Reststoffnutzung richtig abwägen

Reststoffnutzung richtig abwägen

Agrar- und Forstabfälle als Wertstoff zu nutzen, klingt gut – doch auch dabei sollten mögliche Schäden berücksichtigt werden. Ein EU-Projekt mit Augsburger Forschenden hat die Reststoffnutzung systematisch untersucht.

Stoppelfelder
In der Land- und Forstwirtschaft entstehen Abfälle wie Rinde und Stroh. Deren Nutzung muss jedoch nicht nur Vorteile haben.

Die Bioökonomie lebt in vielen Bereichen von pflanzlichen Rohstoffen. Was meist etablierte erdölbasierte Alternativen ersetzt und dadurch klimafreundlich ist, muss jedoch noch lange nicht nachhaltig sein. Agrar- und forstwirtschaftliche Abfälle wie Rinde, Holzreste und Stroh erfüllen als Rohstoffe dieses Ziel weit besser als eigens für die stoffliche oder energetische Nutzung angebaute Pflanzen. Doch selbst hier kann es Schattenseiten geben, die erkannt und gegen den Nutzen abgewogen werden sollten. Das EU-Projekt REHAB hat unter Beteiligung der Universität Augsburg diese Abwägemechanik nun systematisiert.

Stroh nutzen oder Humus verbessern

„Wir haben unter anderem untersucht, wo in der EU derartige Reststoffe in welcher Menge anfallen und welche Konsequenzen ihre Nutzung hätte“, erläutert Lars Wietschel von der Universität Augsburg. Reststoffe wie Stroh oder Holzabfälle hätten zwar den Vorteil, dass sie nicht mit der Nahrungsmittelproduktion konkurrierten. Sie gelten daher als umweltverträgliche Ausgangsstoffe für Biotreibstoffe der zweiten Generation. „Dennoch bringt auch ihre Nutzung Nachteile mit sich“, warnt Wietschel und erläutert das am Beispiel von Stroh: Dass nach der Maisernte die Stoppeln stehen gelassen und später untergepflügt würden, habe einen guten Grund: So halten sie die Nährstoff- und Humusbilanz im Boden aufrecht. Würden Pflanzenreste nicht untergepflügt, sondern für Treibstoffe verwendet, verschlechtere sich mit der Zeit die Bodenqualität und es würde zudem mehr Dünger erforderlich.

Software macht Zusammenhänge sichtbar

Interessant ist daher die Frage, welche Reststoffnutzungen möglichst wenige unerwünschte Nebeneffekte haben. Um das systematisch analysieren zu können, haben die Forschenden die zahlreichen Wechselbeziehungen erfasst und einen Algorithmus entwickelt, der die Zusammenhänge sichtbar macht. So lässt sich schnell erkennen, was mit einem bestimmten Parameter geschieht, wenn man einen anderen optimiert. Das Beispiel Stroh mache beispielsweise deutlich, wie die Optimierung des CO2-Ausstoßes sich auf die Bodenqualität auswirkt. „Die Abwägung der Schadenskategorien gegeneinander kann die Software allerdings nicht übernehmen“, betont Andrea Thorenz von der Universität Augsburg. Auf Basis der Informationen gegebenenfalls Prioritäten zu setzen, bleibe Aufgabe der Politik. Die Software soll letztlich dabei helfen, Abwägungsprozesse auch transparenter zu gestalten.

Wirtschaftlichkeit wäre möglich

Nicht zuletzt hat sich das Projekt mit ökonomischen Fragestellungen befasst. Bislang sind die nachhaltigen Alternativen gegenüber den petrochemischen etablierten Lösungen oft teurer. Würden externalisierte Kosten wie die CO2-Emissionen jedoch bepreist – beispielsweise durch eine angemessene CO2-Steuer – oder nachhaltige Lösungen steuerlich begünstigt, wären bioökonomische Alternativen auf Basis von Reststoffen schon heute konkurrenzfähig.

bl