Clariant stellt kommerzielle Bioraffinerie in Rumänien fertig
Aus Stroh wird Sprit: Clariant hat im rumänischen Podari die erste kommerzielle Großanlage zur Herstellung von Cellulose-Ethanol aus Agrarresten errichtet. Schon bald startet der Betrieb.
Der Spezialchemiekonzern Clariant hat in Rumänien den Bau einer kommerziellen Bioraffinerie zur Herstellung von Cellulose-Ethanol vollendet. Noch im vierten Quartal 2021 soll die Produktion beginnen. Jährlich will Clariant aus rund 250.000 Tonnen Agrarreststoffen – insbesondere Stroh – 50.000 Tonnen des Biokraftstoffs der zweiten Generation erzeugen. Für Clariant, das seine Technologie unter dem Namen sunliquid lizenziert, ist die Fertigstellung des Vorzeigewerks auf einem zehn Hektar großen Areal in Podari im Südwesten Rumäniens ein wichtiger Meilenstein. Begonnen hatte der Bau im Herbst 2018.
Mehr als 40 Mio. Euro von der EU
Damals beim Spatenstich hatte Clariant-Vorstandsmitglied Christian Kohlpaintner gesagt, Clariant investiere über 100 Mio. Euro in seine erste kommerzielle sunliquid-Anlage. Jetzt, zum Ende der Bauarbeiten, freute sich Clarinat CEO Conrad Keijzer: „Dieses Investment und die erfolgreiche Kommerzialisierung dieser neuen Technologie repräsentiert für Clariant einen wesentlichen Meilenstein und ist ein weiterer Beleg für unsere ambitionierte Wachstumsstrategie, angeführt durch Innovationen, die zu einer nachhaltigeren Welt beitragen.“
Für den Bau der Groß-Bioraffinerie hat die Europäische Union mehr als 40 Mio. Euro beigesteuert, darunter sind Fördermittel aus dem Bio-Based Industries Joint Undertaking (BBI JU).
Rohstoffe aus der Region
Die Rohstoffe für das Werk werden aus der Region geliefert. Mit mehr als 300 landwirtschaftlichen Betrieben hat das Unternehmen dazu Verträge geschlossen. Die regionale Versorgung soll die CO2-Bilanz der Kraftstoffs positiv beeinflussen. Ebenfalls darauf ein zahlt der Umstand, dass Nebenprodukte der Ethanolherstellung genutzt werden, um die Anlage mit regenerativer Energie zu versorgen. Das resultierende Cellulose-Ethanol sei damit nahezu kohlenstoffneutral, erklärte Clariant.
Anwendungen sieht das Unternehmen neben der Beimischung zu konventionellen Kraftstoffen insbesondere für einen nachhaltigen Kraftstoff für die Luftfahrtbranche, aber auch als Ausgangsstoff für weitere biobasierte chemische Produkte. Neben den Aufträgen für die Landwirtschaft und den Arbeitsplätzen im Werk soll die Region auch von dieser Form der Wertschöpfung profitieren.
Demonstrationsanlage in Straubing
Das sunliquid-Verfahren wurde einst von einem Team der Süd-Chemie in München entwickelt, die mittlerweile zu Clariant gehört. In dem biotechnischen Verfahren wird die in den Pflanzenfasern steckende Lignocellulose mithilfe von Mikroben und Enzymen in kleinere Zuckermoleküle zerlegt, Hefen vergären diese dann in einem weiteren Schritt zu Ethanol. Im niederbayerischen Straubing betreibt Clariant bereits seit 2012 eine Demonstrationsanlage, um Bioethanol aus Stroh und anderen Feldabfällen zu gewinnen. Die vorkommerzielle Anlage produziert aus 4.500 Tonnen Stroh rund 1.000 Tonnen Ethanol im Jahr. Der Aufbau der Anlage wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der bayerischen Landesregierung gefördert. Seither hat Clariant nach eigenen Angaben die Lizenz fünfmal verkauft, darunter an einen polnischen Konzern.
bl/pg