizierungsmethode hat leider auch Grenzen, wie Günther berichtet. „Bei Produkten mit vielen verschiedenen Zusatzstoffen, wie Thunfischpizza oder Katzenfutter, ist es schwierig die verwendeten Fische einer Art zu zuordnen, da deren DNA-Signale von anderen tierischen Inhaltsstoffen überlappt werden. Bei diesen Produkten muss mit zusätzlichen genetischen Methoden gearbeitet werden“. Trotz dieser Einschränkung hat sich das DNA-Barcoding nach Überzeugung der Senckenberg-Forscher bei der Lebensmittelanalyse bewährt und bietet darüber hinaus noch viel Potenzial.

bb

Der Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) ist eine der gefährlichsten Maisschädlinge weltweit. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO schätzt, dass die Raupen des Falters jährlich etwa 4 Prozent des Maisanbaus vernichten. Das Problem: Die Larve frisst sich am Stengel entlang, wodurch die Maispflanze an Standfestigkeit verliert und in der Entwicklung gehemmt wird, was sie wiederum für Krankheiten wie Schimmelbefall anfällig macht. Im schlimmsten Fall ist der Mais danach als Nutz- und Futterpflanze nicht mehr zu gebrauchen und kann nur noch zur Biogas-Herstellung genutzt werden. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie hat das Verhalten des Maisschädlings genauer unter Lupe genommen. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Amsterdam und der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften ging die Jenaer Gruppe um David Heckel der Frage nach, wie der Lockruf der kleinen Schmetterlinge funktioniert.

Wie Mottenweibchen ihre Partner locken

Mottenweibchen produzieren ein Sexualpheromon, mit denen sie die Männchen ihres "Clans" aus großen Entfernungen anlocken können. Beim Maiszünsler unterscheidet man aber zwischen  E- und Z-Stämmen. Die Wissenschaftler wollten nun wissen, wie genau die männliche Motte die richtige Partnerin findet, wenn zwei sich ähnelnde weibliche Motten mit ihren Pheromonen locken.

Gehirn steuert Partnerwahl

Wie die Forscher im Fachjournal "PNAS" berichten, wird die Partnerwahl beim männlichen Maiszünsler nicht über das Geruchsorgan, sondern durch Veränderungen im Gehirn der Männchen gesteuert. „Dieses Ergebnis passt zu unseren früheren Studien, die zeigen, dass E- und Z-Männchen unterschiedliche Verbindungen zwischen dem Gehirn und Neuronen, die Pheromonrezeptoren beherbergen, aufweisen, erklärt Teun Dekker von der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften in Alnarp.

Die Geruchsorgane der männlichen Motten sind mit ganz außergewöhnlich empfindlichen Sinneshärchen ausgestattet, die wie Antennen die weiblichen Duftstoffe spüren. Neuronen aktivieren hier die Pheromonrezeptoren, wenn einzelne Duftkomponenten der ausgesendeten weiblichen Pheromone an diesen andocken. Bisher war allerdings unklar, wie es möglich ist, dass ein ganz bestimmter Pheromonrezeptor von nur einem einzelnen Duftstoff aktiviert werden kann.

Isomer-Stämme bestimmen Verhalten

Durch die Kreuzung der Stämme E und Z im Labor und durch die Kartierung der Gene, die für die männliche Pheromonvorliebe zuständig sind, konnten die Wissenschaftler schließlich nachweisen, dass die Pheromonrezeptoren bei der Partnerwahl kaum eine Rolle spielen. Die Vorliebe der Zünslermännchen für die Weibchen des gleichen Stamms wird vielmehr von ihrem Gehirn gesteuert. Anhand von Verhaltensstudien und Genanalysen konnten sie zeigen, dass hier Gene, die das Wachstum und die Entwicklung von Nervenzellen regeln, die Mottenmännchen auf die unterschiedlichen Isomer-Anteile reagieren lässt.

Die Forscher vermuten daher, dass die Weibchen der E- und Z-Stämme für die Männchen der beiden Stämme zwar gleich riechen, die unterschiedliche Verarbeitung der E- oder Z-dominierten Pheromone im Gehirn aber unterschiedliche Reaktionen auslöst. „Nachfolgende Studien zum winzigen und dennoch hochkomplexen Mottenhirn sollen jetzt weiteren Aufschluss darüber geben, wie sich die unterschiedlichen Pheromonsysteme tausender Mottenarten im Laufe der Evolution verändert und angepasst haben“, fasst David Heckel zusammen. Denn ein grundlegendes Verständnis der Pheromonkommunikation könnte – davon sind die Forscher überzeugt– zu einer besseren Schädlingskontrolle beitragen.

bb

Mit der „Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie“ hat die Bundesregierung den Weg geebnet und Förderprogramme aufgelegt, um die Entwicklung biobasierter Produkte voranzutreiben. Autos, die mit Biodiesel oder Bioethanol fahren, Kinderspielzeug und Plastiktüten aus Maisstärke sind nur einige Beispiele. Doch unproblematisch ist der Wandel von einer erdölbasierten hin zu einer nachhaltigen, biobasierten Wirtschaft nicht. Vor allem auf dem Feld der Erneuerbaren Energien zeigte sich früh, dass etwa die zunehmende Verarbeitung von Palmöl, Mais oder Weizen zu Biokraftstoffen negative soziale Auswirkungen vor allem im Süden der Erdkugel hat.

Steigende Nahrungsmittelpreise treffen besonders die Armen; wachsende Plantagen zerstören nicht nur Wälder und verbrauchen viel Süßwasser, sondern verstärken auch die Verdrängung ländlicher Gruppen und die Konzentration von großen Landflächen auf einige Wenige. Wie auch die kürzlich erschienene WWF-Studie zum Palmöl unterstreicht, gilt es, die globalen Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels zur Bioökonomie im Blick zu behalten, um  nationale Förderstrategien  korrigieren zu können.

