Genom von Weizen-Vorfahren entschlüsselt
Der Wilde Emmer ist der Urahn unserer Kulturpflanze Weizen. Ein internationales Team mit Pflanzenforschern aus Gatersleben und München hat nun das Genom des Getreides sequenziert.
Wilder Emmer (Triticum dicoccum) ist die Ursprungsart fast aller Kulturweizensorten in der Welt, einschließlich des für die Nudelherstellung verwendeten Hart- als auch des Brotweizens. Aufgrund seiner brüchigen Ähren ist er für die Landwirtschaft uninteressant, jedoch weist er einzelne Merkmale auf, die für die Züchtung verbesserter Weizensorten von großem Interesse sind. Außerdem offenbart das Wissen um die Erbgut-Sequenz wichtige Erkenntnisse, welche Veränderungen im Genom aus der Wildpflanze eine unserer wichtigsten Getreidearten hervorgebracht haben.
Getreide-Genomforscher aus Gatersleben und München dabei
Die Studie wurde im Rahmen einer internationalen Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Forschungseinrichtungen, von Assaf Distelfeld geleitet, einem Pflanzenwissenschaftler der israelischen Universität Tel Aviv. Neben dem Team um Nils Stein vom IPK in Gatersleben und Klaus Mayer vom Helmholtz-Zentrum München war auch die israelische Firma NRGene beteiligt, welche die für die Entschlüsselung des Genoms notwendigen bioinformatischen Methoden entwickelte. Die Forscher berichten im Fachjournal „Science“ über ihre Analyse.
Die Zusammenarbeit lieferte Resultate, die zukünftig einen wesentlichen Beitrag zur globalen Ernährungssicherung leisten könnten, so Daniel Chamovitz, der ebenfalls an der Universität Tel Aviv an der Studie arbeitete, „Immerhin werden etwa 20% der weltweit konsumierten Kalorien in Form von Weizen produziert.“
Einblick in 10.000 Jahre Domestikation von Nutzpflanzen
Ein Vergleich der Genome moderner Weizensorten mit dem Genom des Wilden Emmers erlaubt es nicht nur, neue Gene zu identifizieren, welche die Züchtung stressresistenter und ertragreicherer Weizensorten ermöglichen werden, sondern gewährt auch einen Einblick in die Schritte der etwa 10.000 Jahre währenden Domestikationsgeschichte dieser wichtigen Kulturart.
Die Sequenzierung der sehr komplexen Weizengenome ist eine besondere Herausforderung, denn sie sind mehr als dreimal so groß wie das menschliche Genom. „Innovative Technologien erlaubten es uns, die Sequenz des Wilden Emmers und anderer Weizengenome in hoher Qualität zu erarbeiten, “ erläutert Nils Stein, Leiter der Arbeitsgruppe Genomik Genetischer Ressourcen am IPK in Gatersleben. Unter anderem haben die Forscher die Chromosome-Conformation-Capture-Sequenzierung (Hi-C) eingesetzt, die auf der 3D-Architektur des Genoms aufbaut. Auch bei der Sequenzierung des Gerste-Genoms hatte das Team um Stein dieses Verfahren kürzlich eingesetzt.
Wichtige Ressource für Pflanzenzüchter
Damit stehen der Wissenschaft nun die Werkzeuge zur Verfügung, die Genomsequenzen wichtiger Kulturpflanzen und deren verwandten Wildarten effizient und schnell zu entschlüsseln und damit die Grundlage für Erkenntnisgewinn und Entdeckungen für deren wissensbasierte Verbesserung im Sinne der globalen Ernährungssicherung und einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Praxis zur Verfügung zu stellen.
pg