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Unsere moderne Welt wäre ohne die chemische Industrie undenkbar. Doch die Branche stand in den vergangenen Jahrzehnten wie keine zweite für ökologische und gesundheitliche Probleme. Die oft erforderlichen hohen Temperaturen und Drücke führen zu einem enormen Energiebedarf. Nicht selten fallen während der Produktionsprozesse problematische Abfallstoffe wie Säuren oder Lösungsmittel an. Obendrein erfordert die Herstellung komplizierter Moleküle, wie sie beispielsweise in der Pharmazie benötigt werden, eine lange Abfolge technisch anspruchsvoller Reaktionsschritte. Dass es auch anders gehen kann, weiß die Wissenschaft seit den frühen 1980er Jahren. Damals wurde mit Insulin ein kompliziertes Biomolekül auf neue Weise produziert: in und von Mikroorganismen. Seitdem erlebt die Biotechnologie ein rasantes Wachstum.
Viele Vorteile gegenüber klassischer Chemie
„Biotechnologische Verfahren benötigen weniger Schritte, sind viel billiger und haben eine sehr hohe Spezifität“, erläutert Peter Schönheit, Mikrobiologe an der Universität Kiel, die weiteren Vorteile gegenüber der klassischen Chemie. Außerdem erzeugen die Mikroorganismen in ihrem Stoffwechsel stereospezifische Verbindungen. Chemische Verfahren hingegen produzieren oft eine Mischung von stofflich gleichen Molekülen, die aber in ihrer räumlichen Konstellation variieren – vergleichbar mit linker und rechter Hand, die spiegelbildlich, aber ansonsten identisch aufgebaut sind. Fast immer unterscheiden sich diese Varianten in ihrer biologischen Aktivität. Bekannt wurde das Problem seinerzeit durch Contergan, wo die eine Variante ein harmloses Schlafmittel war, die andere jedoch fruchtschädigend wirkte. Seitdem trennt die Industrie ihre Produkte in einem abschließenden Verfahrensschritt nach deren Stereospezifität, was weiteren Aufwand und weitere Abfallprodukte bedeutet.
Der Trick, durch den die Mikroorganismen die komplizierten chemischen Prozesse zustande bringen, heißt „Enzyme“, d.h. biologische Katalysatoren. Sie sind darauf spezialisiert, beispielsweise eine chemische Gruppe von einem Molekül auf ein anderes zu übertragen und so auch komplexe Verbindungen zusammenzusetzen. Die Baupläne für die Vielzahl unterschiedlicher Enzyme stecken im Erbgut aller Lebewesen, doch nicht alle Organismen produzieren die gleichen Enzyme. Das ist der Punkt, an dem das Forschungsprojekt „Thermogene“ ins Spiel kommt.
Andere Substrate ermöglichen andere Produkte
Gefördert mit rund 1,3 Mio. Euro aus dem Programm ERA-Net Industrial Biotechnology haben sich darin Forscher der Universität Exeter (Großbritannien), der Universität Kiel, der Universität Bergen (Norwegen), sowie der Firmen Molecular Technologies (Russland) und Sigma-Aldrich/Merck von März 2013 bis Juli 2016 auf die Suche nach besonders leistungsfähigen Enzymen gemacht. „Wir wissen, dass thermostabile Biokatalysatoren besonders robust sind“, erklärt Schönheit. Diese werden aus hyperthermophilen Mikroorganismen gewonnen, die bei Umgebungstemperaturen von 80 bis 110 °C optimal wachsen. „Diese Enzyme sind besser angepasst an harsche Bedingungen und resistenter gegen Lösungsmitteleinflüsse wie Ethanol oder Methanol, die in Industrieprozessen anfallen“, führt der Mikrobiologe weiter aus.
Längst haben biobasierte Produkte den Verbraucher erreicht: Turnschuhe mit Textilien aus Spinnenseide, Lupinen als Proteinalternativen für Lebensmittel oder neue natürliche Inhaltsstoffe für Kosmetika sind nur einige Innovationen, die Forscher in der Bioökonomie vom Labor bis in den Markt gebracht haben. (weitere Produktsteckbriefe gibt es hier) Die Vielfalt der genutzten biologischen Ressourcen reicht von Pflanzen und Tieren über Mikroorganismen bis hin zu Reststoffen, die in der Landwirtschaft oder anderen Industrien anfallen.
Agendakonferenz für die neue Forschungsstrategie
Seit 2010 unterstützt die Bundesregierung diesen Wandel hin zu einer vermehrt biobasierten Wirtschaft mit der "Nationalen Forschungsstrategie Bioökonomie 2030". Doch wie kann diese Forschungspolitik in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden? Welche Themenschwerpunkte müssen künftig gesetzt werden? Darüber haben rund 130 Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft am 29. Juni im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) diskutiert. Die Agendakonferenz bot vor allem zivilgesellschaftlichen Akteuren eine Plattform, um Chancen und Risiken der Bioökonomie aus ihrer Perspektive zu diskutieren.
Einig waren sich die meisten Teilnehmer darüber, dass ein einfaches „Weiter so“ nicht zu einer nachhaltigen Bioökonomie führt. Nicht selten treten Zielkonflikte zutage, wenn biologische Ressourcen genutzt werden. „Es geht darum, Wirtschaftlichkeit mit Nachhaltigkeit zu verbinden“, betonte Andrea Noske, Referatsleiterin Bioökonomie im BMBF. Dazu brauche es ein neues Denken. „Wir benötigen ein Update der nationalen Bioökonomie-Forschungsstrategie, und dazu benötigen wir Ihren Input“, sagte sie zur Begrüßung der Konferenzteilnehmer.
Biologische Abfallstoffe nutzen und gleichzeitig Chemikalien herstellen und Energie gewinnen – das ist das ambitionierte Ziel der Elektrobiotechnologie. Das Besondere: Elektronenleitende Mikroben verstoffwechseln Strom statt wie herkömmlich Zucker. Falk Harnisch vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig ist einer der führenden Forscher auf dem Gebiet der Elektrobiotechnologie. Im Jahr 2012 gewann er für seine zukunftsweisende Arbeit den vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vergebenen "Forschungspreis" der Förderinitiative "Nächste Generation biotechnologischer Verfahren - Biotechnologie 2020+".
