Mit Bakterien und Elektronenstrahlen zu nachhaltigen Baustoffen

Mit Bakterien und Elektronenstrahlen zu nachhaltigen Baustoffen

Fraunhofer-Forschende in Dresden haben ein Verfahren entwickelt, um Biozement mithilfe mikrobieller Prozesse und unterstützt durch Elektronenstrahlen zu produzieren.

Photobioreaktor des Fraunhofer FEP zur Kultivierung phototropher Mikroorganismen im Labormaßstab unter definierten Licht-, Temperatur- und Gasbedingungen.
Photobioreaktor des Fraunhofer FEP zur Kultivierung phototropher Mikroorganismen im Labormaßstab unter definierten Licht-, Temperatur- und Gasbedingungen.

Die Entwicklung neuer biobasierter und nachhaltiger Materialien zur dauerhaften Bindung von Kohlendioxid (CO₂) ist ein zentraler Ansatz in Forschung und Entwicklung. Besonders im Bausektor steigt der Bedarf an biobasierten Alternativen, da die Zementindustrie zu den größten Verursachern von Treibhausgasemissionen zählt. Eine vielversprechende Strategie zur Dekarbonisierung ist daher die Entwicklung von CO₂-reduzierten Zementen.

Am Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP) in Dresden wird an den chemischen und biologischen Wirkungen sogenannter niederenergetisch beschleunigter Elektronen für spezielle Anwendungen geforscht. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Herstellung von Kalk mithilfe phototropher Mikroorganismen, um die Dekarbonisierung der Zementindustrie zu fördern.

Natürlicher Prozess der mikrobielle Kalksteinbildung als Vorbild

Im natürlichen Prozess der mikrobiellen Kalksteinbildung bilden phototrophe Cyanobakterien im Zusammenspiel von Licht, Feuchtigkeit und Temperatur Kalkstein, wobei CO₂ aus der Luft dauerhaft im Gestein gebunden wird. Die FEP-Arbeitsgruppe „Biokompatible Materialien“ unter der Leitung von Ulla König untersucht, wie sich dieser natürliche Prozess im großen Maßstab technisch umsetzen und effizienter gestalten lässt.

Biogene Baustoffe für die Kreislaufwirtschaft

Im Projekt BioCarboBeton hat das Team gemeinsam mit Forschenden des Dresdner Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) ein umweltfreundliches Verfahren zur Herstellung von Biobeton entwickelt. Dabei werden Cyanobakterien in einer Nährlösung kultiviert und zur Mineralisierung mit Kalzium  angereichert. Das so entstandene Biomaterial kann zusammen mit Füllstoffen wie Sand in Form gebracht und ausgehärtet werden. Auf diese Weise sollen künftig biogene Baustoffe entstehen, die CO₂ dauerhaft binden und nachhaltig zur Kreislaufwirtschaft beitragen.

Verbesserte Biomineralisierung durch Elektronenstrahlen

Aktuell sind die Dresdner Forschenden dabei, den Prozess weiter zu verbessern. „Die Optimierung und Skalierbarkeit der biogenen Kalksteinsynthese basierend auf dem mikrobiellen Biomineralisierungsprozess spielt eine wesentliche Rolle für zukünftige großtechnische Einsatzmöglichkeiten“, erklärt Arbeitsgruppenleiterin Ulla König. „Wir haben am Fraunhofer FEP deshalb die Optimierung der Biomineralisation phototropher Mikroorganismen mit einem neuartigen Lösungsansatz verknüpft.“ Das Forschungsteam nutzt hier die stimulierende Wirkung der Elektronenstrahltechnologie, um den Stoffwechsel der Mikroorganismen zu aktivieren. Dadurch wird die Kalkproduktion – als Grundlage für Zement und Beton – effizienter und wirtschaftlicher gestaltet.

Bei der Entwicklung der biogenen Baustoffe berücksichtigen die Forschenden auch die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Das CO₂ könnte zukünftig auch aus Industrieabgasen gewonnen werden, während als Kalziumquelle Reststoffe aus industriellen Prozessen oder der Landwirtschaft ebenso zum Einsatz kommen könnten wie Bauschutt oder nachwachsende Rohstoffe als Füllstoffe.

Die Ergebnisse dieser Forschung, darunter der neu entwickelte Biobeton, sollen im Januar auf der Messe BAU 2025 in München neben weiteren Entwicklungen des FEP präsentiert werden.

chk