Bio-Monitoring mit Wattestäbchen

Bio-Monitoring mit Wattestäbchen

Wattestäbchen dienten Forschenden als Werkzeug, um auf Blättern Erbgutspuren von Tieren zu sammeln und per DNA-Analyse die Artenvielfalt im Regenwald zu bestimmen.

Abstrich eines Blattes zur Gewinnung von Wirbeltier-eDNA im Botanischen Garten Greifswald
Abstrich eines Blattes zur Gewinnung von Wirbeltier-eDNA im Botanischen Garten Greifswald.

Nicht nur Menschen, auch Tiere hinterlassen genetische Fingerabdrücke. Diese sogenannte eDNA (environmentalDNA) findet sich überall in der Umwelt – auf Pflanzen, im Wasser, im Boden und sogar in der Luft. Angesichts des weltweiten Verlusts der Artenvielfalt sind Forscherinnen und Forscher dabei, die Biodiversität zu erfassen, um Veränderungen zu erkennen und frühzeitig Schutzmaßnahmen ergreifen zu können. Im tropischen Regenwald, wo der Artenrückgang besonders dramatisch ist, haben sie die Biodiversität gemessen. Mit einer einfachen Methode gelang es einem internationalen Forscherteam unter Leitung des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) in Greifswald, die enorme Vielfalt der Regenwaldbewohner im Kibale-Nationalpark in Uganda zu erfassen.

Mit Wattestäbchen Tier-DNA von Blättern sammeln

Ausgerüstet mit 24 Wattestäbchen durchstreiften die Forscher um Christina Lynggaard und Jan Gogarten den dicht bewaldeten Nationalpark und sammelten durch einfaches Abtupfen der Blätter die darauf hinterlassene DNA der Tiere. „Ehrlich gesagt haben wir keine großartigen Ergebnisse erwartet“, sagt Christina Lynggaard. „Der Regenwald ist heiß und feucht, und unter diesen Bedingungen wird DNA schnell abgebaut.“

50 Arten von Säugetieren und Vögeln erfasst

Umso überraschter waren die Forscherinnen und Forscher über das Ergebnis der anschließenden DNA-Sequenzierung. „Wir fanden DNA von einer überwältigenden Vielfalt an Tieren in diesen 24 Wattestäbchen – über 50 Arten von Säugetieren und Vögeln sowie einen Frosch. Und das alles nach nur 72 Minuten Blätter-Tupfen“, sagte Jan Gogarten.

Wie das Team in der Fachzeitschrift Current Biology berichtet, enthielt jedes der 24 Stäbchen die DNA von durchschnittlich acht Tierarten. Darunter waren genetische Spuren von sehr großen und bedrohten Arten wie dem Afrikanischen Elefanten, aber auch die DNA von sehr kleinen Vogelarten wie dem Sonnenvogel. Auch der Hammerkopf, ein Flughund mit einer Flügelspannweite von bis zu einem Meter, Affen wie die seltene Östliche Vollbartmeerkatze und der gefährdete Uganda-Stummelaffe sowie Nagetiere wie das Ölpalmenhörnchen wurden nachgewiesen. Spuren großer Vögel wie der Riesenturako und der vom Aussterben bedrohte Graupapagei wurden auf den Blättern ebenfalls gefunden.

Biodiversitätsverluste erfassen

„Die Vielzahl der nachgewiesenen Tierarten und die hohe Nachweisquote pro Wattestäbchen zeigen, dass tierische DNA problemlos von Blättern abgetupft und anschließend analysiert werden kann“, so Gogarten. Der Forscher ist überzeugt, dass die Wattestäbchen-Methode „in größerem Maßstab als Informationsgrundlage dienen kann, um Biodiversität sowie ihre Verluste zu erfassen und daraus Strategien für das Wildtiermanagement abzuleiten.“

Potenzial für umfassendes Tier-Monitoring

Vor allem für sogenannte Bürgerwissenschaftsprogramme hätte die einfache Methode Lynggaard zufolge Potenzial. „Während der COVID-19-Pandemie waren Corona-Tests mit automatisierter Extraktion von Nukleinsäuren aus Millionen von Abstrichen pro Tag an der Tagesordnung, und die dafür erforderlichen Analysegeräte wurden in alle Winkel der Erde verteilt. Was wäre, wenn diese Instrumente umfunktioniert werden könnten, um mit Wattestäbchen ein umfassendes Tier-Monitoring im großen Maßstab durchzuführen?“

Ein solches Monitoring würde den Forschenden zufolge dazu beitragen, das Ausmaß der Veränderung in Ökosystemen besser zu verstehen und die Entwicklung wirksamer Managementstrategien zu unterstützen. Auch die Risiken der Übertragung von Krankheiten von Tieren auf den Menschen könnten besser eingeschätzt werden, so die Studie.

bb