Der Anbau von Zwischenfrüchten ist eine alt bewährte Praxis in der Landwirtschaft. Ackersenf oder Leguminosen werden nach der Ernte von Mais oder Weizen aufs Feld gebracht, um den Boden für die nächste Hauptfrucht fit zu halten oder zu verbessern. Im Bodenforschungsverbundprojekt namens „CATCHY“ haben Partner aus Forschung und Wirtschaft in den vergangenen Jahren den Einfluss von Zwischenfrüchten auf die Bodenfruchtbarkeit genauer untersucht, um neue innovative Anbausysteme zu entwickeln.
„Wir wollten unterschiedliche Eigenschaften von unterschiedlichen Pflanzen auf dem Acker zusammenbringen und durch Diversität zusätzlich bodenverbessernde Eigenschaften einbringen“, erläutert Projektkoordinatorin Barbara Reinhold-Hurek von der Universität Bremen. Das Vorhaben wurde im Rahmen des Förderprogramms „BonaRes – Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie“von 2015 bis 2018 mit insgesamt 2 Mio. Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Zwischenfrüchte werden vornehmlich angebaut, um den Boden zu schützen und nachhaltig zu stärken. Sie sollen verhindern, dass der Acker bis zur nächsten Ernte brach liegt oder durch Bodenerosion und Auswaschen von Nährstoffen geschädigt wird. Leguminosen wie Lupine und Klee werden vor allem als natürliche Düngerexperten geschätzt. Sie können mithilfe von Bakterien über die Wurzeln Stickstoff aus der Luft binden und so den Boden nachhaltig mit Nährstoffen versorgen. Doch Zwischenfrüchte wurzeln unterschiedlich tief, sodass sie Nährstoffe aus verschiedenen Bodentiefen ziehen.
Bodenverbessernde Eigenschaften bündeln
Zwischenfruchtmischungen haben daher den Vorteil, dass sie verschiedene bodenverbessernde Eigenschaften bündeln. „Wichtig für den Landwirt und die Bodenerhaltung ist aber: was passiert langfristig“, sagt Reinhold-Hurek. Wir haben daher Testfelder für einen Landzeitfeldversuch aufgesetzt, indem man über viele Jahre solche Versuche nach einem ganz bestimmten Prinzip kontrolliert anlegt, um langfristige Effekte auf den Boden messen zu können“.
Bodeneffekte messen
Im Projekt CATCHY haben die Forscher sowohl einen Mix an Zwischenfrüchten als auch einzelne Nutzpflanzen wie Ackersenf und Klee auf deren Wirkung auf den Boden untersucht. Dafür entstanden im Norden und Süden Deutschlands Testfelder, um den Anbau unter zwei verschiedenen Klima- und Bodenbedingungen zu analysieren. Das Saatgut wurde vom Projektpartner Deutsche Saatgutveredelung (DSV) zur Verfügung gestellt.
„Unsere einfachste Mischung ist ein Mix aus vier Komponenten: Ackersenf, die Bienenweide Phacelia, ein Klee zum Stickstofffixieren und Rauhafer, der besondere Durchwurzelungseigenschaften aufweist“, erklärt Reinhold-Hurek. Zudem wurde eine kommerzielle Mischung aus dem Terra-Life-Angebot der DSV verwendet, die aus zwölf verschiedenen Sorten besteht.Für eine wissenschaftliche Untersuchung war ein groß angelegter Feldversuch nötig. Dafür wurden zwei Testfelder im Norden und Süden des Landes angelegt und jeweils in 84 einzelne Feldstücke unterteilt und unterschiedlich behandelt, wie Reinhold-Hurek erläutert. „Das ist ein sehr komplexer Feldversuch. Brachfläche, die beiden Zwischenfrucht-Mischungen sowie den einzelnen Pflanzen werden getestet, und jede Behandlung auf jedem Feld wurde auch noch dreimal repliziert. Und daneben testen wir noch verschiedene Abfolgen der Fruchtfolge.“
Pflanzenwurzeln und Mikrobiom im Blick
Dieser komplexe Feldtest stellte die Forscher vor zahlreiche Herausforderungen. So galt es nicht nur, den Einfluss der verschiedenen Anbauszenarien auf Boden und Pflanze anhand bestimmter Parameter wie Humusbildung, Phosphat- und Stickstoffgehalt als auch pH-Wert zu messen. Mithilfe modernster Technik erkundeten Pflanzenphysiologen, wie sich die Wurzeln der einzelnen Pflanzen entwickelten und wie tief sie wurzelten. Bodenkundler ergründeten, wie und ob der Boden Nährstoffe speichert. Mikrobiologin Reinhold-Hurek nahm hingegen das Mikrobiom unter die Lupe, um zu erfahren, welchen Einfluss Zwischenfrüchte auf die Zusammensetzung der Mikroorganismen in und um die Wurzel herum haben.
Zwischenfrucht-Mix verändert Mikrobengemeinschaft
„Es wurde deutlich, dass unterschiedliche Pflanzentypen unterschiedliche Mikroorganismen an den Wurzeln beherbergen“, sagt die Forscherin. Im Rahmen des Projektes konnte sie nachweisen, dass die mikrobiellen Gemeinschaften an Zwischenfruchtmischungen tatsächlich andere sind als jene an den einzelnen Hauptfrüchten – wie etwa Weizen. Brache oder Zwischenfrucht: je nach Vorbehandlung des Ackers konnten die Forscher ein leichte Veränderung der Mikrobengemeinschaft an Maiswurzeln feststellen. „Uns interessiert, ob das eher Zufall war oder ob wir eine stetige Veränderung über Jahre hinweg in eine ganz bestimmte Richtung haben“, sagt Reinhold-Hurek.
Die steigende Nachfrage nach Wohnraum zwingt auch die Baubranche zum Umdenken. Nachwachsende Rohstoffe wie Holz oder Stroh gewinnen an Bedeutung, um endliche Ressourcen wie Sand, ein wichtiger Zuschlagsstoff für Beton, zu schonen. Um das Bauen nachhaltiger zu machen, forschen Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gezielt an neuen Materialen, die nicht nur umweltfreundlich, sondern auch wiederverwertbar sind. Dass nachhaltiges Bauen keine Utopie mehr ist, zeigen die Wissenschaftler nun anhand einer Testwohnung nahe Zürich.
