iGEM-Finale: Auf Titeljagd in Boston

iGEM-Finale: Auf Titeljagd in Boston

Der studentische Bioingenieur-Wettbewerb iGEM ist in sein großes internationales Finale gestartet. Auch 13 deutsche Teams sind mit pfiffigen Projekten zur Synthetischen Biologie am Start.

iGEM 2016, Synthetische Biologie, Teams, Uni
Die deutschen iGEM-Teams trafen sich bereits im Sommer in Marburg zum Austausch.

Startschuss für das große Saison-Finale des internationalen iGEM-Wettbewerbs für Synthetische Biologie: Diesmal steigt das „Giant Jamboree“ vom 27. bis 31. Oktober in Boston. Mit dabei ist wie auch in den Vorjahren ein großer Tross aus Deutschland: 13 deutsche Hochschulteams sind an die US-Ostküste gereist, um bei der Endrunde des studentischen Biotech-Tüftelwettbewerbs dabei zu sein. Rund 300 Teams und tausende Teilnehmer aus aller Welt gehen im „Hynes Convention Center“ auf Titeljagd. Neben Medaillen in Gold, Silber und Bronze winkt für den Gesamtsieg der Silberne BioBrick.

In diesem Jahr sind 13 Uni-Teams aus der gesamten Bundesrepublik in Boston vertreten. Typisch für iGEM: Sie haben sich selbst um die Finanzierung des Projekts und der Reise gekümmert und erfolgreich Gelder und Labormaterial von Sponsoren eingeworben. Das Bielefelder iGEM-Team hat sogar erstmals über die Crowdfunding-Plattform Startnext versucht, private Unterstützer für sein Projekt zu gewinnen. Und das Marburger Team hat sogar von der EU eine Förderung im Rahmen der Ausschreibung „Synergene“ eingeworben. Auf Initiative des Teams Marburg hatten sich alle deutschen Teams bereits im August getroffen und über ihre diesjährigen Projekte ausgetauscht.

Der Überblick über die Projektideen der deutschen iGEM-Teams im Jahr 2016:

Aachen: Die iGEMer von der RWTH Aachen wollen gängige Waschmittel-Pulver von der toxischen Chemikalie Borsäure befreien. Der Hemmstoff wird dem Pulver zugemischt, damit  die Enzyme erst in der Waschmaschine aktiv werden. Das Team hat als umweltfreundliche Alternative Proteasen entwickelt, die mithilfe von Licht gesteuert und aktiviert werden können.

Bielefeld: Die Bielefelder iGEMer wollen Antikörper-ähnliche Proteine entwickeln, die sogenannten Evobodies, die künftig einmal in Diagnostik und Virustherapie zum Einsatz kommen könnten. Mit ihrem bakteriellen System lassen sich Bindeproteine für eine molekulare Zielstruktur super-schnell entwickeln und herausfiltern. Für die Bielefelder ist es „Molekulares Speed-Dating im Kampf gegen wandlungsfähige Pathogene – wie Zika, Dengue oder Grippe“.

Bonn: Das Team der Uni Bonn will das Recycling von Papier noch ökologischer machen – mithilfe von Enzymen, die effizient Druckerschwärze entfernen können, ein Prozess der „De-inking“ genannt wird.

Darmstadt: Das Thema Biosicherheit steht im Vordergrund des Projekts von Team der TU Darmstadt. Sie haben gentechnisch veränderte Bakterien mit einer „Ausgangssperre“ konstruiert – außerhalb des Labors können sie nicht existieren. Der Clou: Die Bakterien müssen mit einer künstlichen Aminosäure gefüttert werden – die es in der Natur nicht gibt.

Düsseldorf: Das Team aus Düsseldorf will Krebszellen mit einem Licht-Doppelschlag bekämpfen. Dazu bauen sie gleich zwei optogenetische Schalter-Proteine in Krebszellen ein, eines reagiert auf rotes, das andere auf Blaulicht. Im Doppelpack  leiten sie gezielt den programmierten Zelltod der Krebszelle ein, die Apoptose (double-kill-switch).

Freiburg: Die Freiburger tüfteln an maßgeschneiderten Sporen der Mikrobe Bacillus subtilis als smarte Vehikel für eine zielgerichtete Medikamententherapie gegen Colitis ulcerosa, eine Autoimmunerkrankung des Dickdarms. Die Sporen sind mit Nanobodies für die Zielerkennung im Darm ausgestattet. Und vor Ort im entzündeten Gewebe aktiviert wandeln sie eine Vorstufe eines Zellgifts in dessen aktive Form um.

Göttingen: Team Göttingen will die biotechnologische Herstellung von Vitamin B12 im Labor wesentlich vereinfachen. Dazu wollen sie Bakterien mit einem Export-System ausstatten. Bisher stellen B12-Produktionsorganismen das Vitamin zwar her, die Zellen müssen aber aufwendig aufgebrochen werden, um an das Vitamin zu gelangen. Mit dem synthetischen Ausschleuse-System („Synporter“) würde der Schritt entfallen.

Hamburg: Das Hamburger iGEM-Team hat diesmal einen Biosensor entwickelt, der Erreger der Art Chlamydia trachomatis gezielt aufspüren kann. Chlamydien zählen zu den Geschlechtskrankheiten, sie werden meist ungezielt mit Breitband-Antibiotika behandelt. Ein präziser Test könnte die Therapie verbessern.

Hannover: Die Niedersachsen haben in ihrem Projekt ein molekularbiologisches Präzisionswerkzeug, die Designer-Nuklease TALEN, noch robuster für die Verwendung im Laboralltag gemacht, in dem sie ihr eine Ringform gegeben haben („TALE-Bots“).

Nürnberg-Erlangen: Die Tüftler aus Nürnberg wollen in dem Projekt „Coli-Voltaic“ Farbstoff-Solarzellen herstellen, die aus Biofilmen aufgebaut sind. Die iGEMer stützen ihr System auf sogenannte Curli-Fasern, bakterielle Proteinaggregate, die als Nanodrähte fungieren können.

München: Die LMU und die TU München machen diesmal gemeinsame Sache. Sie beschäftigen sich mit Hightech-Gewebe aus dem 3D-Drucker. Dazu stellen sie eine besondere Biotech-Tinte her („Biotink“). Damit lassen sich Zellen sehr gezielt und filigran auf Oberflächen aufdrucken.

Marburg: Das Team der Philipps-Universität will eine Endosymbiose im Labor nachstellen. Auf diesem Weg will es eine neuartige Produktionsplattform namens „Syndustry“ konstruieren. Dazu wollen sie photosynthetische Cyanobakterien in größeren Zellen einbringen.

Tübingen: Das Team aus Tübingen will Menschen mit einer erblichen Fructose-Intoleranz helfen. Dazu wollen die schwäbischen Tüftler probiotische Lactobazillen mit dem Enzym Aldolase ausstatten.

pg