Proteinfutter aus der On-Farm-Bioraffinerie

Proteinfutter aus der On-Farm-Bioraffinerie

Forschende der Universität Hohenheim wollen Proteine aus Pflanzen von Wiesen und Weiden für die Bioökonomie nutzbar machen. Ein Proteinextrakt für Futtermittel konnte daraus bereits gewonnen werden.

Kücken werden mit hochwertigen Proteinen gefüttert
Den Küken scheint es zu schmecken - das proteinhaltige Futter aus Grünlandschnitt.

Pflanzliche Roh- und Reststoffe aus Agrar- und Forstwirtschaft sind für eine nachhaltige Bioökonomie Ausgangsstoffe mit enormem Potenzial. Neben Abfällen wie Rinde, Holzreste, Stroh oder Gras zählen auch jene Pflanzen dazu, die auf Wiesen und Weiden wachsen. Den sogenannten Grünlandschnitt für die Bioökonomie im Sinne der Kreislaufwirtschaft nutzbar zu machen, steht seit einiger Zeit im Fokus des Projektes ProGrün. Hier wollen Forschende der Universität Hohenheim die im Grünlandschnitt enthaltenen Proteine als neue Rohstoffquelle etablieren – etwa für Tierfutter, Lebensmittel oder Plattformchemikalien. Das dreijährige Vorhaben wird bis 2023 vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) mit insgesamt 1,07 Mio. Euro gefördert.

Proteinextrakt aus Grünschnitt für Tierfutter gewonnen

Zwei Jahre nach Projektstart können die Forschenden erste Erfolge vorweisen. In der On-Farm-Bioraffinerie auf der Versuchsstation der Universität Hohenheim am Standort Unterer Lindenhof wurden aus dem eiweißhaltigen Grünlandschnitt die ersten 50 Kilogramm eines Proteinextraktes für Futtermittel hergestellt und an Tiere verfüttert. Das Besondere: Das aus den Pflanzen von Wiesen und Weiden gewonnene Proteinfutter ist grundsätzlich auch für sogenannte Nicht-Wiederkäuer wie Hühner und Schweine geeignet, die diese – anders als Wiederkäuer wie Rinder und Schafe – bisher nicht verstoffwechseln konnten.

Eiweißgehalt mit Soja-Protein vergleichbar

Damit auch Nicht-Wiederkäuer das Grünfutter vertragen, war jedoch ein Zwischenschritt zur Extraktion und zum Aufschluss der verdaulichen Proteine notwendig: Zunächst musste das Gras zerkleinert und gepresst und dann aus dem Presssaft der hohe Anteil an löslichen Proteinen der pflanzlichen Struktur herausgelöst werden. Auch Zucker, Säuren und andere Substanzen wurden dabei abgetrennt, weil diese die Verdaubarkeit der Proteine beeinträchtigen. Zurückblieb ein Presskuchen mit einem hohen Proteinanteil. Die getrockneten Proteine wurden abschließend mit weiteren Tierfutterbestandteilen gemischt und pelletiert. „Aus rund 45 Tonnen frisch geschnittenen Grases kann so proteinreiches Futter mit 1.000 Kilogramm Proteinanteil hergestellt werden“, sagt Reinhard Kohlus vom Fachgebiet für Lebensmittelverfahrenstechnik und Pulvertechnologie der Universität Hohenheim. „Die Zusammensetzung der Aminosäuren in dem Proteinextrakt entspricht in etwa der von Soja“, ergänzt Markus Rodehutscord, „und ist damit im Prinzip hervorragend für die Ernährung von Hühnern und Schweinen geeignet.“

Vollständige Reststoffverwertung in On-Farm-Bioraffinerie

Mit dem Proteinfutter ist das Potenzial des Grünlandschnitts aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Im Projekt ProGrün will das Team auch die restliche Biomasse, konkret Presssaft und Presskuchen, nutzbar machen. „So kann der anfallende Presskuchen zur Herstellung von Graspapier oder von Fasermatten zur Isolierung dienen“, erläutert Projektkoordinatorin Andrea Kruse. Da im Presskuchen noch ausreichend Protein enthalten ist, könnte dieser auch als Futter für Rinder dienen oder in der Biogas-Anlage energetisch verwertet werden. Der Gärrest könnte wiederum als Dünger auf dem Feld landen. Eine Rohstoffquelle zur Herstellung biobasierter Kunststoffe ist dagegen der Presssaft. Die darin enthaltenen Kohlenhydrate und Zucker sind der Grundstock, aus dem sogenannte Plattformchemikalien wie HMF (5-Hydroxymethylfurfural) erzeugt werden können.

Minifarm als Bioökonomie im Kleinen

Mit der On-Farm-Bioraffinerie haben die Hohenheimer eine Demonstrationsanlage parat, die Biomasse wie Grünlandschnitt in neue Produkte für die Bioökonomie verwandeln kann. Geht es nach Andrea Kruse, könnte die Minianlage schon bald auf Bauernhöfen stehen als neue Einkommensquelle für Landwirtinnen und Landwirten. „Damit haben wir dort alles, also Gras, Bioraffinerie sowie Hühner und Schweine, um eine Bioökonomie im Kleinen aufzubauen."

bb