Beweis für nachhaltiges Bauen
Die Drei-Raum-Wohnung dient zu Forschungszwecken und ist ein Beispiel für das sogenannte „Urban Mining & Recycling“. Mithilfe des Wohnlabors wollen die Wissenschaftler den Wandel des Bauens in Richtung Kreislaufwirtschaft vorantreiben. „Wir wollen beweisen, dass es schon heute möglich ist, so zu bauen, dass sämtliche Ressourcen zu hundert Prozent und sortenrein wieder ausbaubar sind“, sagt Dirk Hebel, Leiter des Fachgebiets Nachhaltiges Bauen des KIT.
Das Wohnlabor ist Teil des Forschungs- und Testgebäudes NEST (Next Evolution in Sustainable Building Technologies) im schweizerischen Dübendorf bei Zürich auf dem Campus der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt. Das Apartment wurde fabrikfertig angeliefert und innerhalb eines Tages in das mehrstöckiges Versuchsgebäude eingebaut.
Gebrauchte Türklinken und recycelte Abfälle
Die Recycling-Wohnung misst 125m2 und besteht vollständig aus kompostierbaren und wiederverwertbaren Materialien. So wurden Primärrohstoffe wie unbehandelte Weißtanne für einen Großteil der Fassade verwendet, während alte Kupferplatten eines Hoteldachs in Österreich als Fassadeneinfassung eine neue Verwendung fanden. Die Türklinken im Wohnlabor zierten einst Türen einer Bank in Brüssel. Aber auch recycelte Abfallstoffe und neu entwickelte Baumaterialien wurden eingesetzt. So wurden aus Bauschutt neue Backsteine gefertigt und Getränkekartons zu Wandverkleidungen verarbeitet. „Dieses urbane Materiallager zu nutzen, dient der Nachhaltigkeit und macht unabhängiger vom Rohstoffmarkt“, sagt Felix Heisel, Forschungsverantwortlicher des Fachgebiets Nachhaltiges Bauen des KIT. Um die hier verwendeten Einzelstoffe später unvermischt zurückgewinnen und wiederverwenden zu können, verzichteten die Erbauer der Testwohnung komplett auf Kleber oder Aufschäumer. Stattdessen wurde die Elemente verschraubt, geklebt oder gesteckt.
Kompostierbare Dämmplatten aus Pilzgewebe und Sägespänen
Aber auch komplett neue Baustoffe finden in der Drei-Raum-Wohnung erstmals Anwendung: So bestehen die Dämmplatten aus einen kompostierbaren Material, dass von den Karlsruher Forschern entwickelt wurde. Dabei handelt sich um Pilz-Myzel, einem aus Pilzgewebe und Sägespänen kultivierten Material. „Unsere Vision ist, Häuser künftig sozusagen wachsen zu lassen und nach Ende ihrer Nutzung die Baustoffe wiederzuverwerten“, so Hebel.
Wohnlabor im Alltagstest
Das im Frühjahr eröffnete Wohnlabor entstand in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus Industrie und Handwerk. Das Pilotprojekt bietet die einmalige Chance neue Materialien in der Praxis zu testen. In den kommenden fünf Jahren will das Forscherteam beobachten, ob sich ihre Methoden bewähren und wie sich die Materialien verhalten. „Durch das Testen von Innovationen unter realen Bedingungen wird eine Brücke von der Forschung zur Anwendung geschlagen, denn die Kreislaufwirtschaft braucht neue Methoden und Produkte“, betont Hebel. Zwei Studenten, die im Mai das Wohnlabor bezogen haben, werden mit Erfahrungen aus dem Alltag die Studie ergänzen.
bb
The increasing demand for living space is driving a rethink in the construction industry. Renewable raw materials such as wood or straw are becoming increasingly important in order to conserve finite resources such as sand, an important aggregate for concrete. To make construction more sustainable, scientists at the Karlsruhe Institute of Technology (KIT) are conducting targeted research into new materials that are not only environmentally friendly but also recyclable. The scientists are now demonstrating that sustainable construction is no longer a utopia with a test apartment near Zurich.
Proof of sustainable construction
The three-room apartment is used for research purposes and is an example of so-called "urban mining & recycling". With the help of the housing laboratory, the scientists want to drive the transformation of construction towards a closed-loop economy. "We want to prove that it is already possible today to build in such a way that all resources can be fully re-expanded and sorted according to type," says Dirk Hebel, head of the Sustainable Building Department at KIT.
The residential laboratory is part of the research and test building NEST (Next Evolution in Sustainable Building Technologies) in Dübendorf near Zurich, Switzerland, on the campus of the Swiss Federal Laboratories for Materials Testing and Research. The apartment was delivered ready to go and installed in the multi-storey test building within one day.
Used door handles and recycled waste
The apartment measures 125m2 and is made entirely of compostable and recyclable materials. For example, primary raw materials such as untreated silver fir were used for a large part of the façade, while old copper plates from a hotel roof in Austria were used for a new façade edging. The door handles in the living laboratory once adorned the doors of a bank in Brussels. But recycled waste materials and newly developed building materials were also used. For example, new bricks were made from building rubble and beverage cartons were processed into wall coverings. "Using this urban material warehouse serves sustainability and makes us less dependent on the raw materials market," says Felix Heisel, Research Manager at KIT's Sustainable Building department. In order to be able to recover and reuse the individual materials used here unmixed, the builders of the test apartment completely did without adhesives or foamers. Instead, the elements were screwed, glued or fitted.
Compostable insulation boards made of fungal fabric and sawdust
However, completely new building materials are also being used for the first time in the three-room apartment: the insulation panels are made of a compostable material developed by the Karlsruhe researchers. This is fungal mycelium, a material cultivated from fungal tissue and sawdust. "Our vision is to let houses grow in the future, so to speak, and to recycle the building materials once they have been used," says Hebel.
Living laboratory in everyday test
The residential laboratory opened in spring was developed in close cooperation with partners from industry and trade. The pilot project offers a unique opportunity to test new materials in practice. Over the next five years, the research team wants to observe whether their methods are proving successful and how the materials behave. "Testing innovations under real conditions builds a bridge from research to application, because the circular-flow economy needs new methods and products," emphasises Hebel. Two students who moved into the residential lab in May will supplement the study with experiences from everyday life.
