Quallen als Dünger nutzen
Quallen als Mikroplastikfilter und Dünger: Diese ungewöhliche Verwendung wollen Helmholtz-Forscher am GEOMAR in Kiel mit EU-Partnern ausloten.
An der Küste sind sie nicht sonderlich beliebt und mitunter sogar gefährlich: Quallen. Ob am Strand oder beim Baden im Meer - die glitschigen Nesseltiere sind meist eher lästig und für viele auch ekelig. In den vergangenen Jahren traten die Meerestiere zu allem Überfluss auch noch vermehrt massenhaft auf. Der Grund: Durch die Eingriffe des Menschen in das marine Ökosystem geht die Zahl der Fische zurück, wodurch Nahrungskonkurrenten und Fraßfeinde der Quallen verschwinden. Doch der Quallenzuwachs könnte vielleicht sogar nützlich sein.
Quallen als neuer mariner Rohstoff
Im Projekt „GoJelly“ will ein internationales Forscherteam in den kommenden Jahren beweisen, dass die Organismen durchaus auch sinnvoll genutzt werden können. Dabei haben die Forscher Quallen als Mikroplastikfilter oder Biomasse zur Herstellung von Dünger oder Fischfutter im Blick. Das Projekt wird vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel koordiniert und von der Europäischen Union über vier Jahre mit 6 Mio. Euro gefördert. „Quallen können Rohstoffe für verschiedenste Verwendungszwecke liefern. Es wäre unsinnig, dieses Potenzial nicht zu nutzen, zumal uns die zugrunde liegende Biomasse immer wieder direkt vor die Haustür schwimmt“, erklärt Jamileh Javidpour vom GEOMAR, Initiatorin und Koordinatorin von GoJelly.
Basis für breite Biomassenutzung
Die Schwärme abfischen und sinnvoll nutzen, bevor sie an Land gespült werden, ist das große Ziel des Konsortiums. Das Einsatzspektrum der glitschigen Meerestiere ist dabei größer als gedacht. „Erste Studien haben gezeigt, dass Schleim von Quallen Mikroplastik binden kann. Wir wollen also ausprobieren, ob aus Quallen Biofilter hergestellt werden können. Die könnten dann in Klärwerken oder in Fabriken eingesetzt werden, in denen Mikroplastik anfällt“, erklärt Javidpour. Darüber hinaus könnten Quallen als Fischfutter aber auch für landwirtschaftlichen Dünger oder Quellstoffe genutzt werden, die in Trockengebieten Bodenwasser speichern. „Futter aus Quallen wäre deutlich nachhaltiger und würde die Wildfischbestände schonen“, betont die Biologin. Die Forscher sind zuversichtlich, dass Quallen zukünftig sogar als Nahrungsmittel aber auch für die Kosmetikindustrie von Bedeutung sein könnten.
Quallenblüten vorhersagen
Doch zunächst müssen die GoJelly-Forscher einen tieferen Einblick in die bisher kaum erforschte Lebensweise der verschiedenen Quallenarten bekommen. Auch wie und wo es zu einer großen Quallenblüte kommt, ist bisher nicht vorhersehbar. Das Kieler Team wird daher untersuchen, welche ökologischen Auslöser die Bildung von Quallenblüten in verschiedenen geografischen Gebieten und ökologischen Systemen bestimmen. Diese Informationen sollen später für eine interaktive Online-Karte und eine App genutzt werden, die Quallenblüten vorhersagen können. Darüberhinaus wollen die Forscher am GEOMAR ein neuartiges Zuchtbecken für Quallen entwickeln, um Versuche zur Akklimatisierung von Quallenarten in der Gefangenschaft vorzubereiten.
bb