Hormesis-Effekt für Ackerbau nutzen

Hormesis-Effekt für Ackerbau nutzen

Regina Belz

Beruf:

Agrarwissenschaftlerin

Position:

Professorin für  Agrarökologie der Tropen und Subtropen an der Universität Hohenheim

Agrarwissenschaftlerin Regina Belz ist dem Phänomen der Hormesis bei Pflanzen auf der Spur. Nach dem Motto „die Dosis macht das Gift“ experimentiert die Hohenheimer Forscherin mit Herbiziden wie Glyphosat, um das Pflanzenwachstum anzukurbeln.
Vorname
Regina
Nachname
Belz

Beruf:

Agrarwissenschaftlerin

Position:

Professorin für  Agrarökologie der Tropen und Subtropen an der Universität Hohenheim

Agrarwissenschaftlerin Regina Belz ist dem Phänomen der Hormesis bei Pflanzen auf der Spur. Nach dem Motto „die Dosis macht das Gift“ experimentiert die Hohenheimer Forscherin mit Herbiziden wie Glyphosat, um das Pflanzenwachstum anzukurbeln.

Agrarwissenschaftlerin Regina Belz ist dem Phänomen der Hormesis bei Pflanzen auf der Spur. Nach dem Motto „die Dosis macht das Gift“ experimentiert die Hohenheimer Forscherin mit Herbiziden wie Glyphosat, um das Pflanzenwachstum anzukurbeln.

Regina Belz ist dem Phänomen der Hormesis bei Pflanzen auf der Spur. Damit widmet sich die Agrarwissenschaftlerin einem seit Langem in der Landwirtschaft bekannten, aber wenig beachteten Effekt: Geringe Mengen giftiger Substanzen wie Unkrautvernichtungsmittel können durchaus das Pflanzenwachstum steigern. Dass dieses von der Forschung vernachlässigte Phänomen endlich ins Rampenlicht rückt, ist auch ein Verdienst der Hohenheimer Forscherin.  Mit ihrer Arbeit will Belz erreichen, dass der sogenannte Hormesis-Effekt in der Landwirtschaft Beachtung findet und gezielt genutzt werden kann. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Bei ihrer Suche nach der perfekten Dosierung von giftigen Substanzen, die zum einen das Kulturpflanzenwachstum fördern, gleichzeitig aber Unkräuter vernichten wird Regina Belz seit Jahren von der Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt.

Unkrautvernichtungsmittel – ja oder nein? Darüber wird oft gestritten. Schon das Wort dürfte bei manch einem Unbehagen auslösen. Für Agrarwissenschaftlerin Regina Belz sind Herbizide wie Glyphosat Geheimwaffe und Werkzeug zugleich, um Getreide und andere Kulturpflanzen sprießen zu lassen. Denn die Forscherin ist überzeugt: die Dosis macht das Gift, wie es einst schon Paracelsus formulierte.  Dieser in der Wissenschaft als „Hormesis“ bezeichnete Effekt ist in Medizin und Landwirtschaft seit Langem bekannt, aber noch weitestgehend unerforscht. Schon der deutsche Arzt und Wissenschaftler Paracelsus hatte den Hormesis-Effekt beschrieben. Er stellte fest, dass geringe Mengen einer giftigen Substanz durchaus positiv wirken können.

Faszinierender Zufallsfund

Seit ihrer Doktorarbeit ist die gebürtige Schwäbin von dem Thema fasziniert. Damals untersuchte Regina Belz, ob Ausscheidungen bei Weizen oder Roggen auch das Wachstum von Unkräutern unterdrücken und so gegebenenfalls Unkrautvernichtungsmittel eingespart werden können. Beiläufig stieß sie dabei auf den Hormesis-Effekt. „Dass eine Pflanze Stoffe ausscheidet, sodass ihre Artgenossen besser wachsen können, hat mich fasziniert und nicht mehr losgelassen“, sagt Belz.

In einem Vorort bei Stuttgart aufgewachsen hatte sie ursprünglich mit Landwirtschaft nicht viel im Sinn. „Landwirtschaft lief bei mir nur auf dem Balkon ab oder im Garten meiner Oma.“ Heute kommt die Mutter von zwei Kindern bei ihren Ausflügen in die Natur kaum an einem Unkraut vorbei, ohne die Zwei- und Achtjährigen auf die einzelnen Pflanzen aufmerksam zu machen. „Ich will dass meine Kinder Pflanzen erkennen. Denn Unkräuter sind auch was Gutes. Man kann sie wie den Löwenzahn nutzen und einige auch essen.

Notlösung begeistert

“Aus Mangel an Studiengelegenheiten im Fachbereich Umweltschutz studierte Belz Agrarwissenschaften an der Uni Hohenheim.  Damals war es für die junge Schwäbin nur  „eine Notlösung, die nahe an der Natur war“.  Doch mit der Zeit wurde die Notlösung zu einer Offenbarung, die Regina Belz bis heute motiviert und in Hohenheim hält. Denn nach Studium und Promotion forscht und lehrt die Agrarwissenschaftlerin nun selbst an der Hohenheimer Universität und gilt als Expertin auf dem Gebiet der Herbologie und Allelopathie. „Wenn ich so zurückblicke, habe ich es mit meiner Forschung relativ weit gebracht und das macht mich auch ein bisschen stolz.“ Selbst ihr Doktorvater, der Herbologe Karl Hurle, war anfangs skeptisch, als Regina Belz mit ihrer Arbeit zum Hormesis-Effekt begann. „Ich habe ihn dann aber durch meine Forschung überzeugt. Bis heute ist er für mich eine große Stütze“.