Mit sogenannten Genome-Editing-Werkzeugen wie der Genschere CRISPR-Cas lässt sich die Erbsubstanz DNA so präzise wie nie bearbeiten. Mit dem molekularen Werkzeug lassen sich gezielt einzelne Abschnitte oder sogar einzelne Bausteine der DNA - die Nukleotide - austauschen oder verändern. Denkbare Anwendungen für diese Werkzeuge gibt es sowohl in der Medizin als auch in der Landwirtschaft: Es könnten viel schneller als bisher hitzebeständige, schädlingsresistente oder ertragsreichere Nutzpflanzen gezüchtet werden. In den USA sind einige Genom-editierte Pflanzen bereits für den Anbau zugelassen. In Europa herrscht zu diesem Thema noch keine Klarheit: Derzeit berät der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die rechtliche Einordnung dieser Genome-Editing-Methoden. Vor allem muss entschieden werden, ob Pflanzen, die mit diesen Züchtungsmethoden entstehen, unter das Gentechnikrecht fallen und somit auch als solche reguliert werden müssen. Eine Entscheidung des EuGH zur rechtlichen Einstufung neuer gentechnischer Verfahren wird am 25. Juli 2018 erwartet. Auf dieser Grundlage werden EU-Kommission und die Mitgliedstaaten darüber entscheiden, ob und wie sie so erzeugte Pflanzen und Produkte künftig regulieren.
Ist das Produkt oder der Produktionsweg entscheidend?
Durch gezieltes Einsetzten von Genome-Editing-Werkzeugen wie CRISPR-Cas werden dieselben genetischen Veränderungen hervorgerufen, wie durch traditionelle Züchtungsverfahren oder spontane Mutationen in der Natur – nur schneller und gezielter. Zudem hinterlassen die Genomchirurgie-Werkzeuge auch keine Spuren, nachdem sie an der DNA zu Gange waren. Die Kernfrage ist also: Entscheidet das Produkt oder der Produktionsweg darüber, ob eine Pflanze als gentechnisch veränderter Organismus (GVO), zählt oder nicht.
Interessenskonflikte vorprogrammiert
Im Vorfeld des EuGH-Entscheids treten nun auch die unterschiedlichen Ansichten der Interessengruppen zutage: Kürzlich haben sich die Umwelt- und Verbraucherbände und die Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie (DIB) zu Wort gemeldet:
In einer Resolution fordern 21 Organisationen aus den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt- und Verbraucherschutz von den Abgeordneten im Bundestag und im Europäischen Parlament, dass alle Verfahren, die unter Begriffen wie Genome Editing, zielgerichtete Mutagenese oder neuere Mutagenese-Verfahren laufen, als Gentechnik reguliert werden, und dass demnach auch alle Produkte, die auf diesem Wege entstehen, als GVOs bezeichnet werden. Sie argumentieren, dass selbst die neuesten und präzisesten Methoden immer die zugrunde liegende DNA verändern und ungewollte Nebenwirkungen auslösen können: „Selbst wenn ein gentechnischer Eingriff möglicherweise gezielter erfolgt, bedeutet das nicht, dass er sicherer ist. Die Auswirkungen der DNA-Veränderungen lassen sich – angesichts der Komplexität des Genoms und seiner Wechselwirkungen mit anderen Elementen der Zelle und mit der Umwelt – nicht voraussagen“, so die Organisationen. Zudem seien die Langzeitwirkung dieser neuen Methoden noch nicht abzusehen.
DIB fürchtet beeinträchtigte Wettbewerbsfähigkeit
Die DIB steht diesen Aussagen skeptisch gegenüber, wie ihr Geschäftsführer Ricardo Gent zusammenfasst: „Eine Bewertung von Genome Editing sollte auf naturwissenschaftlichen Einzelfallentscheidungen beruhen und nicht pauschal getroffen werden. Eine pauschale Einordnung als Gentechnik ist wissenschaftlich nicht gerechtfertigt und würde die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Innovationsstandorte beeinträchtigen.“ Laut DIB bestehe zudem kein wissenschaftlicher Grund, dass sich Pflanzen nur aufgrund der verwendeten Methode anders verhalten als gleichartige, konventionell über mehrere Generationen gezüchtete Pflanzen. Basierend auf diesen Argumenten kamen die Expertenarbeitsgruppe der EU-Mitgliedstaaten sowie die Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit zu dem Ergebnis, dass einige Methoden zu einem GVO, führen und andere nicht. Eine pauschale und naturwissenschaftlich unbegründete Ablehnung würde ihrer Meinung nach sowohl der medizinischen als auch der industriellen Biotechnologie schaden.
jmr
Using so-called genome-editing tools such as CRISPR-Cas, the genetic material DNA can be processed as precisely as never before. The molecular tool can be used to selectively exchange or change specific sections or even individual building blocks of the DNA - the nucleotides. There are possible applications for these tools both in medicine and in agriculture: it would be much easier and faster to breed heat-resistant, pest-resistant or higher-yielding crops. In the US, some genome-edited plants are already approved for cultivation. In Europe, however, no decision has been reached thus far: Currently, the European Court of Justice (ECJ) is debating the legal classification of these genome-editing methods. Above all, the court needs to decide decided whether plants that use these breeding methods are covered by the genetic engineering law and thus have to be regulated as such. A ruling on the legal classification of these new genetic engineering techniques is expected on July 25, 2018. Based on this decision, the EU Commission and the member states will have to decide whether and how they will regulate such plants and products in the future.
Product or production process - which is the deciding factor?
Targeted use of genome-editing tools such as CRISPR-Cas will produce the same genetic changes as traditional breeding techniques or spontaneous mutations in nature - albeit faster and more precise. In addition, the genome surgery tools leave no trace after their use. Thus, the key question remains: does the product or the production path decide whether a plant will be labeled as a genetically modified organism (GMO)?
Built-in conflicts of interest
In the run-up to the decision of the ECJ, the different views of the interest groups are becoming clear: Recently, the Environmental and Consumer Associations as well as the German Industry Association for Biotechnology voiced their opinions:
In a resolution, 21 agricultural, environmental and consumer protection organizations are calling on the politicians in the German Bundestag and in the European Parliament to regulate all procedures that use genome editing, site-directed mutagenesis or more advanced mutagenesis for genetic engineering, and that all products manufactured this way be called and regulated as GMOs. They argue that even the most advanced and accurate methods could always alter the underlying DNA and trigger unwanted side effects: "Even if a genetic modification may be more targeted, that does not mean that it is safer. The implications of DNA alteration can not be predicted given the complexity of the genome and its interactions with other elements of the cell and with the environment," say the organizations. Moreover, the long-term effects of these new methods are not yet foreseeable.
