Samenkapseln mit selbstheilenden Kräften

Samenkapseln mit selbstheilenden Kräften

Ein Forscherteam fand heraus, wie sich die australische Banksia-Pflanze vor Erregern schützt: Die Samenkapseln bilden bei Wärme ein Wachs, das Risse in der Kapselwand verschließt. 

Reife Frucht von Banksia attenuata aus Westaustralien: Die Samenkapsel in dem verholzten Zapfen gehen bei Hitze und entwickeln Wachse, die Risse in der Fruchtwand kitten. auf
Reife Frucht von Banksia attenuata: Die Pflanze besitzt einen Selbstheilungsmechanismus, der sie vor Krankheitserregern schützt.

Buschfeuer haben etwas Zerstörendes. In Australien gibt es jedoch eine Pflanzengattung, die solche Brände zum Überleben braucht: Banksia-Pflanzen. Viele der insgesamt 80 Arten sind auf die Hitze angewiesen, um ihre Samen freizusetzen. Die Früchte des robusten immergrünen Gewächses bestehen aus zweiklappigen Kapseln, in denen die reifen Samen oft über Jahre bis zum nächsten Buschfeuer ausharren. Wie dieser temperaturabhängige Öffnungsprozess genau funktioniert, konnte jetzt ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung klären. 

Wachs hält Samenkapseln zusammen 

 „Während der Samenreife trocknet das Gewebe aus. Die Fasern schrumpfen dabei unterschiedlich stark, was zu Vorspannungen führt. Durch Hitze wird die innerste Kapselschicht elastischer, wodurch sich diese Spannungen lösen können, und die beiden Hälften der Samenkapsel klappen auf“, erklärt Jessica Huss von dem Potsdamer Institut und Erstautorin der Studie. Lange Zeit wurde vermutet, dass ein Harz die Klappen der Samenkapseln zusammenhält, das bei Hitze schmilzt. Diese Annahme konnten die Forscher widerlegen. „Wir haben in der Verbindungszone zwischen den Klappen allerdings keine Harze, sondern Wachse nachgewiesen“, sagt Huss. 

Schmelzendes Wachs versiegelt Risse

Diese wachsreiche Zone versiegelt nicht nur die beiden Teile der Samenkapseln. Wie die Forscher im Fachjournal „The Royal Society Interface“ berichten, sind die speziellen Wachse zwischen den Kapselkappen wahrscheinlich auch für einen besonderen Selbstheilungsprozess der Pflanze verantwortlich. „Weil die Samen bei manchen Banksien extrem lange am Strauch verbleiben, wo die Kapseln  permanent Witterungseinflüssen wie UV-Strahlung, Hitze und Regen oder auch den Schnäbeln hungriger Vögel ausgesetzt sind, vermuteten wir, dass die Wachse eine Schutzfunktion haben. In vielen Gegenden Australiens sind 45 bis 55° C an sonnenbeschienenen Oberflächen im Sommer nichts Ungewöhnliches, die Wachse schmelzen an heißen Tagen und können so im flüssigen Zustand immer wieder kleine Verletzungen kitten“, so Huss. Das Wachs heilt demnach auch kleinere Wunden in der Kapselwand und sorgt so dafür, dass die Samen im Inneren vor Feuchtigkeit und Krankheitserregern geschützt sind. 

An der Studie waren neben den Fraunhofer-Forschern die Technische Universität Dresden, die Universität für Bodenkultur Wien und der westaustralische Kings Park mit seinem botanischen Garten beteiligt. Im Fokus der Untersuchung standen mit Banksia serrata, B. attenuata und B. candolleana zwar nur drei Arten. Die Forscher vermuten jedoch, dass diese selbstheilenden Kräfte unter der Pflanzengattung weit verbreitet sind. 

Holz im Außenbereich schützen 

Anhand eines Modells hatten sie getestet, ob die Wachse tatsächlich Risse kitten. Dazu  wurden Kiefernholzplättchen verwendet, die mit einer dünnen Wachsschicht überzogen und anschließend mit Schnitten versehen wurden. Schließlich brachten die Forscher einen Teil des Wachses auf den Plättchen zum Schmelzen. Ein Farbtest ergab: Bereits nach 15 Minuten hatte das flüssige Wachs die Schnitte versiegelt. Die Farbe wurde abgewiesen. Die Risse in den nicht erhitzten Plättchen ließen sich hingegen problemlos einfärben. Die Ergebnisse des Tests sind vielversprechend und könnten die Vorlage für neuartige industrielle Anwendungen sein. „Ein ähnliches, temperaturabhängiges System könnte auch für praktische Anwendungen interessant sein – etwa für dimensionsstabiles Holz im Außenbereich", so Michaela Eder vom Potsdamer Max-Planck-Institut.

bb