Mikroalgen als grüne Klärwerker
Ulf TheilenBeruf:
Bauingenieur
Position:
Professor für Siedlungswasserwirtschaft an der Technischen Hochschule Mittelhessen, Sprecher des Kompetenzzentrums für Energie- und Umweltsystemtechnik ZEuUS
Beruf:
Bauingenieur
Position:
Professor für Siedlungswasserwirtschaft an der Technischen Hochschule Mittelhessen, Sprecher des Kompetenzzentrums für Energie- und Umweltsystemtechnik ZEuUS
Der Gießener Bauingenieur Ulf Theilen will Mikroalgen als Abwasserreiniger etablieren und mithilfe der grünen Winzlinge Nährstoffe aus Gewässern von Kläranlagen filtern.
Ulf Theilen ist Professor für Siedlungswasserwirtschaft an Technischen Hochschule Mittelhessen will die Abwasserreingung umweltfreundlicher und nachhaltiger machen. Mikroalgen statt bisher Chemikalien sollen verhindern, dass Nährstoffe ungenutzt in die Fulda gelangen und Phosphate und Stickstoffe aus den Gewässern der Kläranlage filtern. Den Praxistest in der Versuchsanlage im Klärwerk in Rotenburg an der Fulda haben die grünen Helfer bereits erfolgreich bestanden. Hier steht ein Photobioreaktor, den die Forscher um Theilen gemeinsam mit der Bremer Firma Phytolutions GmbH entwickelt haben. Den ersten Durchlauf haben die Mikroalgen gut überstanden. Als nächstes müssen sie ihr Talent in einer Großanlage unter Beweis stellen.
Welchen Beitrag kann Ihre Forschung bei der Gestaltung einer biobasierten Wirtschaft leisten?
Um die Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen und die Gewässer in einen guten ökologischen und chemischen Zustand zu bringen, ist in den meisten Gewässern eine Reduzierung der Nährstoffeinträge - vor allem von Phosphor - erforderlich. Das kann insbesondere durch eine weitgehende Nährstoff-Elimination in kommunalen Kläranlagen erreicht werden. Üblicherweise werden die im Abwasser enthaltenen Phosphate durch Fällmittel auf Eisen- oder Aluminium-Basis chemisch eliminiert. Im Rahmen unseres Forschungsvorhabens wird untersucht, inwieweit Mikroalgen die in kommunalen Kläranlagen enthaltenen Nährstoffe, insbesondere Stickstoff- und Phosphor-Verbindungen, entziehen können, und wie damit der Einsatz der chemischen Fällmittel reduziert werden kann. Weiterhin wird durch den Einsatz der Mikroalgen Biomasse produziert, die energetisch in Biogasanlagen oder stofflich als Dünger genutzt werden kann.
Welche Aspekte stehen im Fokus des Projektes „Phosphor-Elimination durch Mikroalgen“?
Die Ergebnisse des durch das Umweltministerium des Landes Hessen sowie die Stadtwerke Rotenburg an der Fulda finanzierten Forschungsvorhabens sollen in einem Leitfaden für Betreiber kommunaler Kläranlagen zusammengefasst und veröffentlicht werden. Dieser Leitfaden wird Möglichkeiten aufzeigen, wie mit Mikroalgen die Reduzierung der Nährstoffeinträge in Gewässer erreicht werden kann. Weiterhin sollen die ökonomischen Randbedingungen ermittelt werden, indem einerseits die erforderlichen Investitionen und Betriebskosten, andererseits aber auch die eingesparten Fällmittelkosten sowie der zusätzliche Energieertrag aus der Nutzung der Algen-Biomasse bestimmt werden.
Wo liegen beim Einsatz von Mikroalgen in der Kläranlage die größten Herausforderungen?
Mikroalgen sind schnellwachsende Organismen, deren Wachstum aber auch stark von Temperatur, Licht und Nährstoffangebot abhängig ist. Diese Abhängigkeiten sind unter Laborbedingungen weitgehend erforscht, für den Einsatz auf Kläranlagen müssen aber die Randbedingungen noch detailliert untersucht werden. Hierfür sind auf jeden Fall noch weitergehende Untersuchungen auch nach Abschluss des Vorhabens erforderlich.
Was begeistert Sie ganz persönlich an Mikroalgen?
Mikroalgen können einerseits einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung der Nährstoffeinträge in die Gewässer leisten und andererseits als schnell wachsende Organismen Biomasse produzieren, die sehr gut zur planbaren regenerativen Energieerzeugung beitragen kann. So können wir Abwasser reinigen, die Gewässer entlasten und gleichzeitig Biomasse als Energieträger produzieren.
Eine Mikroalgen-Anlage soll in Rotenburg an der Fulda dazu beitragen, die Einleitung von Nährstoffen in den Fluss zu verhindern und den Anteil von Phosphor und Stickstoffen senken. Der Photobioreaktor wurde in Kooperation mit der Bremer Phytolutions GmbH entwickelt.
Welche Ziele wollen Sie mit dem Projekt erreichen?
Das Land Hessen finanziert ausschließlich anwendungsorientierte Forschung sowie Untersuchungen, die das Potenzial zur Umsetzung in die Großtechnik haben. Dies ist auch in diesem Fall so. Daher verfolgt dieses Vorhaben das Ziel, das untersuchte Verfahren auch tatsächlich großtechnisch auf kommunalen Kläranlagen einzusetzen. Nach dem Abschluss der ersten Untersuchungsphase können wir die grundsätzliche Einsatzbarkeit bestätigen; für die Optimierung werden aber noch weitere Untersuchungen erforderlich sein.
Interview: Beatrix Boldt