Blanket labelling will harm future innovations
The German Industry Association for Biotechnology, however, is skeptical of these statements, as their CEO Ricardo Gent summarizes: "A rating of Genome Editing should be based on scientific case by case decisions and not in general. Such a general classification of genetic engineering is scientifically unjustified and would affect the competitiveness of European innovation sites." According to the Association, there is no scientific reason why plants should behave differently than similar, conventionally and over several generations grown plants, simply because of the production method. Based on these arguments, the expert working group of the EU Member States and the Central Commission for Biosafety also came to the conclusion that some methods lead to a GMO, while others do not. In their opinion, a blanket and unsubstantiated rejection of these new techniques would harm both medical and industrial biotechnology.
jmr
Alternative Lebensformen gab es schon immer. Ob Klöster, Ökodörfer oder andere sozialökologische Gemeinschaften: Allen gemein ist das Leben in der Gemeinschaft und der Wunsch nach weitgehender Unabhängigkeit von gesellschaftlichen Zwängen. Die freigewählte Isoliertheit machte durchaus erfinderisch und brachte oft Lösungen hervor, die umweltfreundlich und nachhaltig sind. Inwiefern Nachhaltigkeitsinitiativen wie Ökodörfer oder landwirtschaftliche Produktionsgemeinschaften den Weg in eine neue Wirtschafts- und Lebensform ebnen können, das wollen Wissenschaftler der Universität Oldenburg in den kommenden drei Jahren erforschen.
Affekte und Emotionen der Gemeinschaften im Blick
Das Projekt „TransGem“ wird im Rahmen des Förderprogramms „Wissenschaft für nachhaltige Entwicklung“ des Landes Niedersachsen und der VolkswagenStiftung mit mehr als 1 Mio. Euro gefördert. Im Fokus steht sowohl das Zusammenleben dieser alternativen Gemeinschaften als auch deren Effekte auf die Gesellschaft. „In unserem Arbeitspaket an der Universität Osnabrück geht es um eine psychologische Perspektive auf die Bedingungen und die Effekte der Teilnahme in Nachhaltigkeitsgemeinschaften. Dabei spielen Affekte und Emotionen eine besondere Rolle“, erklärt Regina Kempen.
Drei in Niedersachsen beheimatete Gemeinschaften wollen die Forscher dafür ins Visier nehmen: die Lebens- und Arbeitsgemeinschaft gASTWERKe, den Verein Solidarische Landwirtschaft Oldendorf sowie eine Reihe von Initiativen, die in der Dorfgemeinschaft Oberndorf vernetzt sind. Naturnähe, Selbstversorgung, Energieautarkie, Müllvermeidung sowie ökologisches Bauen und ein respektvoller Umgang miteinander und der Umwelt prägen das Zusammenleben dieser Gemeinschaften. „Uns interessiert vor allem, inwiefern diese Gemeinschaften eine transformative Kraft entwickeln und welche gesellschaftlichen und politischen Konsequenzen damit verbunden sind“, sagt der Oldenburger Forscher Thorsten Raabe.
Spannungsfelder und Außenwirkung hinterfragen
Dabei interessiert die Forscher vor allem, welche Rolle gesellschaftliche Diskurse wie etwa zum Klimawandel für die Nachhaltigkeitsinitiativen spielen, und ob diese nur in ihrem inneren Kreis oder auch in der Gesellschaft Veränderungen anstoßen. Auch das mögliche Spannungsfeld zwischen dem Einzelnen und der Gruppe steht im Visier. Hinterfragt werden die Anforderungen, die der Einzelne erfüllen muss, um Teil der Gruppe werden zu können aber auch was Mitglieder verbindet oder trennt. Über diese Fragen wollen die Forscher erfahren, wie und in welchem Umfang solche Gemeinschaften Kreativität und Gestaltungskraft auf der Suche nach einer nachhaltigen Zukunft entwickeln. „Möglicherweise führt die gemeinsame Praxis dazu, dass die Initiativen sich selbst als eine Handlungseinheit begreifen und auch von außen so wahrgenommen werden – als ein Kollektivsubjekt, das eine gemeinsame Intention und ein geteiltes Verantwortungsbewusstsein entwickelt“, sagt Raabe.
bb
Milch und Milchprodukte wie Käse oder Joghurt gehören zu den Lieblingsnahrungsmitteln der Deutschen und verzeichnen schon seit Jahren ein stetig steigendes Umsatzwachstum. Besonders sogenannte funktionelle Milchprodukte wie verdauungsfördernde Joghurtdrinks oder cholesterinsenkende Brotaufstriche haben in den letzten Jahren den Markt erobert. Doch was steckt wirklich in diesen Produkten, was genau sind die gesundheitsfördernden Bestandteile der Milch und wie kann man diese gezielt nutzen? Und nicht zuletzt: wie und warum entscheidet sich der Verbraucher dafür, ein Produkt zu kaufen?
Kompetenznetz rund um die Milch
Diesen und vielen weiteren Fragen rund um das Thema Milch – von der Produktion bis hin zum Verbrauch – ist das Kompetenznetzwerk „Agrar- und Ernährungsforschung (AgroClustER): FoCus – Food Chain Plus“ unter der Leitung der Verbundprojektsprecherin Karin Schwarz an der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel nachgegangen. Das Mammutprojekt mit vier Verbundprojekten und insgesamt 25 Teilprojekten wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) von 2010 bis 2016 mit 8,7 Mio. Euro gefördert.
„Unser Ziel war es, die Wertschöpfungskette der Milch beziehungsweise der Milchprodukte an einem Standort komplett abzubilden und somit das Thema Milch in all seinen Aspekten zu beleuchten – angefangen beim Futter für die Kühe bis hin zu gesundheitlich relevanten Fraktionen in der Milch, deren tatsächliche Wirkung und schließlich bis hin zur Kaufentscheidung der Konsumenten“, erläutert Schwarz.
Der Standort Kiel ist geradezu prädestiniert für ein solch umfassendes Projekt. Nicht nur die CAU selbst konnte mit der Kompetenz ihrer Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen und Medizinischen Fakultät vor Ort aufwarten, auch zwei vor Ort angesiedelte Max-Rubner-Institute, zum einen für Qualität und Sicherheit bei Milch und Fisch und zum anderen für Mikrobiologie und Biotechnologie, waren involviert. Zusätzlich brachte auch das Leibniz-Institut für die Biologie von Nutztieren in Dummerstorf seine Expertise zum Thema Milchvieh ein. Als Industriepartner hat die Firma Müllermilch das Projekt unterstützt.
