BMEL-Konferenz: Der richtige Weg zur Nachhaltigkeit

BMEL-Konferenz: Der richtige Weg zur Nachhaltigkeit

Noch fristen aus Biomasse hergestellte Produkte ein Nischendasein. Doch ihr wirtschaftliches Potential ist gewaltig. In Berlin haben internationale Experten auf Einladung des Bundeslandwirtschaftministeriums über den richtigen Weg zur Bioökonomie diskutiert.

Bundesminister Christian Schmidt (BMEL) und Johanna Wanka (BMBF) im Auditorium
Bundesminister Christian Schmidt (BMEL) und Johanna Wanka (BMBF) im Auditorium

Noch fristen aus Biomasse hergestellte Produkte ein Nischendasein. Doch ihr wirtschaftliches Potential ist gewaltig. Entsprechen hoch sind die Erwartungen auch aus politischer Sicht.  In Berlin haben auf Einladung des Bundeslandwirtschaftsministeriums Anfang November internationale Experten über den richtigen Weg in die biobasierte Wirtschaft diskutiert.

Gerade einmal 1% der jährlich produzierten 288 Millionen Tonnen Kunststoffe entstehen aus nachwachsendem, pflanzlichen Material. Gleichwohl stellen Regierungen weltweit bereits jetzt die Weichen in Richtung klimaschonende, post-fossile Produktion. „Das Interesse ist sehr groß. Die Industrie treibt die Nutzung nachwachsender Rohstoffen bei uns von selbst voran“, sagtet Sixten Sunabacka, für die Waldwirtschaft zuständiger Direktor im finnischen Wirtschaftsministerium, auf dem Vorabend-Empfang zur internationalen Konferenz „Bioökonomie – nachhaltige Alternative zur fossilen Wirtschaft?“. Die Veranstaltung fand Anfang November in Berlin statt.

In den Gesprächen wurde deutlich: Zwar zählt Deutschland mit seiner Forschungs- und Politikstrategie zu den Pionieren in Sachen Bioökonomie. Die internationale Konkurrenz nimmt aber rapide zu. Neben Finnland, den USA, Kanada und den Niederlanden geben auch Länder wie China, Malaysia und Südafrika der Biologisierung der Industrie höchste Priorität. Gerade Schwellenländer wie etwa Malaysia, das bis 2020 insgesamt 34 Millionen US-Dollar in ein „Bioeconomy Transformation Programme“ stecken will, sehen die grüne Technologie als Chance, ihre landwirtschaftlichen Ressourcen für den industriellen Quantensprung zu nutzen. Auch in Europa tut sich einiges: „16 der 28 EU-Mitgliedstaaten haben die Bioökonomie in den Agenden für den Mittelerwerb im Rahmen des neuen Europäischen Strukturfonds angegeben – und das nur neun Jahre nach Vorstellung des Konzeptes der Knowledge-based Bioeconomy“, erklärte Christian Patermann, Entwickler des Konzeptes.

Nachhaltigkeit „Made in Germany“

Was die Politik beim Aufbau einer nachhaltigen und ressourcenschonenden biobasierten Wirtschaft bereits getan hat und leisten muss, war am Folgetag Thema der vom Bundeslandwirtschaftsministerium organisierten Konferenz. Vor 350 internationalen Gästen unterstrich Bundesagrarminister Christian Schmidt die wirtschaftlichen Chancen, die die biobasierte Produktionsweise für die hiesige Landwirtschaft bietet: „Eine starke, diversifizierte und nachhaltige Landwirtschaft, die die Grundlage für eine biobasierte Wirtschaft liefert, sorgt auch für mehr Wertschöpfung in ländlichen Räumen.“ Mit rund 60 Millionen Euro pro Jahr fördert sein Ministerium Projekte zur stofflichen Nutzung der Biomasse. Weitaus mehr liegt für die Bioökonomie im Topf. Der Minister machte in seiner Eröffnungsrede deutlich, dass die Nahrungsmittelproduktion gerade angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung stets Priorität gegenüber der Erzeugung pflanzlicher Industrierohstoffe haben müsse. Das im Zusammenhang mit der Biosprit-Debatte vielzitierte Argument hatten Unternehmensvertreter und Politikberater einige Tage zuvor auf dem Fachkongress „Biokunststoffe – Bausteine für eine Bioökonomie“ indes vehement zurückgewiesen. Sie betonten, dass der Flächenverbrauch durch stoffliche Nutzung gegenüber der Energie- (12,5%), Lebensmittel- (27,5%) und Futtermittelproduktion (56%) in Deutschland zu vernachlässigen wäre.

Bioökonomie werde – je nach Interessenlage – regional recht unterschiedlich definiert, auch was die Nachhaltigkeitsmaßstäbe angehe, unterstrich Joachim von Braun, Co-Vorsitzender des Bioökonomierates. „Wir brauchen ein Monitoring der Nachhaltigkeit und des Fortschrittes in Sachen Bioökonomie“, betonte von Braun, der meinte, Deutschland sei gut beraten, die Messlatte bei Nachhaltigkeitsstandards hoch anzulegen. „Bioökonomie ist ein Zukunftthema“, erklärte auch Bundesforschungsministerin Johanna Wanka. Sie wies darauf hin, dass die biobasierte Produktion eine der sechs langfristigen Prioritäten der neuen Hightech-Strategie der Bundesregierung sei. Einig war sich die Ministerin mit ihrem Kollege Schmidt darüber, dass „wir eine Akzeptanz und Nachfrage in der Bevölkerung brauchen“. Aus Sicht des Landwirtschaftsministers ist eine europäische Anstrengung nötig, um die Chancen des Rohstoffwandels von fossilen zu biobasierten Produkten in die Köpfe der Verbraucher zu bringen.

Nachfrage schaffen

Damit Europa bei der Biomasseproduktion international wettbewerbsfähige Preise erzielen kann, sollen „Sustainable Biomass Regions“ entstehen und ressourceneffiziente Produktionsketten etabliert werden, erklärte Doris Schnabel vom EU Bioeconomy Panel. Laut Waldemar Kütt, Kabinettschef unter Forschungskommissarin Maire Geoghegan-Quinn, sei es europapolitisch das nächste Ziel, die Bioökonomie mit der Kreislaufwirtschaft zu vereinen. Europas einfache Erfolgsformel dabei: Wertschöpfung aus Abfall.