Studie beleuchtet Akzeptanz biobasierter Innovationen im Rheinland

Studie beleuchtet Akzeptanz biobasierter Innovationen im Rheinland

Die Umsetzung der Bioökonomie-Strategie in Nordrhein-Westfalen kann nur gelingen, wenn die Bevölkerung mitgenommen und der Nutzen biobasierter Technologien noch deutlicher hervorgehoben wird.

Pilot- und Demonstrationsanlage Leuna
In biobasierten Raffinerien (im Bild: CBP-Pilotanlage in Leuna) geht es darum, den Rohstoff Biomasse so effizient und nachhaltig wie möglich zu verwerten.

Innovationen aus der Bioökonomie sind wichtige Treiber, um die großen Herausforderungen der Zukunft wie Klimawandel, Ernährungssicherung, Rohstoffknappheit und Artenverlust zu meistern. Mit der Bioökonomiestrategie hat die Bundesregierung bereits vor Jahren den Wandel hin zu einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Wirtschaftsweise eingeleitet und die Förderung bioökonomischer Innovationen auf die politische Agenda gesetzt. Die Etablierung biobasierter Technologien erfordert aber auch Akzeptanz in der Bevölkerung. In einer aktuellen Studie haben drei Forscherinnen der Universität Bonn daher untersucht, wie hoch die Akzeptanz der Bevölkerung konkret für Bioraffinerien und Aquaponik-Anlagen ist und welche Faktoren diese Akzeptanz beeinflussen.

Im Rahmen einer Online-Umfrage wurden dazu knapp 2.000 Personen befragt. Die Hälfte der Teilnehmenden kam aus dem Rheinischen Revier, einer Region, die den Strukturwandel - weg von der Kohle hin zu einer biobasierten und nachhaltigen Wirtschaft - bereits heute angeht. Mit Blick auf den geplanten Kohleausstieg im Jahr 2038 soll hier mit Unterstützung der Bundesregierung und dem Land Nordrhein-Westfalen eine "Modellregion Bioökonomie Rheinisches Revier" entstehen.

Grüne Industrie in der Nachbarschaft eher unerwünscht

Die Befragung ergab: Viele Menschen stehen der „grünen“ Industrie zwar grundsätzlich offen gegenüber, wollen sie aber nicht in der eigenen Nachbarschaft haben. Zur Überraschung der Forschenden lehnten die Teilnehmenden aus dem Rheinischen Revier Bioraffinerien und Aquaponik-Anlagen in ihrer Nachbarschaft stärker ab als Teilnehmende aus anderen Regionen Nordrhein-Westfalens. Eine Erklärung der Forscherinnen und Forscher: Durch den jahrzehntelangen Braunkohletagebau seien die Menschen hier sensibler für neue Entwicklungen. Zudem gebe es hier bereits konkrete Pläne für eine Modellregion Bioökonomie, was den anstehenden Strukturwandel für die Menschen „greifbarer“ mache.

Nachteile biobasierter Innovationen werden überschätzt

Entscheidend für die Akzeptanz sei auch, wie die Vor- und Nachteile solcher Technologien wahrgenommen werden, heißt es. Der Studie zufolge werden die Vorteile oft unterschätzt, die Nachteile dagegen überschätzt. „Viele Befragte befürchten, dass Bioraffinerien riesige Anlagen sind, wie man sie von Erdölraffinerien kennt und verbinden diese Anlagen mit Gestank“, erklärt Doktorandin und Erstautorin der Studie, Janine Macht. „Tatsächlich können Bioraffinerien aber auch viel kompakter als Großraffinerien sein und die Geruchsemissionen sind dank modernster Filtertechnologien praktisch gleich Null.“

Gefühle bestimmen Akzeptanz

Die Akzeptanz von biobasierten Technologien wie Bioraffinerien und Aquaponik-Anlagen hängt aber auch davon ab, welche Gefühle die Menschen mit diesen Technologien verbinden und welche Emotionen ausgelöst werden. So wurde die Akzeptanz von Aquaponik-Anlagen am stärksten durch positive Gefühle wie Freude und Hoffnung beeinflusst. Bei Bioraffinerien spielten dagegen negative Gefühle wie Sorge und Angst eine größere Rolle.

Bevölkerung mitnehmen

Die Umfrage zeigt deutlich, dass Unwissenheit ein Faktor für die Ablehnung neuer Technologien ist. Vorteile wie der Nutzen für die lokale Wirtschaft, die Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze und die Erweiterung der lokalen Lebensmittelversorgung sollten laut der Studie deutlicher herausgestellt werden. Die Kommunikation von Nutzen und Risiken geplanter Technologien sowie eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit können demnach dazu beitragen, negative Emotionen und Risikowahrnehmungen abzubauen und kontroverse Debatten zu versachlichen. Bei der Umsetzung von Bioökonomiestrategien muss die betroffene Bevölkerung daher mitgenommen werden - so das Fazit der Studie mit dem Titel „Vergessen Sie die Menschen vor Ort nicht: Erkenntnisse zur Akzeptanz der Bürger für biobasierte Technologien“, die im Fachjournal „Technology in Science“ erschienen ist.

bb