Innovationspreis für Verpackung aus Agrarresten

Innovationspreis für Verpackung aus Agrarresten

Das Hamburger Start-up Bio-lutions stellt aus Pflanzenabfällen Verpackungen her. Auf einer Fachkonferenz zu biobasierten Materialien in Köln wurde die Up-cycling-Idee prämiert.

Aus Ananasblättern und anderen Agrarresten macht Bio-Lutions innovative und umweltfreundliche Verpackungen
Aus Ananasblättern und anderen Agrarresten macht Bio-lutions innovative und umweltfreundliche Verpackungen.

Die Kür der Gewinner des Innovationspreises „Bio-based Material of the Year“ zählt zu den Highlights der jährlichen Fachkonferenz zu biobasierten Chemikalien und Materialien, zu der das Nova-Institut nach Köln lädt. Zur zehnten Ausgabe der „International Conference on Bio-based Materials“ von 10. bis 11. Mai waren knapp 200 Teilnehmer gekommen, insbesondere Experten aus der Chemie- und Kunststoffindustrie.

Der Wettbewerb prämiert aktuelle Entwicklungen in der biobasierten Wirtschaft, die im Jahr 2016 oder 2017 am Markt eingeführt wurden oder werden. Die Preisträger der nicht dotierten „Innovation Awards“ stehen beispielhaft für eine neue Generation an biobasierten Produkten mit herausragenden Funktionalitäten und Eigenschaften. In diesem Jahr hatten die Organisatoren sechs Hersteller aus vier Ländern nominiert. Diese hatten in Köln die Möglichkeit, ihre Innovationen in kompakten 10-Minuten-Präsentationen dem Publikum vorzustellen. Danach waren die Teilnehmer aufgerufen, ihren Favoriten zu wählen.

Bananenstämme oder Tomatenpflanzen als Ressource

Mit deutlichem Abstand konnte die Hamburger Bio-lutions GmbH das Fachpublikum von seiner Technologie überzeugen. Für das Start-up sind Pflanzenreste aus der Landwirtschaft der ideale Rohstoff für biologisch abbaubare Verpackungen und Einweggeschirr. Ob Reisstroh, Bananenstämme oder Tomatenpflanzen – ein Up-cycling-Verfahren macht aus den bisher ungenutzten Abfällen innovative Produkte.

„Wir haben mit unserm Technologiepartner Zelfo ein mechanisches Verfahren entwickelt, das die Pflanzenteile in mikrofeine Fasern verwandelt“, sagte der Geschäftsführer und Gründer von Bio-lutions, Eduardo Gordillo. Der Clou: Die Fasern sind nach der Prozedur so beschaffen, dass sie sich selbst aneinander anlagern, wenn man Wasser dazu gibt.  Es entsteht ein Faserbrei, der sich in vielfältige Formen pressen lässt, ähnlich wie es heute in der Eierkarton-Herstellung üblich ist. Anders als in der Zellstoffindustrie üblich spart der Prozess Wasser und Energie und kommt ohne Chemikalien aus. Die Produkte sind kompostierbar oder können klimaschonend verbrannt werden.

Mit ihrem Verfahren will die Bio-lutions GmbH nun die Welt erobern und bahnt derzeit in mehreren Ländern Kooperationen an. Im indischen Bangalore haben die Hamburger eine Produktionsanlage errichtet, der Ausbau wird vom Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. Bio-lutions arbeitet hierbei mit Kleinbauern zusammen und hat ein Team mit vier Mitarbeitern vor Ort aufgebaut. „Da wir die Rohstoffe vor Ort beziehen und lokal produzieren, ist unser Verfahren sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltig“, sagt Gordillo. Der Unternehmer erhofft sich auch deswegen eine steigende Nachfrage nach nachhaltigen Verpackungen, weil neuerdings in vielen indischen Bundesstaaten ein Plastik-Verbot gilt.

Hinter Bio-lutions auf dem Treppchen des Innovation Awards landete das Start-up Paptic Ltd. Die Finnen verwenden Holzfasern zur Herstellung eines Biokunststoff-Verbundpapiers, das die jeweiligen Vorteile von Papier, Kunststoff und Textilien vereinigt. Die erste bereits vermarktete Anwendung der Finnen sind Tragetaschen, ausgerichtet auf das Ziel der EU, die Verwendung von Plastiktüten bis zum Jahr 2019 um 55% zu reduzieren. Das Material ist recycelbar und Produktion spart Energie ein.

Ein Himbeeraroma, biotechnologisch erzeugt

Kein Werkstoff, sondern ein biotechnisch hergestellter Geschmacksstoff konnte Platz drei verbuchen: Ein Himbeeraroma, entwickelt vom Biotechnologie-Unternehmen Phytowelt GreenTechnologies GmbH aus Köln. Janin Wascinski reichte zu ihrer Präsentation Himbeer-Lutschbonbons herum, die mit dem natürlichen Duftstoff hergestellt wurden.

Will man das Himbeeraroma nicht aus Früchten mühsam extrahieren, sondern chemisch synthetisieren, gibt es bislang ein Problem: Es entsteht dabei nicht nur (R)-alpha-Ionon, sondern auch die Molekülversion (S)-alpha-Ionon. Letzteres riecht holzig-modrig und verschlechtert dadurch das von der (R)-Form verursachte Himbeer-Aroma. Es ist jedoch aufwendig, die beiden Moleküle voneinander zu trennen. „Unser Prozess ermöglicht erstmals die Produktion dieses Aromastoffs ohne die störenden chiralen Nebenprodukte“, so Wascinski. Das (R)-alpha-Ionon besitze eine hohe Intensität und Reinheit. „Rund 1 Gramm unseres Himbeeraromas ersetzt 111 Tonnen Himbeeren und spart bis zu 20 Hektar Land ein“, so Wascinski in Köln.

Autoreifen mit Kautschuk aus Guayule

Zwar landeten sie nicht auf dem Treppchen, dafür nicht minder beeindruckend waren die biobasierten Innovationen der weiteren Nominierten. So präsentierte das US-Unternehmen Cooper Tire Ltd. einen Autoreifen aus Kautschuk, den das Team aus Guayule gewinnt. Diese buschige und anspruchslose Pflanze stammt aus Mexiko und kann in Plantagen auf Flächen angebaut werden, die sonst nicht landwirtschaftlich genutzt werden. Das kalifornische Unternehmen Patagonia stellt Surfanzüge her, die nicht aus konventionellem Neopren, sondern aus Naturkautschuk bestehen. Und das belgische Unternehmen Hexpol präsentierte äußerst elastische biobasierte Kunststoffe, die sich besonders für Griffe, Kinderspielzeuge oder als Lattenrost-Verbindungsstücke im Bett eignen.

pg