Einzigartige Kohorte mit 2.000 Probanden
Für ihre Studien stand eine bemerkenswert hohe Zahl an Probanden zur Verfügung: „Wir konnten eine Kohorte von etwa 2.000 Probanden aufbauen – eine solche hohe Probandenzahl als Basis für Interventionsstudien ist nahezu einzigartig“, so Schwarz. Die sogenannte Kieler Interventions-Kohorte (KIK) soll auch weiterhin befragt und untersucht werden, um etwaige Langzeiteffekte auf Gesundheit und Verbraucherverhalten bestimmen zu können. Für das langfristige Management und weitere Untersuchungen anhand der Kohorte wurde extra eine neue Professur für klinische Ernährungsmedizin mit Matthias Laudes an der CAU eingerichtet.
„In einem unserer Teilprojekt war es unser Ziel, die nützlichen Inhaltsstoffe der Milch, wie Proteine, Peptide oder Oligosaccharide, zu isolieren und neuen Funktionen zuzuführen“, so Schwarz. Ihr Team untersuchte unter anderem Milchproteine als mögliche Wirkstoffträger: „Knoblauch und Knoblauchpillen gelten als gesundheitsfördernd, vor allem der Inhaltsstoff Allicin. Doch der Nachteil solcher Kapseln ist der häufig penetrante Knoblauchgeschmack“, so Schwarz. Und tatsächlich: Den Forschern ist es gelungen eine neue, geschmacksneutrale Formulierung für Getränke herzustellen, bei der ein Milchprotein – ein Beta-Lactoglobulin – als Transporter für den Knoblauchwirkstoff Allicin fungiert. „Dieses Teilprojekt resultierte am Ende sogar in einer Patentanmeldung“, berichtet Schwarz.
Komplexe Projektplanung
Ein solch komplexer Rundum-Blick auf das Thema Milch, der sowohl die optimale Futterzusammensetzung für die Milchproduktion als auch gesundheitliche Auswirkungen bestimmter Inhaltsstoffe der Milch auf den Konsumenten abzudecken versucht, war eine enorme Koordinationsaufgabe, berichtet Schwarz. Die zahlreichen FoCus-Teilprojekte mussten immer wieder aufeinander abgestimmt werden, damit die Vernetzung zwischen den einzelnen Forschergruppen und 25 Teilprojekten gelang.
Milk and dairy products such as cheese or yoghurt are some of the food-favorites in Germany and their sales have been steadily increasing for years. Especially so-called functional dairy products such as digestive yoghurt drinks or cholesterol-lowering spreads have conquered the market in recent years. But what do these products really contain, what exactly are the health-promoting components of milk and how can they be used specifically? And last but not least: how and why does the consumer decide to buy a product?
Competence network investigating milk
These and many more questions on the subject of milk - from production to consumption - asked the competence network "Agricultural and Nutrition Research (AgroCluster): FoCus - Food Chain Plus" under the leadership of the joint project spokeswoman Karin Schwarz at the Christian Albrechts University (CAU) Kiel. The enormous task with four joint projects and a total of 25 sub-projects was funded by the Federal Ministry of Education and Research (BMBF) from 2010 to 2016 with €8.7 million. "Our goal was to fully illustrate the value chain of milk or dairy products at one location and thus to illuminate the topic of milk in all its aspects - from feed for the cows to health-relevant fractions in the milk, their actual effect and finally, to the purchasing decision of the consumers," explains Schwarz.
The Kiel location is tailor-made for such a comprehensive project. Not only due to the CAU itself and their expertise of agricultural and nutritional science and medical faculty on site, but also two on-site Max Rubner institutes, one for quality and safety in milk and fish and the other for microbiology and biotechnology, were involved. Moreover, the Leibniz Institute for the Biology of farm animals in Dummerstorf also added its expertise on dairy cattle. The company Müllermilch supported the project as an industry partner.
Unique cohort with 2,000 subjects
For the study, a remarkably high number of subjects was available: "We were able to build a cohort of about 2,000 subjects - such a high number of subjects as a basis for intervention studies is pretty unique," said Schwarz. The so-called Kiel Intervention Cohort (KIK) will continue to be interviewed and examined in order to be able to determine possible long-term effects on health and consumer behavior. For the long-term management and further investigations on the basis of the cohort, a new professorship for clinical nutritional medicine with Matthias Laudes at the CAU was established.
"In one of our subprojects, our goal was to isolate and reuse the beneficial ingredients of milk, such as proteins, peptides or oligosaccharides," said Schwarz. Among other things, her team investigated milk proteins as potential drug carriers: "Garlic and garlic pills are considered to be beneficial to health, especially the ingredient allicin. But the disadvantage of such capsules is the often penetrating garlic taste," said Schwarz. And indeed, the researchers have succeeded in producing a new, taste-neutral formulation in which a milk protein - a beta-lactoglobulin - acts as a transporter for the garlic active ingredient allicin. "This subproject even resulted in a patent application," Schwarz reports proudly.
Complex project planning
Such a complex view of the subject of milk, which attempts to cover the optimal feed composition for milk production as well as the health effects of certain ingredients of milk on the consumer, was not an easy task to coordinate, says Schwarz. The numerous FoCus subprojects had to be synchronised time and again so that the networking between the individual research groups and 25 subprojects could be achieved.
Haut und Verdauungstrakt des Menschen sind besiedelt von Millionen Mikroben. Die meisten davon sind sogar notwendig für einen gesunden Organismus. Ähnlich ist es auch bei Tieren, Pflanzen, Pilzen und selbst den Mikroorganismen: Sie alle leben in sogenannten Artengemeinschaften. Beispielsweise helfen bestimmte Pilze, Pflanzen mehr Nährstoffe aus dem Boden aufzunehmen.
Artenkommunikation entschlüsseln
Wie aber funktioniert die Kommunikation zwischen diesen verschiedenen Organismen? Das untersucht der Sonderforschungsbereich (SFB) „Chemische Mediatoren in komplexen Biosystemen“ – kurz ChemBioSys – der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Am 1. Juli begann nun die zweite Förderperiode des Forschungsverbundes, womit die seit 2014 bestehende Kooperation bis 2022 fortgesetzt werden kann. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt das Vorhaben in den kommenden vier Jahren mit rund 9,5 Mio. Euro.
