Politik will mehr Bioenergie
Bioenergie ist unverzichtbar für die Energiewende. Das haben Parteivertreter jüngst bei einem Parlamentarischen Abend des Bundesverbands Bioenergie bekräftigt.
Mitte Mai hatte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Bioenergie (BBE) Artur Auernhammer zum Thema „Bioenergie – eine gute Wahl!“ in die Österreichische Botschaft in Berlin eingeladen. Bundestagsabgeordnete aller im Parlament vertretenen Parteien haben hier diskutiert, welche Rolle Bioenergie zukünftig in Deutschland spielen soll. Unter Moderation von Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros des BBE, stellten die Bundestagsabgeordneten Karl Holmeier (CSU), Alois Gerig (CDU), Johann Saathoff (SPD), Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen) und Eva Bulling-Schröter (Die Linke) ihre Positionen vor. Grundsätzlich herrschte parteiübergreifend Einigkeit darüber, dass Bioenergie für eine erfolgreiche Energiewende unverzichtbar sei.
Ob Deutschland hierfür gut aufgestellt ist, darüber gingen die Positionen jedoch auseinander. „Das Klimaziel bis 2020 wird Deutschland nicht erreichen“, prognostizierte Bulling-Schröter. Bioenergie sei „im Begrenzten wertvoll“, um den Zielen so nahe wie möglich zu kommen. Wie die Grünen-Politikerin betrachtet die Vertreterin der Linken Biomasse jedoch als endliche Ressource, die klug eingesetzt werden müsse. Dass die Nutzung biogener Reststoffe in Abstimmung mit anderen erneuerbaren Energien erfolgen muss, betonten auch die Vertreter von CSU und SPD. Eine wichtige Funktion sehen alle Politiker für die Bioenergie im Stromsektor. Hier sei Bioenergie wichtig, um die Schwankungen in der Versorgung durch andere erneuerbare Quellen wie Wind- und Sonnenenergie auszugleichen.
Bioenergie soll weiter auf der politischen Agenda stehen
Auf die kritische Frage von Moderatorin Sandra Rostek, warum denn in der letzten Legislaturperiode bezüglich Bioenergie keine größeren Fortschritte erzielt wurden, gaben auch die Vertreter der Regierungsparteien zu, dass die Resultate hinter ihren Wünschen zurückgeblieben seien. SPD-Politiker Saathoff bedauerte, dass Uneinigkeiten bei den Koalitionspartnern verhindert haben, dass die Bioenergie weiter vorangebracht worden sei. Während früher insbesondere die Kosten im Fokus standen, sei nun durch Fragen der Nutzung erneuerbarer Energie einerseits und dem Netzausbau andererseits ein neues Fenster aufgegangen. Es müsse nun entschieden werden, wo und in welchen Bereichen mehr von welchen erneuerbaren Energien eingesetzt werden müssen, um die Klimaziele zu erreichen. Da käme der Bioenergie eine wichtige Rolle zu. Alle Abgeordneten äußerten sich zuversichtlich, dass bei der Weiterentwicklung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) für 2019 die Bioenergie in deutlich größerem Umfang berücksichtigt wird.
Biogasanlagen: Vorteile dezentraler Energiegewinnung
Als Energieträger stand vor allem Biogas im Fokus der Veranstaltung. SPD-Politiker Saathoff unterstrich die Bedeutung der Gülleverwertung in Biogasanlagen. Hierdurch könne das Treibhausgas Methan genutzt und der Atmosphäre entzogen werden, denn die Klimarelevanz bei Methan sei wesentlich höher als von CO2, erläuterte Saathoff. CDU-Politiker Alois Gerig betonte unterdessen, dass die Flexibilität der Biogasanlagen optimiert, die Nutzung verbessert und neue Ausschreibemodelle entwickelt werden sollten. „Durch falsche Fördermaßnahmen zwischen 2007 und 2012 ist es zu Spannungsfeldern gekommen. Das EEG von 2016 ist hingegen wieder ein Lichtblick“, so Gering. Es gelte nun, darauf aufzubauen.
Mehrfach betont wurde bei der Veranstaltung, dass der Fokus zukünftig auf der besseren Verwertung von Reststoffen liegen müsste. Heimische Eiweißfutter aus der Landwirtschaft könnten bei der Herstellung von Biokraftstoffen dezentral und zur Förderung ländlicher Regionen genutzt werden, hieß es.
