„Wir wollen die Protein-Lieferkette revolutionieren“

„Wir wollen die Protein-Lieferkette revolutionieren“

Jonathan Roberz

Beruf:
Ingenieur

Position:
Mitgründer und Geschäftsführer des Hamburger Start-ups MicroHarvest

Jonathan Roberz;  COO & Managing Director MicroHarvest
Vorname
Jonathan
Nachname
Roberz

Beruf:
Ingenieur

Position:
Mitgründer und Geschäftsführer des Hamburger Start-ups MicroHarvest

Jonathan Roberz;  COO & Managing Director MicroHarvest

Das Hamburger Start-up MicroHarvest nutzt Mikroorganismen, um gesunde und schmackhafte Proteine herzustellen.

Mikroorganismen werden seit Jahrhunderten zur Herstellung von Lebensmitteln wie Bier oder Käse genutzt. Für die Bioökonomie sind Bakterien wichtige Proteinfabriken, die tierisches Eiweiß ersetzen und damit auch zu einer nachhaltigen Ernährung beitragen können. Das Food-Tech Start-up MicroHarvest setzt auf die Kraft der mikrobiellen Helfer, um neue gesunde und nachhaltige Proteinzutaten herzustellen. Das Team um Mitgründer Jonathan Roberz hat dafür eine Technologie entwickelt, die auf die Fermentation von Biomasse baut und viel schneller als gängige Verfahren hochwertige Proteine für Lebensmittel, Tiernahrung und Futtermitteln produzieren kann.

Frage

Welche Motivation steckt hinter der Idee?

Antwort

MicroHarvest wurde 2021 gegründet, um ein widerstandsfähiges Lebensmittelsystem aufzubauen. Bis 2050 wird der weltweite Proteinbedarf voraussichtlich um 50 % steigen, doch mit den derzeitigen Produktionsmethoden kann diese Nachfrage nicht gedeckt werden, ohne dass es zu einer beispiellosen Umweltkrise kommt. Unser globales Landwirtschaftssystem ist für 26 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich: Unser Unternehmen möchte die Sichtweise auf die Proteinlieferkette revolutionieren und eine nachhaltige, skalierbare und qualitativ hochwertige Lösung anbieten.

Frage

Welche Technologie nutzen Sie zur mikrobiellen Proteingewinnung und was ist das Besondere an Ihrem Verfahren?

Antwort

Wir nutzen die Biomassefermentation und speziell ausgewählte Stämme von Mikroorganismen, die mit landwirtschaftlichen Nebenströmen gefüttert werden. Unser Verfahren ist zunächst einmal äußerst effizient, und wir können für unser Verfahren handelsübliche Anlagen verwenden, was bedeutet, dass unsere Technologie mit weniger Engpässen bei der Skalierbarkeit auf den Markt gebracht werden kann. Unsere Technologie ermöglicht es uns, innerhalb von 24 Stunden zu produzieren, vom Input bis zum Endprodukt, überall auf der Welt, 365 Tage im Jahr.

Frage

Welche Mikroorganismen dienen als Proteinfabriken und welche Eiweiße können damit erzeugt werden?

Antwort

Wir verwenden ausschließlich natürliche Bakterienstämme. Solche Mikroorganismen werden bereits für Lebensmittel verwendet, etwa in Joghurt und Kimchi. Wir haben die Stämme ausgewählt, die am nahrhaftesten und effizientesten sind. Das Ergebnis ist ein Produkt mit hochqualitativen und konsistenten Proteinzutaten, das über 60 % Rohprotein (Hühnerbrust liegt bei 40 %) enthält sowie natürlich vorkommende essentielle Aminosäuren, Vitamine, Mineralien, aber keine Allergene.

Frage

Was macht Ihre Proteine nachhaltiger und für welche Anwendungen sind sie geeignet?

Antwort

Unsere Proteine verbrauchen deutlich weniger Wasser als tierische und pflanzliche Proteinzutaten, 99 % weniger Land als Rindfleisch und stoßen 70 % weniger CO2 aus. Unsere Inhaltsstoffe finden in der gesamten Wertschöpfungskette für Proteine vielfältige Anwendung, von der Aquakultur bis hin zur Tier- und Humanernährung.

Frage

Wie weit ist die Entwicklung der Technologie vorangeschritten und was sind Ihre nächsten Aufgaben?

Antwort

Wir freuen uns auf die Arbeit an unserer Pilotanlage. Sie wird im Oktober in Lissabon fertiggestellt und soll im November eröffnet werden. Dort werden wir Tests und Entwicklungen durchführen. Noch wichtiger für uns ist, dass die Anlage direkt neben unseren Büros gebaut wird – nur durch eine Glaswand getrennt. Das bedeutet: Jeder im Team in Lissabon, von der Personalabteilung bis zur Buchhaltung und zum Marketing, kann direkt sehen, was wir tun. Außerdem wollen wir in der nächsten Zeit unser erstes kommerzielles Produkt auf den Markt bringen und unser Protein nutzen, um die gesamte Wertschöpfungskette zu beeinflussen. Im Jahr 2023 haben wir bemerkenswerte Ergebnisse erzielt und eine Produktion von fast einer Tonne (900 kg) pro Tag erreicht, was 1.350 Hühnern entspricht.

Interview: Beatrix Boldt