Komplexe Beziehungsnetzwerke untersuchen
„Die bisherige Forschung hat vor allem den Austausch zwischen einzelnen Organismen bzw. zwischen zwei Arten von Organismen analysiert“, erläutert SFB-Sprecher Christian Hertweck. „In unserem SFB untersuchen wir jedoch die komplexen Beziehungsnetzwerke in ihrer Gesamtheit und schauen uns an, wie Gemeinschaftsstrukturen entstehen und ihre Vielfalt erhalten bleibt“. Mit seinem Forschungsansatz ist der SFB ChemBioSys zudem auch eine zentrale Säule des Forschungsclusters „Balance of the Microverse" der Universität Jena.
Natürliche Botenstoffe im Visier
Insgesamt werden in 21 Einzelprojekten die komplexen Kommunikationswege und Wechselbeziehungen verschiedener Organismen und ihrer Umwelt untersucht. Ein besonderer Schwerpunkt liegt hierbei auf natürlichen Botenstoffen. An dem SFB ChemBioSys sind Arbeitsgruppen der Universität Jena, des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI), des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie und der Universität Potsdam beteiligt.
Biosysteme mit Botenstoffen kontrollieren
Zwar ist die aktuelle Forschung des SFB noch stark Grundlagen-lastig, doch haben die darin vernetzten Forschergruppen auch praktische Anwendungen im Blick, wie Hertweck unterstreicht: „Wenn es uns eines Tages gelingt, über die chemischen Mediatoren zielgerichtet Biosysteme kontrollieren zu können, hätte dies Auswirkungen auf Ökologie, Landwirtschaft, Biotechnologie und Medizin.“
jmr
Die Nachfrage nach Palmöl steigt seit Jahren. Nicht nur die Lebensmittelindustrie setzt darauf, auch im Biodiesel steckt das Pflanzenöl. Rund 60 Millionen Tonnen Palmöl und Palmkernöl werden jährlich produziert. Umweltschützer warnen seit Jahren, dass die wachsende Nachfrage zunehmend Mensch und Umwelt belastet. In Ländern wie Malaysia und Indonesien, die mit 75% den Großteil des globalen Palmöl-Bedarfs abdecken, sorgt die Rodung des Regenwaldes zur Erschließung neuer Anbauflächen zum Aussterben vieler Tierarten.
Noch gibt es keine überzeugende Alternative zum Palmöl, wie eine Studie der Umweltorganisation WWF zeigt. Die negativen Auswirkungen für die Umwelt können aber durchaus gedrosselt werden, wie Forscher der Georg-August-Universität Göttingen nun darlegen. Im Rahmen einer Studie hatte das Team die Umweltauswirkungen des Ölpalmenanbaus in Indonesien genauer untersucht und dabei neben einer Kosten-Nutzen-Analyse auch umweltfreundliche Lösungsansätze formuliert. Die Ergebnisse der Untersuchung stellen die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Communications“ vor.
Starke Kohlenstoffemissionen durch Landrodung
Basis der Untersuchung bildeten Daten über Boden und Vegetation in Zentral-Sumatra. Die Auswirkungen der dortigen Ölpalmmonokultur wurden mit denen des intensiven und großflächigen Kautschukanbaus im Land verglichen. Das Ergebnis: Durch die Umwandlung von Regenwaldflächen in Ölpalmplantagen kommt es zu enormen Kohlenstoffemissionen. 174 Tonnen Kohlenstoff werden allein bei der Rodung von einem Hektar Land freigesetzt. Davon gelangt der größte Teil als Kohlendioxid in die Umwelt. Daneben wir durch die Umwandlung auch dem Boden der darin gespeicherte Kohlenstoff entzogen und geht somit den Pflanzen verloren.
Der Vergleich mit dem Kautschukanbau zeigt: Während beim intensiven Anbau 159 Tonnen Kohlenstoff freigesetzt werden, ist der Verlust beim extensiven Kautschuckanbau mit 116 Tonnen deutlich geringer. Der Studie zufolge ist der Unterschied der Kohlenstoffemission insbesondere auf die kürzeren Rotationszeiten von Ölpalmplantagen zurückzuführen. Hinsichtlich der jährlich produzierten Biomasse ist der Anbau der vielseitigen Ölpflanze im Vergleich zum Kautschuk jedoch effektiver, wie die Forscher feststellen.
Nachhaltige Lösungsansätze für Palmölanbau
In ihrer Studie präsentieren die Göttinger Wissenschaftler auch Maßnahmen, um die Folgen für die Umwelt kurzfristig zu reduzieren. So empfehlen sie, Wälder nur dann in Ölpalmplantagen umzuwandeln, wenn das geschlagene Holz nicht verbrannt, sondern weiter genutzt werden kann wie etwa zum Bauen. Zudem sollte eine dicke Schicht aus Pflanzenabfällen auf dem Boden belassen werden, um als natürlicher Dünger zu fungieren und den Oberflächenabfluss zu reduzieren. „Rückstände von Palmwedeln können als Mulchmaterial und organischer Dünger verwendet werden, um den internen Nährstoffkreislauf zu erhöhen und sowohl Oberflächenabfluss als auch Bodenerosion zu verhindern. Außerdem zeigen die jüngsten Ergebnisse unseres Projekts, dass das Pflanzen zusätzlicher Baumarten auf Ölpalmplantagen dazu beiträgt, die negativen Umweltauswirkungen von Ölpalmmonokulturen zu mildern, ohne die Ölpalmerträge oder das Einkommen der Plantagenbauern zu reduzieren”, sagt Stefan Scheu, Projektsprecher und Co-Autor der Studie. Neben Palmwedeln könnten auch Abfälle aus Palmölmühlen auf den Plantagen als zusätzlicher organischer Dünger dienen.
bb
Inseln sind Ökosysteme auf kleinstem Raum, wo Veränderungen in Tier- und Pflanzenwelt sehr früh sichtbar werden. Fragen zur Dynamik eines Ökosystems lassen sich hier bestens erforschen. Die Theorie der sogenannten Inselbiogeographie ist in der Wissenschaft seit Jahrzehnten etabliert. Damit ist es möglich zu analysieren, welche Bedeutung das dynamische Gleichgewicht zwischen Einwandern und Aussterben von Arten für die Gesamtheit der Arten einer Insel hat. Das bewährte Konzept hat jedoch einen Nachteil: „Allerdings ermöglicht die Theorie nicht vorherzusagen, welche Arten solche Inselhabitate besiedeln und wie sie interagieren“, sagt Helmut Hillebrand vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres der Universität Oldenburg.