Nachwuchsforschergruppe in Jena

Die Auswirkungen der Bioökonomie auf globale soziale Ungleichheiten will in den kommenden fünf Jahren die Soziologin Maria Backhouse mit ihrer Nachwuchsforschergruppe an der Friedrich-Schiller-Universität Jena speziell für den Energiesektor ausloten. „Wir gehen davon aus, dass keine gesellschaftlichen Veränderungen – das betrifft auch Technologieentwicklungen – im luftleeren Raum stattfinden. Vielmehr sind sie von sozialen Ungleichheitsverhältnissen von der globalen bis zur lokalen Ebene durchdrungen. Deshalb untersuchen wir,  wie sich der Transformationsprozess zur Bioökonomie auf die ungleichen Nord-Süd-Verhältnisse im globalisierten Agrarsektor, aber auch auf die lokalen Arbeitsverhältnisse und Landzugangsrechte auswirkt. Konkret fragen wir: Wer profitiert und wer verliert?“, so Backhouse.

Das Projekt „Bioinequalities“ wird mit rund 2,6 Mio. Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Initiative „Bioökonomie als gesellschaftlicher Wandel“ unterstützt.

Stellschraube zur gesellschaftlichen Transformation

„Der Energiesektor ist eine wichtige Stellschraube zur gesellschaftlichen Transformation und dementsprechend hart umkämpft“, sagt Backhouse. Es handele sich um einen Bereich, der demokratisch und gerecht gestaltet werden könne. „Umso wichtiger ist es aus einer globalen Ungleichheitsperspektive zu verstehen, welche sozialen Auswirkungen der aktuell wachsende Bioenergiesektor hat.“

Die promovierte Umweltsoziologin beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Biokraftstoffpolitiken. Das Thema wurde in der Vergangenheit nicht nur hierzulande kontrovers diskutiert. Auch die Forschungsergebnisse variieren. Diese unterschiedlichen Ergebnisse wollen die Jenaer Nachwuchsforscher zunächst systematisch aus einer Ungleichheitsperspektive auswerten als Basis für die nachfolgende Feldarbeit.   

Fallstudien auf drei Kontinenten

Grundlage der Untersuchung bilden Fallstudien zu Deutschland, Brasilien sowie Malaysia und Indonesien, die starke Player auf dem Bioenergiesektor sind und über jeweils eigene Bioökonomiestrategien verfügen. „Das sind regional verankerte Studien, die die Veränderungen von Arbeits- und Landzugangsverhältnissen untersuchen. Diese werden wir mit drei Studien zu globalen Nord-Süd-Zusammenhängen verzahnen. Darin geht es um politische Partizipation in Zertifizierungsinitiativen, um Technikentwicklung sowie Handel und Investitionen“.

Das Besondere: Das sechsköpfige Team blickt über Ländergrenzen hinweg. „Wir wollen nicht nur herausfinden, was auf lokaler Ebene passiert, sondern Regionen zusammendenken und ihr Wechselverhältnis zueinander im globalen Kontext verstehen lernen“, sagt Backhouse. Der Fahrplan der Forscherin: Die Beziehungen und Verflechtungen zwischen den Hauptproduktionsländern analysieren und mit den einzelnen Fallstudien zu Landzugangs- und Arbeitsverhältnissen verknüpfen.

Beitrag für den bioökonomischen Wandel

Wie haben sich beispielsweise in Brasilien, Malaysia und Indonesien die Landzugangs- und Arbeitsverhältnisse der Menschen sowie Handel und Investitionen durch den Palmölanbau verändert? Welche Wissens- und Technologiezentren sind dort entstanden, wie stehen die unterschiedlichen Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft  zu Zertifizierungsinitiativen und inwieweit konkurrieren diese Länder bei der Technikentwicklung oder im Handel? So klar wie ihre Fragen definiert sind, ist auch das Ziel der Forscher. Backhouse: „Wir wollen mit unseren Ergebnissen einen Beitrag zur Gestaltung der Bioökonomie leisten.“

 Autorin: Beatrix Boldt

The German government has introduced a 'National Sustainability Strategy' with a view to promoting the development of bio-based products by means of funding programmes. Biodiesel or bioethanol as fuel for vehicles, and toys and plastic bags made of maize starch are just a few examples of many. But the path leading from an economy based on mineral oil to one based on sustainable bio-products is not without its obstacles. Especially in the renewable energy sector, it soon became clear that the increasing use of palm oil, maize or wheat to produce bio-fuels is leading to negative social effects, especially in the southern hemisphere.

Rising food prices hit the poor hardest; proliferating plantations mean not only the destruction of forests and the consumption of large amounts of freshwater, but also the displacement of rural communities and the concentration of large areas of land on just a few. As the recently published WWF study on palm oil emphasizes, it is important to keep the global effects of society's move towards a bioeconomy in mind so as to be able to modify national funding strategies.

Young research scientist group in Jena

Together with her team of young research scientists, the sociologist Dr Maria Backhouse at the Friedrich Schiller University in Jena intends to study the effects of the bioeconomy on global social inequalities over the next five years. Their focus will be on the energy sector. "Our assumption is that no social changes, including technological ones, take place in a vacuum, as it were. On the contrary, they are permeated by conditions of social inequality throughout, from the global to the local level. So we are studying how the transformation process towards a bioeconomy affects the unbalanced conditions of the globalized agricultural sector from north to south, but also how it affects local labour conditions and land access rights. We specifically ask: Who profits and who loses out?" says Backhouse.

The 'Bio-inequalities' project has been funded with approximately 2.6 million euros by the German Ministry of Education and Research (Bundesministerium für Bildung und Forschung) as part of the 'Bioeconomy as social change' initiative.

Pivotal effect on social transformation

"The energy sector is of pivotal importance for the transformation of society, and is, therefore, hotly contested," says Backhouse. It is an area that is susceptible to a fair and democratic development process. "This makes it all the more important to grasp it from the point of view of the global inequalities that prevail in order to be able to determine the social effects of the current growth in the bioenergy sector."

