Mit Pfropfen und Genom-Editierung schnell zu neuen Sorten

Mit Pfropfen und Genom-Editierung schnell zu neuen Sorten

Max-Planck-Forschende haben ein Kombinationsverfahren vorgestellt, das Pflanzen ohne Spuren der Genschere erzeugt.

Hände halten einen Pflanzensetzling
Eine Gurkenpflanze wird auf eine Kürbispflanze gepfropft.

Auch für die Pflanzenzüchtung war CRISPR-Cas ein Durchbruch: Die Methode zur Genom-Editierung arbeitet präziser als die klassische Gentechnik und vermeidet vieles, wofür die klassische Gentechnik kritisiert wurde. Doch obwohl die „Genschere“ wesentlich schneller zu Resultaten führt als die konventionelle Züchtung, ist sie gerade bei Gehölzen noch immer recht langsam. Forschende des Max-Planck-Instituts für Molekulare Pflanzenphysiologie haben nun mit einer Kombinationsmethode den Flaschenhals der Rückkreuzung beseitigt. Im Fachjournal „Nature Biotechnology“ stellen sie das Verfahren vor.

Rückkreuzung ist manchmal schwierig oder langwierig

Denn obwohl mit CRISPR-Cas in der Regel keine artfremden Gene mehr eingeführt werden, so bringt die Genschere dennoch Fremd-DNA mit sich – ihre eigene: „Die sogenannte Genschere CRISPR-Cas wird selbst als DNA-Sequenz in die pflanzliche DNA im Zellkern eingeführt und besteht aus zwei Komponenten“, erläutert Arbeitsgruppenleiter Friedrich Kragler. Zum einen gibt es den sogenannten Guide, der eine Basenabfolge besitzt, die die Genschere an die richtige Stelle der pflanzlichen DNA lenkt. Zum anderen gibt es die Sequenz für die Genschere selbst, das Enzym Cas9. Mit Hilfe der CRISPR-Cas-Technologie können so an einer genau definierten Stelle Veränderungen in der DNA der Pflanze ausgelöst werden. „Nachdem die gewünschte Veränderung erreicht ist, muss in bisherigen Verfahren aber die DNA-Sequenz der Genschere selbst noch durch aufwändige Rückkreuzungen aus den Zellkernen der Pflanze entfernt werden“, so Kragler.

Bislang wurde diese Fremd-DNA durch Rückkreuzen der Pflanzen über mehrere Generationen entfernt, bis eine Pflanze diese DNA wieder verloren hatte. Doch manche Kulturpflanzenarten lassen sich nicht gut rückkreuzen oder haben, wie Obstbäume, sehr lange Generationszeiten. Die Lösung für dieses Problem ist mehr als 2.000 Jahre alt: das Pfropfen.

Nach einer Generation genomeditierte Samen ohne Fremd-DNA

Pfropfen ist eine Veredelungsform, mit der vor allem Obstbäume und Weinstöcke gezüchtet werden. Dabei wird eine Sorte als „Unterlage“ genutzt und deren Stamm ein- oder abgeschnitten. Auf die Schnittstelle wird dann die Rute einer Edelsorte, das „Edelreis“, gesteckt. Die Forschenden pfropften nun den Spross einer genetisch unveränderten Pflanze auf den Wurzelstock einer Pflanze mit CRISPR/Cas-DNA. Dieser bildet in seinen Zellen die Boten-RNA, aus der die Zellen dann die Genschere produzieren. Den Wurzelstock hatten die Fachleute allerdings so angepasst, dass er die Boten-RNA in den oberen Teil der gepfropften Pflanze transportieren kann. So kann dieser genetisch unveränderte Teil der Pflanze dennoch die Genschere in ihren Zellen bilden und  genomeditierte Samen produzieren. Auf diese Weise trägt ein Teil der Samen bereits nach einer Generation die gewünschte Genomveränderung, ohne die DNA der Genschere zu enthalten. Von natürlich entstandenen Varianten lassen sich diese Samen nicht mehr unterscheiden.

Das neue Verfahren halten die Projektbeteiligten für breit anwendbar: „Bisher sind gezielte gentechnische Methoden nur für wenige, sehr gut erforschte Pflanzen wie Tabak oder Ackerschmalwand etabliert“, erläutert Kragler. „Da aber das Veredeln durch Pfropfung häufig auch zwischen vielen gar nicht so nahen verwandten Arten funktioniert und man die Wurzelstöcke leicht vermehren kann, ist es denkbar, dass ein Wurzelstock gleich mehrfach benutzt werden kann, um gezielt Pflanzen verschiedener Arten oder Zuchtsorten mit erwünschten neuen Eigenschaften zu versehen.“

bl