Nachhaltige Proteine
Lupinen-Würstchen oder Heuschrecken-Burger: alternative Eiweißquellen, wie Hülsenfrüchte, Algen oder Insekten liegen im Trend. Dennoch ist das Wissen über Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten von Proteinpräparaten noch lückenhaft. Produktinnovationen werden somit erschwert. Das Projekt „Nachhaltige Proteinzutaten“ im Innovationsraum NewFoodSystems möchte das ändern. In Bonn, Freising und Hamburg wird eine Proteindatenbank entwickelt und gemeinsam mit der Industrie an neuen Verarbeitungsmöglichkeiten geforscht.
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Nachhaltige Proteine
Proteine sind in der menschlichen Ernährung unverzichtbar. Den Großteil machen bisher tierische Eiweiße, wie Milch- und Fleischprodukte, aus. Doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und belastet Umwelt und Klima. Für viele Hersteller ein Grund, alternative Proteinprodukte zu entwickeln. Lebensmittel aus Pflanzen, wie Lupine, Linse oder Erbse liegen im Trend. Auch Produkte aus Algen oder Insekten machen den Speiseplan nachhaltiger.
Alternative Proteinquellen gibt es viele. Über ihre Eigenschaften weiß man jedoch recht wenig. Welche Proteine eignen sich für welche Produkte am besten und wie kann man sie in Lebensmitteln verarbeiten? Diese Wissenslücke möchte das Projekt „Nachhaltige Proteinzutaten“ unter der Leitung der Lebensmitteltechnologin Professorin Dr. Ute Weisz schließen.
Aufbau einer Datenbank für Proteine
Prof. Dr. Ute Weisz: „Im Rahmen dieses Projektes wollen wir die kommerziell verfügbaren Protein-Präparate sehr intensiv analysieren auf verschiedenste Eigenschaften. Und diese in eine Datenbank einpflegen, so dass wir es dann später den Anwendern leichter machen, die entsprechend geeigneten Proteine für eine bestimmte Applikation dann zu finden und dann auch entsprechend einsetzen zu können.“
Die Proteine werden an Forschungsinstitutionen in Hamburg, Freising und Bonn untersucht. Dies findet in enger Kooperation mit zahlreichen Industriepartnern statt. Für die Datenbank werden die ernährungsphysiologischen Werte und sensorischen Charakteristika ermittelt – letzteres an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg.
An der Universität Bonn liegt der Fokus auf der Analyse der chemischen Zusammensetzung und physikalischen Eigenschaften. Ihre Kenntnis ist besonders wichtig für die spätere Anwendung in Lebensmitteln: Wie steht es um ihre Löslichkeit oder wie gut können sie Schaum bilden?
Weiter geht’s mit den Proteinen am Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung in Freising. Neben der Analyse untersuchen die Forschenden wie sich Proteine in Produkte verarbeiten lassen.
Gezielte Auswahl von Proteinen ermöglichen
Prof. Dr. Ute Weisz: „Mithilfe der Datenbank sollen die Industriepartner gezielt in die Lage versetzt werden, sich genau das richtige Protein oder die richtige Proteinkombination auszusuchen, um diese dann gezielt in Applikationen wie beispielsweise Milch-Alternativ-Produkte oder Fleisch-Alternativ-Produkte oder rein zur Anreicherung von Proteinen in Lebensmitteln einsetzen zu können.“
Wie sich mögliche Fleischalternativen produzieren lassen, wird im Extrusionstechnikum erprobt. Im Extruder werden Pflanzenproteine wie Lupinenpulver, zusammen mit Wasser unter Hitze- und Schäreinwirkung zu einem Teig verarbeitet. Der wird dann durch eine enge Düse gepresst. Der Prozess verändert die Struktur der Eiweiße. Die pflanzlichen Proteine erhalten so eine fleischähnliche Textur.
Sieht bereits nach einer guten Alternative aus. Doch wie nachhaltig ist ihre Herstellung tatsächlich?
Prof. Dr. Ute Weisz: „Wir haben unser Projekt schon sehr für mich provokativ nachhaltige Proteinzutaten genannt, aber wollen das letztendlich auch noch belegen. Und hier sind wir eben gerade dabei, die wichtigen Nachhaltigkeitsfaktoren zu identifizieren, die wir in die Datenbank mit aufnehmen wollen: ökologische Nachhaltigkeitsfaktoren, ökonomische Nachhaltigkeitsfaktoren. Und was sicherlich zukünftig auch immer wichtiger werden wird, sind die ganzen sozialen Aspekte, also die sozialen Nachhaltigkeitsfaktoren, wie beispielsweise Kinderarbeit oder Gleichberechtigung von Mann und Frau und all solche Kriterien.“
Nachweis zu Nachhaltigkeit der Proteine
Beim Thema Nachhaltigkeit spielen neben Alternativen zu Lebensmitteln wie Burger, Milch und Co auch Futtermittel-Innovationen eine entscheidende Rolle. Problematisch ist vor allem die Soja-Produktion: Nur knapp 20% verspeisen wir direkt, etwa in Form von Tofu oder Soja-Milch. Der weit größere Teil der begehrten Bohne landet am Ende in Futtertrögen - für die Produktion von Fleisch und Milch.
Für den steigenden Sojabedarf werden riesige Waldflächen zu Ackerland umgewandelt. Und der weltweite Hunger auf Fleisch wird stetig größer. Für die Forschenden ist die Suche nach nachhaltigeren Futtermitteln daher zentral.
Prof. Dr. Ute Weisz: „Wir wollen durch unser Projekt auch einen Beitrag zu den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen liefern. Ich denke, insbesondere als Lebensmittel-Technologen ist es in unserer Verantwortung, mit den Rohwaren, die uns zur Verfügung stehen, sehr verantwortungsbewusst umzugehen.“
Ziel der Forschung ist am Ende, dass es die innovativen Produkte auch wirklich auf den Teller schaffen. Und dazu müssen sie vor allem eins: GUT SCHMECKEN.
Regelmäßig finden Verkostungen statt, bei denen die Probanden über Geschmack und Textur urteilen. Der Pflanzenburger scheint den richtigen Biss zu haben: “Mmhhh… sehr saftig"
Die Zukunft wird zeigen, ob die pflanzlichen Proteinprodukte weiter den Markt erobern. Das Forschungsprojekt „Nachhaltige Proteinzutaten“ versucht ihnen mit der Proteindatenbank den Weg zu ebnen.
Redaktion: Katja Wehling, Oliver Päßler
Kamera: Christian Weihe, Jens Kauer
Schnitt: Robert Quante, Hamid S. Esfahlani
Sprecherin: Katja Wehling