The environmental sociologist has spent many years studying the politics of bio-fuel. The topic has been the subject of controversial debate both in Germany and elsewhere. The research findings also differ from each other. In a first step, the young scientists from Jena plan to evaluate these heterogeneous results systematically and from the perspective of inequality so as to build up a foundation for subsequent fieldwork.   

Case studies on three continents

The basis of the study is to be provided by case studies from Germany, Brazil, Malaysia and Indonesia. Each of these countries is heavily involved in the bio-energy sector, and each one has its own bioeconomy strategy. "These are regionally embedded studies that investigate the evolution of labour and land access conditions. We shall dovetail them with three studies on global north-south interrelationships dealing with political participation in certification initiatives, technological development as well as trade and investment."

A special feature of the approach is that the six-strong team will be taking a cross-border view. "We want to find out not only what is happening at a local level, but take into account regional factors in order to understand how they interact with each other in a global context," explains Backhouse. The researcher has plotted the following course: Analyse the relationships and interdependencies between the main production countries and link this with the individual case studies on land access and labour conditions.

A contribution to bio-economical change

For instance, how have land access and labour conditions for people, trade and investments changed as a result of palm oil production in Brazil, Malaysia and Indonesia? What knowledge and technology centres have grown up there, what is the stance of the various representatives from politics, business and society in general to certification initiatives, and to what extent are these countries competing regarding technological development or trade? The clarity of these questions is reflected in the aims of the researcher. Backhouse: "We want our findings to contribute towards shaping the bioeconomy.”

Author: Beatrix Boldt

Der menschliche Darm ist von rund 100 Billionen Bakterien besiedelt. Diese mikrobiellen Bewohner, die sich von Mensch zu Mensch unterscheiden, übernehmen teils wichtige Aufgaben in der Verdauung, in dem sie Nährstoffe aufspalten und sorgen so für unser Wohlbefinden. Vor allem für das Funktionieren des Immunsystems sind Darmbakterien entscheidend. Sogar unser Gehirn profitiert von der Fitness der Darmflora. Eine gesunde, abwechslungsreiche Kost ist somit eine Möglichkeit, das Mikrobiom im Gleichgewicht zuhalten. So komplex das Verdauungssystem ist, so angreifbar es auch. Durch die Einnahme von Antibiotika kann beispielsweise die Lebensgemeinschaft im Darm nachhaltig gestört werden, was wiederum chronische Erkrankungen wie Diabetes zur Folge haben kann.

1.800 Stuhlproben untersucht

Doch welchen Einfluss hat das Zusammenspiel der Darmbakterien auf die Entstehung von Krankheiten konkret? Dieser Frage ist ein internationales Konsortium unter Federführung der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) in den vergangenen Jahren nachgegangen. Im Rahmen der bislang größten Studie dieser Art haben Kieler Forscher gemeinsam mit Kollegen vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön und Oslo die Zusammensetzung der Darmbakterien von über 1.800 Norddeutschen untersucht. Das Ergebnis ist nun im Fachjournal „Nature Genetics“ erschienen.

Genetische Faktoren aufgedeckt

Wie das Team um Andre Franke darin berichtet, hängt die Vielfalt der Bakterien und deren Zusammenspiel im Darm zu einem nicht geringen Teil auch von den menschlichen Genen ab. Im Rahmen der Studie hatten die Forscher zunächst eine Reihe von Faktoren wie Ernährung, Lebensgewohnheiten und genetische Variationen festgemacht, welche die Zusammensetzung des Mikrobioms im Darm beeinflussen. Die Arbeit der Kieler Forscher konzentrierte sich dabei die Rolle der genetischen Unterschiede.

Das Ergebnis: 42 Bereiche im menschlichen Genom beeinflussen die Vielfalt der Darmflora. Für weitere 42 Genbereiche konnte das Team um Franke nachweisen, dass sie über Vorkommen und Häufigkeit bestimmter Bakterienarten im Verdauungstrakt mitbestimmen. In der Summe sind diese genetischen Faktoren somit für rund 10 Prozent der Bakterienvielfalt im Darm verantwortlich. „Dass unser Genom einen solch großen Einfluss auf die Darmbakterien hat, war eine große Überraschung für uns. Eine ähnliche Größenordnung ist aus Mausstudien bekannt und lässt darauf schließen, dass wir es hier mit evolutionär konservierten Prozessen zu tun haben “, sagt Studienleiter Andre Franke.

10 Millionen für weiterführende Mikrobiom-Forschung

Ein spezieller DNA-Abschnitt weckte dabei besonders die Aufmerksamkeit der Forscher. Der Studie zufolge kodierte das Gen für den Vitamin D Rezeptor, der Gallensäuren bindet, die wiederum für die Fettverdauung regulieren. Welchen Einfluss die anderen identifizierten Gene im einzelnen haben, wollen die Kieler Forscher in einer nachfolgenden Studie untersuchen, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 10 Millionen Euro finanziert wird. Das Wissen um den Einfluss bestimmter Gene auf die Vielfalt und das Zusammenspiel der Bakterien im menschlichen Darm sorgt auch für besseres Verständnis der Vorgänge im Mikrobiom und kann helfen, neue gesündere Nahrungsmittel zu entwickeln.

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Die Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen eines Landes haben einen starken Einfluss auf seine landwirtschaftliche Produktivität und Nahrungsversorgung. Die Investitionsentscheidungen von heute werden Auswirkungen bis 2050 und darüber hinaus haben. Derzeit verändert sich die Forschungslandschaft im Lebensmittel- und Landwirtschaftsbereich (AgR&D). Zum ersten Mal investieren Staaten mit mittlerem Einkommen mehr als solche mit hohem Einkommen. Außerdem deuten die Zahlen darauf hin, dass die Ausgaben des Privatsektors sich denen des öffentlichen Sektors annähern. Das Gefälle der Ausgaben für Forschung in diesem Bereich wächst zwischen Staaten mit hohem Einkommen und solchen mit niedrigem Einkommen. Besonders problematisch ist, dass insbesondere in Staaten mit niedrigem Einkommen die Bevölkerung stark zunimmt.