Biotreibstoff heizt Debatte an
Welche Bedeutung die Biotreibstoffe zukünftig spielen sollen und was das für die Quote der Treibhausgase (THG) bedeutet, wurde ebenfalls kontrovers diskutiert. Unternehmen, die Kraftstoffe in den Verkehr bringen, werden seit 2007 durch das Biokraftstoffquotengesetz von der Bundesregierung verpflichtet, fossilen Kraftstoffen einen steigenden Mindestanteil an Biokraftstoffen beizumischen. Bis Ende 2014 galt eine energetische Beimischungsverpflichtung, nach der fossilen Kraftstoffen 6,25% Energieanteil Biokraftstoffe beizumischen waren. Seit 2015 mussten die Inverkehrbringer von Kraftstoffen eine Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) in Höhe von 3,5% erfüllen, seit 2017 sind es 4%. Da Biokraftstoffe nur etwa halb so hohe Treibhausgasemissionen verursachen wie fossile Kraftstoffe, müssen hierfür heute rund acht Prozent Biokraftstoffe beigemischt werden. Im Jahr 2020 soll die THG-Quote auf 6% ansteigen.
SPD und CDU/CSU befürworten – wie auch der BBE – ein stufenweises Anheben der THG-Quote bis 2020. Die Linke und die Grünen sehen die THG-Quote indes grundsätzlich als problematisch an. Letztere fordern – auch für den Verkehr – einen hundertprozentigen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger. Sowohl die Beimengung von Biokraftstoff als auch die THG-Quote würden aber eher die Beimischung zu erölbasierten Kraftstoffen fördern. Das könne nicht das Ziel sein, betonte Julia Verlinden. Grundsätzlich gelte es zu überdenken, wohin sich der Verkehr entwickeln solle.
Wärmepolitik muss weiterentwickelt werden
Viel Kritik gab es mit Blick auf die aktuelle Wärmepolitik, da die Nutzung erneuerbarer Energien bisher nur auf einem geringen Niveau erfolgt. „Das EE-Wärmegesetz auf Bundesebene ist keine Unterstützung“, sagte Grünen-Vertreterin Verlinden. „Die Förderung von Ölheizungen sollte grundsätzlich abgeschafft werden.“ Stattdessen sprach sie sich – wie auch der BBE – für eine Förderung alternativer Heizmethoden aus. Sie merkte an, dass mit Biomasse erzeugte Wärme analog zum Strom in ein Wärmenetz eingespeist werden sollte. Verlinden schlug zudem ein „Klimawohngeld“ vor, mit dem Bewohner in energetisch guten Wohnungen entlastet werden sollen.
Preis für Kohlendioxid in der Diskussion
Als Anreiz für den Ausbau der Erneuerbaren Energien setzt der BBE auf einen Preis auf Kohlendioxid. Im Stromsektor sowie bei der Wärmeversorgung soll nach Meinung des BBE eine CO2-Bepreisung eingeführt werden, die jeweils spezifisch modelliert wird und für die Kunden aufkommensneutral bleibt. Der BBE erhofft sich einen fairen Wettbewerb zwischen stark CO2 ausstoßenden Kohlekraftwerken und sauberen Erneuerbaren Energien, wenn sich die Klimakosten im Preis widerspiegeln. Damit folgt der BBE einem Vorschlag der „Initiative Nachhaltige Finanzreform“, der neben dem BBE 18 weitere Organisationen aus Wirtschaft und Gesellschaft angehören.
CDU-Vertreter Gering fand den BBE-Vorschlag persönlich zwar gut, hielt ihn mit Blick auf die Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze aber nur für schwer realisierbar. Die SPD widerum steht dem Konzept offener gegenüber. Es sollte ein „minimaler CO2-Preis definiert werden“, sagte Saathoff. Auch die Grünen äußerten sich positiv: „Wenn die EU keinen CO2-Mindestpreis im Emissionshandel einführt, dann muss es auf nationaler Ebene geschehen.“ Sektorübergreifend solle über die CO2-Bepreisung diskutiert werden. „CO2 muss überall gleichviel kosten – egal ob für das Heizen oder als Benzin“, unterstrich Verlinden.
bp