Bio-Label im Wirkungscheck

Bio-Label im Wirkungscheck

Produkte mit Nachhaltigkeitssiegeln sorgen für ein gutes Gefühl beim Verbraucher. Doch letztlich ist es der Preis, der die Kaufentscheidung bestimmt, wie Göttinger Agrarökonomen zeigen.

Zahlreiche Siegel geben dem Verbraucher Auskunft über die Herstellung der Produkte.

Schenken macht Freunde – das ist nicht nur ein Sprichwort, sondern auch bewiesen. Wissenschaftler fanden heraus, dass uneigennütziges Geben Glückshormone im Hirn aktiviert. Inwiefern die Absicht, anderen Gutes zu tun, auch beim Einkauf eine Rolle spielt, haben Forscher der Abteilung für Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte der Universität Göttingen untersucht.

Warm-Glow-Effekt untersucht

Auch wenn der Umsatz an Bio-Lebensmitteln seit Jahren steigt, liegen die Verkaufszahlen hinter den Erwartungen. Die Göttinger Forscher wollten daher wissen, inwiefern eigennützige Faktoren wie der sogenannte „Warm Glow of Giving“ – die Absicht Gutes zu tun – , auch die Kaufentscheidung der Verbraucher beeinflusst.

Rund 450 Testpersonen aus Deutschland und Großbritannien nahmen an der Studie teil. Ihnen wurde beim virtuellen Einkauf Schokolade angeboten, die mit Siegeln wie Bio, Fairtrade und CO2-neutral gekennzeichnet waren und somit klar auf eine nachhaltige und faire Herstellung hinweisen. Die Produkte unterschieden sich aber nicht nur hinsichtlich der Siegel, sondern auch im Preis, dem Herkunftsland des Kakaos und dem Herstellungsland allgemein. Anschließend mussten die Verbraucher Fragen zu ihren Einkaufsabsichten, Wertvorstellungen und zum Gefühl beim Kauf beantworten.

Preis bestimmt Produktwahl

Wie die Forscher in der Fachzeitschrift „Journal of Cleaner Production“ berichten, ist der Preis in beiden Ländern noch immer das wichtigste Entscheidungskriterium. Siegel und Herkunftsland stehen an zweiter und dritter Stelle. Zwar ist der Reiz Gutes zu tun, offenbar groß, wie die Forscher feststellen. Doch die „Absicht“ wird nicht allzu oft umgesetzt. Der Warm-Glow-Effekt zeigte sich demnach lediglich bei der Fairtrade-Schokolade. Den Forschern zufolge könnte das an dem starken Gemeinwohlgedanken des Labels liegen.

Bekanntheitsgrad der Label entscheidend

Aber auch der Bekanntheitsgrad der Siegel war bei der Produktauswahl entscheidend. „Wenn die Verbraucher nicht wissen, wofür ein Siegel steht, kann sich das gute Gefühl beim Einkauf nicht einstellen und somit nicht zum Beweggrund für den Einkauf werden“, so Achim Spiller, Leiter der Abteilung für Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte.

Label-Flut kontraproduktiv

Die Studie ergab, dass mit CO2-neutral gekennzeichnete Schokolade zwar für ein gutes Gefühl beim Verbraucher sorgte, ihn aber nicht zum Kauf veranlasste. Das Siegel war lediglich bei 20% der Teilnehmer bekannt, wohingegen 90% Fairtrade kannten. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass im Marketing für ethische Produkte der gesellschaftliche Nutzen durchaus offensiv kommuniziert werden sollte“, so das Fazit der Wissenschaftler. „Für das Marketing ist auch wichtig, dass Label nur dann am Markt wirksam werden können, wenn sie bekannt sind. Die heutige Flut vielfach unbekannter Label ist kontraproduktiv.“

bb