Süßwasser stark mit Mikroplastik verschmutzt
Selbst in entlegenen Bergseen stießen Forschende auf Mikroplastikkonzentrationen, die höher sind als die in subtropischen Müllstrudeln.
Bis zu 150 Millionen Tonnen Plastik landen nach Angaben der Vereinten Nationen jährlich in den Weltmeeren. Ein trauriger Beweis für das Ausmaß der Verschmutzung sind die fünf riesigen Plastikinseln, die auf der Oberfläche schwimmen. Die allmähliche Zersetzung der Kunststoffe in Mikroplastik ist ein globales Problem und gefährdet zunehmend das Leben der Meeresbewohner. Die Verschmutzung der Umwelt durch Plastikmüll betrifft aber längst nicht mehr nur Meere und Ozeane. Auch Binnengewässer wie Bergseen sind betroffen, wie eine internationale Studie unter Beteiligung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) zeigt.
Auch abgelegene Bergseen mit Mikroplastik vermutzt
38 Seen und Talsperren in verschiedenen Regionen der Welt und mit unterschiedlichen Umweltbedingungen hat das Forschungsteam auf Mikroplastik untersucht, die Partikel gezählt und Art und Größe der Kunststoffe analysiert. Das Ergebnis ist alarmierend: In allen untersuchten Seen und Stauseen – selbst in abgelegenen Gewässern wie dem Lake Tahoe in der Sierra Nevada oder in Bergseen – wurden die Forschenden fündig. Die Belastung mit Mikroplastik variierte von See zu See, ebenso wie die Größe der Partikel. Wie das Team im Fachmagazin Nature schreibt, wiesen 45% der untersuchten Seen mehr als ein Partikel pro Kubikmeter auf, die am stärksten belasteten Gewässer enthielten mehr als zehn Partikel pro Kubikmeter. Bei den Kunststoffen handelt es sich vor allem um Polyester, Polypropylen und Polyethylen.
Große Seen fungieren als Plastik-Fallen
Überrascht waren die Forschenden vor allem über das Ausmass der Verschmutzung in einigen Seen: Dazu gehören der Lago Maggiore (Italien), der Luganersee (Schweiz-Italien), der Lake Tahoe (USA) und der Lake Neagh (Großbritannien). In diesen großen Seen war die Mikroplastik-Konzentration höher als im subtropischen Müllstrudel. Alle vier Gewässer gehören der Studie zufolge zu den Seen mit der höchsten Mikroplastik-Belastung. "Solche Seen fungieren als 'Fallen' für Plastik und können im Laufe der Zeit erhebliche Mengen an Mikroplastik anreichern", erklärt Stella Berger, Wissenschaftlerin am IGB und Mitautorin der Studie.
In Deutschland war es der Stechlinsee in Brandenburg, der die Forschenden mit einer relativ hohen Konzentration an Mikrofasern überraschte. „Vermutlich handelt es sich dabei vor allem um Fasern von der Kleidung der Badenden“, vermutet Hans-Peter Grossart, Wissenschaftler am IGB und Mitautor der Studie. Dass gerade große Seen stark mit Mikroplastik belastet sind, hat einen Grund: Die Verweildauer des Wassers ist hier sehr lang. Es kann - wie im Lake Tahoe - 650 Jahre dauern, bis das Wasser durch Zu- und Abfluss einmal komplett ausgetauscht wird.
Seen vor Mikroplastikvermutzung schützen
„Unsere Ergebnisse zeigen zum ersten Mal ein umfassendes Bild der Plastikverschmutzung in Seen. Sie zeigen, wie wichtig es ist, Seen und Stauseen in den Kampf gegen die Mikroplastikverschmutzung einzubeziehen, sowohl für das Management als auch für den Erhalt der Ökosystemleistungen der Seen“, sagt Hans-Peter Grossart.
bb