 

For the first time in modern history governments of middle-income nations are investing more than those of high-income ones. The analysed data also suggest that, globally, private-sector spending on AgR&D is catching up with public-sector spending. Meanwhile, the gap between spending by high-income and low-income countries is widening.

Investments in R&D are inextricably intertwined with growth in agricultural productivity and food supplies. Today's R&D investment decisions will cast shadows forward to 2050 and beyond, making the reported trends especially significant for the future of food production.

Der Deutsche Umweltpreis wird seit 1993 jährlich von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) verliehen. Mit einem Preisgeld von insgesamt 500.000 Euro ist es die höchstdotierte Auszeichnung Europas dieser Art. Damit werden Engagement und Leistungen geehrt, die in besonderer Weise zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen beitragen. In diesem Jahr geht die Auszeichnung an zwei Beton-Recycling-Experten, die Cottbusser Wissenschaftlerin Angelika Mettke und den Kirchheimer Unternehmer Walter Feeß sowie den Amsterdamer Fairphone-Gründer Bas van Abel.

Vorreiter für verantwortungsvolle Ressourcennutzung

„Wir brauchen kreative Wegbereiter, die uns zeigen, wie wir einen Wandel erreichen können. Denn die Belastungsgrenzen der Erde sind schon jetzt strapaziert“, betont DBU-Generalsekretär Heinrich Bottermann. Die diesjährigen Preisträger sind der Jury zufolge in ihren Branchen jeweils Vorreiter für eine verantwortungsvolle Nutzung wertvoller begrenzten Ressourcen. Während van Abel in der Informations- und Kommunikationsbranche neue Wege geht, um dem drastischen Verbrauch von Handys und Smartphones entgegen zu treten, würden Mettke und Feeß den Einsatz von wiederverwertbaren Betonteilen und Recycling-Beton vorantreiben, heißt es. In beiden Branchen, so DBU-Chef Bottermann, würde der Abbau der dafür erforderlichen Rohstoffe flächendeckend wertvolle Lebensräume zerstören.

Altbeton aus Abbruchbauten

Für Beton, als der Baustoff des 20.Jahrhunderts, werden Schotter und Kies in großen Gruben abgebaut. Es verbleiben karge Landschaften, die aufwendig renaturisiert werden müssen und in der Regel für Land- und Forstwirtschaft verloren sind. Mit Angelika Mettke und Walter Feeß ehrt die Jury nicht nur zwei Vorbilder, sondern auch Vorreiter einer ganzen Branche. Sie hätten es geschafft, Beton, auf „bemerkenswerte Weise“ umweltverträglicher zu machen. „Sie haben eingefahrene Strukturen in der Rohstoffwirtschaft durchbrochen und dem Grundsatz ‚Verwerten vor Deponieren‘ eine neue Qualität verliehen, so die Jury. „Altbeton aus Abbruch-Bauten für Recycling-Beton zu verwenden, ist ein wichtiges Standbein, um den Flächenverbrauch einzudämmen und Deponien zu entlasten“, so Bottermann.

Rohstoffverbrauch in nachhaltige Bahnen gelenkt

Mit ihrem Engagement hätten es die beiden Preisträger geschafft, den Rohstoffverbrauch in nachhaltige Bahnen zu lenken. So habe Mettke mit Ihrer Forschung gezeigt, , dass Häuser aus gebrauchten Betonplatten Neubauten in Qualität, Komfort oder Sicherheit in nichts nachstehen, so die Jury. Freeshin gegen hat ein Verfahren entwickelt, bei dem Altbeton geschreddert und zu kleinteiligem Material –zur sogenannten rezyklierten Gesteinskörnung – verarbeitet wird und im Austausch gegen neu abgebauten Kies oder anderes mineralisches Material anteilig in den Frischbeton eingearbeitet wird.

Fairphone-Strategie geeehrt

Mit Bas von Abel würdigt die Jury einen Jungunternehmer aus den Niederlanden, dessen Ziel es ist, ein „ethisch vertretbares Smartphone mit möglichst geringem Schaden für die Umwelt und ohne Ausbeutung von Menschen herzustellen“ und dabei zugleich die „zugehörigen Produktionssysteme transparent und Probleme sichtbar zu machen“. Bereits heute gibt es mehr Handys und Smartphons als Menschen auf der Welt leben. In diesen Mini-Computern stecken wertvolle und seltene Rohstoffe, deren Abbau meist zu Lasten von Umwelt und Menschen geht. Mit „Fairphone“ setzt der Amsterdamer Unternehmer ein Zeichen, dass es selbst in einer so dynamischen Branche wie dem Kommunikations- und Informatikgeschäft, auch nachhaltige Lösungen gibt.

Beim Fairphone lassen sich Einzelbauteile wie Display, Kamera und Akku bequem austauschen, so dass Rohmaterialien durch längere Lebenszyklen geschont und Kreisläufe zum Beispiel durch Recycling geschlossen werden können.  „Für die gesamte Wertschöpfungskette hat Fairphone Strategien entwickelt, um die derzeit vorherrschenden Bedingungen zu verbessern“, sagt Bottermann. Der Deutsche Umweltpreis wird am 30. Oktober in Würzburg von Bundespräsident Joachim Gauck verliehen.

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70 Prozent der Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt. Die Meere sind nicht nur ein beliebter Erholungsort. Sie dienen dem Menschen vor allem als Nahrungs- und Energiequelle. Doch das Ökosystem Meer ist durch Müll, Überfischung und Klimawandel bedroht. Die Bundesregierung hat daher die Welt der Meere auch zum Thema des Wissenschaftsjahres 2016/2017 gemacht und zugleich mit MARE:N ein Milliardenschweres Förderprogramm zur Meeresforschung neu aufgelegt

Helmholtz bündelt Meeresforschung

Unter dem Dach der Helmholtz-Gemeinschaft entsteht nun im kommenden Jahr in Oldenburg das neue Helmholtz-Institut für Funktionelle Marine Biodiversität. Hier werden künftig Experten der Universität Oldenburg und das Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut (AWI) ihre Expertisen bündeln und die Forschung auf dem Feld der Meeresbiologie vorantreiben.

„Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem neuen Helmholtz-Institut die Erforschung der Auswirkungen des globalen Wandels auf die Meereslebewelt auf ein neues Level heben können“, sagt AWI-Direktorin Karin Lochte. Und der Präsident der Universität Oldenburg, Hans Michael Piper betont: „Mit dem Bündeln der hervorragenden Expertise unserer Wissenschaftler erreichen wir eine einmalige Schwerpunktsetzung in der marinen Biodiversitätsforschung mit nationaler und internationaler Strahlkraft“.

Ökosystem Meer analysieren

Wie beeinflussen Mensch und Klimawandel das Ökosystem der Meere?  Und welche Konsequenzen entstehen daraus für Funktion und Leistung mariner Ökosysteme? Diese und weitere Fragen stehen im Fokus der Forschung am künftigen Helmholz-Institut in Oldenburg. Die Wissenschaftler von AWI und Hochschule kooperieren bereits seit Langem erfolgreich auf diesem Forschungsfeld. Das neue Institut ermöglicht es ihnen nun, wesentliche Aspekte der Biodiversität gemeinsam zu erforschen – von der Genetik einzelner Meerestiere, Algen und Bakterien bis hin zur Funktionsanalyse eines ganzen Ökosystems.

Neue Konzepte für marinen Naturschutz

Der Oldenburger Biodiversitätsexperte und künftige Institutsdirektor Helmut Hillebrand weiß, welche Hürden gemeistert werden müssen. „Wie können wir unsere marine Umwelt wirksam schützen, obgleich viele dort lebende Arten mobil und die Gebiete ohnehin meist keiner Nation zugehörig sind? Das ist nur eine der Herausforderungen des marinen Naturschutzes, bei der wir noch am Anfang stehen und für die wir Konzepte entwickeln wollen“.

Niedersachsen finanziert Institutsneubau

Das Land Niedersachsen wird sich mit insgesamt 23 Millionen Euro an der Errichtung des neuen Instituts beteiligen. Das Geld soll vor allem in den Neubau fließen, der bis 2020 fertig sein soll. Danach soll sich das Institut fast ausschließlich über die Helmholtz-Gemeinschaft getragen und auch für externe Forschungspartner offen sein. Mit der Forschungsarbeit können die Wissenschaftler jedoch bereits im kommenden Jahr loslegen. „Da wir unsere Forschungsstrategie bereits konkret ausgearbeitet haben, können wir 2017 direkt in die wissenschaftliche Arbeit einsteigen, sagt AWI-Biologe Thomas Brey.

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Bessere Halt- und Bruchfestigkeit

Fällt das Handy, splittert häufig das Display. Mit diesem Problem hat sich der japanische Hersteller von Mobiltelefonen beschäftigt und das erste Handy mit biobasiertem Kunststoff-Touchscreen hergestellt. Der Weg dorthin war jedoch nicht einfach. Zwar gab es zahlreiche transparente Kunststoffe als Ersatz für das bislang verwendete Glas, diese waren allerdings nicht widerstandsfähig genug, um das Glasdisplay zu ersetzen. Diese Kunststoffe waren zwar stoß- und kratzfest, aber nicht ausreichend transparent oder lichtstabil. Die Lösung ist ein biobasierter Kunststoff, ein Isosorbid, das chemisch aus Zucker hergestellt wird.

Ein biobasierter Kunststoff

Durabio ist ein biobasierter Kunststoff der Firma Mitsubishi Chemical Corporation, der aus pflanzlichen Isosorbiden stammt. Seine Vorteile gegenüber konventionellen Polycarbonaten sind besondere Hitzebeständigkeit, Stoßfestigkeit, Transparenz und geringe optischen Verzerrung. Durch die bessere Stoßfestigkeit wird auch eine längere Lebensdauer bei den Geräten erhofft.

Marktreife

Ein Smartphone der Sharp Corporation ist bereits auf dem Markt.

Better grip and breaking resistance

If a mobile phone is dropped, the display often shatters. The Japanese manufacturer of mobile phones has dealt with this problem and produced the first mobile phone with a bio-based plastic touchscreen. However, getting there wasn’t easy. Although there have been numerous transparent plastics to substitute the glass to date, these were not, however, strong enough to replace the glass display. These plastics were indeed impact and scratch resistant, but not sufficiently transparent or stable. The solution is a bio-based plastic, an isosorbide, which is produced chemically from sugar. 

A bio-based plastic

Durabio is a bio-based plastic, which stems from the plant-based isosorbide and made by Mitsubishi Chemical Corporation. Its advantages over conventional polycarbonates are heat resistance, impact resistance, transparency and low optical distortion. Due to better impact resistance, the manufacturers expect the new devices to be more durable.

Ready for the market

A smartphone from the Sharp Corporation is already on the market.

Waldrodungen und Klimawandel setzen das Ökosystem Wald zunehmend unter Druck. Nicht nur der Lebensraum vieler Tiere ist gefährdet.  Auch sein Potenzial als Sauerstoffspender und CO2-Killer ist bedroht. Nun offenbart eine umfassende internationale Studie, wie positiv die Biodiversität die Produktivität der Wälder weltweit beeinflusst. Für die im Fachjournal „Science“ erschienene Untersuchung, an der auch Forscher der Technischen Universität München (TUM) beteiligt waren, wurden rund 30 Millionen Bäume, darunter 8.700 Baumarten von Mangroven über Bäume in tropischen Feuchtwäldern, Mitteleuropa, Tundren und Trockensavannen bis hin zu Hölzern in mediterranen Wäldern erfasst. Mehr als 770.000 Probeflächen aus 44 Ländern wurden ausgewertet. „Es wurde ein immenser Datenumfang zu Biodiversität und Produktivität aus fast 50 Ländern weltweit verarbeitet, was in diesem Wissenschaftsfeld noch keiner gemacht hat“, betont Mitautor Hans Pretzsch vom Lehrstuhl für Waldwachstumskunde der TUM.

