Den echten Fisch erkennen
Heilbutt ist nicht immer Heilbutt. Selbst beim Fischhändler sind Fischprodukte nicht immer korrekt beschriftet, wie Senckenberg-Forscher mittels DNA-Barcoding herausfanden.
Ob an der Fischtheke im Supermarkt oder im Restaurant: Wer Fisch essen will, muss darauf vertrauen können, dass die Angaben auf der Verpackung oder der Speisekarte korrekt sind. Heißt: wer Heilbutt bestellt, sollte keine Flunder vorgesetzt bekommen. Für die meisten Verbraucher ist das jedoch nicht so leicht erkennbar. Einer Studie zufolge sind in Europa durchschnittlich 4,9 Prozent, in Deutschland bis zu 6,2 Prozent aller angebotenen Fische falsch beschriftet. Die Gefahr: fehlerhafte Angaben können im schlimmsten Fall beim Konsumenten zu gesundheitlichen Beschwerden führen. Aber nicht nur das. Verbraucher, die auf Nachhaltigkeit setzen, um beispielsweise eine Überfischung zu verweiden, werden hier in die Irre geführt.
Seit 2002 müssen innerhalb der Europäischen Union daher alle Fischprodukte – ob Frischfisch oder Konservenware - eindeutig deklariert sein. So muss nicht nur die Bezeichnung des Fisches exakt angegeben werden. Auch Produktions- und Fangmethode, das Fanggebiet und die wissenschaftliche Artenbezeichnung müssen auf dem Etikett genannt sein.
Irreführende Beschriftung bei Fischprodukten
In der Praxis sieht es jedoch teilweise anders aus, wie Wissenschaftler von Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven jetzt herausfanden. „Von den untersuchten Proben waren gut 10 Prozent falsch oder irreführend beschriftet“, berichtet Studienleiterin Babett Günther. 118 Fisch- und Meeresfrüchte-Produkte hatte das Team dafür überprüft. Untersucht wurden nicht nur frischer und eingelegter Fisch, sondern auch Fischkonserven sowie Tiefkühlprodukte und Tiernahrung. Im Visier der Senckenberg-Forscher standen sowohl Produkte die im Nordwesten des Landes im Supermarkt als auch beim Fischhändler um die Ecke angeboten wurden.
DNA-Barcode deckt Fehler auf
Um den Inhalt der Ware mit den Angaben auf den Etiketten zu vergleichen, nutzen die Senckenberg-Forscher das sogenannte DNA-Barcoding. Ähnlich dem bekannten Strichcode bei Lebensmitteln, wurde hier mittels genetischem Identifizierungs-Code verschiedene Fischprodukte mit bekannter DNA verglichen.
Wie das Team im Fachjournal "Food Control" berichtet, wurden die Falschbeschriftungen in zwei Kategorien unterschieden: Zum Einen Meerestiere, die einer anderen Gattung angehören und zum Anderen jene, die derselben Gattung, aber unterschiedlichen Arten zuzuordnen sind. „In Kategorie 1 fällt beispielsweise der Verkauf von Fischen in einem lokalen Fischgeschäft, die als ‚Heilbutt’ (Hippoglossus hippoglossus) gekennzeichnet wurden, aber laut unseren DNA-Analysen zur deutlich kostengünstigeren und unbedrohten Gattung des ‚Schwarzer Heilbutts’ (Reinhardtius hippoglossoides) gehören.“
Angaben beeinflussen Kaufentscheidung
Beim gleichen Fischhändler entdeckten sie einen als Buttermakrele beschrifteter und angebotenen Fisch, der etwas komplett anderes war. Mithilfe des DNA-Barcodings konnte das Fleisch nämlich dem Ölfisch Ruvettus pretiosus zugeordnet werden. Der Fisch ist zwar essbar. Aber, die enthaltenen Öle können Magen-Darm-Beschwerden, Krämpfe und Kopfschmerzen verursachen. „Der Verbraucher soll die Möglichkeit haben, beim Kauf nachhaltige sowie gewissenhafte Entscheidungen zu treffen“, betont die Molekularbiologin.
Supermarkt-Produkte sind exakter beschriftet
Das Ergebnis des Ladenchecks war für das Wilhelshavener-Team dann doch unerwartet. Den der Fischhändler um die Ecke schnitt keinesfalls besser ab. „Überrascht hat uns, dass die Etikettierung in Supermärkten exakter ist als bei den vermeintlichen Profis in den Fischläden“, sagt Babett Günther.
In 81 Prozent aller Fälle konnten die Fischarten mittels des DNA-Barcodings den Produkten eindeutig zuordnet werden. Doch die Identifizierungsmethode hat leider auch Grenzen, wie Günther berichtet. „Bei Produkten mit vielen verschiedenen Zusatzstoffen, wie Thunfischpizza oder Katzenfutter, ist es schwierig die verwendeten Fische einer Art zu zuordnen, da deren DNA-Signale von anderen tierischen Inhaltsstoffen überlappt werden. Bei diesen Produkten muss mit zusätzlichen genetischen Methoden gearbeitet werden“. Trotz dieser Einschränkung hat sich das DNA-Barcoding nach Überzeugung der Senckenberg-Forscher bei der Lebensmittelanalyse bewährt und bietet darüber hinaus noch viel Potenzial.
bb