Veränderungen von Ökosystemen vorhersagen
Damit fehlt es der Inselbiogeographie an einem wesentlichen Detail, um Prognosen zu erstellen, die abbilden, wie sich Umweltänderungen auf solche Inselhabitate auswirken. An diesem Punkt setzt die Arbeit des neue Forschungsverbundes „DynaCom -Spatial community ecology in highly dynamic landscapes: from island biogeography to metaecosystems“ an. Im Rahmen des Verbundprojektes will das Team vorhandene mathematische Modelle und Datensätze zu Inselökosystemen auf ihre Aussagekraft überprüfen, um künftig bessere Prognosen zu möglichen Veränderungen liefern zu können.
Rolle von Organismen für Nahrungsnetze und Biodiversität
Unter der Leitung des Oldenburger Biodiversitätsexperten, Helmut Hillebrand, wird ein Konsortium ergründen, welche Eigenschaften von Organismen bestimmen, dass sich diese in einem Ökosystem etablieren können und welche Rolle sie in einem Nahrungsnetz spielen. „Wir wollen umfassend verstehen, welche Rolle jeweils die Ausbreitung von Organismen und die Wechselbeziehungen dabei spielen, wenn sich Nahrungsnetzstrukturen und Biodiversität in dynamischen Landschaften etablieren“, sagt Hillebrand.
Dabei richten die Wissenschaftler ihren Blick nicht auf einzelne Arten, sondern typische Eigenschaften oder Funktionen verschiedener Arten, beispielsweise wie sie sich ausbreiten - fliegend, schwimmend oder passiv - oder wie die Nahrungsaufnahme erfolgt. Den Forschern zufolge lassen sich dadurch Ergebnisse leichter verallgemeinern und auf andere Nahrungsnetze und Ökosysteme übertragen.
Forscher nehmen niedersächsisches Wattenmeer ins Visier
Untersuchungsort ist das Wattenmeer, wo die Oldenburger Forscher seit 2014 die Veränderung der Tier- und Pflanzenwelt beobachten. „Da im Wattenmeer terrestrische und marine Lebewesen aufeinander treffen, können wir so die räumliche und zeitliche Dynamik beider Teile des Nahrungsnetzes analysieren und unsere theoretischen Vorstellungen überprüfen“, erklärt Hillemann. Den DynaCom-Forschern stehen insgesamt zwölf künstliche Inseln im niedersächsischen Wattenmeer bei Spiekeroog zur Verfügung, um zu analysieren, wie schnell Organismen sich auf den künstlichen Inseln ansiedeln oder wie Sturmfluten die Lebensgemeinschaften beeinflussen.
DFG fördert Forschung zu Dynamik von Inselökosystemen
Das DynaCom-Vorhaben wird in den kommenden drei Jahren mit 3 Mio. Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. An dem Projekt sind neben der Universität Oldenburg, Forscher des Senckenberg Instituts in Wilhelmshaven, der Universitäten Frankfurt, Göttingen und Münster sowie des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig und der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer in Wilhelmshaven beteiligt.
bb
In vielen Großstädten leidet die Luftqualität unter den Abgasen von Autos, Bussen und Lastwagen. Diese stoßen nicht nur das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aus, sondern auch diverse Stickoxidverbindungen (NOx) sowie Feinstaub. Wissenschaftler der Universität zu Köln und dem Forschungszentrum Jülich konnten nun erstmals zeigen, dass begrünte Fassaden in Städten die Luftqualität, Sauerstoffproduktion, Artenvielfalt und sogar die Fassadentemperaturen deutlich verbessern.
Im Sommer kühlend, im Winter wärmeisolierend
Unter der Leitung von Hans Georg Edelmann vom Institut für Biologiedidaktik der Kölner Universität, haben Forscher Tagestemperatur-Verläufe von Efeu-begrünten Fassaden mit klassischen, verputzten Hausfassaden verglichen und die fassadennahe Luftfeuchtigkeit über mehrere Wochen verfolgt. Das Ergebnis: Sowohl Efeu als auch andere Kletterpflanzen wie Wilder Wein wirken im Sommer kühlend und im Winter wärmeisolierend. Während die Temperaturen an unbegrünten Hauswänden am Tag um bis zu 35°C schwankten, lagen die Unterschiede an den bewachsenen Wänden bei maximal 13°C. „Begrünte Fassaden stellen eine sehr sinnvolle Maßnahme zur Anpassung an den Klimawandel dar – nicht nur im Hinblick auf die Stadttemperatur, sondern auch hinsichtlich der Feinstaubproblematik“, so Edelmann.
Efeu absorbiert und filtert Luftverschmutzung
Zusätzlich zu den Temperaturunterschieden untersuchten die Kölner und Jülicher Forscher die Absorption von Stickoxiden und Feinstaub an Blättern. Das Ergebnis: Der Efeu absorbierte tasächlich die gesundheitsschädlichen Stickoxide und einen Teil des Kohlendioxids und filtrierte den Feinstaub. Somit ermöglichen begrünte Fassaden nicht nur stabilere und angenehmere Temperaturen in den Städten, sondern verbessern auch deutlich die Luftqualität. „Fassadenbepflanzung verbessert sowohl das Stadt- als auch das Raumklima, mindert Überhitzung und Smog, sie produziert Sauerstoff und trägt zur Erhaltung und Erhöhung der Artenvielfalt in der Stadt als Lebensraum für Fauna und Flora bei“, fasst Edelmann zusammen.
Efeu und Wilder Wein am besten geeignet
Allerdings sind begrünte und mit Kletterpflanzen bewachsene Fassaden in Deutschland bisher noch eher selten. Laut Edelmann werden sie noch von zu vielen Menschen als Indikator für Vernachlässigung und beschädigte Fassaden angesehen. Um dem zunehmenden Aufheizen der Städte sowie der schlechten Luft durch Abgase entgegenzuwirken, seien begrünte Hauswände jedoch eine verhältnismäßig einfache und zugleich sehr effektive Maßnahme. Am besten eigneten sich hierfür Fassadenkletterpflanzen wie der Efeu oder der Wilde Wein: Beide sind sehr anpassungsfähig und trockenheitsverträglich und gedeihen auch an verhältnismäßig anspruchslosen Standorten.
jmr