Ökosystem Wald besser verstehen

Die Studie ist die erste große Arbeit des noch jungen Netzwerkes Global Forest Biodiversity Initiative (GFBI), das erst in diesem Jahr gegründet wurde. Die internationale und fachübergreifende Forschungsgruppe will damit das Verständnis der Zusammenhänge der großen bewaldeten Ökosysteme der Erde verbessern. Die GFBI-Studie beinhaltet die wichtigsten Waldökosysteme der Erde. Sie zeigt: Ein Artenrückgang führt zu massiven Einschnitten bei der Produktivität der Wälder. Aber nicht nur das. Wälder mit verschiedenen Holzarten wie Mischwälder aus Buchen und Kiefern, können neben vielen ökologischen und sozialen Vorteilen auch deutlich höhere Holzzuwächse  erbringen. „Die Inventuren und Versuchsflächendaten von über 150 Jahren zeigen, wie die Holzzuwächse parallel zur Artenanzahl zurückgehen und wie sie bei der Umwandlung von Waldmonokulturen hin zu Mischbeständen wieder ansteigen können“, erklärt Pretsch.

In den 1950iger und 1960iger Jahren wurden auch in Deutschland viele Mischwälder in Monokulturen umgewandelt. Diese Strategie gehört der Vergangenheit an. „Inzwischen ist in den Waldbaurichtlinien vieler Länder festgeschrieben, dass sich Bestände möglichst immer aus zwei oder drei Arten aufbauen sollten“, erklärt Pretsch. In Umsetzung der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt  - NBS“ fördert die Bundesregierung bereits seit 2007 Innovationen zum Schutz und einer nachhaltigen Entwicklung der Biodiversität. Vor knapp einem Jahr wurde das 3,2 Mio. Euro schwere Verbundprojekt „BioHolz“ gestartet, wo nach neuen Wegen für eine nachhaltige Waldnutzung gesucht wird.

Milliardenschaden durch Artenverlust

Wie hoch der Verlust für die Waldwirtschaft bei weiter schwindender Artenvielfalt wäre, zeigt die Studie ebenfalls: Die Autoren rechnen damit, dass bei einer Artenverarmung von 99 Prozent auch der Ertrag sinkt, was einem Wertverlust von 166 bis rund 490 Mrd. US-Dollar pro Jahr entsprechen würde. Damit würden die Verluste die weltweiten jährlichen Aufwendungen zum Erhalt der Biodiversität um das Doppelte überragen. Dazu wäre der Verlust der genetischen Vielfalt sowie der Schutz- und Erholungsfunktionen noch wesentlich größer, als die zu erwartende verminderte Holzproduktion.

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Rosmarin zählt wegen des kräftigen Aromas zu den beliebtesten Küchenkräutern. Verantwortlich für den prägnanten Geschmack ist der Pflanzenstoff Carnosinsäure, der auch in Salbeiblättern enthalten ist. Aber nicht nur als Aromastoff ist Carnosinsäure begehrt. Der Pflanzenstoff wird vor allem in Fleischprodukten, Ölen, Fetten, Saucen und Tierfutter als natürliches Antioxidationsmittel geschätzt, um Produkte länger haltbar zu machen. Auch die Pharmaindustrie nutzt den Pflanzenstoff als Basis für bioaktive Substanzen, die gegen Entzündungen, Krebs und neurodegenerative Erkrankungen wirken.

Gewinnung aus Pflanzen aufwendig

Auf Grund dieser Eigenschaften wird Carnosinsäure weltweit immer beliebter. Bislang wird die Substanz jedoch aus getrockneten Rosmarin- und Salbeiblättern gewonnen. Doch die Ausbeute ist gering. Um die Produktion des Antioxidationsmittels im Industriemaßstab zu gewährleisten, wären größere Mengen der begehrten Küchenkräuter erforderlich. Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) haben die Lösung für das Problem gefunden.Wie das Team um den Hallenser Pflanzenforscher Alain Tissier im Fachjournal „Nature Communications“ berichtet, gelang es ihnen, das Antioxidationsmittel auf biotechnologische Weise herzustellen. Dabei dienten ihnen Hefen als Zellfabriken. Zunächst mussten die Forscher jedoch den Mechanismus der Biosynthese von Carnosinsäure in der Pflanze aufklären.

Pflanzliche Biosynthesekette aufgeklärt und übertragen

Im Rahmen der Studie fand das Team buchstäblich das lang gesuchte letzte Puzzleteil. Denn die Biosynthese von Carnosinsäure innerhalb der Pflanze verläuft in mehreren Reaktionsschritten, die von unterschiedlichen Enzymen katalysiert werden. Wie die Hallenser Leibniz-Forscher berichten, fanden sie nun jenes, bislang unbekannte Enzym, das den letzten Schritt der Reaktionskette katalysiert. Zugleich entdeckten sie ein zusätzliches, bisher unbekanntes Zwischenprodukt und neue Enzyme. Nachdem die Lücke in der Reaktionskette nun geschlossen war, konnte das Team die Gene, die für die entsprechenden Enzyme kodieren, in Hefezellen einzuschleusen. So ließ sich der Stoffwechsel der Hefen umprogrammieren, die Zellen stellen fortan Carnosinsäure her. Damit haben die Pflanzenforschern aus Halle die erste Etappe auf dem Weg zur biotechnologischer und damit von Klimaschwankungen, Bodenqualität und Ernteerträgen unabhängigen Herstellung des Antioxidationsmittels Carnosinsäure gemeistert.

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Der Begriff "Nachhaltigkeit" wird oft verwendet, aber er ist wenig griffig. Doch wie vermittelt man das komplexe Thema frühzeitig - etwa in der Schule? Nun haben Umweltforscher und Biodidaktiker ein Computerspiel entwickelt, das Lehrern helfen soll, das Thema Nachhaltigkeit in der Klasse spielerisch zu vermitteln.

