Den Rohstoff Lignocellulose verwerten
Katrin Streffer
Beruf:
Chemikerin
Position:
Geschäftsführerin und Mitgründerin der LXP-Group GmbH
Beruf:
Chemikerin
Position:
Geschäftsführerin und Mitgründerin der LXP-Group GmbH
Die Chemikerin Katrin Streffer ist Mitgründerin der LXP-Group. Als Geschäftsführerin macht sie sich für die Verwertung von Lignocellulose in Bioraffinerien stark.
Die optimale Verwendung nachwachsender Rohstoffe als Energiequelle und Ersatz für die Produktion bislang erdölbasierter Produkte spielt eine zunehmend größere Rolle. Dazu gehört auch die Verwendung von pflanzlichen Reststoffen und im Speziellen der sogenannten Lignocellulose. Sie ist Hauptbestandteil der Zellwände verholzter Pflanzen. Das LX-Verfahren ermöglicht die Produktion von Biokraftstoffen, Biochemikalien und natürlichem Lignin aus Lignocellulose. Die promovierte Chemikerin Katrin Streffer ist Geschäftsführerin des brandenburgischen Unternehmens LXP-Group GmbH, das derzeit erprobt, wie das Verfahren im großtechnischen Maßstab ökonomisch rentabel gestaltet werden kann.
Was ist das LX-Verfahren, auf dem Ihre Geschäftsidee beruht?
Das LX-Verfahren basiert auf den Forschungsergebnissen unseres Mitgründers und promovierten Chemikers Friedrich Streffer. Das LX-Verfahren kann jegliches pflanzliches Material, vor allem das sogenannte Strukturmaterial verwenden, also Pflanzenteile wie Äste, Blätter, Halme oder Stroh. Diese Pflanzenteile bestehen aus einem Verbund von drei Biopolymeren: Erstens Cellulose, die man aus Baumwolle oder Papier kennt. Zweitens Hemicellulose, die ebenso wie die Cellulose aus aneinandergereihten Zuckern aufgebaut ist. Drittens Lignin, welches die anderen beiden Biopolymere umhüllt und vor mikrobiellem Abbau schützt. Für gewöhnlich bestehen pflanzliche Abfall- und Reststoffe der Land- und Forstwirtschaft sowie der Kommunen überwiegend aus diesen Komponenten.
Welche Marktlücke wollen Sie mit Ihrer Firma füllen und mit welchen Partnern arbeiten Sie zusammen?
Heutige Produktionsanlagen, die auf der Basis biobasierter Rohstoffe arbeiten, sogenannte Bioraffinerien, nutzen Zucker oder Stärke. LXP will Bioraffinerien fit für die Nutzung der ganzen Pflanze machen und damit das gesamte CO2 nutzen, das durch das Pflanzenwachstum gebunden wird. Diese Nutzung der gesamten Pflanze ist wichtig, da der Ruf nach einem geringeren CO2-Ausstoß immer lauter wird, beispielsweise haben sich mit dem Pariser Klimaabkommen viele Staaten dazu bekannt. Um dies sinnvoll tun zu können, ist ein Aufschluss notwendig, der die Cellulose und Hemicellulose vom Lignin trennt. Leider ist heute kein solches Verfahren mit zufriedenstellenden ökonomischen Parametern kommerzialisiert. LXP arbeitet mit Rohstofflieferanten aus dem Agrar- und Forstsektor sowie Recycling-Firmen zusammen. Auf der Prozess- und Abnehmerseite sind es vor allem Unternehmen aus dem Chemie- und Energiesektor, die sich heute bereits mit nachwachsenden Ressourcen beschäftigen.
Wie weit sind Sie mit der Planung und dem Bau Ihrer Produktionsanlage?
Im letzten Monat ist es uns gelungen, die Planung und Finanzierung unserer Demonstrationsanlage zu realisieren, die etwa 500 Tonnen trockene Biomasse verarbeiten kann. Der Bau der Anlage hat begonnen. Gleichzeitig treiben wir die Gespräche mit Partnern für den nächsten Skalierungsschritt in dem Bereich von 30.000 bis 50.000 Tonnen pro Jahr weiter voran. Hier werden dann schon die Ergebnisse aus der Demonstrationsanlage einfließen.
Wo sehen Sie Hürden, die noch überwunden werden müssen?
Langfristig werden sich Materialien und Energieträger aus erneuerbaren Ressourcen durchsetzen, wenn sie wirtschaftlich mit den auf Öl basierten Produkten konkurrieren können. Dies sind nicht zwangsläufig die gleichen Moleküle, jedoch braucht es eine vergleichbare oder bessere Funktionalität. Eine interessante Frage dabei wird sein, die richtige Schnittstelle zwischen dezentraler Vorverarbeitung und zentraler Weiterverarbeitung zu finden. Bei den Rohstoffen werden wir weitere Lösungen im Bereich der Logistik sehen, da wir uns jetzt mit Rohstoffen beschäftigen, die bisher nicht gehandelt wurden und deren Logistikketten somit noch unterentwickelt sind. Bei einigen unserer Partner sehen wir hier bereits vielversprechende Ansätze.
Welche Rolle wird das LX-Verfahren Ihrer Einschätzung nach in Zukunft spielen?
Um Produkte wirtschaftlich herzustellen, ist es notwendig, alle in der Biomasse enthaltenen Komponenten sinnvoll zu nutzen. Jede Technologie, die ein Teil des Rohstoffs von vornherein als Abfallprodukt ansieht, wird es schwer haben, wirtschaftlich zu bestehen. Wir sehen die LX-Technologie in Zukunft als eine kostengünstige Technologie, die Lignocellulose für Bioraffinerien erschließt, sowohl in zentralen als auch in dezentralen Anlagen. Welche Anlagengröße zum Schluss das wirtschaftliche Optimum darstellen wird, ist aus heutiger Sicht stark von dem Rohstoffmix und dessen Kostenstruktur abhängig.
Interview: Britta Pollmann