Spezialchemikalien aus der Biogasanlage

Spezialchemikalien aus der Biogasanlage

Forschende wollen demonstrieren, wie Carbonsäuren auch aus regionalen Reststoffen im großen Maßstab in Biogasanlagen gewonnen werden können.

Biogasanlage
Ein neues Verfahren ermöglicht die gekoppelte stofflich-energetische Biomassenutzung in Biogasanlage.

Ob Agrarresstoffe wie Stroh, Lebensmittelabfälle aus der Biotonne oder Mist und Gülle aus der Tierhaltung: In den rund 9.000 Biogasanlagen werden bundesweit verschiedenste Rest- und Abfallstoffe mithilfe von Mikroorganismen vergärt und zu Biogas und anderen Gärprodukten umgewandelt. Doch das Potenzial der Biogasanlagen geht weit über die Gas- und Stromerzeugung hinaus: Auch wichtige Basischemikalien oder hochwertige Biowachse können durch Fermentation gewonnen werden. Wie sich Spezialchemikalien für die Bioökonomie im großen Maßstab aus regionalen Reststoffen erzeugen lassen, wollen Forschende des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) sowie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) gemeinsam mit verschiedenen Industriepartnern demonstrieren.

Demonstrationsanlage zur Gewinnung von Fettsäuren

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Projekts „CapUp“ will das Team in den kommenden Monaten anhand einer sogenannten Multi-Purpose-Demonstrationsanlage ein zuvor vom DBFZ und UFZ entwickeltes Verfahren zur Produktion der Fettsäuren Capron- und Caprylsäure aus regionaler Biomasse skalieren. Die erzeugten Proben werden in umfangreichen Produkttests untersucht. Als Industriepartner sind die GNS – Gesellschaft für Nachhaltige Stoffnutzung mbH (Koordinator) sowie BALANCE Erneuerbare Energien GmbH, VNG AG, FUCHS Lubricants Germany GmbH und die Kelterei Sachsenobst GmbH am Forschungsvorhaben beteiligt. Das zugrunde liegende Verfahren wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (Projekt "CapAcidy") und 2019 mit dem Biogas-Innovationspreis der Deutschen Landwirtschaft ausgezeichnet.

Carbonsäuren aus Reststoffen statt Palmöl

Beim Verfahren der anaeroben Fermentation können komplexe Substrate aus agroindustriellen Abfällen und Reststoffen ohne kostenintensive Vorbehandlung eingesetzt werden. In der folgenden Abtrennungs- und Aufreinigungskaskade werden dann hochwertige Spezialchemikalien wie Carbonsäuren aus der Fermentationsbrühe gewonnen, und dann, je nach Bedarf, zu verschiedenen chemischen Verbindungen wie etwa Estern weiterverarbeitet. Bei Capron- und Caprylsäure handelt es sich um hochwertige Spezialchemikalien, die in Schmiermitteln, Pharmaka und Kosmetika aber auch in Futter- oder Lebensmitteln zum Einsatz kommen. Bisher werden diese wichtigen Substanzen jedoch vor allem aus Palmkern- und Kokosöl gewonnen, die dafür aus den Tropen importiert werden müssen.

Neues Geschäftsfeld für Biogasbetrieber

Die Gewinnung der Fettsäuren aus regionaler Biomasse ist demnach ein wichtiger Schritt in Richtung umweltfreundliche und ressourcenschonende Produktion. Aber nicht nur das. Das neue Verfahren ermöglich eine gekoppelte stofflich-energetische Biomassenutzung. Für die Betreiber von Biogasanlagen würde sich damit ein neues Geschäftsfeld auftun. Die Forschenden sind überzeugt, dass mit der Integration des neuen Herstellungsverfahrens in die bestehenden Anlagen die Produktpalette erweitert, Kundenwünsche flexibler bedient und Biogasanlagen somit auch in Zukunft wirtschaftlich betrieben werden können.

bb/pg