Nachhaltige Landnutzung spielend vermitteln

Das neue Lehrmaterial beinhaltet zum einen das Online-Spiel „LandsYOUs“, das als Serious Game den Schülern eine nachhaltige Landnutzung nahe bringen soll. Als Begleitmaterial gibt es eine 16-seitige Broschüre, die Lehrkräften konkrete Anregungen gibt, wie sie mithilfe des Spieles eine bis zu vierstündige Unterrichtseinheit aufbauen können.

Die Unterrichtshilfen wurden im Rahmen der vom Bundesforschungsministerium geförderten Maßnahme „Nachhaltiges Landmanagment“  vom Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) gemeinsam mit dem Klett Mint Verlag entwickelt. Es richtet sich an Schüler ab der neunten Klasse und ist ab sofort beim Verlag abrufbar. „Mit dem Online-Spiel und den Arbeitsmaterialien können Lehrer auf spielerische Art und Weise das sehr komplexe Thema Nachhaltigkeit aufgreifen und es für Schüler besser begreifbar machen“, betont Claudia Conrady vom Verlag Klett Mint und verweist dabei auf die Anknüpfungsmöglichkeiten in Fächern wie Geografie, Biologie, Sozialkunde oder Ethik.

Humpelnde Kühe, kaputte Klauen, entzündete Euter – diese Diagnosen zählen zu den gefürchteten Erkrankungen in Milchviehbetrieben. Leider gehören sie zum Alltag der Milchhöfe, in denen Tiere kontinuierlich Höchstleistung bringen müssen und in denen bisweilen übermäßig Antibiotika eingesetzt werden. Agrarexperten wie auch die Verbraucher setzen daher Hoffnungen in die ökologische Tierhaltung, die mit ihren deutlich besseren Haltungsstandards – etwa mehr Platz und Auslauf – der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Kühe eigentlich zugutekommen sollte.

Ernüchternd hoher Krankenstand

Doch gerade mit diesem Bild hat das kürzlich zu Ende gegangene EU-Projekt „IMPRO“ aufgeräumt. Das von dem Tiermediziner Albert Sundrum von der Universität Kassel geleitete Projekt hat ernüchternde Erkenntnisse zutage gefördert: „Die Erkrankungsraten auf ökologischen Milchviehbetrieben sind genauso hoch wie in der konventionellen Haltung“, sagt Susanne Hoischen-Taubner im Gespräch mit bioökonomie.de. Die Agrarwissenschaftlerin hat das EU-Konsortium zusammen mit Sundrum koordiniert.

Zu dem internationalen Forscherkonsortium gehörten Partner aus Frankreich, Schweden, Niederlande, Spanien und Großbritannien. In dem mit 3,2 Mio. Euro geförderten EU-Projekt wurde gezielt untersucht, wie sich die ökologische Milchviehhaltung auf die Tiergesundheit auswirkt. Über den Zeitraum von einem Jahr haben die Agrarforscher dazu das Auftreten bestimmter Produktionserkrankungen auf mehr als 200 Öko-Betrieben in Deutschland, Frankreich, Schweden und Spanien analysiert. „Produktionserkrankungen sind so etwas wie die Berufskrankheiten der Milchkühe, dazu zählen etwa Lahmheit oder entzündete Euter“, erläutert Hoischen-Taubner. „Für diese Erkrankungen gilt aber auch: Sie sind beeinflussbar durch das Betriebsmanagement“.

Der Schlüssel liegt in der Betriebsführung

Bemerkenswert seien die enormen Unterschiede zwischen den untersuchten Öko-Betrieben, sagt die Kasseler Wissenschaftlerin. Sie ließen sich weder durch regionale Gegebenheiten noch durch die Betriebsgröße erklären. „Vielmehr sind Erkrankungsraten zuallererst das Ergebnis einer suboptimalen Betriebsführung“, so die Forscher. Vielen Betrieben fehle der Anreiz, Zeit und Geld in die Verbesserung der Gesundheitssituation zu investieren. Denn alle Lieferanten einer Molkerei erhalten – trotz sehr unterschiedlicher Gesundheitsleistungen - den gleichen „Premium-Preis“ für ihre Bio-Milch. Auch können die Kosten für Verbesserungen der Tiergesundheit die Ausfallkosten durch Erkrankungen übersteigen. „Eine unfaire Wettbewerbssituation“, konstatieren die Forscher. Durch die gesetzlich verankerten Regelungen sollte diese ja eigentlich unterbunden werden.

Analyse-Werkzeuge für die Ökobetriebe entwickelt

Im Rahmen des EU-Projektes wurden mehrere Werkzeuge entwickelt, mit deren Hilfe die Öko-Landwirte Produktionskrankheiten ihrer Milchkühe angepasst an die jeweilige betriebliche Situation möglichst effektiv und kostengünstig reduzieren können. Dazu wurden betriebswirtschaftliche Faktoren untersucht und in ein Softwareprogramm für eine vereinfachte Durchführung von Kosten-Nutzen-Analysen verarbeitet. Hoischen-Taubner: „Die Tierarzt- und Medikamentenkosten sind für die Landwirte nicht bedeutend. Relevant sind dagegen die Verluste durch geringere Milchleistung kranker Kühe oder deren vorzeitiger Schlachtung.“

Im Verlaufe des Projekts habe sich gezeigt, dass viele Landwirte, aber auch ihre Berater, diese Kosten unterschätzten. Mit dem Computerprogramm können interessierte Öko-Landwirte nun künftig besser kalkulieren. „Unsere Software beinhaltet auch ein Tool, das Öko-Milchbauern zeigt, welche vorbeugenden Maßnahmen sich in ihrem Betrieb wirtschaftlich am ehesten rentieren.“ 

Flächendeckende Erfassung gefordert

Für die Kassler Agrarforscher ergibt sich aus ihren Ergebnissen klarer Handlungsbedarf: Sie fordern eine flächendeckende Erfassung von ausgewählten Produktionskrankheiten in Ökobetrieben. Zudem sollten konkrete Zielvorgaben abgesteckt werden, an denen sich alle Beteiligten orientieren können, um die unbefriedigende Situation in der Öko-Milchwirtschaft zu verbessern.