Das Bild zeigt, wie der Hormesiseffekt bei Gurkenpflanzen, die mit verschiedenen Dosierungen von Parthenin behandelt wurden, wirkt.

Die Bild zeigt, wie der Hormesiseffekt bei Gurkenpflanzen, die mit verschiedenen Dosierungen des Naturstoffs Parthenin behandelt wurden, wirkt

DFG-Förderung treibt Hormesis-Forschung an

Mit zwei Förderungen durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft kommt Belz Arbeit zum Hormesis-Effekt in Schwung und verschafft ihr Anerkennung. Seit fünf Jahren ist sie nun auf der Suche nach der richtigen Menge einer giftigen Substanz, die zwar dem Unkraut den Garaus machen, aber zugleich das Kulturpflanzenwachstum fördern kann. Dabei experimentiert sie mit dem politisch kontrovers diskutierten Herbizid Glyphosat, aber auch mit ALS- und Photosystem-II-Inhibitoren, die jeweils auf unterschiedliche Weise die Stoffwechselprozesse in der Pflanze hemmen. „Im ersten DFG-Projekt habe ich geschaut, ob man diesen Effekt überhaupt bei Kulturpflanzen nutzen kann“, berichtet sie. Zuvor hatten ihre Tests bereits am Kopfsalat beeindruckende Ergebnisse gezeigt.

Niedrige Dosierung stresst Pflanze

Doch wie lässt sich das Phänomen erklären? Die Forscherin vermutet, dass die Pflanze durch die niedrige Dosierung leicht gestresst wird und es so zu einer Überkompensierung kommt. „Die Pflanze versucht sich über ihr natürliches Niveau hinaus zu erholen.  Das ist wie im Sport. Wenn sie sich belasten sind sie im Stress und der Körper regeneriert sich im Anschluss und es kommt zur Muskelbildung.“  Ihre Erkenntnisse zum Hormesis-Effekt hat Belz unter anderem im Fachjournal Plos One veröffentlicht.

Umgebung beeinflusst Hormesis-Effekt

Bis der Hormesis-Effekt in der Landwirtschaft gezielt genutzt werden kann, ist es noch ein weiter Weg. Denn die Wirkung tritt sich nur in einem ganz bestimmten Dosierungsbereich auf und diese ist von den Wachstumsbedingungen der Pflanze abhängig. „Wenn die Pflanzen schlecht wachsen, kann man durch Hormesis mehr erreichen“, erklärt Belz. Das heißt: Im Labor – unter idealen und kontrollierten Bedingungen – lässt sich die wachstumsfördernde Wirkung giftiger Stoffe schwerer reproduzieren.

Herbizide in verschiedenen Mengen testen

Doch als Forscherin ist Regina Belz Rückschläge gewöhnt. „Bei mir ist das auch so wie bei der Hormesis. Ich bin einen Tag deprimiert, habe dann Stress und dann wird das ganze überkompensiert, sodass ich danach teilweise sogar motivierter an die Sache ran gehe“. In ihrem zweiten DFG-Projekt stellt Belz daher nicht mehr nur die Nutzbarkeit des Effektes in den Vordergrund. Sie will nun auch die Frage klären, ob beim Einsatz von Herbiziden in der Landwirtschaft der Hormesis-Effekt unerwünscht auftreten kann. Der Grund: Herbizide, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden, treten irgendwann in den Pflanzen nur noch in geringen Dosierungen auf. „Bisher geht man davon aus, dass die geringen Dosierungen keine Wirkung haben. Tatsächlich sind aber Wirkungen da. Deshalb will ich schauen, wie sich Herbizide in anderen Dosierungen auswirken. Das ist auch für eine nachhaltige Anwendung von Herbiziden in der Landwirtschaft wichtig.“

Herbizidresistente Unkräuter beachten

Ein besonderes Augenmerk legt Belz dabei auf herbizidresistente Unkräuter wie Ackerfuchsschwanz oder Windhalm, die gewöhnlich große Mengen giftiger Stoffe vertragen. Erste Ergebnisse in dem bis Juli 2017 laufenden DFG-Projekt gibt es bereits: So stellte sie fest, dass der Hormesis-Effekt innerhalb von Pflanzenpopulationen unterschiedlich stark ausgeprägt ist. „Bei Individuen, die langsam wachsen war der Effekt stärker ausgeprägt als bei gut wachsenden Individuen“, erklärt Belz.

Pflanzeninhaltstoffe mit Hormesis steigern

Noch ist die Forscherin nicht am Ziel: „Ich hoffe, dass ich noch ein paar Rätsel der Hormesis lösen kann und dieses Phänomen so noch besser beschreiben und seine Bedeutung in der Umwelt besser abschätzen kann.“ Belz ist überzeugt: Sollte ihre Arbeit Erfolg haben, ist der Nutzen für die Landwirtschaft enorm. „Man könnte direkt Samen behandeln, um das Anfangswachstum der Kulturpflanze zu fördern oder versuchen, einzelne Qualitätsparameter zu beeinflussen, sodass man durch Hormesis den Zucker- oder Proteingehalt der Pflanze steigert.“

Autorin: Beatrix Boldt