pg

Überschwemmungen und Trockenheit machen der Landwirtschaft weltweit zunehmend zu schaffen. Die Suche nach resistenten Pflanzen, die den Umwelteinflüssen trotzen, steht daher seit Langem im Fokus der Forschung. „Dafür brauchen wir ein besseres Verständnis wichtiger Kulturpflanzen, wie Reis, der als weltweit wichtigste Nahrungsquelle gilt“, erklärt Michael Riemann aus der Arbeitsgruppe Molekulare Zellbiologie am Botanischen Institut des KIT. Am Karlsruher Institut für Technologie haben daher Biologen um Riemann gemeinsam mit Informatikern ein System kreiert, dass die Basis für die Züchtung neuer Pflanzensorten unterstützen soll. Das System Risegran - Rice Seedlings Growth Analysis-System- entstand gemeinsam mit dem Startup da-cons, um das Wachstum von Reiskeimlingen zu analysieren – und zwar mithilfe einer Kamera.

Lichteffekt auf Keimlinge messen

Bei dem System handelt es sich um eine 50 mal 50 Zentimeter große Box, die im Innern von 20 Infrarot-LEDs beleuchtet wird.  In dem ansonsten lichtundurchdringlichen Kasten werden die Reissamen in einer abgedichteten Platte in Wasseragar, einem transparenten Nährboden, der gleichzeitig die Keimlinge mit Wasser versorgt, zunächst im Dunkeln aufgezogen. Die Anzucht im Dunkeln soll die Keimlinge besonders lichtempfindlich machen, so dass der Effekt von Licht messbar wird.  Eine in die Wand eingebaute Kamera dokumentiert stündlich das Pflanzenwachstum. „Die Keimlinge ändern ihr Aussehen komplett, je nachdem, ob sie im Licht oder im Dunkeln wachsen. Das System soll die Pflanzen aber nur beobachten und nicht beeinflussen. Deshalb ist die Box so konstruiert, dass kein sichtbares Licht auf die Keimlinge fällt“, erklärt Riemann.

Die von der Kamera aufgezeichneten Bilder werden vom Risegran-System detailiert erfasst und automatisch ausgewertet. Der von da-cons entwickelte Algorithmus bestimmt aus den Bildern dann jeweils die Länge des Sprosses, des ersten Blattes und der Wurzel. Außerdem überträgt der Computer die Bilder automatisch auf einen Server, wo sie von den Forschern jeder Zeit eingesehen werden können.

Ob an Land oder im Wasser: Stickstoff ist neben Kohlen- und Sauerstoff der Nährstoff, ohne den weder Pflanzen, Tiere noch andere Organismen leben können. Er wird benötigt, um unverzichtbare Zellbestandteile wie Proteine und Erbmoleküle wie die DNA herzustellen. Die Nährstoffversorgung übernehmen in der Regel spezielle Bakterien, die in Symbiose mit Organismen und Lebewesen leben. Im Meer sind es chemosynthetische Bakterien, die auf der Oberfläche oder im Inneren von Meerestieren leben und ganz ohne Sonnenlicht, Nährstoffe produzieren und ihren Wirt damit versorgen. Dass diese Meeresbakterien Kohlenstoff fixieren und in organischen Kohlenstoff umwandeln können, war seit Langem bekannt.

Ein Team um Mikrobiologin Jillian Petersen von der Universität Wien hat nun gemeinsam mit Forschern vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie sowie Kollegen aus Frankreich, Italien und Kanada einen weiteren Vorteil der mikrobiellen Helfer entdeckt. Wie die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature“ berichten, können chemosynthetische Bakterien sogar Stickstoff binden. Die Forscher fanden die stickstofffixierenden Symbionten auf Mondmuscheln und Fadenwürmern vor der Insel Elba.

Meeresbakterien als Stickstoffrecycler

"Diese Entdeckung kam wirklich überraschend - denn die Bakterien können vermutlich auch Stickstoff aus ihrer Umgebung aufnehmen und den Stickstoffabfall ihrer Wirte wiederverwerten", sagt Jullian Petersen. Die Forscher stellten fest, dass die Meeresbakterien – anders als üblich - den Nährstoff also nicht erst aufwendig aus Stickstoffgas fixieren müssen.

Mithilfe moderner Sequenziermethoden sind die Forscher in den Muscheln jenen Genabschnitten auf die Spur gekommen, die für die Stickstofffixierung verantwortlich sind. “Das deutet darauf hin, dass die Symbionten aktiv im Inneren ihrer Wirte Stickstoff fixieren“, erklärt Petersen. Einen Beweis für die Stickstoffbindung fanden die Forscher auch in der Isotopenzusammensetzung des Stickstoffs. Dabei handelte es sich eindeutig um biologisch fixierten Stickstoff. Nicht nur vor Elba, auch in anderen Küstenregionen der Erde fanden die Forscher diese stickstofffixierenden Meeresbakterien. Daher sind die Forscher überzeugt, dass diese Fähigkeit der symbiotischen Bakterien Stickstoff zu binden, weit verbreitet ist.

Ozeane mit Stickstoff düngen

Darüber hinaus können chemosynthetische Symbionten nicht nur Stickstoff aus dem Inneren von Muscheln und Würmern binden, sondern auch freisetzen und so ihre Umgebung mit dem wichtigen Nährstoff düngen. Ob diese symbiotischen Bakterien auch die Fähigkeit haben, die Weltmeere mit dem notwenigen Stickstoff zu versorgen und somit das Ökosystem aufrecht zu halten, wollen die Forscher um Jullian Petersen als nächstes untersuchen.

Windeln aus nachwachsenden Rohstoffen, die voll kompostierbar sind: Dieses Ziel hat Dominik Franck mit seinem Unternehmen "Fairwindel" im Blick. Inspiriert von den Windelbergen seiner Tochter, entwickelte der Chemiker eine Windel, die zu Teilen aus Kartoffelstärke und Mais besteht. 2015 wurde das von ihm und seiner Frau geleitete Mühlenbecker Unternehmen "Fairwindel" als nachhaltiges Startup ausgezeichnet.